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ÜMM im HoWrii v»Mo!n Wrigrr 's U«t»hl«rr. Rr. 11«. Donnerstag, de« 21. Mai 1814 41 Jahrgal! g - Himmelfahrt. „Pom Himmel hoch" da kam er her — Jesus Christus. Zum Himmel hoch do ging er hin — Jesus Christus. Weihnachten ist das erste, Himmelfahrt das letzte der eigentlichen Herrenfeste. Von Weihnachteil bis Himmel fahrt erlebt die christliche Gemeinde das Erden - leben ihres Herrn nach. Himmelfahrt — der vierzigste Tag nach Ostern (Apostelgesch-1, 3b), die letzte Ericheinung des Au'erstandenen vor seinen Jüngern, der Hingang des Erhöhten von den Seinen zu- seinem (and unserm) himmlischen Vater. Wir meinen nicht die blaue Luftschicht da oben oder die Wolkenmassen über uns, wenn wir bekennen und beten: „Vater unser, der du bist im Himmel." Wo Gott ist, da ist Him- mel. Wo Himmelreich ist, da ist Welt Gottes des Vaters. Ins ewige Vaterhaus mit seinen vielen Wohnungen ist Jesus Christus, den Schranken der Zeit und des Raumes entnom men, eingegangen, damit er sei, wo der Va ter ist und wie der Vater ist, und damit er uns die Srätte bereite. Von dort wird er wiederkommen, um uns, d. h. seine Jünger (gehörst Du zu ihnen??) zu sich zu nehmen, auf daß wir sind, wo er ist. Himmelfahrt sagt uns Christen, daß wir hier auf. Erden keine bleibende Stätte haben; Predigt uns Jesusjüngern, daß wir in den Himmel hineingehören; mahnt uns Reichs- genosfen, nach dein zu trachten, was droben ist. Irdisch noch, schon himmlisch sein — das sei unsere Himmelfahrtslosung! An ihr hangt der Himmel'ahrtssegen! Wir wollen alle gern „den Himmel auf, Erden" haben, und wir — sollen ihn haben! Nämlich so, daß wir den Himmel im Herzen uns schaffen. Das kann einzig und allein nur geschehen in der Lebensgemeinschaft mit dem, von dem wir anbetend bekennen „auserstanden von den To'en, arffgefahren gen Himmel, sitzend zur Rechten Gottes". Es geht nicht anders, es geht nicht an^ ders: „auf Christi Himmelfahrt allein ich meine Nachfahrt gründe". Sächsischer Landtag * — Wahl Als städtische Abgeordnete zur Bezir'sveksammlung wurden die Herren Fabrikant Haase in Hohenstein-Ernstthal und Stadtrat Boeßneck in Glauchau gewählt. *— Was will die Sächsische Fcchtschule? Die Sächsische Fechtschule ist ein über das ganze Königreich Sachsen verbreiteter Wohltätigkeitsverein. Er steht un ter dem Schutze Sr. Majestät des Königs Friedrich August von Sachsen und verfolgt den Zweck, unverschuldet in Not geratene und wür dige Hil sbedürftige zu unterstützen. Eine Mit gliedskarte für das ganze Jahr kostet nur 50 Pfg. Sie berechtigt außerdem zur Benrchung sehr vieler Vergünstigungen in verschiedenen Orten. Die Fechtschule unterstützte 1881/82 1 Familie mit 40 Mk., 1885/86 700 Fami lien mit 11 973 Mk., 1890 1432 Familien mit 18 000 Mk., 1900 3396 Familien mit 34 000 Mark, 1910 7600 Familien mit 69 000 Mar.' und 1911 9377 Familien mit 79 500 Mk. Sie unterstützte bis jetzt über 100 000 Familien mit über 1 Million Mark. Auch dieses Jahr veranstaltet der Verband Hohenstein-Ernstthal tviedev eine W a r e n v e r l o s u n g. Die Lose sind schon käuflich. Ein jeder möge nach seinen Kräften dazu beitragen, daß der Säch sischen Fechtschule immer größere Mittel für ihre edlen Zwecke zur Verfügung! stehen. *— Die Jahresabschlüsse fiir Regiekohlen für das Jahr 1915 für die Sächsischen- Staatseisenbahnen sollen dem Ver nehmen nach teilweise in etwas größerem Um fange als im Vorjahre und überwiegend zu den letzten Preisen den Werken des Zwickauer, Oelsnitzer und des Glogauer Reviers zugeteilt worden sein * — Die Maul- und Klauen seuche war am 15. Mai im Königreich Sachsen in 15 Gemeinden und 19 Gehöften- amtlich festgestellt wordSn. Der Stand am 30. April war 4 Gemeinden und 4 Gehöfte. * — Versendung von Paketen während der Pfingstzeit. Die Ver sendung mehrerer Pakete mit einer Postpaket adresse ist für die Zeit vom 25. bis einschließ lich 30. Mai weder im inneren deutschen Ver kehr, noch im Verkehr mit dem Ausland — ausgenommen Argentinien — gestattet. * — Gautag der fach fischen Ra battsparvereine. Ter Gau Sachsen im Verband der Rabattsparvereine Deutsch lands wird seinen 11. Gaulag vom 6. bis 8. Juni in Werdau abhallen. * — Das Jahresse st des Leip ziger Gustav Adolf-Hauptver- cins soll vom 21. bis 2 3. Iu- ni in Meerane stattfinden. Durch große Volksversammlungen, deren zwei für den Sonntag abend, eine für den Montag abend geplant sind, sowie durch einen Kindergottes dienst und einen Festgottesdienst am Dienstag vormittag, soll die Arbeit des Gustav Adolf- Vereins, die Unterstützung der unter Anders gläubigen wohnenden Evangelischen, in allen Kreisen bekannt gemacht werden. Dazwischen findet am Montag vormittag eine beratende Versammlung statt. Es ist zu erwarten, daß nicht nur Freunde der Gustav Adolf-Sache, sondern auch Vertreter der vom Gustav Adolfs- Verein unterstützten Gemeinden sich zahlreich einfinden. * — Die Liebesgabe bei dem Jabi- resfest des Leipziger Gustav Adol^Hauptver- cins in Meerane (für eine Gemeinde 4000, f r die beiden anderen je 1500 Mark) soll den Gemeinden Leudorf, Sankt Eghdi und See- stadtl zufallen. Leudorf in Dcutschostafrika, zwei Tagereisen von der Bahnstation Neu- moschi, besteht aus 50 evangelischen Ansiedler- familien. Ein Pfarrer und eine kleine Kirche ist vorhanden, aber der Pfarrer muß vorläufig in einer Eingeborenenhütte wohnen. Ein Pfarrhaus, eine Schule und ein Schülerheim für diejenigen Kinder die in dem Gebiet des Kilimandscharo und Meru weit zerstreut woh nen, muß möglichst bald gebaut werden. — Sankt Eghdi in Steiermark ist eine jetzt 300 Seelen zählende Ansiedlung von evangelischen Bauern aus Württemberg, die dort gegenüber den mächtig überhandnehmenden Slavonen das Deutschtum stärken sollen. Die Ansiedler haben schwer zu kämpfen; waren doch die von ihnen übernommenen Bauernhöfe völlig ver wahrlost. Vor allem aber entbehren sie schmerz lich das Gotteshaus, an das sie von ihrer Heimat her gewohnt sind. Die Gottesdienste Inden in einer engen, kahlen Turnhalle statt. Soll den Leuten ihre gute kirchliche Sitte er halten bleiben, soll die Jugend in der Fröm migkeit ihrer Väter heranwachsen, so muß ein« würdigere Stätt« für die Gottesdienste beschafft werden. — Seestadt! in- Böhmen, ein Städt chen von 2000 Einwohnern am Fuß des Erz gebirges, hat eine evangelische Gemeinde von 200 Seelen, meist Bergbeamte und Bergarbei ter, die in den umliegenden Kohlenwerken be schäftigt sind. Die Gottesdienste werden im Gasthof gehalten und sind dorr mancherlei Störungen ausgesetzt. Oft müssen sie ausfal- len, weil der Saal für Vergnügungen aller Art gebraucht wird. Im Verlauf von 13 Jah ren Yat die Gemeinde mit vieler Mühe 12 000 Kronen zum Kirchbau gesammelt, aber die Kirche wird, abgesehen von der inneren Ein richtung, mindestens 20 000 Kronen kosten. Es wird schwer zu- entscheiden sein, welche der drei Gemeinden die bedürftigste ist. * Stollberg, 20. Mai. Das Königliche Seminar wird durch seine beiden Oberklassen unter Leitung des Herrn Oberlehrer Schilling das historische Drama „König Ottokars Glück und Ende" von Franz Grillparzer im Bürger garten zur öffentlichen Aufführung bringen, und zwar Sonntag, den 24. Mai, als volks tümliche Vorstellung, «m Geburtstage des Kö nigs als Festvorstellung und Mittwoch, den 27. Mai, als Schülervorstellung. Die Auffüh rungen beginnen pünktlich 4 Uhr. Eintritts karten, aus die Vormerkungen schon von heute ab erfolgen können, werden im Vorverkäufe durch Herrn Alban Tränkner in Stollberg aus gegeben, und zwar für Sonntag zu- 60 Pfg. (Sperrsitz) und 40 Pfg., für Montag zu 1,50 (Sperrsitz) und 1 Mark, für Mittwoch zu 50 und 25 Pfg. Der Reinertrag soll milden Stif tungen zustießen. Die Besucher der Festvor stellung werden gebeten, im Festanzug (die Herren in Uniform, Frack, Gehrock) zu erschei nen, und sind in dem der Festvorstellung un mittelbar folgenden Königsballe, zu dein dies mal nach Lage der Verhältnisse Sonderein» ladungen nicht ergehen, Gäste der Anstalt. Die Teilnahme am Balle ist nur den Besuchern der Festaufführung und jungen Damen insbe sondere nur unter der Obhut ihrer Eltern ge stattet. * Stollberg, 19. Mai. Vergangene Nacht entstand im Laden deS Manufakturwarengeschäfts von Alb. Schürer ein Feuer, wodurch das ge samte umfangreiche Lager vernichtet wurde. Man vermutet Brandstiftung. * Harthau, 19. Mai. Wie gemeldet, wurde am Freitag hier einem aus Minden stammenden Mann vom Zuge ein Bein abgefahren. Der Verletzte ist bereits am Sonnabend im Bczirks- krankenhauS zu Rabenstein, wohin er gebracht worden war, verstorben * Kraukeaberg, 19. Mai. Gestern vormittag wurde der bejahrte schwerhörige Straßenkehrer Moritz Grasselt von einem Personenautomobil angefahren und umgerissen. Der Verunglückte wurde bewußtlos in seine Wohnung gebracht, wo er während der Mittagsstunde verschied. Den Chauffeur trifft keine Schuld. * Arnberg, 19. Mai. Zum ersten Male in Sachsen haben sich hier Hausbesitzer- und Mieter verein vereinigt, um die Bildung einer gemein nützigen Baugenoffenschaft in die Wege zu leiten. Sie soll in erster Linie eine Sanierung der Alt stadt herbeiführen, die eine große Zahl dem Ver fall naher Häuser aufweist. Gestern abend fand eine von der Zentralstelle für Wohnungsfürsorge einberufene Versammlung statt, von der die Ange- gelegenheit in Fluß gebracht wurde. * Dresden, 19. Mai. Das Fcühlinaswetter hat den Winterroggen im Dresdner Elbtal so im Wachstum gefördert, daß stellenweise die reich lich halbmeterhohen Halme schon Aehren ange setzt haben. * Leipzig, 19. Mai. Aus einer Rauchwaren- zurichterei in Schönau sind in der Nacht zum Sonntag Hermelinfelle im Werte van über 10000 Mk. gestohlen worden. Die Di.be kannten bis jetzt noch nicht ermittelt werden * Meerane, 19. Mai. Eine wirtschaftliche Vereinigung der Schlosser- und Schmiedemeistcr für Meerane-Glauchau-Crimmitschau wurde hier gegründet und eine Kommission von je zwei Mei stern aus den genannten Städten zu wetteren Be ratungen gewählt. Der Verein soll den Notstand der Handwerker dieser Berufe zu bessern suchen. * Auerbach i. V-, 19. Mai. In vergangener Nacht gegen 1 Uhr ist im benachbarten Ellefeld das an der Lindenstraße gelegene Wohnhaus des Fleifchermeisters Curt Nestmann mit fämtlichen Nebengebäuden (Schlachthauranlage usw.) durch <ine Feuersbrunst völlig eingeäschert worden. Die Feuerwehr mußte sich auf den Schutz der Nach bargebäude beschränken. Sämtliche Fleischerei- Maschinen und ein Teil des Mobiliars sind durch das Feuer zerstört worden. ES liegt zweifellos böswillige Brandstiftung vor. Egerfahrt dv Tnrnerlmder Hohenstein-Ernstthal. Unvergeßlich wird sie allen sein, die daran teilgenommen, und hohe Befriedigung über all das Gesehene und Erlebte wohnte jedem Einzel nen inne, als es vorgestern Nacht scheiden hieß. Hatte man doch kaum geahnt, was alles geboten wurde. Doch sei nicht vorgegriffen, möge der folgende Bericht hübsch der Reihe nach den Ver lauf der Fahrt in groben Umrissen schildern. Ihr Zweck war erstmalig, im Maien eine etwas Ein Wintertraum. Roman von Anny Wothe. 40. Fortsetzung. (N ichdruck verboten.) 1912 Livlprlßf.) Ein leises Klopfen an der Tür, und tSraf v. d. Decken stand im Zimmer. Er war in tadellosem Besuchsanzug-. Eine gewisse Feierlichkeit lag über seiner ganzen Erscheinung-. „Du wünschtest mich zu sprechen, Jnge- lid," begann er, und es Ivar als sei ein rauher Klang in seiner Kehle. „Ich steb-e zur Verfügung." Jngelid sah ihn prüfend an. Seine Ruhe, seine Förmlichkcu litten etwas Unheimliches. „Ich wollte Dir eine Aufklärung über den gestrigen Abend geben, Leo", kam es zö- ^ernd von ihren Lippen. Er wehrte durch eine lässige Hand ewe- gung weiteren Worten ab. „Ich werde mir noch heute die nötige Auf klärung verschaffen, verlaß Dich darauf. Be vor ich weiter aus diese Angelegenheit eingehe, möchte ich Dich doch darauf aufmerksam ma chen, daß es geradezu skandalös ist, wie sich Irmengard benimmt. Tante Bella ist außer sich, sie rauft sich die Haare und fällt in Krämpfe, daß Irmengard ihr einen solchen Schimpf antut. Prinz Günther ist Knall und Fall abgereist und Irmengard hat sich, ohne im geringsten auf uns alle Rücksicht zu neh men, oben im Sanatorium einquartiert, um unter Aufsicht des Arztes Köpping zu Pflegen. Skandalös ist die ganze Geschichte, und es ist Dein« Pflicht, einzuschreiten und Deiner Schwe ster zu bedeuten, daß sie ihren Ruf vollständig ruiniert. Ich selbst versuchte bisher vergebens, sie zu sprechen, und mir bleibt auch kein« Zeit mehr, da ich es übernommen habe, die trau rigen- Ueberreste von Köppings Frau nach Berlin zu- überführen, und mancherlei anderes mich noch in- Anspruch nimmt. Du aber, Jn gelid, Du mußt, hörst Du, Du muß: Irmen gard bewegen, das Sanatorium sofort zu ver lassen." Jngelid schüttelt» heftig den Kopf. „Nein, ich denke nicht daran," entgegnete sie. „Es war die erste freie Tat in Irmen gards Dasein, und die sollte ich hindern? Was wißt ihr denn, die ihr nur in der Enge der Konvenienz lebt, von oem großen Auf atmen der Liebe, das plötzlich alle kleinlichen Vorurteile abtut, um offen, frei und heilig seine große Liebe zu bekennen? Feige sind wir gewe en, alle waren wir feige - Du und ich und Irmengard. In der Stunde der Gefahr, des Entsetzens über das furchtbare Unglück bat sic sich offen zu dem Maune bekannt, den sie lie te, und ich sollte sie zurückhalten, damit der andere, an deffen Seite sie vielleicht ein elendes Leben geführt hätte, sie nicht verläßt? Nein, Leo, wie Irmengard ihre Liebe le- kannt hat, so will ich auch die meine be- lennen, ohne Scheu und ohne Verstecken, denn Du- hast ein Recht auf mein volles Ver trauen." Finster streiften sie Graf v. d. Deckens dunkle Augen. „Das sind Hirngespinste, Jngelid, Träume, die auch wieder vergehen. Sieh," fuhr er etwas weicher fort, „ich begreife es ja nur zu gut, daß ein leidenschaftliches Mädchenherz einem Manne wie Wood zufliegt. Eure Phan tasie sieht da tausend Dinge, die vielleicht gar- nicht sind. Einen König glaubt Ihr in dem Manne zu sehen, der so kühn und stolz tög- lich sein Leben wagt, der ganz andere Werte auszugeben hat, als wir gewöhnlichen Sterb lichen. Aber gerade weil ich das weiß, weil ich fühle, daß der gewaltige Sturm, der Euch vorwärts treibt, mehr ein Spiel Eurer Phan tasie, als der Zug des Herzens ist, darum Jngelid, muß ich Dich halten. Unterbrich mich nicht! Du- hast ja gar keinen Begriff von der Lieb«, die alles trägt, die alles dul det, die nicht das ihre sucht. Du denkst nur an Dich, was augenblicklich Dein heißes Herz, Deine Phantasie, Deine Sinne entflammt, und Du den-st nicht an das Ende. Mit verbrann ten Flügeln kehrst Du, mein armes Kind, von diesem Sonnenfluge heim. Sei's darum. Noch aber bist Du meine Braut, noch kann ich Dich halten, und ich tue cs mit aller Kraft. Dem ungewissen Schicksal an der Seite des Fliegers liefere ich Dich nicht aus, darum bist Du mir zu lieb, darum habe ich nicht so treu um Deine Liebe gedient. Wenn Du mir, wie ich Dir sagte, in drei Monaten noch bekennen kannst: Ich liebe ihn-, und ich wiirde stcr en, wenn ich ihn nicht erringen kann, dann werde ich still zurücktreten. Aber so nicht, denn ich weiß, daß Du ins Elend gehst. Du liebst ihn ja garnicht. Die feinsten Füh ler Deiner Seele wurzeln ganz wo anders. Deine Leidenschaft verblendet Dich. Komm doch zu Dir, Kind! Nicht meinetwegen, son dern Deinetwegen bitte ich Dich, stürze Dich nicht ins Unglück, suche in Ruhe zu über legen, Dich zu prüfen, Du rennst ja mit offenen Augen in Dein Verderben." „Und wenn es schon zu spät ist?" fragte Jngelid mit müder Stimme, „wenn mein Schicksal sich bereits entschieden hat?" „Jngelid!" Wie rollender Donner grollte Leos Stimme. „Was siehst Du mich so an?" rief das schöne Mädchen heftig. „Wo bliebst Du denn gestern Abend, statt mich zu schützen-, als ich in der Schneenacht allein mit Mister Wood durch den Wald lief? Du mußtest Riele Vossen schöne Dinge sagen und ihr vou Deinem In nenleben- vertrauen, was Du mir nicht sagen mochtest. Du mußtest — —" „Laß bitte, laß Riele Vossen aus dem Spiel. Es kommt Dir nicht zu, die Gefühle dieses Mädchens hier mit hinein zu ziehen. Wie sich auch mein- Leben gestalten mag, ich werde immer der Freund dieses Mädchens bleiben, das so tapfer Und stolz sein Geschick trägt, ungeliebt durchs Leben gehen zu müs- 'en. Du hast ganz recht, ich hatte viel mit Riele Vossen zu reden. Sie teilte mir mit, daß sie Krankenpflegerin zu werden beab sichtige, und ich gab ihr einige Winke und Fingerzeige, wie es am besten sei, diesen Plan auszusühren. Das war alles, was ich mit Riele Possen besprach." Jngelid sah ihren Verlobten verstört an. „Und ich glaubte — ich hoffte," stotterte sie. „Daß ich Riele als Ersatz für Dich neh men- würde," lachte er bitter auf. „Das hast Du Dir fein ausgedacht, als ob Heirat und Liebe ein Handelsgeschäft ist, das man nach Belieben wechselt. Riele ist ein tapferes Mäd chen. Sie wird diese Enttäuschung ihres Lebens verwinden und sie wird, indem sie anderen nützt, für andere lebt, doch ein rei- ches Leben führen. Mir aber wird sie stets lieb und wert sein." Ohne eine Miene zu verändern, hatte In- golid zugehört. Jetzt hob sie stolz den Kopf und sagte, während sie eine Rose, die aus dem Tisch stand, langsam zwischen ihren weißen Händen entblätterte: „Sie hätte besser zu Dir gepaßt als ich. Aber warum streiten wir uns denn? Auf Riele kommt es hier doch garnicht an, son- dern darum, ob Du mich jetzt freigeben willst. Ja oder nein?" „Nein! Ich habe andere Ansichten über ein Verlöbnis wie Du es zu haben scheinst." „Auch nicht wenn ich Dir sag«, daß ich James Wood liebe, glühend, unwandelbar? Daß diese mein« Lippen seine Küße getrunken, und daß ich ihn wieder geküßt habe. Alich dann nicht?" Einen Augenblick blieb es totenstill im Zimmer. (Fortsetzung folgt.)