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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 19.04.1914
- Erscheinungsdatum
- 1914-04-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-191404192
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19140419
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19140419
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Bemerkung
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- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-04
- Tag 1914-04-19
-
Monat
1914-04
-
Jahr
1914
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 19.04.1914
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sagt. Es ist nviv, wenn ich sie durchlese, als ob es Zeit und Raum nicht gäbe, nie gegeben labe — als sei ich wieder als junges Ling bei Dir; als hörte ich Deine liebe, vertraute Stimme all die süßen Torheiten sagen, die nur junge Liebe kennt. Du hast viel durch- gemacht, armer Fred, hast gesorgt und ge darbt für die Deinen und Deine Cola nicht vergessen. Jetzt, wo Du frei bist von Mem, wo die Deinen tot sind, willst Du Dein Wort einlösen. Ich habe es von Dir nicht anders erwartet; ich wußte, es würde so kommen, und ich habe mich davor gefürchtet. Siehst Du, Liebster, ich bin nicht mehr die gertenschlanke, lustige Cola von einst. In zwanzig Jahren altert man; ich bin schon ein bißchen grau geworden, ein Blond bemerkt man wohl kaum — aber ich bin verunstaltet; eine Narbe ver unziert mein Gesicht. Hättest Du nicht so lange geschwiegen — ich hätte Dirs auch ohne Deinen Antrag mitgeteilt, doch wußte ich Dei nen Aufenthalt nicht. Nun, mein guter Fred, wirst Du einsehen, daß ich Dich nicht an. Dein Wort binden kann. Aus reinem Edelmut, vielleicht aus Mitleid will ich nicht geheiratet werden. Längst habe ich mich mit meinem Los als alte Jungfier abgesunden. Gräme Dich darum nicht. Nur eine Bitte erfülle nur: bleib« mein Freund. Suche Dir ein bes seres Glück; aber bleibe mein Freund, wie stets Dir anhangen wird in treuer, selbstloser Freundschaft Deine Cola. Der Mann faltete das Briefblatt zusammen und lächelte. Seine Cola wegen dem bißchen Aeußer- lichkeit aufgeben? Wär' er der Mann dazu? llnd außerdem — waren nicht seine Haare dünn und grau — war seine sehnige Gestalt nicht hager geworden? Sein Entschluß stand fest; da gabs keine lange Korrespondenz mehr, kein Wenn und Aber. Er reiste zu ihr, sie zu holen. Einige Tag« später erstieg er die vier Treppen zu ihrer Wohnung. Es war ein al tes Mietshaus, in dem es muffig roch . Schnei derinnen, Studenten, kleine Beamten wohnten hier. Endlich las er den gesuchten Namen. Nikotine Reimer, Klavierlehrerin, stand aus dem weißen Kärtchen. Drinnen hörte er Schritte, trippelnde Kinderfüße, und schon öff nete sich die Tür. Ein kleines Mädchen, oft -enbar eine Schülerin, verabschiedete sich artig reizend von einer freundlich blickenden Danie im schlichten, grauen Hauskleid. „Cola." .Fred!" Auge in Auge standen sie sich wortlos ge genüber, bis Cola der Situation Herr wurde, den Gast nach einem freundlichen Nicken für das neugierig« kleine Mädchen, einzutreten ' ai. Jetzt erst konnten sie sich ganz ungestört in den gegenseitigen, so lang« entbehrten An blick versenken. Ja, das war die gleiche, ne» vige Gestalt, das energische Männerprofil, nur hatte der Kampf des Lebens seine Linien in dies Antlitz gezeichnet, und doch blickten die stahlblauen Augen noch ebenso klar und Mig ihr entgegen. Langsam füllten sich die Ihren mit Tränen. „Fred! Was ist Liebe?" Er nahm sie in die Arme wie einst und streichelte ihr noch immer krauses Haar. „Du liebes Dummchen — hast Du ge glaubt, daß ich wegen dem da" — er tippte ihr sanft auf die entstellte Wange- — — „Ach, Fred, ich bin doch so häßlich ge worden dadurch." „So? Ich merke nichts." „Aber alt bin ich geworden!" „Ich um so jüngers, was?" Da fanden sie das befreiende Lachen. „Nicht wahr, Du hast Dich überzeugen »vollen ..." „Bon all Deiner Garstigkeit? — freilich!" „Du böser Mann!" „Zur Strafe nehme ich Dich jetzt mi." „Gleich?" „So schnell wie möglich." „Und meine Schüler?" „Die sollen andere Lehrerinnen häßlich ärgern." „Hoffst Du vielleicht, ich werde schöner bei Dir?" „Meinem veredelnden Einfluß traue ich auch das zu." „Du bist doch der alte, heillose Spötter geblieben." Dann aber wurden sie wieder ernst. Hin und her flogen die Fragen und Antworten, bis es dunkel im Zimmer ward und sie das Fragen vergaßen und sich küßten wie einst zur Maienzeit ihrer Liebe. Plötzlich aber rief Fred munter: „Und jetzt noch ein Geständnis!" „Ein Geständnis?" „Jawohl, ein inhaltschweres; ich habe — habe Hunger!" Da lachte sie, erlöst, befreit wie von heim lichem Bangen. „Du armer, böser, materieller Menscb! Und ich habe nicht einmal etwas im Hause." „So gehen »vir kneipen!" „Aber die Leute?" „Ja, Schatz — Di» bist doch nun meine Braut!" „Ja, so," meinte sie halb beschämt, halb kleinlaut. „Daran muß ich mich ja erst ge wöhnen." Die Frau Schneider T. und das Fräulein Blumenmacherin Z- reckten nicht schlecht die Hälse, als sie dem Paar auf der Stieg« be gegneten. Die sahen ja so glücklich aus, fast wie ein junges Brautpaar. Mrcheuuachrichteu. Kt. Uri»tt«ti, zx >m Sonntag Quastmodogeniti, den 19. April, vo>m 9 Uvr Predigtgollcsoienst Herr Pastor Poeßneck. Nachm. bald 2 Uhr MndergotteSdienft. Manner- und JüngttngSverein: abend- halb 9 Uhr im Gemeindehaus. - Jungfrauenverein: Bei günstigem Wetter Au«flug nach der Lannmüdle. Halb 2 Uhr Lammeln im Gemeinde hau». AbendS halb 8 Uhr im Gemeindehaus. Montag nachm. 2 Uhr Dcoßmuttervereinigung im Ge meindehaus. Donnerstag abend» 8 Uhr Bibelstunde im Gemeindehaus. Wochmamt Herr Pastor Boeßncck. War-chie St Khristopyori zu Kohe»t!ei«-Krustt-«l Nm Sonntag Ouasimobogeniti »orm. S Uhr Haupt- gotterdienst. Predigt über: 1. Joh». 5, 1—6. Herr Pastor Dybeck. Nachmittags halb 2 Uhr ktrchl. Unterredung mit den konfirmierten Jünglingen. Gv.-luth. Jungsrauenverein abend» 8 Uhr im BereinS lokale. Evang.-luth. JünglingSvercin nachm. halb 2 Uhr Unter redung in der Kirche, dann von 3 Uhr ab Beisammensein im BereinSgarten, abends 8 Uhr im BereinSlokale. Vortrag deS Herrn Beyer au« Cbemnitz. LandcSkirch». Gemeinschaft abends halb 9 Uhr im Ber- einSlokale, Brcitestraße 3l. Eo-luth Arbeiterverein: Montag, abends halb S Uhr im BereinSlokale. Donnerstag, den 23. April, abend» halb 9 Uhr Mis- sionSstunde im Waisenhaus- und Hüttrngrundbetsaale. Wochen au t: Herr Pastor Dybeck. Ms» HAerl««g»ttz. Nm Sonntag Quastmodogeniti, den 19. April, vorm- 9 Udr Gottesdienst mit Predigt über I.Joh. b, 1—9. Herr Pastor Schödel. Vormittags '/,11 Uhr Unterredung mit den Jünglingen. Nachmittag« halb 3 Uhr TausgoNkSdienst. Abend« halb 8 Uhr JünglingSvercin. Montag, den 20. April, nachmittag» 4 Uhr MissionS- kränzchen. Wvchmamt Herr Pastor Schödel. Mo« Hersdorf. Bom 9. bi« 1S. April. Getraut: Friedrich Ernst Haupt, v., Lugau, und Elsa Helene Ehrt, hier. Getauft: Hcllmulh Karl, S. d. Kontoristen Ernst Max Herrmann Blbeit Willy. S. d. B. August Hermann Lange. Karl Heinz, S d Schr eidcrweisterS Karl Max Uhlemann. Karl Erich und Elisabctk Gertrud, ZwillingSkinder de» G rumpiwirkers Hermann Richard Vogel. Ann« Marie, L d Strumpfwirker« R chard LouiS Sclvmann. Clera Frida und Maric Ella, Zwillingskinder de« B Prter Singer. Johanne Helene, T d. B. Paul Willy Voigt. Elis -dcth Cha loite, T. d. B. Albin Emil Müller. Hildegard Cbar. lotte, T d Maurers Paul Hugo Frohberg. Martha Ella, T. d. B. Franz Mojzis. Begraben: Ma; Alfred Einenkel, P, hier, ledig, 19 I 5 M. 1» T Traugott Fried ich Eduard Tetzner, Privat mann, 74 I 10 M. 19 T Franz Ludwig Schubert, In valid, hier, ein Witwer, 94 I 3M. 13 T. Hermann Gustav Weigel, Beigmvaltd, hier, ein Ehemann, 60 I. 8 M. 1l T. Hertha Gertrud, T. d. Gutsbefitzers Fried rich August Franke, 1 I. 7 M. 16 T. Totgcb. T d. B Ernst Albert Helbig Am Sonntag Quastmodogeniti, den 19 April, vorm. 9 Udr Gottesdienst. Herr Pastor Hildebrand. Nachmittag« kalb 2 Uhr ttindergotiesdienst. AbendS halb 8 Uhr Jungsraucnvclcin. AbendS halb 8 Uhr JünglingSvercin. Montag, den 20. Apiil, abends 8 Uhr Fraucnverein im blauen Stern. Di«t»tag, den 22. April, abend« 9 Uhr Bibelstunde in der Ktrchschule. Die Woche für Laufen und Trauungen hat Herr Pastor Hildebrand, für Hauttommunionen und Begräbnisse Herr Pastor Bünger. /a»-e»4»rsd«rf mit Aalten. Am Sonntag Quastmodogeniti, den 19. April, vorm. 9 Uhr Gottesdienst mit P-edigt. Nachmittag« halb 2 Uhr kirchliche Unterredung mit den Jungfrauen. Ao« Amedorf. Monat März. Betaust; Max Heinz, S. d. Max Hugo Scheibner, Bahn- arb., H Puula Hilda, L. d. P ul Johanne» Fiedler, Berg- arb., H. Erich Walter, T. d. Karl Eduard Ullrich, ans. Bergarb., H. Ernst Arno, S. d. Emil Otto Korb, Brrg- arb., B. Gertrud Tont, T. d. Otto Loui« Plötner, Berg arb , B Frida Elly, T. d. Ernst O«wald Geithner, Gar« tenbes., B. Getraut: Ernst Paul Vogel, Zigarrenmacher, H., mit Ella Frida verw. Dommer geb. Pfüller, H. Richard Moritz Pf ff, Bahnarb. in Oelsnip, mit Anna Franziska Richter, R Karl Emil Tuchsche>er, Bergschmied, B., mit Klara Martha Kirsch, B. Max Otto Muller, Strumpsw., R, mit Frida Klara Zschäpe, R. Emil Walter Günther, Fleischer in Leutzsch b. Leipzig, mit Frida Helene Letz ter m Lcipäg. Karl Georg Kempe, Fleischer in Lugau, mit Lina Klara Werner, H. Begraven: Kurt Richard, S. d. Richard Emil Stiegler, Bergorb., B, 2 I. 6M. 19 T. Heinrich Hermann Zierold, Bergtnv., B„ 7« I. 9 M. 14 L. Walter Rudi, S d. Emi> Otto Resch. Bergarb., B, 2 M. 12 L. Ernst Hermann Mlttenentzwci, ans. Hufschmied, B-, 49 I. 8 M. 11 L. Am Sonntag Quastmodogeniti, den 19. April, vorm. 9 Uhr Hauptgotterdienst mit Predigt über 1. Joh ü, 1—6. Nachm. 2 Uhr kirchliche Unterredung mit der konfirmierten männlichen Jugend. Aon KrkvAch-Akchverg Am Sonntage Quastmodogenitt. Kirchberg: Früh 8 Uhr Beichte und Abendmahlsfeier, vorm-ttm.» halb 9 Uhr Hauptgotterdienst. Erlbach: Nachmittag» halb 2 Uhr kirchliche Unterredung mit bei konfirmierten männlichen und weiblichen Jugend. Schulbibeln sind in der Pfarre zu haben. Mittwoch, den 22. April. AbendS 8 Uhr Bibelstunde im Psarrhause. Mo« Wrfprmrg. Getauft: Bruno Kurt, Zwillingssohn deS Bergarbeiter« Erdmann Julius Bruno Reinhardt in Ursprung. Martha Mathilde, T- d. Drcch«!erS Ehregott Kurt Schmidt in Ur sprung Ella Helene, L. d. Zemcntalbriter» Albert Kurt Landgraf in Ursprung. Begraben: Bruno Paul, ZwillingSsobn de» Bergarbeiters Erdmann Iuliu« Bruno Reinhardt tu Ursprung, ungetauft verstorben, 4 T. alt. Christian Friedrich Förster, Bergin», in Ursprung, 8k I. b M. 22 T. alt. Hermann Lauts Ru dolph, Stellmacher und Gartenbesitzer in Seifer«dorf, 47 I. 1S T. all Frau Alb ne Ernestine Strauch geb. Udlig Ehefrau des Wegrwärter» Ernst Iuliu« Strauch in Geiser», dorf, 61 I. 6 M. 2b L. alt. Frau Amelia Wilhelmine Weichelt ged Müller, Ehefrau de» Stricker« Emil An.uc Weichelt in Ursprung, 33 I 4 M 17 L alt, konsessionslo«. Am Sonntag Qu-simodogeniti, den 1«. April, vorm halb 9 Uhr PredigigottcSdicnst Nachm. halb 2 Uhr kirchliche Unterredung mit der kon firmierten Jugend. Die nächste Wochenkommunion wird Mittwoch über acht Tage, den 29. April, vormittag» halb 10 Uhr abgehalten werden. Wo» Witt,Wach Am Sonntag Quasimodogeniti, den 19. April, vorm. halb v Uhr Preduigotterdiensi. Bormittag« halb 11 Uhr Unterredung mit der konfir- micnen Jugend der letzten drei Jahrgänge. 3 schauen in den Garten. Die kleineGrete wiegt den Lockenkopf. „J8 wieda Winter — hu," sagt sie und schüttelt sich. Rudi, der Bruder, wendet sich ihr erstaunt zu. „Aber Gretel, stierst du?" „Nich stieren, nich talt," bemerkt die Kleine, „aba so viel Snee." Und mit einer umfas senden Bewegung ihrer runden Aermchen weist sie über die weißblühenden Kirschbäume hin. Rudi bricht in ein schallendes Gelächter aus. „Gretel, nein, Gretel, waS bist du für ein dummes Mädel!" Er sieht nicht, daß die kleine Primel am Laubeneingang sich ordent lich einen Ruck gibt. So verwundert ist sie, daß Königskinder in dieser Weise miteinander reden. „Das ist doch kein Schnee," fährt er noch immer lachend fort. „Man merkt es, daß du zum erstenmale beim Großvater bist, du kleines, kleines Schäfchen." Gretel sieht ihn entrüstet an. Bin nich Säfchen." „Na, was denn sonst? Warst noch gar nicht aus der Stadt heraus, bis jetzt. Aber ich, ich bin schon zum drittenmal« hier." Jetzt würdigt ihn die Kleine keiner Ant wort mehr und sieht nur starr in die weißen Bäume. In belehrendem Tone hebt der Bru der wieder an: „Sieh mal, Gretel, das sind nämlich lauter kleine Blumen da auf den Kirschbäumen." Gretel bewegt jetzt so heftig verneinend den Kopf, daß die blonden Locken fliegen. „Blumen unten," berichtigt sie und deutet mit den dicken Fingerchen auf den Erdboden. „Aber Mädel, es kann doch auch oben welche geben. Und wenn ich dir sage, es sind welche." „Snee," erwiderte das Kind nur eigen sinnig. Da sieht die kleine Primel mit Schrecken, wie der Königssohn entrüstet aufspringt. Er schreit die Prinzessin an: „Mit euch Mädchen ist kein vernünftiges Wort zu reden. Ihr seid nun einmal dumm." Jetzt hebt die Prinzes sin an zu weinen. Rudi stößt einen wilden Seufzer aus. „Nun heulst du noch. Und ich habe mir diesen ersten Morgen in Großvaters Garten so wun derschön gedacht. Schon in der Stadt habe ich mich gerade darauf gefreut " Er entdcckt plötzlich die kleine Primel am Laubeneingang. Um das Schwesterchen abzulenken, ruft er: „Da sieh, sieh doch, Gretel, eine Blume. Die allerschönste Frühlingsblume!" Er geht hin und beugt sich zu dem Himmelsschlüsselchen nieder. Gretel läßt die nassen Händchen vom tränenbenetzten Gesicht gleiten und sieht ihm zu. Dann triumphiert sie: „Blumen unten." „Na ja, freilich," gibt Rudi etwas ärger lich zurück. „Hab' ich etwa gesagt, daß unten keine sind?" Die Kleine antwortet ihm nicht, Sie ist von der Bank gesprungen — daS ist eine Leistung für sie, denn ihre Füßchen er reichen ja längst den Erdboden nicht —, und nun kniet sie neben dem Bruder vor dem Him melsschlüsselchen. „Blume haben," erklärt sie kurz. Und dann hat sie den goldgelben Blü- tenbüschel auch schon mit energischem Fäust chen abgerupst. Durch die kleine Blume geht es hin wie ein schmerzender Ruck — und wie ein tiefes, zitterndes Aufseufzen. Aber es ist kein herbes Leid in alledem — nein, als die Kinderfinger sie brechen, da fühlt sie sich wie untergetaucht in ein süßes Weh. Es ist das geliebte Kö nigskind, das ihr die Wunde zufügt. Und dann fühlt die Primel sich fest, ganz grausam fest umfaßt von dem heißen Händ chen. Aber das rosige G. sicht des Prinzeß- chens, unter dem G. Idgeflimmer, ist wieder ganz heiter. Gretel springt mit ihrer Blume in der Hand umher und jauchzt. Vergessen sind die Kirschbäume mit all ihrer Schönheit und der großen Frage: ob Blüten oder Schnee. Da sie selbst noch so klein ist, so ist auch ihr Erleben auf das Kleine eingestellt. Das be scheidene Himmelsschlüsselchen erschließt ihr einen Himmel kindlichen Glückes. Sie springt und singt, und angesichts dieser Lustigkeit vergißt auch Rudi seinen Unmut. Er faßt das Schwesterchen an beiden Händen, und sie tanzen unter den weißen Kirschbäu men im Leuchten der Frühlingssonne einen überfröhlichen Reigen. Die kleine Primel wird mit herumgeschwun- aen, es ist ihr ganz taumelig zu Sinn. Und die Kinderfinger werden heißer und heißer und pressen immer mehr. Schon hängt der Blü tenbüschel ganz schwach herab. Aber die kleine Blume sieht doch, daß ihre schönen Königs kinder wieder glücklich und einig sind — ach ja, dafür will sie gern sterben — um diesen hohen Preis. Und dann neigt sie die gold gelben Blütchen noch tiefer, in Frühlingsglanz und Ktnderjubel hinein haucht sie ihre kleine Blumenseele aus. Noch lange tanzen Rudi und Gretel. Als sie endlich aufhören, finden sie die Blume ganz welk. Da werden sie für einen Augen blick betrübt und graben ihr im weichen, feuch ten Rasen ein Grab und decken sie zu. Dann laufen sie dem Hause entgegen, denn der alte Großvater ist unter der schiefen braunen Tür erschienen. Er steht dort und lacht und winkt. Die gestorbene Blume ist schnell vergessen. Aber die liegt in ihrem weichen Totenbcttchcn und träumt ganz sicher wieder von ihren Kö- nigSkindern. Der Riesentöter. (Märchen.) Es war einmal ein Bauernjunge, der hieß Hans. Seines Vaters Hof lag nicht weit von einem hohen Berge in der Nähe der S e. Hoch oben auf dem Berge war eine Höhle, in der hauste ein scheußlicher Riese, der h cß Cormoran; er war 18 Fuß hoch, und sein Lei besumfang betrug 9 Fuß. Ec hatte eine un- geheure Kraft und war immer hungrig. Wenn er essen wollte, kam er von seinem Berg her unter und stahl den Bauern die Schafe und das Rindvieh. Sechs Ochsen und ein Dutzend Schafe konnte er auf einmal tragen, und es dauerte auch nicht lange, da hatte er sie alle verzehrt. Natürlich war das den Bauern nicht lieb, und mancher reiche Hofbesitzer verarmte voll ständig infolge der Raubzüge des bösen Cor- »noran. Als Hans erwachsen war, nahm er sich vor, den Riesen zu töten, um seinen Vater und die anderen Bauern von ihm zu befreien. In einer sehr dunklen Nacht schlich er auf heimlichen Wegen den Berg hinauf und machte auf dem Wege, den der Riese nehmen mußte, wenn er herunter ins Tal wollte, eine tiefe Grube. Die deckte er mit Stangen und Reisig und Moos so geschickt zu, daß man sie gar nicht sah. Ganz früh am nächsten Morgen stand er auf, nahm fein Kuhhorn, ging den Berg hin auf bis in die Nähe der Grube und blies dann so gewaltig in fein Horn, daß das Echo ringsum den Schall zurückgav und der Riese aus dem besten Schlaf erwachte. Wütend kam er den Berg herunter gerannt, um zu sehen, wer ihm den Schabernack ge spielt. „Du nichtsnutziger Schlingel," brüllte er, als er Hans erblickte, „warte, wenn ich dich kriege!" Und er stürzte auf den jungen Bauern los. Aber als er eben glaubte, ihn zu haben, stolperte er und stürzte kopfüber in die Grube. Hans setzte sich ins Gras und machte sich über eine ohnmächtige Wut und seine nutzlosen Ver- uche, sich zu befreien, weidlich lustig. Das »rächte den Riesen zur Raserei, er tobte und chimpste, und nach langem Ringen gelang es hm endlich, den Kopf auS der Grube heraus zustrecken. Aber kaum erschien das Riesenhaupt über dem Rand, da erfaßte HanS seine Axt mit beiden Händen, holte kräftig aus und schlug dem Cormoran mit einem Schlage den Kopf ab. Die Bauern waren glücklich, daß HanS sie von dem Ungeheuer befreit hatte, und zum Dank dafür ließen sie ihm ein prächtiges Schwert machen mit der Inschrift: „Seht hier den tapfern Hans euch an, Der schlug den Niesen Cormoran!" Und von der Zeit an hieß Hans im ganzen Lande nur noch „der Rieseniötcr". Zum Zeitvertreib. (Nachdruck verboten.) Ler Eier-Aeroplan Heute erhaltet ihr in Wort und Bild die Anleitung zu einem neuen Eierspiel, das euch gewiß viel Vergnügen bereiten wird. Das Spiel beruht aus dem System der Wurftaube, das den größeren von euch sicher bekannt ist. Den Aeroplan stellt ihr her, wie auS Figur a ersichtlich, durch Einstecken von zwei langen und einer kurzen Hühnerfeder in ein Ei. Ferner benötigt ihr einen alten Besenstiel, auf den ihr eine Holzplatte nagelt (Figur b). Figur c ist ein Gestell aus Pappe mit einer Oeffnung in der Mitte, groß genug, daß die Aeroplan spitze bequem durchgeht. Hinter dem Papp schild steht ein Schüsselchen mit Sand, in dem ein Ei dicht hinter der Oeffnung steht. Es gilt nun, wie aus Figur b ersichtlich, den mit einem Bändchen befestigten Aeroplan durch An ziehen und in der Richtung auf die Oeffnung im Pappschild durch Loslassen des Bandes vorzuschnellen und das hinter dem Schild be findliche Ei umzustoßen. Wem das gelingt, dem gehört daS Ei.
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