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VttlW M HohkMii ErMholcr A«uiger U«grbl»tt. Nr 4S. Freitag, de« Ä« Februar 1S14 41. Jahrgang Deutscher Reichstag. 217. Sitzung vom 17. Februar. Präsident Kämpf dankt den Schriftfüh rern, die aus Anlaß seines heutigen 72. Ge burtstages seinen Platz mit einem Blumen- straub geschmückt haben. Darauf wird die zweite Lesung des Etats des Reichsjustizamts (3. Bereitungstag) fortgesetzt. Abg. List (natl.): Es ist unverständlich, weshalb die Sozialdemokraten vor der Durch- sührung der Schifferschen Anträge die Reform des preußischen Wahlrechts fordern. Wenn sie Luft haben, mit uns an der Verbesserung des Rechts zu arbeiten, so hindert sie doch das preußische Wahlrecht nicht. Gerade jetzt sollten sie helfen, da sie noch Einfluß haben. Man weiß nicht, was die Zukunft bringt. (Lachen bei den Soz.) Von unerkannten Geisteskranken sind Banken und Gewerbetreibende doch schon öfter geschädigt worden, als der Staatssekretär meint. Die Gläubiger müssen gegen böswillige Schuldner geschützt werden. Die Frage der religiösen Erziehung der Kinder aus Mischehen muß geregelt werden. Ein böses Kapitel ist die Be andlung der Vorstrafen der Zeugen. Das Einkommen der Rechtsanwälte weist einen bedauerlichen Tiefstand auf. Gegen den Nu merus clausus sträube ich mich mit allen Mitteln. Bayerischer Staatsrat v. Treuflein: Von einem Redner wurde hier der Fall einer Zeugin in Amberg erwähnt. Sie soll für eine Jugendsünde eine kleine Strafe erhalten und, weil diese Vorstrafe vor Gericht festgestellt wurde, einen Selbstmordversuch gemacht haben- Tatsächlich hat die Zeugin zwei Jahre Ge fängnis verbüßt. Die Feststellung der Strafe erfolgte auf Veranlassung der Verteidigung. Sie fügte sich nur eine ganz geringe Ver letzung zu. Abg. Oertel (kons.): Mir hat es leid getan, daß durch die Nichtvereidigung des .Herrn Rötger ini Krupp-Prozeß einem treff liehen Manne unnötigerweise ein Makel ange heftet wurde. Gegen die Maiestä-tsbeleidigungs Novelle haben wir nach wie vor Beden'en, obwohl wir für sie stimmten. Die persönliche Ei re muß besser als bisher geschützt werden. Ein besserer Schutz gegen Irre ist notwendig, auch gegen Halbirre. Einen pathologischen Zug! hat schließlich jeder Mensch, vielleichtauch ein Reichstagsalbgeordneter (Zuruf), ja viel leicht sogar ich (Heiterkeit). Die sensationelle Berichterstattung ist bedauerlich, aber das Pu blikum will seinen Prozeß zum Morgenkaffee hrmem Der wirkliche Schmutz muß von un serer Jugend ferngehalten werden. Jetzt wer den o t Schamlosigkeiten in den Mantel der Wissenschaft gehüllt. Kunstwerke wollen in den Museen oder in aller Stille genossen werden. Arg. Müller- Meiningen (Vpt.): Gegen einen konservativen Beleidiger findet ein Fort schrittsmann nur schwer die Hilfe des Staats anwalts. Für die Prozeßreform darf nur das Bedürfnis des deutschen Volkes und des recht suchenden Publikums maßgebend sein. Die Vorschläge des Abg. Schiffer enthalten man chen! guten Gedanken, sind aber zu allgemein und daher unannehmbar. Wir müssen Teil reformen vornehmen, da wir nicht 15 Jahre warten können. Gegen den wirklichen Schmutz reichen die bestehenden Bestimmungen des Strafgesetzbuches aus. Staatssekretär Lisco: Die Schwierigkeit bei der Bekämpfung des Schmutzes in Wort und Bild beginnt, wenn es sich um die Ver breitung! von Nachbildungen der Kunstwerke handelt. Das Reichsgericht hat die bildliche Darstellung des Nackten an sich ebensowenig für unzüchtig erklärt, wie die des unverhüll ten menschlichen Körpers. Aber es hat auch angenommen, daß die Reproduktion von Kunst werken, insbesondere auf Postkarten, mißbraucht werden kann durch die Art der Darstellung, durch die Zusammenstellung einer Reihe von Nacktdarstellungen. Nach dem Urteil des Reichsgerichts müssen bei dem Begriff des Unzüchtigen Beziehungen zum Geschlechtlichen in Frage kommen. Dazu gehört aber die Dar stellung des unverhüllten Körpers für sich allein Zm Thronwechsel in MWen. Nachdem der König der Könige von Aethiopien für immer seine Augen geschlossen hatte, ging die Nachfolge auf den Thron« erben Litsch Jeassu über. Der verstorbene Negus Menelik II. besaß selbst keinen Sohn, sondern hatte im Jahre 1908 den Sohn einer verstorbenen Tochter, Litsch Jeassu, zum Thronerben eingesetzt; dieser feierte in den letzten Tagen in der Hauptstadt Addis Abeba seinen 18. Geburtstag. Er empfing die fremden Diplomaten, sowie die Notabeln seines Reiches und gab ein großes Fest mahl. Seine Proklamation zum Kaiser ist noch nicht ersolgt. Der deutsche Gesandte v. Syburg erhielt aus Anlaß des Geburts tages eine hohe Ordensauszeichnung. Unser heutiges Bild zeigt (ob.n) den Palast des Herrschers, unten das Postgebäude in Addis Abeba. In der Mitte das Porträt des deutschen Gesandten v. Syburg. nicht. Es muß eine unzüchtige und schamlose Darstellung gewählt werden. Staatssekretär Lisco weist ferner die Aeußevungen des Abg. Heine (Soz.) zurück, der von einer verrückten Judikatur und per verser Phantasie eines Staatsanwalts gespro chen hatte. Abg. Gerlach (Ztr.) behandelt das Irren-Wesen. Aüg. Dove (Vpt.) bedauerte die Lücken des Bürgerlichen Gesetzbuches hinsichtlich des Schutzes vor Irren. Staatssekretär Lisco bittet, den Fall der Witwe Hamm noch nicht zu erörtern. Donnerstag 1 Uhr: Weiterberatung, Ma rineetat. Gras MietcMski vor Gericht. Morgen Freitag beginnt, wie schon mitgeteilt, vor dem Schwurgericht Meseritz der Prozeß gegen den früheren Reichstagsabgeordncten Grafen Mielczynski, der des Totschlags an seiner Frau und seinem Neffen, dem Grafen Miaczynski, angeklagt ist. Die Verhandlung wird sehr wahr scheinlich zum großen Teil unter Ausschluß der Oeffentlichkeit geführt werden. Die erschoßene Gattin des Grafen war eine geborene Gräfin Potocka. Die Familie zählt zu den vornehmsten polnischen Adelsgeschlechtern, dessen Damen wegen ihrer blendenden Schönheit allezeit hochberühmt waren. Im Kaiser-Friedrich- Museum hängt ein Bild eines unbekannten Meisters, das eine Gräfin Potocka darstellt; die eigenartige Schönheit hat dem Porträt denselben Ruf gegeben wie etwa der Mona Lisa von Leonardo da Vinci. Der Vater der Braut wollte von einer Verbindung mit dem Grafen Miel czynski nichts wissen, und es kostete dem Paar harte Kämpfe, bis es sich heiraten durfte. Graf Mielczynski, Pole vom Scheitel bis zur Sohle, griff oft zu den abenteuerlichsten Mitteln, seine Braut zu erringen. Vor den Augen des Schwie gervaters schoß er sich bei einer Weigerung des selben eine Kugel durch die Hand, dann, als der alte Graf bei seiner Weigerung beharrte, eine zweite Kugel in die Brust. Als die Liebenden ein Paar geworden waren, dauerte das Glück nur kurze Zeit. Man verstand sich nicht; der Graf widmete sich bald ausschließ lich seinen künstlerischen Neigungen (er hatte in Um hohen Preis. Roman von Fred. M. White. Deutsch von Ludwig Wechsler. 35. gorlsehung. (Nachdruck verboten.) „Beinahe hätte ich ihn vergessen," murmelte sie und uuw.llküiüch ließ sie den Deckel auf springen, worauf der Diamantenschmettcrling vor ikr lag- Gewiß, es war eine unverzeih liche Nachlässigkeit von Uzaü gewesen, das Schmuckstück auf dem Tische liegen zu lassen, nachdem er versprochen hatte, es ergänzen zu lassen. Mechanisch halte es Beatrice aus den Händen des Kellners, der es ilr nachbrachte, cntgegenoenommen und in ein kleines Etui verschlossen-, in dein sic cs mit nachhause nahm. Je,ch nahm sie den kleinen Falter aus seinem Etui und legte die beiden Teile auf dem Tische dicht neben einander, daß das Licht auf sie fiel. Es war ein allerliebstes Schmuckstück, nach dem jedes junge Mädchen Verlangen ge tragen hätte; allein Beatrice schrak zurück da vor als wär's höllischer Spuk gewesen. Im Geiste brockte sie es mit allerlei düsteren Er eignissen. Verbrechen und Gewalttätigkeiten in Verbindung, an denen ihr Onkel nicht unbe teiligt war. Erschauernd legte sie das Kleinod in sein Etui zurück und betrachtete es noch immer sinuen-d, als Flower eintrat und die Tür sorgfältig hinter sich schloß. Er schien wie verändert und trachtete möglichst angenehm zu erscheinen. „Hoffentlich verübelst Du es mir nicht, daß ich ein wenig rauh zu Dir Ivar," sprach er-, „aber ich hatte geschäftlich viele Unannehm lichkeiten. Seit -einiger Zeit scheint alles schief zu geben, und wenn nicht bald eine Wendung zum Bessern eintr-itt, so gerate ich in eine böse Situation. Wie jedermann, der sich einiger Erfolge rühmen kann, Hobe ich viele Feinde, die sich verschworen zu haben scheinen, mich zugrunde zu richten." Beatrice murmelte einige teilnahmsvolle Worte, obschon ihr Onkel ihr eigentlich nichts neues sagte. Willig hätte sie ihren Rat, ihre Hilfe angebotcn, wenn sie sich nur den ge ringsten Vorteil davon versprochen hätte. So hörte sie kaum, was Flower sagte, und be merkte auch nicht einmal, daß Flower mit einemmale verstummt war und sein Blick wie gebannt auf dem Diamantenschmeckerling haftete. lieber dieses Schmuckstück habt Ihr also gesprochen?" fragte er. „In der Tat, ein wunderschönes Stück. Ich möchte wirklich seine Geschichte kennen. Jedenfalls dürfte cs dich überrascht haben, daß dir ein unbekannter Mann den fehlenden Teil zum Geschenk machte oder nicht?" „Ich weiß selbst nicht," erwiderte Beatrice gleichgültig. „Heute nacht überrascht mich schon gar nichts, denn alles war so seltsam, daß ick's kaum sagen kann. Zunächst diese ganze Schar von Gästen im Theater. Jeder schien sich so frei und heimisch zu fühlen, daß ich es gar nicht fassen konnte. Es mag Dir merk würdig erscheinen, aber ich war nicht einmal erstaunt, als mir Mr. Uzali die fehlende HAfte des Schmetterlings gab." „Wirklich ?" fragte Flower anscheinend sorg los. „Und wie sah dieser Mann eigentlich aus? Glich er einem Abenteurer oder einem Glücksritter? War er ein Ausländer oder ein Schauspieler? Meiner Ansicht nach muß er ein gänzlich unbedeutendes Individuum ge wesen seink" Die Worte des Reeders sollten scherzhaft klingen; allein Beatrice ließ sich nicht irre- sühren und sie erwiderte ernst: „Mr. Uzali ist tatsächlich von nicht viel versprechendem Aeußern. Er hat eine gelbe Gesichtsfarbe und Hände, die eher eine Vogcl- kralle zu sein schienen." „Ach!" rief Flower aus. „Und seine Sprache?" „Er spricht so guc englisch wie Du oder ich. Im übrigen ist er ein vollendeter Welt mann, der in London ebenso heimisch ist wie in seinem Vaterlande. Es berührte mich nur wltsam, als ich sah, daß seine Hand aus ein Haar jener anderen gleiche, die damals nachts zur Tür des Wintergartens hineingesteckt wurde, um den Riegel zurückzuschieben. Aber Deine Neugierde dürste bald gestillt werden, denn Mr. Uzali äußerte den Wunsch, mit Dir bekannt zu werden." „In der Tat?" murmelte Flower. „Er will hierher kommen? Das ist sehr abge schmackt von ihm . . . Mein liebes Kind, Du weißt nicht, was Du sprichst . . . Flower verstummte, als erkannte er, daß er schon- zu viel gesprochen. Die frühere Ver stimmung hatte sich seiner von neuem bemäch tigt. Mit finsterer Miene schritt er im Zim mer auf und ab. Dann schien er sich mit einem Male zu erinnern, daß er nicht allein sei, denn er wendete sich- fast zornig zu seiner Nichte, und auf die Uhr deutend, sagte er: „Ich glaube, wir machen da viel leere Worte, und es wäre für Dich am vernünf- tigsten, zu Bett zu gehen. Ich muß noch manches erledigen, bevor wir morgen nach Maldon Grange zurückkehren." „Wir kehren dahin zurück?" fragte Beatrice. „Ja," lautete die mürrische Antwort. „Schließlich ist's dort sicherer, ich meine, daß ich mich lieber aus dem Lande als in Lon don aufhalte." Beatrice nahm ihren Hut und Mantel, mn sich in ihr Zimmer zu begeben, und wieder regte sich ein Vorgefühl wie von kommendem Unheil in- ihr. Doch sie war zu müde, als daß sie an etwas anderes gedacht hätte, als möglichst rasch zu Bett zu kommen. Sie küßte ihren Vormund auf die Wange, er aber schien die Liebkosung nicht einmal zu bemerken. Kaum hatte sie die Tür hinter sich geschlos sen, als Cotter eintrat. Es blieb schwei gend stehen, als würde er Befehle erwarten, und seine Zähne schlugen klappernd zusammen. Der ganze Mann schien die Verkörperung eines possierlichen Schreckens zu sein. „Nun, Sie Dummkopf, weshalb sprechen Sie denn nicht?" fuhr ihn sein Brotherr an. „Was stehen Sie in dieser lächerlichen Haltung da? Man sollte Sie für ein Kind halten, das durch einen Popanz erschreckt wurde. Wo bleibt Ihr Mut, Mann, dessen Sie sich so oft gerühmt haben?" „Und mit Recht!" erklärte Cotter fast l er- auSfovdernd. „Aber ich habe gesehen, was ich gesehen habe, und weiß, was ich weiß, und dem entspringt meine Angst . . . Weshalb begnügten wir uns auch nicht mit dem mi- reÜich erworbenen Gewinn? Sie besaßen -doch mehr als genug. Seit Jahren zitterte ich vor dieser Gefahr. Seit Jahren weiß ich, daß sie uns droht. Früher o-der später mußte sie über uns Hereinbrechen. Und das Schlimmste an der Sache ist, daß Sie keinen Widerstand leisten können. Heute tausend Meilen weit, grinst sie Ihnen morgen schon ins Gesicht Sie ist gegenwärtig vielleicht auch schon im Haufe hier, gleich wie es in Maldon Grange der Fall war." Schweigen Sie oder ich vergreife mich an Ihnen, Sie Feigling!" fiel ihm Flower zor nig ins Wort. „Haben Sie denn über gar nichts Wichtigeres zu sprechen als über diese gelben Teufel, die hinter uns her sind? Ist cs nicht schon schlimm genug, daß uns auch Jansen in diesem Augenblick Unannehmlich keiten bereitet?" Flower verstummte, denn die Hausglocke ertönte hell und durchdringend und Cotter stieß einen erstickten Schrei aus, als hätte er das Totcnglöcklein vernommen. Er stand da und starrte Flower fassungslos an, während ihm dicke Schweißtropfen aus die Stirne traten. „So nehmen Sie sich doch zusammen, Sie Idiot!" zischte der Reeder. „Gehen Sie hin unter und lassen Sie ihn ein. Es ist ja nur Janson." (Fortsetzung folgt.) Eine hochinteressante Weltreise V dieses Blattes WaS regt den Geist von neuem an, bringt Frohsinn und Schaffensfreude wieder? — — Reiselust und Reisen! Wir wollen erfahren, wie die Welt in Wirklichkeit mit all dem Reichtum ihrer Naturschönheiten auSsieht, und wie die Menschen darauf leben. Wer Zeit und Geld hat, der reist. Aber wie viele können dieses überhaupt und sollen sie eS sich versagen? Nein! Trete daher jeder mit uns getrost die Weltreise an und lerne die Pracht der Natur, die Sitten und Gebräuche der verschiedenen Menschenrassen ohne Reisebeschwerden, teure Ausrüstungen und Reisegelder kennen. Er kann alles im gemüt lichen Heim für nur 15 Pfg. pro Woche durch unsere illustrierte Zeitschrift „Durch alle Welt" genießen. Um der Reise besser folgen zu können, erhalten alle Abonnenten^.'außerdem in Liefe rungen einen großen lliiiersil-Hmtitl« gratis. Derselbe enthält über 320 Voll- und Neben karten. Sobald Sie den Bestellschein auSgefüllt und eingesandt haben, wird die Reise angetreten. Bestellschein kür die Leier der Menftetn-Krnftthalcr Anreize», Oberlungwitzer und Oersdorfer Tageblattes. 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