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MOA WWler Anzeiger Tageblatt für Kohenstein-Ernftthal, Oberlungwitz» Gersdorf, Kermsdorf, Bernsdorf, Wüstenbrand, Ursprung, Mittelbach, Kirchberg, Erlbach, Langenberg. Falken, Langenchursdorf, Meinsdorf, Küttengrund rc. Vrgan kür Politik, Lokalgrschichte und Geschäftsverkehr, somit kür smtliche Nachrichten. — »7 --Ich-«, Mi, -luinchm. d°, Sm» ,md ,-glich mii d-m v-chm mch", KÄLL »x»-«-, «7.-7.--- ^7- - °-7- ,m R.Nam°..'I UV -äm. ,ch. Anz..g.n finden gI-.chz-.Ng ,m Oberlungwitzer Tageblatt (pu'baUEo^ > S „rgeschriebenen Tag-., und Plätzen wird möglichst 11 Uhr; größere Anzeigen werden am Abend vorher erbeten. Bei Miederholungen wird entsprechender Rabatt gewährt, jedoch nur bei atsvalolger 6> g berücksichtigt, eine Garantie jedoch nicht übernommen. Nr. 66. Fernsprecher Nr. 151. Mittwoch, dm 20. März 1007. EkschäftssteH Babustr. .3. 34. Jahrgang. Auf dem Wege zum Ber- gefsen. Ist Frankreich auf dem Wege, die Ereignisse von 1870/71 zu vergessen? Mit ersichtlichem Un» behagen bemerken die englischen Zeitungen, daß jenseits der Vogesen die Zahl derjenigen Persön lichkeiten, die besonnen die nachbarlichen Bezieh- ungen zu Deutschland erwägen und an Stelle früherer Gehässigkeiten einen liebenswürdigen Ton anschlagen, ganz bedeutend gewachsen ist. Man hält eS in London anscheinend nicht für auSge- schloffen, daß die Franzosen imstande sein könnten, ganz zu vergessen, daß Elsaß Lothringen nicht zu ihrem Lande gehörte, und sie mit dem deutschen Reich» ein offenes und ehrliches Freundschafts- Verhältnis einzugehen vermöchten. Darum kommen immer wieder, auch wenn nicht der mindeste An laß dazu vorUegt, von der Themse her aufreizende Artikel oder eS wird »ersucht, uns sonstwie ein Bein zu stellen, wie neulich mit dem Gedanken, unser« Friedensliebe durch den Vorschlag einer Ab- rüstung, der in der Hager Friedens-Konferenz be sprochen werden sollte, zu diskreditieren. Zum Glück, das können wir anerkennen, ist doch in den Pariser Zeitungen so viel Einsicht für die wirk liche Sachlage vorhanden, daß sie auf diese An- zapfungen von feiten deS befreundeten England nicht «»gehen; man weiß an der Seine, daß Deutschland jeder französischen Regierung gegen- über in den mitunter recht kritischen Zeiten die größte Liebenswürdigkeit und Ehrlichkeit bewahrt hat. Wenn wir der französischen Republik etwas hätten am Zeuge flicken wollen, so konnte das längst geschehen; darüber brauchen wir gewiß keine ZukunstSpläne mehr zu schmieden. Ganz besonders in der letzten Zeit ist die höf liche und liebenswürdige Sprache zu beachten ge wesen, die in Paris unS gegenüber zur Schau ge- tragen wurde. Da» trat nicht nur bei den Teil nahme-Kundgebungen bei den verschiedenen großen Unglück-sällen zutage, eS macht« sich auch bei der Würdigung unserer deutschen Zustände geltend. Daß ein französischer Abgeordneter, wie jetzt der Deputierte Lucian Herbert, in Berlin einen öffent lichen Vortrag hielt, wäre in früheren Zeiten ganz undenkbar gewesen. Gewiß hat der Ausfall der letzten deutschen Reichstagswahlen bei unseren i Nachbarn Eindruck gemacht und man hat über- dies erkannt, daß auch in wirtschaftlicher Beziehung mit unS gute Geschäfte zu machen find. Die Be geisterung für Rußland ist infolge deS Trubels im Zarenreiche und der ewigen finanziellen Ver legenheit tief gesunken und daS Vertrauen zu England ist trotz aller freundschaftlichen Annäherung nicht über jeden Zweifel erhaben. Man sagt sich, warum sollen wir unS Englands wegen in Un kosten stürzen und mit Deutschland, daS unS nicht- tut, Krieg anfangen? Wer von einem Feldzuge in Europa allein Nutzen haben kann, ist wieder und immer wieder England Kein Mensch hat gedacht, daß 36 Jahr» ver- gehen würden, ohn» daß Deutschland und Frank reich sich nach 1871 noch einmal gemessen hätten. ES ist nun aber Tatsache, und in dieser langen Zeit ist in der Republik »in neue« Geschlecht her- angewachsen, daS wohlhabend und angesehen ge worden ist und geringe Neigung verspürt, den er worbenen Besitz durch einen im AuSgang mehr als zweifelhaften Krieg aufs Spiel zu setzen. Gam. detta, der Diktator von 1870/71, hat noch gesagt: „Sprechen wir nicht von dem Loch in den Vogesen, aber denken wir stets daran!" Aber vor dem vielen neuen, dat unsere Zeit bringt, ist zweifellos der alte Gedanke in den Hintergrund getreten, und wenn bei der Leidenschaftlichkeit der Franzosen der Chauvinismus sich leicht wieder Bahn brechen könnte, so werden wir doch gewiß keinen Anlaß dazu geben. Den ärgerlichen Marokko-Streit ver- dankte Frankreich England; seitdem ist in Paris di» Einsicht gekommen, daß man einem sogenannten guten Freunde nicht in allen Stücken trauen kann. Zu einer politischen Freundschaft zwischen Deutschland und Frankreich, die beiden Staaten die ausschlaggebende Stellung in Europa verliehe, wird eS m absehbarer Zeit nicht kommen, das er ¬ leben wir kaum; aber so viel ist gewonnen, daß Deutsche und Franzosen absolut keine Kreuzung ihrer beiderseitigen Interessen zu befürchten baden, wenn nicht von dritter Seile Wühlerei und Maul wurfsarbeit geleistet wird. Und daS ist ein schöner Erfolg. Freilich für eine Abrüstung genügt er nicht. Deutscher Reichstag. 21. Sitzung vom 18 März. Auf der Tagesordnung steht zunächst die dritte Beratung deS Gesetzentwurfs über die Vornahme einer Berufs- und Betriebszählung im Jahre 1907. Eine Generaldebatte entsteht nicht. Zum Z 3 geht ein Antrag Will (Ztr.) ein, die Bestimmung auf- zunebmen, daß in den Fragebogen eine Frane nach der Religion eingefügt wird Nach kurzer Debatte, in der n. a. der Präsident des Statistischen AmtS von der Borghi um Ablehnung des Antrages er- sucht, da ein besondere- Ergebnis auS einer solchen Fragestellung doch nicht zu erzielen sei und da der Fragebogen ohnehin schon mit Fragen überlastet sei, wird der Antrag Will gegen die gesamte Linke angenommen Im übrigen gelangt die Vorlage unverändert zur Annahme. Es folgt die zweite Lesung des NotetatS sür die Monate April und Mat. Die Budgetkommisston empfiehlt dessen Annahme mit folgenden drei Aen- derungen: 1. ES ist bei den einmaligen Ausgaben deS PostetatS der Tttel für Erwerbung eine- Grund stücks in der Französischen Straße zu Berlin ge- strichen worden; 2. ist gestrichen worden der Betrag zur Gewährung außerordentlicher einmaliger Bei hilfen an die geringst besoldeten Unterbeomten deS Reichsdienstes Dafür schlägt die Kommission, welche die betr Beihilfen für zu niedrig erachtet hatte, vor, die Regierung möge bei der dritten Lesung deS Etats ihr Einverständnis mit der Tin- stellung wesentlich höherer Mittel auSsprechen; 3 der Anleihekredit ist von 200 auf 160 Millionen Mark herabgesetzt worden. Die Beratung erstreck» sich zunächst auf die sämtlichen im Wege deS Not etatS zu genehmigenden Gummen mit Ausnahme deS die Unterbeamten betreffenden Titels. Bei dem Postetat — die Forderungen der übrigen Gpezialetats werden debatteloS genehmigt — ersucht Staatssekretär Kraatke das Haus, im Gegen satz zu dem Kommissionsbeschluffe die Forderung sür die Erwerbung des betreffenden Grundstücks in der Franzöfischen Straße zu genehmigen. Nbg. Eiuger (Soz): Ich bitte, an dem ein mütig gefaßten Beschlusse der Kommission festzu hallen. Das Grundstück ist nach Ansicht der Kom mission zu teuer. Staatssekretär Krätkc: Ich begreife den Vor redner nicht. ES liegt hier eine dringende Not wendigkeit vor, daS hat die Kommission anerkannt, und selbst Herr Singer hat es als wünschenswert bezeichnet, daß die betreffenden Aemter in andere Räume kommen. Sie wollen immer, wir sollen sür die Beamten sorgen. Und wenn ich nun da für sorgen will, daß die Beamten aut den jetzigen schlechten Räumen herauskommen, dann sagen Sie nein. Da- Grundstück mag teuer sein, aber ein billigeres ist in der Gegend nicht zu erhalten. AuS den alten gemieteten Räumen müssen wir überdies heraus, denn die Häuser find auf Abbruch ver kauft. Abg. Arendt (Rpt): Wir werden jetzt die Forderung bewilligen. Warten mir noch länger, werden wir bei solcher Zwangslage vielleicht noch teurer kaufen müssen. Die Forderung für das Grundstück in Berlin wird abgelehnt, im übrigen auch dieser Etat ge nehmigt. Sodann wird beraten über die ein malige Beihilfe an Unterbeamte (30 resp. 50 M.). Abg. Wiemer (freis. VolkSp.) berichtet über den KommisstonSbeschluß. Abg. Speck (Ztr.) befürwortet einen Antrag Gröber und Gen., den von der Kommission ge- strichenen Titel für Beihilfen wieder in den Not- etat einzufügen, aber mit der Maßgabe, daß die Beihilfen sür Unterbeamte 100 M., für mittlere Beamte, soweit ihr Gehalt 3000 M. nicht über- steigt, 150 M. getragen sollen. Die Mehraus ¬ gabe. die vom Schatzsekretär auf 20 Millionen M. geschätzt werde, würde noch hinter 17 Millionen zurückbleiben. , Schatzsekretär F «Herr v Stengel: Die Regie rung ist gern bereit, den Wünschen.des Reichstags für die Unterbeamten zu entsprechen. In 11 Fällen hat der Bundesrat im Laufe der letzten 12 Jahre derartigen Anträgen entsprochen. Die verbündeten Regierungen erkennen die Notlage der Unterbeamten durchaus an. Sie hatten sich selber mit der Ab- sicht einer höheren Beihilfe getragen, diese Absicht aber infolge der Undurchsichtigkeit der finanziellen Entwicklung aufgegebe». Der Antrag Gröber würde tatsächlich 20 Millionen erfordern; denn der Vorredner vergaß bei seiner Ausstellung die Diä- tare. Wollte sich das HauS beschränken auf den Wunsch möglichst baldiger und ausgiebiger Unter stützung der Beamten, so würden die verbünd,ten Regierungen wahrscheinlich ihre Bedenken zurück hallen. Monatelang arbeiten wir an dem Aus gleich zwischen Einnahmen und Ausgaben; und ivaS nützt uns die ganze Arbeit, wenn der Reichs- tag am Ende alles wieder zusammenwirst und un gezählte Millionen bewilligt. Der Antrag Gröber rst sür die verbündeten Regierungen unannehmbar. Einen Weg der Verständigung bietet die Resolution. Ich habe namens des Reichskanzlers zu erklären, dieser ist bereit, auf den Boden der Resolution zu treten. Er wird bemüht sein, mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln bei den verbündeten Re gierungen die baldige Vorlage eines Ergänzungs- etats zu bewirken. Er ist fest entschlossen, die Frage einer ausgiebigen Gehaltsaufbesserung, sowie die Regelung des Wohnungsgeldes 1908 m An griff zu nehmen und eine solche Vorlage nachdrück lich bei den verbündeten Regierungen zu vertreten. Andererseits gibt er sich der Hoffnung hin, daß eS gelingen werde, auch die Deckungsfrage befriedigend zu lösen. Den Antrag Gröber also bitte ich ab- zulehnen. Abg. Beck (natl.): Wir werden der Resolution zustimmen und dafür sorgen, daß der Reichskanzler den von ihm akzeptierten Wechsel noch in diesem Jahre einlöst. Abgg. v. Rtchthofen (kons.), Singer (Soz), Arendt (Rpt ), Vogt-Hall (Bund der Landw/ treten ebenfalls für die Resolution ein. Abg. Sp^ä (Ztr.) zieht den Antrag Gröber zurück und die Resolution der Kommission wird einstimmig ange nommen. Entsprechend der Kommissions-Resolution wird die Höhe des aufzunehmenden AnleihebetragS von 200 auf 150 Millionen herabgesetzt und da» ElatSnotgesetz so angenommen. Dienstag 1 Uhr: Interpellation über Wahl- bseinfluffungen. Die Grubenkatastrophe im Saarkohlenrevier. Mehr als 100 Opfer hat die Explosion schlagen der Wetter auf der Grube Klein-Roffeln in Loth ringen und das Reißen deS Förderseil» im Ma thildenschacht gefordert. Die Trauerfeier für die 73 tot geborgenen Bergleute und die 7 Gestorbenen der 12 Schwerverletzten von Klein-Roffeln hat am Montag in Gegenwart des Metzer Bischof« Benzler stattgefunden. In den Straßen verharrte eine tausendköpfige Menschenmenge in tiefstem Schweigen. Der Kaiser ließ einen Kranz niederlegen. Für die Hinterbliebenen wird in der heutigen Sitzung deS elsaß-lothringischen LandcsauSschuffes ein Staats- zuschuß bewilligt. Die verbliebenen 5 Schwerver letzten waren ebenfalls dem Tode geweiht. * * Telegraphisch wird uns noch gemeldet: Saarbrücken 19. März. Auf dem Mathilden schacht sind gestern vormittag um 10 Uhr die letzten 3 Leichen der verunglückten Bergleute gefunden worden. Sie waren schrecklich verstümmelt. Man hatte die Leichenteile von dem eisernen Gerüst deS FörderstuhleS, in dem sie eingeklemmt waren, nur mit größter Müh» frei machen können. Damit sind jetzt die Leichen sämtlicher 22 Verunglückten geborgen. Der Briefträger kommt in diesen Tagen zu unseren Post-Abonnenten, um den Abonnementsbetrag für daS 2. Quartal 1907 gegen Quittung zu erheben. Et empfiehlt sich, von dieser bequemen Einrichtung Gebrauch zu machen, weil sie Kosten nicht verursacht, dagegen das pünktliche Eintreffen unsere- Blatte- beim Quartalswechsel gewährleistet. OertlicheS und EächfischeS. Hoheastei»-«rnstthal, 19 März 1907. DeS Haufe» guter Engel Kinder machen Sorgen. Wer kennt sie nicht, die ruhelosen Nächte, die ein krankes Kind verursacht; welcher Vater und welche Mutter wüßten nicht um die HerzenSpein, die ihnen die Entwickelung der Kinder so tausend fach bereitet. Und doch, und wär' es der ärmste Mann, wer möchte sein Kind hingeben, ob man ihm gleich alle Schätze der Erde dafür böte! Denn Kinder sind die Sorgen, aber zugleich auch da» Glück des Hause-, daS höchste und da- größte, mit dem es der Himmel segnen kann. Die wilden Knaben, die siltigen Mädchen sind ohne Unterschied die Herzensfreude der Eltern. Während dec Jungen Art und Erziehung von Kindheit an aber darauf hinausläuft, einen selbständigen Mann heranzubilden, der im Kampfe der Well seinen Platz behauptet und sich einmal außerhalb der Mauern des Eltern- Hauses sein Heim gründet, entwickelt sich die heran- wachsende Tochter mit jedem Jahr« mehr zu einem unentbehrlichen Mitglied« des Elternhauses. Wie vielgestaltig sind die kleinen Aufmerksamkeiten und Handreichungen, die die Tochter des HauseS schon während ihrer Schuljahre den Eltern und nament lich der Mutter leistet. Uebecall weiß sie sich nütz lich zu machen, die Hausfraunatur entfaltet früh die herrlichsten Blüten. Am Nähtisch und in den Wohnzimmern, in Küche und Keller findet sie sich schnell zurecht, und ihr praktischer Sinn, ihre Un ermüdlichkeit und ihr liebes Herz lehren sie ohne umständliche Unterweisungen die häuslichen Ver richtungen ausüben. Die konfirmierte Tochter ist nicht nur eine Stütze der Mutter, sie vermag viel mehr häufig genug bereit- einen ganzen Hauthalt zu leiten. Ihr lachender Frohsinn steckt da» ganze Haus an, bannt Unmut und Sorge. Sie ist dat Kleinod des Hauses. Kaum daß die Mutter noch nölig hat, die täglichen Anordnungen zu treffen, im einzelnen braucht sie sich um nichts mehr zu bemühen. Sind Gäste im Hause, so übernimmt die Tochter die Rolle der fürsorglichen Martha und beweist durch Flinkheit und Grazie den Ver wandten und guten Bekannten, daß deren Besuch auch nicht die geringsten Umstände macht. Und hallen Krankheit und Schmerzen ihren Einzug in die Wohnung der alternden Eltern, dann ist eS wieder die Tochter, die in den Pflichten der barm- herzigen Samariterin aufgeht. Niemand anders vermag die Kissen der kranken Mutter so glatt zu streichen, die schmerzenden Glieder so linde zu um fassen, die bittere Arznei mit einem so liebevollen BUck zu versüßen, als die Tochter des HauseS, die Vater und Mutter ihren guten Engel nennen. Seit den Tagen, da Antigone den fluchbeladenen, geblendeten Vater OedipuS in da» sichere Asyl ge leitete, bis auf den heutigen Tag und alle Ewig keit hinein ist die wohlgeratene Tochter deS Hanse- guter Engel, die Freude und die Stütze, das höchste Glück des Elternpaares. Wohl dem Hause, das der Himmel also gesegnet, dessen Glieder durch so innige Bande mit einander verwoben sind. An einen Mauern rütteln die Stürme vergeben-, ihm euchtet goldener Sonnenschein, der Abend bleibt lelle und deS Tode» Fittiche berühren glückselige Nenschen. lNaqdn,« »er»,»«,..