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8572 Börsenblatt f. b. Dlschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. ^ 166. IS. Juli 1»l2. sollten. Dann hätte der Leiter ein ungefähres Programm zu entwerfen und vorzutegen. Barlaus, Cricket, Hockey, Laufen, Rudern, Springen und Schwimmen kommen in Betracht, nicht oder (wegen der Sommerhitze) das sonst sehr wertvolle Fuß ballspiel und ebensowenig (der Kosten wegen) Lawn-Tennis, für das ich mich sonst ganz besonders ins Zeug legen würde. Schließlich, wenn alles genau feststcht, müßtenListen zirkulieren, auf denen sich die Lehrlinge, die sich beteiligen wollten, einzu zeichnen hätten. Ein Helles Wunder würde es sein, wenn bei den jungen Leuten der Aufforderung, mitzutun, nicht be geistert entsprochen würde. Kosten würden kauin entstehen. Die wenigen Geräte, die nötig sind, sind so billig, daß die Lehrlingsabteitungen sie Wohl mit vereinten Kräften leicht beschaffen könnten. Ist der Ge danke erst einmal Tatsache geworden, dann finden sich Wohl auch freundliche Stifter. Auch über Len Leiter würde man sich wohl leicht einigen. Irgend ein junger Buchhändler wird wohl überall Erfahrung, Verantwortlichkeitsgefühl und Lust zur neuen Sache haben. Selbstverständlich muß der Leiter auf dem Spielfeld unbedingte Autorität genießen; zu jung dürste er deshalb wohl nicht sein. Schlimmstenfalls, wenn eine geeignete Persönlichkeit durchaus nicht zu finden sein sollte, könnte man sich auch an einen Sport- und Turnverein mit gutem Namen wenden. Oixi! Nun erwarte ich bittersten Tadel und lieblichsten Hohn. In einer Herzfalte sitzt mir aber doch ein optimistisches Gesllhlchen, und das flüstert mir trostreich zu: »Vielleicht war's doch nicht umsonst! Vielleicht gibt deine Arbeit, mag auch dein Plänchen verworfen werden, einem Berufeneren Ver anlassung, etwas Besseres borzuschlagen!« München, im Monat der Stockholmer Olympiade. Das billige Buch. (Schluß zu Nr. 164 u. 188 d. Bl.) Fassen wir die ganze große Menge der vom Buchhandel produzierten, in den einzelnen Kollektionen vertretenen billi gen Bücher zusammen, so besitzen wir allein darin einen un erschöpflichen Schatz von annähernd 13 OVO Bänden. Man sollte meinen, daß diese Produktion, die man schließlich auch Über produktion nennen kann, den Bedarf reichlich decken müßte. Nichtsdestoweniger begegnen wir der Erscheinung, daß sich neben den Erzeugnissen des Buchhandels neuerdings eine ganze Reihe anderer Büchersammlungen, z. T. von den Bil dungsvereinen allein, z. T. mit Hilfe des Buchhandels ent- standen, bemerkbar macht. Auf diese Kollektionen soll hier ausführlich nicht eingegangen werden; es erscheint aber not wendig, sie deshalb mit der Produktion des Buchhandels in Vergleich zu bringen, weil es sich um die Frage handelt, ob sie wirklich eine vermeintliche Lücke ausfüllen, die der Buchhandel gelassen hat, und ob sie imstande sind, ihren Zweck, nämlich die Bildung des Volkes zu heben, in dem gleichen Maße zu erfüllen, wie die vom regulären Verlag geschaffenen Erzeugnisse, überhaupt bedürfen ihr Verhältnis zum Buchhandel, die durch ihre Existenz geschaffene Lage und die daraus resultierenden Folgerungen ideeller und wirtschaftlicher Natur einer genauen Prüfung, sowohl in ihrer Wirkung auf das Publikum, wie auf Verlag und Sortiment. Zu diesem Zwecke ist es notwendig, einen kurzen Überblick über diese besondere Art der Produktion zu geben und sie ihrem Inhalte und Umfange nach zu charakterisieren. Das erste derartige Unternehmen in Deutschland waren die Veröffentlichungen der Gesellschaft zur Massen- Verkettung guter Schriften in Weimar, die von vr. H. Fränkel, der auf einer Idee Mllllcr-Guttenbrunns fußte, 1889 gegründet wurde.. Die Propaganda erstreckte sich auch auf Österreich und die Schweiz. Während die Weimarer Ge sellschaft später der Auflösung anheimfiel und in Österreich praktisch nicht viel erreicht wurde, schlug der Gedanke in der Schweiz festere Wurzeln und zeitigte die billigen Veröffent lichungen der Vereine zur Verbreitung guter Schriften in Basel, Zürich und Bern. Es ist bezeichnend, daß die Lieferungsromanc der Weimarer Gesellschaft nicht den erwar teten Anklang fanden, daß aber die schweizerischen billigen Einzelschriften festeren Stand gewannen und sich behaupten konnten. Es handelt sich, alle drei Städte zusammengenom- men, um etwa 220 Bände zu 10, 15, 20, 25 usw. Cts., die bisher erschienen sind und innerhalb der Schweiz völlige Portofreiheit genießen. In Österreich sind die Bildungsvereine allgemeiner Natur sd. h. die nichtkonfessionellen) bisher der Produktion fern geblieben. In Deutschland besitzen wir aber neuerdings eine ganze Anzahl billiger Schriftensammlungen, die ihre Ent stehung derartigen gemeinnützigen Gesellschaften und z. T. den ihnen aus Privathand zur Verfügung gestellten Mitteln ver danken. Die Wiesbadener Volksbücher, herausgcgeben vom Volksbildungsverein Wiesbaden, mit rund 140 Bänden, sollen den Reigen beginnen. Wie die meisten von den Bil- üungsvereinen gegründeten Kollektionen pflegen sie die klassische und Unterhaltungsliteratur. Qualitativ stehen sie in sofern mit an erster Stelle. Neben den freigewordenen Autoren sind auch eine ganze Anzahl erster lebender Dichter vertreten. Die Ausstattung ist lobenswert. Die Volksbücherei der Deutschen Dichter-Gedächtnis st iftung mit 33 Bänden, drosch. 15—70 folgt den gleichen Spuren, ebenso die etwas teuerere Hausbücherei der Deutschen Dichter-Gedächtnis-Stiftung mit rund 40 Bän den zum Preise von 1 und 2 «/k. Ihrem Charakter nach unter scheidet sich wenig von diesen Sammlungen die R h e i n i s cki e Hausbücherei mit 40 Bünden ä 50 H drosch., ä. 75 H geb., bei der wieder mehr das Streben nach volkstümlicher Art, etwa wie bei der Volksbibliothek des Lahrer hinkenden Boten, zum Ausdruck kommt. Der gleichen Absicht begegnen wir in der vom Dürer-Bunde herausgegebenen Sammlung Der Schatzgräber, von der bisher rund 70 Bände in der Preislage von 10—40 H erschienen sind. Für viel wichtiger, und im eigentlichen Sinne des Wortes volksbildend halte ich die von der gleichen Vereinigung herausgegebenen F-lugschriftenzurAusdruckskultur. Diese Samm lung, die bis jetzt rund SV Bände von 10 H bis 1 ^ umfaßt und mehr der ästhetischen und Geschmacksbildung dient, ver wirklicht einen neuen und glücklichen Gedanken, wie er bisher in dieser Form im Buchhandel noch nicht zum Ausdruck ge kommen ist. Rechnen wir dieseSammlungenzusammen,die teils als reine Privatunternehmungen, teils als in Gemeinschaft mit einem Verleger entstandene Erzeugnisse angesehen werden müssen, so ergibt sich eine Gesamtproduktion von ca. 600 Bänden, die der des reinen Buchhandels mit 12 000 Bänden gegenübersteht. Das Bild gestaltet sich dann so, das die neue Produktion erstens verschwindend klein gegenüber der des Buchhandels erscheint und zweitens bis auf einen kleinen Rest Neues nicht gebracht hat. Die unstreitig vorhandene Überproduktion des Buch handels ist nur vergrößert worden. Die Frage affo, ob es nötig war, diese neuen Kollektionen, namentlich von rein priva ter Seite, ins Leben zu rufen, mutz glatt verneint werden. Wenn die großen Mittel, die von privater Seite gelüstet wor den sind, weniger in der Produktion festgelegt, als zum Ver triebe der reichlich zur Verfügung stehenden, bereits vorhan denen billigen Literatur benutzt worden wären, so bedarf es gar keines besonderen Nachweises, daß auf diese Weise durch die Arbeit der Bildungsvereine viel mehr Gutes geschaffen worden wäre, als das bisher der Fall gewesen ist. Außerdem