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ab»r e» kann im allgemeinen al» Nu-zug auS meiner Rede gelten. — E» wurden dann die zahl reichen Resolutionen und Anträge, die Liebknecht aus den verschiedenen Parteitagen, vor allem in Jena, Mannheim und Esten, gegen den Militari?- mu» eingebracht hat, verlesen. — Präsident: Ihre Anträge haben nicht immer den Beifall der Mehr- heil gefunden? — Angeklagter: Nein, sie find ab gelehnt worden, sogar oft recht brü-k. — Präsident: Besonder» die Parteiführer Bebel und v. Bollmar sind wvhl dagegen gewesen. —Angeklagter: Jawohl. — Nach Verlesung verschiedener Artikel au» dein „Vorwärts", die den Mannheimer Vortrag d>S Angeklagten betreffen, wurde in die eigentliche Be weisaufnahme eingetreten. Darüber, ob die ganze zur Anklage gestellte Schrift verlesen werden solle oder nicht, entspann sich eine Auseinandersetzung. Der Angeklagte erklärte, nur im Zusammenhang sei seine Broschüre richtig zu würdigen. Da es sich hier um einen Tendenzprozeß und um Festungs haft oder Zuchlhau» für ihn handelt, müsse er die ganze Verlesung fordern. DaS Gericht be schloß die vollständige Verlesung, die mehrere Stunden in Anspruch nahm In dieser Broschüre wird der Militarismus als ein besonders wichtiges HerrschaftSinstrument der Bourgeoisie gegen das Proletariat hingestellt. Die Ueberwindung des Militarismus wird als eine unerläßliche Notwen digkeit für den Befreiungskampf de» Proletariats bezeichnet. Es wird dabei an das BiSmarck-Zitat erinnert, daß die sozialdemokratische Frage, soweit sie politisch sei, schließlich eine militärische Frage sei. Der Kampf gegen den Militari-mu» solle nicht nur in der Presse und im Parlament ge führt werden, sondern auch mit Hilfe einer be sonderen antimilitaristischen Agitation unter Leitung speziell dazu geschulter Agitatoren. Liebknecht lehnt in seiner Broschüre die anarchistischen Theorien des bekannten französischen SozialistensührerS HervS, der in Stuttgart über die deutschen Genoffen eine vernichtende Kritik fällte, ab. Er will nicht wie dieser gewaltsame antimilitaristische Politik treiben, sondern im Rahmen der gesamten sozialistischen Propaganda, d. h. soweit es nach den bestehenden Gesetzen möglich ist. Er erwartet, daß sich aus dem Militarismus selbst die antimilitaristischen Ideen entwickeln werden, daß allmählich der mili tärische Geist zermürbt «erden müsse, sodaß das Heer schließlich zum Kampfe gegen den sogenannten inneren Feind unbrauchbar gemacht werden würde. Liebknecht geht dann weiter auf die Frage ein, ob es möglich sei, das Heer gegen Lohnkämpfe und politische Freiheitsforderungen des Volkes zu ver wenden. Er hält es schließlich für möglich, daß revolutionäre Krisen durch besondere Komplikationen sich entwickeln können und daß schließlich das revolutionäre Feuer eine erfolgreiche Revolte her- beisühren kann. Hierauf wurde die Verhandlung auf den nächsten Vormittag vertagt. Oertlichrs und SächfischeS. Hohexstei«-Er-ipthal, 10 Oktober 1907. * — Heimatkunde und Volksbildung Immer mehr bricht sich die Erkenntnis Bahn, daß eine tiefgründige und wirklich wertvolle Volksbildung von der Hetmat auSgehen muß. Eigentlich hätte von vornherein nicht- näher gelegen, al» diesen in der schulmäßigen Bildungsarbeit längst anerkannten Grundsatz einfach auf die freie BolksbildungSarbeit zu übertragen. Aber da» ist jetzt, nachdem un» die Erfahrung die Erkenntnis gebracht, leicht ge- sagt. Lie Erfahrung, daß eine Volksbildung, die keinen Unterschied macht zwischen den Bewohnern von Dorf und Stadt, von Ebene und Gebirg, von Nord und Süd, kurzum, die keinen heimatlichen Charakter trägt, immer nur äußerlicher Firniß bleibt. Wie man in der Schule vom Zunächst liegenden zum Entfernten geht, so muß man auch bei der freien BildungSarbeit immer in der Heimat anfangen und wieder und wieder zu ihr zurück kehren, wenn man die einfachen Leute des Volkes, denen die sonst und seither üblichen Wege der Bil dung verschlossen bleiben, auf ein höheres geistige» und Geschmacksniveau heben will. Und ein anderes kommt hinzu. Unsere Zeit entwurzelt gar zu leicht den Menschen. „Heimat, liebe Heimat!- DaS können die Menschen von heute so oft nicht mehr von Herzen aussprechen, sie belächeln es, wenn sie es von anderen hören. Da» ist sehr schlimm. Wieviel geht dem Menschen an Gefühlswerten ver loren, wie haltlos steht er im Leben da, wenn er keine Heimat hat oder sie nicht kennt und liebt. Und — da» ist ein dritter Punkt — wie gleich- gültig wird ein solcher Mensch gegen seine Heimat, gegen ihre Verunstaltung, gegen ihre Verödung. Wa» ist ihm überhaupt Natur? Was weiß er von ihren Schönheiten? Wie viele vegetieren nur in den Steinhaufen der großen Städte und wissen es nicht und meinen zu leben. Und die andern draußen auf dem Lande, wie oft beneiden sie die Städter darum. In Hellen Haufen ziehen sie ihnen nach. Immer mehr Menschen und mehr Steine zusammen. Doch genug. Nach vielen Seiten, so sehen wir, muß es von segensreicher Wirkung sein, wenn wir unser Volk wieder besser lehren, seine Heimat zu kennen und zu lieben. Denn wer seine Heimat liebt, muß sie auch ver stehen wollen, sagt Jakob Grimm. Und umgekehrt ists auch wahr: wer sie verstehen lernt, liebt sie von selbst. Solch ein erneuertes Heimatgesühl würde uns bringen: den rechten Boden für eine rechte Volksbildung, mitten in unserer unruhigen Zeit einen festen Halt im Leben des Einzelnen, Verständnis und damit Schutz unserer heimatlichen Kunst und Natur. Beide bedürfen dieses Schutze» heutzutage dringend. * — Wetterautficht für Freitag, den 11. Okt.: Trocken, ziemlich heiter, mäßige nordwestliche Winde, etwas kühler. * — Die 95. Gauvorturnerstnude findet nächsten Sonntag in der Turnhalle de» T.-V. Rußdorf nach folgender Ordnung statt: 1. Auf marsch, 2. Freiübungen, 3. Gerätturnen mit Wechsel, 4. Gemrinturnen am Reck in 3 Stufen, Spiele, Kürturnen Vormittag» V, 10 Uhr geht eine Turn ausschußsitzung voraus, in der der Arbeitsplan für 1908 festgesetzt und die Zoneneinteilung bei Gau turnfesten vorgenommen werden wird. Zur staatliche» PeufiouSderficheruug der PrivatangesteUte» wird mitgeteilt, daß nahe- zu drei Viertel aller organisierten Privatangestelllen im deutschen Reiche die Einrichtung einer besonderen PensionSkaff« wünschen, und daß für den Ausbau des Jnvaliden-Vcrstcherung-.GesetzeS nur ein viertel eintritt, daS sich vornehmlich aus den kleineren Organisationen zusammensetzt. * — Landtag Die Tagesordnung für die erste öffentliche Präliminarsitzung der Zweiten Kammer, Dienstag, den Id. Oktober, abends 6 Uhr lautet: 1) Teilung der Kammer in fünf Abteilungen, 2) Konstituierung der Abteilungen. Die Ladung zu dieser Sitzung geht auS von der Einweisungs kommission. * — Zar Reform der Gesetze über dir sächsi sche LandeSimmohtliarbrandverficherungSan» statt, mit der sich bei Beratung einer sicher zu erwartenden Regierungsvorlage der bevorstehende Landtag eingehend beschäftigen wird, hat der Ver band der sächsischen Hausbesitzrroereine an daS Königliche Ministerium des Innern eine Eingabe gerichtet, in welcher hauptsächlich erstrebt wird: die Herabsetzung der Beiträge der Hausbesitzer, insbe sondere für das Wohnhaus, ferner der Einschluß der Explosionsgefahr in die Beiträge für die Brand versicherung und schließlich die Hinzuziehung von Vertretern deS HauS- und Grundbesitzes zum Plenum der Brandversicherungskammer. In der eingehenden Begründung wird auf die große Ver schiedenheit der Vergütungen für Brandsälle in den Städten und auf dem Lande hingewiesen. Die FeuerSgefahr in einem Wohnhause ist nach der Petition geringer zu bewerten, als bei anderen Objekten. Bezüglich der Zuziehung von Hausbe sitzern zum Plenum der Brandoersicherungsrammer wird daran erinnert, daß die Staatsregurung selbst das Urteil von Interessenten für gesetzgeberische Aktionen (Baugesetz, Wassergesetz usw.) in Anspruch genommen hat und auch in anderen Verwaltungs zweigen (Eisenbahnrat) Interessenten mit beraten dürfen. * — Zur Regelung des öffentlichen Tanz- Wesens. Der Landesverband der Saalinhaber im Königreiche Sachsen hat sich bekanntlich mit einer Eingabe an daS Königliche Ministerium des Innern gewendet, in der um die Erweiterung der Befug nis des sogenannten SonntagStanzes gebeten wurde Das genannte Ministerium hat sich infolgedessen veranlaßt gesehen, Erhebungen über die Zweck mäßigkeit neuerer Bestimmungen zur Regelung des öffentlichen Tanzwesens in die Wege zu leiten. Der sächsische Landeskulturrat hat auf eine Anfrage an da» genannte Ministerium nach Gehör des ständigen Ausschusses berichtet, daß in landwirt schaftlichen Kreisen ein Bedürfnis nach einer Aende- rung der zurzeit gültigen Bestimmungen, nament lich soweit eine Erweiterung der Befugnis zur Ab- Haltung des Sonntagstanzes in Frage komme, nicht vorhanden sei, doch empfehle es sich hinsichtlich der Erteilung der Tanzerlaubnis, eine gewisse Einheit lichkeit in den Städten und deren Umgebung zu schaffen. Da jedoch die Verhältnisse recht verschie den liegen, so scheine eine allgemeine Regelung nicht wohl angängig, vielmehr möchte den Bezirks ausschüssen zu überlassen sein, unter Berücksichtigung der Sachlage von Fall zu Fall Entschließung zu treffen. * — Verjährung der Forderungen auS dem Jahre 1905. Nach H 201 des Bürgerlichen Gesetzbuches läuft am 31. Dezember 1907 die 2- jährige Verjährungsfrist der in 8 146 des Bürger- lichen Gesetzbuches aufgeführten Forderungen für aus dem Jahre 1905 entstandene Leistungen ab. Der Gesetzgeber hat absichtlich die kurze zweijährige Verjährung nicht wie die Verjährung anderer Forderungen mit dem Tage der Entstehung der Forderung, sondern mit dem Ende des Kalender jahre- beginnen lassen. Würde da» erstere der Fall sein, so würde der kleine Geschäftsmann Tag für Tag seine Bücher daraufhin durchsehen müssen, ob etwa eine Forderung vor der Verjährung steht. Läuft jedoch die Verjährung, wie es unser Gesetz buch anordnet, am Ende des Kalenderjahres ab, so braucht diese Prüfung nur einmal vorgenommen zu werden. Soweit derartige Forderungen aus dem Jahre 1905 noch nicht getilgt sind, müssen die Gläubiger sich bemühen, sie einzutreiben, oder wenigstens die Verjährung zu unterbrechen. Dies kann außergerichtlich geschehen, indem man den Schuldner zu einer Anerkennung der Forderungen, sei es durch Abschlags- oder Zinszahlung, veranlaßt. * — Eintalerstücke deutschen GeprägeS gelten vom 1. Oktober ab nicht mehr als gesetzliches Zahlungsmittel. Die Einlösungssrist ist jedoch bis zum 1. Oktober 1908 ausgedehnt, sodaß bis dahin alle öffentlichen Kassen die Taler in Zahlung nehmen oder umtauschen. Der größte Teil der vorhandenen Talerstücke ist bereit» auS dem Ver kehr zurückgezogen und harrt in den Münzstätten der Einschmelzung, um als neugeprägte Reichs- filbermünzen den Kreislauf de» Geldes wieder zu beginnen. * — Al» Wein- oder Traubenessig darf nur solcher Essig bezeichnet werden, der ausschließlich aus unverändertem Weine hergestellt oder aus einer Maische mit mindestens 20 °/, Weingehalt hervor gegangen ist. Zur Weinessigbereitung dürfen nur solche Weine Verwendung finden, die den Anfor derungen des Weingesetzes entsprechen, wobei jedoch der Umstand, daß der Wein bereits vor seiner Ver wendung zur Elsigbereitung in Essigsäure überge gangen ist, unschädlich ist. Eine Färbung de» Weinessigs durch Rotwein oder unschädliche Pflanzen säfte (z. B. Kirschsaft) ist zulässig, auch eine Färbung durch unschädliche künstliche Farbstoffe nicht zu be anstanden, nur muß aller auf andere Weise al» durch Rotweinzusatz gefärbter Weinessig entsprechend bezeichnet werden. * Hoheustkiu-Erustthal, 10. Okt. Heute feierte Herr Kaufmann Alban Arthur Weißpslog, Wcinkellerstraße 24, die 25jährige Wiederkehr deS Tage», an dem er im Jahre 1882 bei der Firma I G Böttger, Deckenfabrik hier, in Stellung ge- treten ist. Au» diesem Anlässe sand sich vormit tags '/,10 Uhr der stellvertretende Bürgermeister Herr Sladtrat Zeißlg im Kontor deS Geschäfts- hauseS an der Breitenstraße ein und überreichte dem Jubilare im Beisein de» Firmenmitinhabers Herrn Wilhelm Böttger und der Beamten deS Geschäfte» unter den besten Glückwünschen die ihm sür 25jährige treue Dienstzeit gewidmete städtische Ehrenurkunde unter GlaS und Rahmen. * —8 Der hiesige „Allgemeine Beamten verein" hielt gestern abend im „Deutschen Haus" eine Vereinsoersammlung mit wichtiger Tagesord nung ab. Es referiert» zunächst der 1. Vorsteher in ausführlicher und gründlicher Weise über die Bewegung, welche seit mehreren Jahren unter den Selbständigen gegen die Viersünftelbesteuerung der Festbesoldeten besteht. Der Referent tat zunächst einen Blick in die Entstehungszeit diese- Steucr- privilegs, führte sodann die Gründe an, welche man heute gegen da-selbe vorbringt und bewies ihre Stichhaltlosigkeit, und legte endlich die Gründe dar, welche für Beibehaltung desselben sprechen, im all gemeinen dabei auSführend, daß die Annahmen und Voraussetzungen, unter welchen das Gesetz zu stande kam, noch heute in vollem Umfange zutceffen. Dieses Referat soll sämtlichen 200 Mitgliedern deS Vereins zugängig gemacht und in Gestalt einer Petition an das Ministerium deS Innern abge- sandt werden, auch will man den LandtagSabge- ordneten deS Kreise» für die Sache besonder- zu interessieren versuchen. Die ferneren Verhandlungen brerasen den am 27. Oki. abzuhaltenden 2. Unter- haltung-abend, bestehend auS Rezitation und Ball, einige für die Mitglieder zu vermittelnde wirt schaftliche Vergünstigungen und die diesjährige Stadtverordnetenwahl. Bezüglich des letzten Punktes wurde beschlossen, sich wie alljährlich an dem Kartell der OcdnungSvereine zu beteiligen. Es wurden drei Abgeordnete zu demselben bestimmt, die Kandi datenvorschläge jedoch einer späteren Versammlung Vorbehalten. * — Militärkonzrrt Das gestern abend im Hotel „drei Schwanen" gegebene Konzert der Kapelle de» Jnf.-Regts. Nr. 104 aus Chemnitz (Direktion Kgl. Musitoirektor G. Asbahr) hatte sich eines so zahlreichen Besuches zu erfreuen, daß der Saal eine wahre Ueberfülle aufwies. Es war ein sehr ge diegenes Programm, mit dem Herr Musikdirektor Asbahr auswartete und die äußerst beifallsfreudige Aufnahme desselben war ein wohlverdienter Lohn sür den gebotenen Kunstgenuß, der wohl in einem für solch große Kapelle akustisch vorteilhafteren Saale noch besser zur Geltung hätte kommen können. Mit dem mit militärischem Schneid flott gespielten Marsche „Durch Kampf zum Sieg" von L. Schröder wurde das Programm eingeleitet. In der Haupt sache kam aber in dem dargebotenen Programm die Symphoniemusik zur Geltung und es waren anerkennenswerte Leistungen, die auch in dieser Hin sicht die Kapelle bot. Eine gediegene Wiedergabe ersuhr u. a. „Peer Gynt Suite Nr. 1" von Ed. Grieg; hier zeigte sich die LeistungSsähigkeit der Kapelle aufs beste, so namentlich in der zarten, stimmungsvollen Wiedergabe von „Aeses Tod" und in der vollen Tonwirkung bei „In der Halle des Bergkönigs". Auch die Slaoischen Volksmelodien und Variationen aus dem Ballet „Coppelia" von L. Delibes und „Capriccio Italien" von P. Tschai kowsky wurden gefühlvoll wiedergegeben und fanden so beifällige Aufnahme, daß eine Zugabe erfolgen mußte. Bei der Fantasie aus „Die Regimenls- tochter" von Donizetti erwies sich Herr H. Werner als ein gestaltungsfähiger Solist aus dem Violon cello. Eine voll anzuerkennende Leistung war die Wiedergabe der ungarischen Rhapsodie Nr. 2 von Fr Liszt. Auch der „Feenwalzer- von O. Strauß fand beifällige Anerkennung. Mit dem Potpourri aus „Die lustige Witwe" von Fr. Lehar schloß das mit vielem Beifall aufgenommene Konzert; mit der Schlußeinlage des Regimentsmarschcs der 104er empfahl sich die Kapelle. Hierauf trat der Ball in seine Rechte ein. Auch die übrigen Räume des Hotels „drei Schwanen" waren voll besetzt, da Herr Lorenz mit dem Konzertabend zugleich sein Einzugseffen verbunden hatte und aufs beste mit Küche und Keller auswartete. *— Infolge Trunkenheit blieb gestern nach mittag gegen 2 Uhr ein Schlosser aus Crimmitschau, der sich auf der Wanderschaft befand, auf der Weinkellerstraße liegen und mußte schließlich durch die Polizei in Schutzhaft genommen werden. GerSdorf, 9. Okt. Die Fahrzeiten der Omnibus-Linie Gersdorf—Oberlungwitz—Hohen stein-Ernstthal bleiben in der seitherigen Weise auch im Winterhalbjahr 1907/08 bestehen. Nächsten Sonntag, den 13. Oktober, zum Kirchweihfest er- füllt sich ein Zeitraum von 4 Jahren, daß dieses Verkehrsmittel geschaffen worden ist. Nahezu 110 000 Personen und 10000 Stück Reisegepäck wurden während dieser Zeit besördert. Doch konnten an manchen Tagen die Fahrgäste nicht alle ausgenommen werden. Der Omnibusverkehrs- Verein ist jedoch bestrebt, den Verkehr jn unserem aufblühenden Orte zu heben und die Verbindung zwischen den betr. Ortschaften zu verbessern. Für die Tage des Kirchweihfestes sind folgende Fahr- zeiten festgesetzt worden: Abfahrt in Gersdorf vorm 6, 8, 11,30, nachm. 2, 6,15 und ab Bahn hof Hohenstein.Ernstthal vorm. 7,50, 9,15, 10,40, nachm. 1,20, 4, 8,15 Uhr. Am dritten Feiertage werden Beiwagen nach Bedarf gestellt, während bereits am Sonnabend, den 12. Oktober, ein Extra wagen verkehrt. Abfahrt in Gersdorf nachm 5 Uhr, die Rückfahrt erfolgt abends 7 Uhr. * Lugau, 9. Okt. Vergangene Nacht '/z4 Uhr entstand in einem Schaufenster des Kaufhauses Schocken hier ein Brand, dem die in demselben ausgestellten Pelz- und anderen Modewaren zum Opfer fielen. Die Glasscheibe zersprang natürlich infolge der entwickelten Hitze. Der gemeine Schurken streich wurde dadurch zur Ausführung gebracht, daß in die unter dem Schaufenster befindlichen Zuglöcher Petroleum gegossen und dieses angebrannl wurde. Der Täter ist unbekannt. ' Glauchau, 9. Okt. Ueberfahren wurde gestern nachmittag in der Merraner Straße ein b- jährigeS Mädchen von einem Radfahrer, der in wilder Fahrt daher gejagt kam und dat Kind zu Boden riß Die Kleine hat einen Bruch deS linken Unterarmes erlitten. Der Radler fuhr weiter, ohne sich um die Verunglückte zu kümmern. Die Per sönlichkeit des gefühllosen Menschen ist ermittelt, sodaß er seiner Strafe nicht entgehen wird. * Gablenz, 9 Okt. Heute vormittag verun glückte der Materialwarenhändler Max Fischer hier in dem oberhalb deS Ortes gelegenen Stein- bruch, in dem er arbeitete, infolge HereinbrechenS von Sleingeröll, wodurch er verschüttet wurde. Bei dem Unfall trug Fischer erhebliche Verletzungen der Tchädeldecke, deS Gesichts, einen Bein-, sowie einen Armbruch davon. Er mußte nach Hause gefahren und sofort in ärztliche Behandlung ge geben werden * Chemutb, 9. Okt. Jn einem Hosgrundstück im Stadtteil Bernsdorf brachten ein Hjähriger und ein 9jähriger Knabe einen FeuerwerkSkö:per (sogenanntcr Goldregen) durch Anzünden zur Ex plosion Dabei wurden nicht nur die beiden Knaben erheblich im Gesicht und an den Händen verletzt, sondern auch ein 5jähriger und ein 2jähriger Knabe, die mit dabei standen, erlitten Brandwunden im Gesicht. ' Dresden, 9. Okt. Wirtlicher Geheimer Rat Dr. Graf von Könneritz-Lossa und Geheimer Rat Oberbürgermeister a. D Georgi-Leipzig haben an zuständiger Stelle mitgeteilt, daß sie den Wunsch haben, auS der Ersten Kammer auszuscheiden und in Anbetracht ihr s hohen Alters sich in das Privat leben zurückzuziehen. — König Friedrich August hat nachgenannte Herren zu Mitgliedern der Ersten Kammer ernannt: Den Minister deS Königlichen Hauses v. Metzsch, den Kammerhercn v. Burgk auf Schönfeld, den Geh. Kommerzienrat Zweiniger, Vorsitzenden der Leipziger Handelskammer, und Kommerzienrat Hösch in Hütten bei Königstein. * Dresden, 9. Okt. Jn der gestrigen Sitzung des Gesamtministeriums handelte es sich nicht um die Angelegenheit der früheren Gräfin Montignoso, ebensowenig um die Ausfolgerung der Prinzessin Pia Monika. Diese Angelegenheit wird überhaupt nicht mehr das Gesamtministerium beschäftigen. Jn der Gesamtministerialsitzung standen vielmehr nur Landtagsvorlagen, deren cs 20 gibt, auf der Tagesordnung Zunächst wird der Kammer das neue Einkommensteuergesetz zur Beratung, das die bisherigen Steuersätze beibehält, zugehen. Dann folgt in Kürze das neue Kirchengesetz. Der Wahl gesetzentwurf ist zwar fertiggestellt, doch noch nicht aus dem Ministerium herausgelangt. Uebermorgen findet eine abermalige Gesamtministerialsitzung für Landtagsangelegenheiten statt. * DreSde«, 9. Okt. Heute abend wurde auf der Prager Straße eine Frau mit ihrem Kinder wagen von einem Omnibus umgeriffen. Die beiden im Wagen befindlichen Kinder gerieten unter die Räder des Omnibus und wurden überfahren. Das eine etwa 1^/, Jahre alte Kind ist tot, während das andere Kind, sowie die Mutter derart verletzt wurden, daß sie ins Krankenhaus gebracht werden mußten. — Aus dem Hause Bankstraße 15 stürzte sich gestern abend 7 Uhr eine unbekannte Frau in den Hof hinab und blieb besinnungslos liegen. Sie wurde einem Krankenhause zugeführt, wo sie verstarb. — Heute früh gegen 5 Uhr stürzte aus seiner im 4. Stock des Hauses Große Frohngaffe Nr. 4 befindlichen Wohnung ein Arbeiter in der Schlaftrunkenheit durch daS nach dem Hofe führende Fenster herab, schlug im Falle aus ein über ein Glasdach gespanntes starkes Schutzgitter auf und fiel schließlich in einen Vorraum hinab. Am Kopse, an den Händen und wahrscheinlich auch innerlich verletzt, wurde der Mann in das Fried- richstädter Krankenhaus gebracht. — Die hiesige Strafkammer verurteilte den aus Reichenbach bei Freiberg gebürtigen, in Dresden angestellt ge wesenen Volksschullehrer Bruno Ernst Fleischer wegen Sittlichkeitsverbrechens in 2 Fällen, begangen an seinen Schülern, zu 6 Monaten 2 Wochen Ge fängnis. Fleischer hatte sich längere Zeit in der Heilanstalt Sonnenstein zwecks Beobachtung seines Geisteszustandes befunden. lr Loschwitz b. Dresden, 10. Okt. Bei Repa raturarbeiten an den elektrischen Leitungsdrähten hatte sich der Monteur Israel an einem hohen Lichtmast mit einem Slcherheitsgürtel festgemacht. Der Mast brach plötzlich um und zerschmetterte im Sturze dem Monteur die Kinnlade und den Oberkiefer. tr Radeberg, 10. Okt. Jn dem Kurorte Augustusbad stürzte gestern ein Malerlehrlin- bei Arbeiten am Luisenhof vom Gerüst in die Tiefe und erlitt schwere innere, sowie Kopfverletzungen. * Leipzig, 9. Okt. Bei einem Straßenraub auf frischer Tat abgefaßt wurde am DienStag abend in der 9. Stunde der 24 Jahre alte Arbeiter Alfred Buchheim aus Wurzen, der im Johanna park einer Dame ein Handtäschchen mit 100 Mark Inhalt entrissen hatte. Auf die Hilferufe der Dame ergriff der Täter die Flucht, sprang in den Johannaparkteich und arbeitete sich nach dem jen seits gelegenen Ufer. Zwei herbeigeeilte Arbeiter ergriffen den Burschen und eS wurde auch in dessen Besitz dir geraubte Handtasche mit Inhalt vorge- funden. Ob der Verhaftete in den weiteren ähn- lichen Raubsällen als Täter in Frage kommt, wird die Untersuchung ergeben. * Nossen, 9. Okt. Vor dem nachmittags '/,2 Uhr von Dresden in Nossen ankommenden Per- sonenzuge scheuten gestern die Pferde des Pferde händlers Pötzsch in Deutschenbora auf einem am Bahnkörper gelegenen Felde. Die vor eine Egge gespannten Pferde gingen durch, wobei der Ge schirrführer unter die Egge geriet und ein großes Stück mitgeschleift wurde, bis durch Zufall sein Körper von der Egge loSkam. Der Geschirrführer wurde durch Verletzungen im Gesicht und am Ober- schenke! gräßlich zugerichtet. * TämmerSwalde, 9. Okt. Im Pfarrbusche bei Cämmerswalde hat am Montag abend der Hilfslehrer Reichel erst seine Geliebte, die 20jährige Gasthossbesttzerstochter Göhler und dann sich selbst