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VMM W AVkiUl DienStag, de« 8. Dezember 1V14 Nr. 28k. 4t. Jahrgang WbSSNSgWMMWEWSWNWM! Der Türkenkrieg. Für Europa bestimmte englische Truppennachschübe in Aegypten verwandt. Die „Köln. Ztg." meldet von der holländi schen Grenze: Das Reutersche Büro meldet amtlich: Truppenkontingente aus Australien und Neuseeland sind in Aegypten ausgeschifft wor den, um an der Verteidigung des Landes teil zunehmen. Die „Köln. Ztg." bemerkt dazu: Diese Trup penkontingente waren zuerst für den europäi schen Kriegsschauplatz bestimmt. Daß sie jtetzt in Aegypten verwandt werden, ist für uns schon eine Erleichterung. Im übrigen vertrau en wir auf die Stärke unseres Bundesgenossen, der Türken, und hoffen, daß sie mit diesen Nachschüben schon fertig werden. Die Kämpfe in Marokko. Der Lyoner „Nouvelliste" meldet aus Tan ger: Am 27. November griffen französische Truppen bei Taza die aufständischen Marokka ner an, die unter Hinterlassung beträchtlicher Beute und einer Anzahl von Toten und Ver wundeten fliehen mußten. Die Franzosen hat ten 20 Tote und 25 Verwundete. * « Portugals KauWereitsAft. Die Kriegserklärung Portugals an Deutsch land ist zwar noch nicht erfolgt, doch unterliegt es keinem Zweifel, daß England seinen Vasallen zu ihr zwingen wird. Im Parlament teilte der Ministerpräsident mit, daß vier Expeditionen zum Dienst in Afrika ausgerüstet und daß ferner Vorbereitungen zur Mobilmachung einer Division getroffen worden seien, die nach einem beliebigen Kampfplatz abgehen solle. Englische Gneral- stabsoffizicre weilen zur Leitung der militärischen Operationen in Lissabon. Die sklavische Abhängigkeit Portugals von England rührt aus dem Anfang des 18. Jahr hunderts her und war eine Folge des 1703 ab geschlossenen und nach dem englischen Unter händler genannten Methuen-Vertrages. Darin verpflichtete sich England, als Entschädigung für die ausschließliche Z rlassung der englischen Woll waren in Portugal die Zölle auf portugiesische Weine immer um ein Dcitiel niedriger zu stellen als für Weine anderen Ursprungs. Dec Vertrag war der Todesstoß für Hollands Handel mit Portugal, mit dessen Kolonien und mit Ostindien. Holland ulid Deutschland waren ganz von diesen reichen Handclsgebieten ausgeschlossen, Portugal aber geriet immer tiefer unter Englands Bot mäßigkeit. Die Verwendung des portugiesischen Heeres blciot auch nach den jüngsten Aeußcrungen des Ministerpräsidenten in der Kammer unklar. Eng land hat militärische Hilfe ja an vielen Stellen Afrikas nötig, so sehr, daß cs dem portugiesischen Expeditionskorp sicherlich nicht erlauben wird, im Interesse der Republik aufzntreten. Darum kann man als Ziel der Expedniouen kaum die portugiesischen Kolonien ansehen. Sollten sie aber in den portugiesischen Besitzungen West oder Ostafrikas landen, so geschieh; es nur, um von dort aus gegen Deutsche od.r Buren in Bewegung gesetzt zu werden. Am wahrschein lichsten bleibt noch immer die Verwendung in Aegypten; besonders die später fertige Division dürfte auf diesen Kampfplatz geschickt werden, der nach und nach immer mehr Hilfsvölker Eng lands an sich zieht. Ser Vnrenkrieg. Amtlich wird aus Pretoria gemeldet: Kom mandant Dupreez vom Kommando Vrede sand te einen Bericht, wonach Kommandant Em mett vom Kommando Bryheid am 29. No vember eine Stellung einnahm, die die Brücke über den Wilgefluß bei Styldrift, 35 Meilen südwestlich Vrede, beherrscht. Das Gefecht dau erte bis 3 Uhr früh. Die Buren wurden zu rückgeschlagen und verloren dabei 3 Tote, dar unter den Major Oosthuizen, 18 Verwundete, darunter den Feldkornet Botha. Emmett hat te einen Schwerverwundeten und 4 Leichtver wundete. Dem Burengenal Wessels wurde das Pferd unter dem Leibe weggeschossen. Wessels entkam unverwundet. Oberst Dirk van Deven ter berichtet, daß der Kommandant Trichardt weitere 14 Gefangene gemacht hat. Weiter wird vom Reuterschen Bureau amt lich gemeldet: Ein Burenkommando unter Rautenbach, das südlich von Bethlehem operier te, wurde geschlagen. Oberstleutnant Dawson, der einen Teil der Streitkräfte des Generals Lukin befehligt, fand die Buren in einer Stel lung am Loskop, 5 Meilen westlich von Wind huk. Er vertrieb sie aus ihrer Stellung. Die Buren hatten 7 Tote. Rautenbach und 30 an dere Buren wurden gefangen. Der Rest wird nach Witkrantz verfolgt. Der Burengeneral WefielS gefangen? Alls Pretorick wird berichtet: Kommandant Crewther meldet, daß eine Patrouille am Sonnabend an der Grenze des Distrikts Lads- brand die Kommandanten Krymanw und Wes sels, sowie 14 andere Buren gefangen genom men und Waffen, Munition, Fourage und Pferde erbeutet hat. Wie Dewet gefangen wurde. Aus Johannesburg wird berichtet: Als Dewet hier ankam, rauchte er kaltblütig seine Pfeife, er sah jedoch arg mitgenommen aus. Dewet nahm von Oberst Swemmer und Kommandant Jordaan, die ihn gefangen genommen hatten, Abschied und wurde dann schnell ins Gefängnis von Jo hannesburg gebracht. Die Gefangennahme des alten Burengenerals war nur dadurch möglich geworden, daß seine Verfolger über Autos ver fügten. Dewet und seine Begleiter wurden durch die ununterbrochene Verfolgung vollständig aus gepumpt und da ihre Pferde schließlich ermüdeten, so konnten die Unionstruppen die Buren erreichen. Die Getreuen Dewets waren bei der Gefangen nahme so müde, daß ihnen schließlich die Ge wehre aus der Hand fielen. Dagegen waren die Truppen der Regierung ganz frisch, denn sie hatten während der ganzen Verfolgung in Autos ge sessen. Die Verfolgung hatte ununterbrochen sechs Tage und sechs Nächte gedauert. Die zur erfolgreichen Verfolgung gebrauchten Autos ließ man an der Stelle, wo Dewet gefangen ge nommen worden war, im Sande stecken. Dort sollen sie stehen bleiben als Erinnerungszeichen an diese denkwürdige Gefangennahme. Gefangene Buren. Das Reutersche Bureau meldet aus Pretoria vom 3. d. M.: Ein Bucenkommando unter Jack Piennaar und Japie Fourie wurde in Toitskraal, 60 Meilen nordöstlich der Premiermine, gefangen- genommen. Noch zwei Deutsche zum Tode verurteilt! Nach in Berlin eingctroffenen Meldungen hat das Kriegsgericht in Casablanca, da? über die beiden Deutschen Brandt und Zell das Todes urteil gefällt hat, nunmehr auch die beiden ande ren Angeklagten, den Kaufmann Ficke und den deutschen Landwirt Georg Krake, zum Tode ver urteilt. Ein Panzerfort auf Nädern. Nachdem in Belgien und Nordfrankreich die Tätigkeit der Panzerzüge von nicht zu unter schätzender Bedeutung gewesen ist, sind die Eng länder jetzt bestrebt, Panzerforts auf Rädern in Aktion treten zu lassen. Diese fahrbaren „Festungen" sind mit starken Smhlpanzerseiten versehen, an denen sich eine große Anzahl Schieß scharten befinden. Die Armierung besteht aus starken Musketen und leichten Geschützen. Unser heutiges Bild zeigt ein derartiges neues Verteidigungsmittel. Die Beute der Räuber in Tsingtau. Das Tokioter Hauptquartier meldet, daß bei der Einnahme von Tsingtau 3500 Gewehre, 100 Maschinengewehre, 1200 Lstr., 15 000 Tonnen Steinkohlen und 40 Automobile erbeutet wurden. Alle Schiffe sind vernichtet worden. Die Vorräte hätten ausgereicht, 5000 Mann drei Monate zu ernähren. Der Schleier lüftet sich. Die japanischen Banditen haben grinsend ein Zipfelchen des Schleiers gehoben, der bisher ihr rätselhaftes Tun verhüllte und alle Welt sieht nun Japans Pläne in ihrer ganzen Aufgeblasen heit. Nach russischen Meldungen ist der Hafen von Tsingtau zum japanischen Kriegshafen erster Klasse erklärt worden! Da außerdem allen Handelsschiffen der Zutritt verboten worden ist können die gelben Herrschaften in aller Ruhe unser Land, — denn das bleibt es! — nach ihrem Gutdünken „verbessern". Japan hat nun, was es schon lange wollte, einen kräftigen Stütz punkt auf dem Festland. Und wohin seine näch sten Pläne zielen, geht aus aus Tokio stammenden Nachrichten hervor, wonach die japanische Regie rung eine achtköpfige Kommission nach den mit Deutschland Krieg führenden und den neutralen Ländern entsandt hat, um Erhebungen anzustellen, in welchem Maße Japan an die Stelle Deutsch lands als Warenlieferant treten könnte. Die Gelbgesichter haben aber die Rechnung ohne den Wirt gemacht! Feindliche Flieger über Freiburg. Feindliche Flieger warfen Freitag mittag in der Nähe von Freiburg im Breisgau Bomben ab, anscheinend vier Stück. Es schien auf den Bahnübergang abgesehen zu sein. Der Abgeordnete Liebknecht. Der „Vorwärts" teilt mit: Reichstagsabge ordneter Liebknecht habe dem Reichstagspräsi denten eine Erklärung zugehen lassen, die seine Abstimmung über die Kriegskredite motivieren wollte. Solche Erklärungen zu einer Abstim mung abzugeben, sei zulässig und seien in das Protokoll aufzunehmcn. Der Reichstagspräsident habe die Aufnahme der Liebknechtschen Erklärung jedoch verweigert, weil sie so abqcfaßt sei, daß sie, wenn sie in der Sitzung öffentlich vorge tragen würde unbedingt Ordnungsrufe nach'sich gezogen hätte. Eine Tagung der französischen Kammer in Paris. Der französische Ministerrat unter dem Vorsitz des Präsidenten Poincaree beschloß, die Kammern zu einer außerordentlichen Session auf den 22. Dezember in Paris einzuberufen. Die Minister reisen Ende dieser Woche nach Paris, um dem Finanzausschuß des Senats und dem Budget ausschuß der Kammer zur Verfügung zu stehen. Präsident Poincaree wird ebenfalls dann in Paris sein. Rücktransport von 2V00 Senegalschützen. Aus Ventimiglia an dec französisch-italieni schen Grenze wird gemeldet, daß an der Gold küste (Westafrika) 2000 Senezalneger eingetroffen sind, die aus Nordfrankreich zurückgezogen wer den mußten, weil das Klima sich für sie als un erträglich erwiesen hatte und sie in der letzten Zeit in Massen dahinstarben. Kin M FWMtil. Roman von K. Deutsch. 4«! Fortsetzung. (Nachdruck verboten.) Ter letzte Ausruf war mehr an sich, als an die junge Pflegerin gerichtet, er nahm die Brillengläser ab und rieb sie, was immer ein Zeichen innerer Erregung war, dann nahm er einen Stuhl, rückte ihn an das Bett und setzte sich nieder. Er hatte keine zehn Minuten gesessen, da ösfnete sich leise die Tür des Nebenzimmers und Schwester Charitas erschien an der Schwelle. „Ich konnte nicht entschlafen," sagte sie. Sie sprach das leise und eintönig, es lag aber ein solch still flehender Ausdruck in ihren Zügen, ihren Augen, das; er leise Bejahung nickte und ihr Platz machte. Ich habe noch bei einen; Patienten nachzusehen," sagte er dann, „ich komme in einer Stunde wieder; sollten Sie mich früher brauchen, lassen Sie mich durch Schwester Marta holen, ich bin im Saal C." Er entfernte sich, die ältere Pflegerin nahm ihren gewohnten Platz ein, die Nonne setzte sich etwas abseits auf einen Scheinet, band den Rosenkranz von ihrem Halse und ließ ihn durch die schmalen weißen Finger gleiten, lei se Gebete vor sich hinsprechend. Ein mattes Licht brannte und es war so stille, daß man das leise Ticken der kleinen silbernen Zylinderuhr, die an der Wand hing, hören konnte und auch den gepreßten Atem des Mädchens, das zu Häupten des Lagers saß- So verrann Stunde auf Stunde. Plötzlich machte der Kranke, der bis jetzt wie ein To ter dagelcgen, eine heftige Bewegung, als ha be ihn ein elektrischer Schlag getroffen. Diese Aufregung steigerte sich von Minute zu Minu te, bald saß er aufrecht und schlug mit Füßen und Händen um sich. Es war ein schreckli cher Anblick. Die Augen glühend, unter den buschigen Brauen, mit dem leeren, fast be wußtlosen Eindruck darin, nur beseelt von dem Feuer der Krankheit, das ihn verzehrte, die Stirne fahl, mit dem Zeichen des Todes dar auf, das Gesicht erschreckend mager und ver fallen, trotz der dunklen Glut auf den Wan gen, so saß er aufrecht im Bette, wild tobend 'Md schreiend. Die Nähe der Pflegerin hatte bis jetzt im mer beruhigend auf ihn gewirkt, sie versuchte auch jetzt seine rasenden Bewegungen zu hem men, aber in diesem Moment, wo die Hitze und der wilde Aufruhr der Kräfte die äußer- slen Grade erreicht hatte, schien der Zauber ge brochen. Er rang mit ihr und wollte aus dem Bette springen, da ließ sie seine Arme, die sie festhielt, los, umschlang seinen Hals mit Aus bietung aller ihrer Kräfte, seinen Kopf an sich ziehend, neigte sie sich zu ihm und flüsterte ihm etwas ins Ohr. War es der Klang der Stimme so nahe seinem Ohre, war es eine vollständige Erschöp- fnng, die dem furchtbaren Ausbruche folgte? Der Paroxismus ließ plötzlich nach, er wurde ruhig. Einen Augenblick hob er die schweren Augenlider, als suche er mit Gewalt das gei stige Dunkel zu durchbrechen, dann schlossen sie sich wieder, der Kopf sank immer tiefer, dann war er plötzlich ganz still und regungs los. Das Mädchen stieß einen Schrei aus. War eS der Tod und alles vorüber? In diesem Augenblick trat der Oberarzt mit der Nonne, die ihn geholt hatte, ein. Vor sichtig nahm er das Haupt des Regungslosen aus dem Arme der todbleichen Pflegerin, bet tete es auf die Kissen, legte zuerst das Ohr all den Mund, dann auf das Herz . . . „Er schläft!" wiederholte das Mädchen. Sie sprach es leise und wie in halber Bewußtlosig keit. „Er schläft und ist gerettet!" „Gerettet!" Sie drückte die Hände vor die Augen und ging in die Nebenzelle, die Tiiv leise hinter sich zumachend. Als ihr die Nonne nach einiger Zeit folg te, fand sie sie vor einem Stuhle knieend und fest eingeschlasen. Die Erschöpfung war so groß, daß sie nicht fühlte, wie sie ausgekleidet und zu Bette gebracht wurde. Der Oberarzt war nicht ohne Sorge, aber sie bewies sich als unbegründet. Das Mädchen schlief ununter brochen bis zum anderen Abend, dann aber erwachte es vollständig gestärkt und gekräftigt. Um dieselbe Zeit erwachte der junge Mann zum ersten lichten Bewußtsein. Der letzte Ta gesstrahl fiel in die kleine Zelle und überflu ¬ tete mit doppelt Hellem Lichte jeden Gegenstand darin. Niemand war in der Zelle, als Schwester Martha, die zu Füßen des Lagers saß. Der Kranke schlug langsam die Augen aus und schloß sie geblendet wieder von dem Lichtstrom, der in die Zelle flutme. Dann öffnete er sie noch einmal und sah um sich, von einem Gegenstand aus den andern, als ge wöhne er erst den Blick an wirkliche Dinge. Er blickte die Decke an, die Wände, das Fen ster, vor welchem die Bäume draupen standen, den Tisch in der Zelle, sogar den leeren Stuhl, der rechts von seinem Bette stand Der Aus druck seines Gesichtes zeigte, daß er keine klare Kenntnis von seinem Zustande habe, erst ein Blick auf den verbundenen Arn;, auf die schmerzende Brust gab ihm das Bewußtsein,, wo er sich befand. Zuleyt traj sein Auge die junge blasse Nonne, die ihm llitl und regungs los gegenüber saß. Lange haftete sein Blick auf ihrem Antlitze, lange und forschend, als sufie er etwas in den Zügen, eine Erinnerung, eine Aehnlich- keit. Dann schüttelte er mit einer kaum be merkbaren Bewegung das Haupt und winkte sie an sich heran, indem er leise die Hand hob. Sie stand auf, legte aber die Finger an den Mund, zu;;; Zeichen, daß er nicht sprechen dürfe. „Nur eine Frage. Haben Sie mich ge pflegt?" Er sprach so leise, daß sie ihn kaum ver stand. Sie neigte sich zu ihm, ließ sich die Frage wiederholen und bejahte sie dann. (Fortsetzung folgt.)