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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 15.11.1914
- Erscheinungsdatum
- 1914-11-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-191411159
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19141115
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19141115
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Bemerkung
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- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-11
- Tag 1914-11-15
-
Monat
1914-11
-
Jahr
1914
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 15.11.1914
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Unsere Chirurgie sammelt auch in diesem Kriege wieder reiche Erfahrungen und ergänzt die in früheren Feld zügen gewonnenen. Die Meister der Chirur gie haben es stets betont, wie viel ihre Wis senschaft den jüngsten Kriegen zu verdanken hatte und in wie hohem Matze die aus den Schlachtfeldern und in den Kriegslazacetten ge sammelten Erfahrungen in der Wundbehand lung, Amputation, in der Bornahme von Nähten und in der Anlegung von Verbänden der Allgemeinheit zugute gekommen seien. So zahlreiche Verwundungen und so mannigfaltige Komplikationen, wie der Krieg in wenigen Mo naten leider mit sich bringt, bekommt auch der berühmteste Chirurg zur Friedenszeit in Jahr- zehnten nicht zu sehen. Alles aber, nas die Vertreter der chirurgischen Wissenschaft aus den früheren Kriegen gelernt und in ihnen be währt gefunden haben, das wird jetzt praktisch zur schnellen und möglichst vollständigen Hei lung unserer verwundeten Soldaten angewen- det. Die neuen Erfahrungen und Erkenntnisse werden zu den alten gefügt, womit die Ga rantien für die Erreichung des Möglichen be ständig wachsen. Selbstverständlich ist es, datz die Wissenschaft auch auf die Milderung der Schmerzen der Verwundeten eifrig bedacht ist und auch nach dieser Richtung hin dankens- werte Erfolge zu verzeichnen hat. Ueber die chirurgischen Erfahrungen im ge genwärtigen Krieg machte dieser Tage der be rühmte Leipziger Professor Payer Mitteilun- gen in einem Etappenlazarett auf französischem Boden. Als etwas ganz Neues bezeichnete der Vortragende den F l i e g e r p s e i l, der, wenn er auch nur aus 1500 Meter Flughöhe senkrecht zur Erde fällt, die Geschwindigkeit ei ner Büchsenkugel erreicht und schwere Verwun dungen anrichtet. In einer marschierenden Ko lonne, über der ein feindlicher Flieger erscheint, bricht plötzlich ein Mann zusammen. Die ärzt liche Untersuchung ergab zunächst nur eine unscheinbare Verletzung an der linken Schul ler, gleichwohl verblutete der Getroffene un ter den Händen des Chirurgen. Die Sektion ergab, datz der Fliegerpfeil in die obere Schlüs selbeingrube eingedrungen war, die linke Lun ge, das Zwerchfell, die Milz, das Becken und den Oberschenkel durchbohrt hatte, um am Knie wieder aus dem Körper herauszutreten. Die Pfeile, die bekanntlich eine zugespitzte Stahl- slange von der Art eines Federhalters darstel- len und an der Hinteren Hälfte vierkantig aus- geschliffen sind, hängen an einem durchlöcher ten Brett unter dem Flugzeug, von wo sie durch einen Druck des Futzes des Fliegers gleich- mätzig ausgelöst werden können, so datz eine gewisse Streuung und Salvenwirkung erzielt wird. Eine wirksame Waffe ist der Pfeil gleichwohl nicht, Fliegerpfeilverletzungen gehö ren bisher zu den Seltenheiten. Die Wirkungen des Infante- riegefchosscs sind für die Röhrenknochen, die an der Durchbohrungsstelle fast immer split tern, ungünstiger als für die schwammig ge bauten Knochen der Gelenke, die glatt durch schlagen werden. Eine Folge der Schützen gräben ist die Häufigkeit der Kopfschüsse; der ärztlichen Kunst gelingt es, Verwundete, die einen Schutz quer durch das Gehirn erhalten haben, in verhältnismäßig kurzer Zeit völlig wiederherzustellen. Daß glatte Lungenschüsse meistens schnell heilen, ist bekannt; eine freudi ge Ueberraschung gewährt dagegen die Feststel lung, daß auch Halsschüsse in der Mehrzahl der Fälle geheilt werden, auch wenn die le benswichtigen Blutgefähe und Nerven, die Speise- und die Luftröhre durchschlagen wa ren. Eine Heilung von Herzschüssen ist un- möglich, da sich die Herznaht im Felde nicht ausführen läßt. Bauchschüsse verheilen dann am besten, wenn jeder operative Eingrifs un terbleibt und dem Verwundeten bei absoluter Ruhe jegliche Speisen und Getränke entzogen werden. Die einfachen Schüsse durch die Weich teile der Gliedmatzen verlaufen fast alle gün stig. Unangenehmer sind die Wirkungen der Granaten und Schrapnells, doch werden auch hier in der Mehrzahl der Fälle Heilungen er zielt. Die Wundbehandlung ist verein- facht und dadurch wirkungsvoller geworden. Antiseptische Auswaschungen unterbleiben, da diese die natürliche Widerstandskraft der Ge- webe beeinträchtigen, und da die Erfahrung ge lehrt hat, daß eine gewisse Anzahl von Bak terien einem kräftigen Organismus nicht scha det; dagegen wird der Hinzutritt neuer Bak terien durch Auflegung eines Stückes keimfreier Gaze verhütet. Zur Schienung verletzter Kno chen und Gelenke werden die ledernen Gama schen, Stöcke oder Stiele verwendet, auch las sen sich aus Stroh Schienen flechten. Eine Entfernung der Kugeln findet im allgemeinen nicht mehr statt, man läßt sie sich in den Ge weben verkapseln. Bei Streckverbänden im Felde wird der mit Sand gefüllte Stiesel ver wendet, ein Verfahren, bei dem sich das Streck gewicht vorzüglich regulieren läßt. Die Ver einfachung der Behandlung hat sich überall als Besserung erwiesen und zu dankenswertssten Heilerfolgen geführt. Zum Kriege. Dum-Dum-Geschoffe und kein Ende. Ein Chemnitzer, der bis zum Ausbruch des Krieges als Aushilfslehrer an der Höheren Mädchenbildungsanstalt in Chemnitz tätig war und mit dem 244. Regiment ins Feld zog, schreibt aus dem Kriegslazarett (4) in Brüssel folgendes: „Nach nur kurzem Kampfe mit den Eng ländern bei Apern wurde ich verwundet, eine Dum-Dum-Kugel durchbohrte den rech ten Unterarm und verwandelte die Speiche zu Brei. Wenn dann den gefangenen Eng ländern diese verderbenbringenden Geschosse vorgehalten werden, so wissen sie natürlich von nichts und rufen auS: „No — no!" Hoffentlich wird man trotz aller Proteste mit solchen Kerls, falls sie in ihrem völker rechtswidrigen Treiben erwischt werden, kurzen Prozeß machen. Ei» „Maneuflückche«" eine- deutsche« Kriegsschiffe-. Unter dieser Spitzmarke schreibt die „La Plata-Post": „Einem au« Nordamerika hier an- gekommenen Brivatbriefe, den ein zur Bemannung de« argentinischen Mesenpanzerschiffes „Rivada- via" gehöriger Maat geschrieben hat, entnehmen wir, daß ein deutscher Kreuzer, dessen Namen wir nicht nennen wollen, am 7. v. MtS. in den Hafen von Portorico einlies, obgleich ein franzö sische« und ein englische« Kriegsschiff die« zu hindern suchten, Kohlen und Oel lud, in zehn Stunden damit fertig war, obgleich eS 1300 Tonnen Steinkohlen und 150 Faß Oel gewesen sein sollen, und abends 7 Vr Uhr wieder auslief. Draußen in der Bucht warteten nicht nur zwei, sondern vier feindliche Kriegsschiffe. Da« deutsche Kriegs schiff kam nach kurzem Feuergefecht, dank seiner großen Geschwindigkeit, glücklich durch, lief den Hafen von Barbados an, hißte auf dieser eng lischen Besitzung die deutsche Flagge, nahm so viel Kohlen und Lebensmittel mit, al« es mög lich war, und setzte die übrigen dort lagernden Steinkohlen in Brand. Vorher hatte der deutsche Kreuzer zwei englische Kauffahrteischiffe in den Grund gebohrt; die Bemannung setzte er im nächsten Hafen an Land." Will Kitchener die allgemeine Wehrpflicht einführe«? Pariser Telegramme aus London besagen, Kitchener habe sich entschlossen, demnächst einen Gesetzentwurf über die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht einzubringen, um auf diese Weise ein Riesenheer gegen Deutschland heroorzubrtngen. Diese Nachricht wurde überall mit großer Freude ausgenommen. Frankreich zahlt auch für Montenegro. Nach der „Südslawischen Korrespondenz" hat Frankreich der montenegrinischen Regierung 30 Millionen Franks in Gold als Vorschuß über Anttoari geschickt. Wie man in Kanada Rekruten er schwindelt. In einem der „Fckft. Ztg." zur Verfügung gestellten Brief beschwert sich ein Schweizer Bürger über ein geradezu empörendes Vorgehen in Kanada. Dort hat der französische Konsul, der die schweizerischen Interessen mitvertritt, den jungen Schweizern eröffnet, die Schweiz sei von den Deutschen besetzt, sie befinde sich mit Deutsch land im Kriege und die jungen Leute können nicht mehr in die Schweiz zurück. Sie könnten jedoch ihrem Vaterlande helfen, indem sie sich unter die englische Fahne stellten und in den Reihen der Engländer gegen den gemeinsamen Feind kämpften. Auf Grund dieser geradezu schamlosen Lüge, die wegen der amtlichen Eigen- schäft de« verlogenen Konsuls von den jungen Leuten geklaubt wurde, ließen sich verschiedene schweizerische Jünglinge auch solche aus der deutschen Schweiz — in das 19. Alberta-Dra- goner-Regiment einreihen, um so der Schweiz zu dienen. Der besorgte Vater hat hiergegen Schritte unternommen, die aber kaum Erfolg haben wer den, da da« Regiment bereit« nach dem euro päischen Kriegsschauplatz unterwegs sein soll. — So arbeiten also England und Frankreich Hand in Hand, um Kämpfer für ihre Sache zu er schwindeln. Was sagt man in der Schweiz zu einem solchen Skandal? Drauf, ihr Bayern! PrinzRupprecht von Bayern, der Tapfere, sprach: Soldaten der sechsten Armee, Das Glück ist uns günstig, nun rüstet zum Schlag I Wie ich aus Berichten hier seh, Stehn englische Söldner vor unserer Front. Nun drauf, ihr Bayern, und keinen verschont, Folgt ihnen bis über die See! Vergeltet, was englische Habsucht und Neid Am deutschen Volke verbrach, Daß goldener Friede dem Kriege und Streit Und englischen Hetzern erlag. Nun zeigt, wie der Bayer den Engländer schätzt, Der im Weltmachtstaumel die Völker verhetzt. Drauf! Zeigt, was der Bayer vermag! Der Brite, brutal und perfide und frech, Trägt Schuld aller Opfer an Blut Und steht allen Deutschen behindernd im Weg, ES reizt ihn zu sinnloser Wut. Sein Ziel ist, daß Deutschland als Großmacht man streicht, Drum drauf, ihr Bayern, und machts ihm nicht Vernichtet die frevelnde Brut! sleicht, Richard Seifert, Urspmng Zahlungseinstellungen in Sachsen. Paul Arnold, Baumeister, Leipzig-GohliS Adolf We ner, Herrengarderoben, Chemnitz William ElemeuS Beghe f, Gastwirt. Seiffen bei Sayda. Selma verehel. Weichelt. Schnittwa enh., Lugau. Marie vecw Lohmann, Materialwarenh, War en Isaak Maciei Rosende g, Handels i ann, Leipzig Robert Rich Hom, Manufaktnr- war nh., Leuden bei Dreeden. Gustav Richaid Glöckner, Zi^arrenmacher, Kl-in-Dorfhein bei Tharandt. Marie Emilie e pieß Händlerin Chemnitz. Rafael Feiler, Inh ei eS Mcnufalturw.lrenge'chäfts L.ipzig Ernst Emil Matthe-, Kaufmann, Dresden Aug Oskar Grundmann, Läckermstr., PulSnitz Franz Eduard Pfefferkorn, Schuh fabrik. Lunzenau vei Penig Nuchim Leid Rieß, Inh, von Bettfedernhandlungen, Leipzig. Franz Emil Dietrich, Landwirt, Hohentanne bei Nossen. Rudolf Marlin Buck, Bäckermeister, Herrnhut B uno Richard Reißmann, Tischlermeister, Erlbach Kirchberg. Max Scholinus 1, Kaufmann, Leipzig-Slötteritz Adolf Paul Hauswald, Bäckermstr., Dresden. Karl Paul Schüppel, Hendels mann, Belenau. Emma verehel, Reich Gchuhwarenh, Lugau. Max Ullmann, Buchdruckereibesitzer, Zwickau. Theodo: HanS Nepp, Kaufmann, Oschatz. 2 3 Die Wiudbritder. Ein Märchen von HanS Jung. (Nachdruck verboten.) Tief in den zerrissenen FelSklüsten des Gebirges hausten die Nebelriesen. Bei Tage scheuten sie sich vor dem blendenden Sonnen strahl; wenn aber die Abenddämmerung blau und duftig auf Berg und Tal sich senkte, dann lagerten sie um die hohen Felsenhäupter, und ihre Töchter schwebten in lang schleppen den Gewändern aus Kluft und Felsspalten hervor und tanzten ihre stummen, geisterhaften Reigen. Gar ost indessen wurden sie gestört von dem lustigen, wilden Ostwind, der sie in un gestümer Necklust hierhin und dorthin jagte, aus vollen Backen blies und an den zarten Silberschleiern zerrte, bis die Fetzen nach allen Seiten flogen. Böse meinte es der Ostwind zwar nicht, sondern hielt das für einen guten Spaß; aber die Nebelfräulein klagten den Riesen ihre Not, und die schwuren dem kecken Störenfried schlimme Rache. Und als eine« Abends der Ostwind müde seine breiten Schwingen zusammenfalleie und sich schlafen legte, da nahmen die Nebclriesen ihn wahr und sperrten ihn in eine enge Schlucht, die sie mit einem großen Felsblock verschlossen. Ungehindert tanzten fortan die Nebel fräulein in Tal und Wiese ihren Schleierceigen und horchten mit Schadenfreude auf das dumpfe Stöhnen und Heulen des armen Gefangenen. Hoch, hoch über ihnen lag da« meilenlange Wolkenschloß des Windkönig« Sturm. Alle Abende versammelte der strenge Herrscher seine vier Söhne um sich, und sein Zorn war groß, als eines Abends sein Lteblingssohn, der fröhliche Ostwind, fehlte und auch am näch sten und übernächsten Tage nich erschien. Alle übrigen Söhne wurden ausgesandt, den Verlorenen zu suchen. Der Südwind fuhr mit sengendem Hauch über das blühende Land, daß überall das zarte Laub schlapp herabhing und die Blumen matt und krank die Köpfchen senkten — dann aber bekam er Sehnsucht nach seinem Lieb- lingsland Afrika und derglühendheißen Sahara, und sauste über das wild ausschäumende Meer dem gelben Wüstensande zu. Der Nordwind kam in mondheller Nacht und strich mit eiskaltem Atem über Blatt und Blüte, daß sie in tödlichem Frost erstarrten. Als er aber auch den Bruder nicht fand, kehrte er zu seinem geliebten Eismeer zurück und ließ dort die knirschenden Schollen auf den sturmgepeitschten Wellen tanzen. Nur der dritte Bruder, der mürrische, ernst hafte Westwind, fand nicht Ruhe und Rast, bis er den Vermißten gefunden. Er hatte sich sonst nicht besonders gut mit dem allzeit lachenden, übermütigen Bruder vertragen und schämte sich jetzt, daß sie sich immer aus dem Weg gegangen waren. Nun merkte er erst, wie lieb er ihn doch im Grunde hatte. Auf dunklem Wolkenmantel flog er brausend über das Land; hierhin, dorthin, unter Heulen und Pfeifen, ruhelos, unermüdlich Tief herab hingen die schweren Wolkenmassen, die er vom Meere vor sich her trieb, so daß sogar die liebe Sonne, die den naßkalten Westwind sowieso nicht leiden konnte, vor Aerger und Erkältung eine ganz rote Nase bekam und sich gar nicht mehr hervorwagte. Bald rauschte Tag und Nacht eintönig der Regen hernieder; schwer hingen die triefenden Zweige der Bäume und Sträucher, und alle Blümlein in Garten, Feld und Wiese weinten Helle, blinkende Tränchen, die kein freundlicher Sonnenstrahl trocknete. Auf den Wiesen wuchs das Gras gewaltig in die Höhe, aber eS konnte nicht geschnitten werden, und es war doch schon die höchste Zeit. Die Kornernte war nahe; doch die schönen, langen Halme hatten sich müde und regenschwer über einander gelagert, als sollte die« Jahr das liebe Brot nicht daraus wachsen. Händeringend stand der Bauer vor seinem Feld, der Gärtner vor den aufgeweichten Beeten. Traurig hockten die Kinder in der dumpfen Stube und zählten die Regentropfen, die unaufhörlich an den beschlagenen Scheiben herunterliefen. Wie gern wären die armen Kleinen draußen im warmen Sonnenschein umhergesprungen I Der arme Ostwind steckte indesten noch immer in seinem engen Gefängnis und hockte trübselig in der dunkelsten Ecke. Bald sprang er aber auch hierauf; denn es tropfte, rieselte, rauschte durch alle Ritzen und Spalten des Gestein«, und da« war dem Ostwind recht verdrießlich, weil er die Näffe gar nicht liebte. Der wochenlang« Regen hatte alle Quellgei sterchen unter der Erde und in den Klüften zu neuem Leben erweckt, und nun drängten die Wäfferletn mit aller Kraft ans Licht. Und eines Tage« merkte der Oftwind, daß unter dem immer stärkeren Druck des Wassers der versperrende Felsblock ins Wanken kam — noch ein Ruck — und knirschend tanzte er auf den wilden Wellen des befreiten Bergwaffers davon. Und hinter ihm brauste mit jauch zender Kraft der befreite Gefangene. Weit entfaltete er die Schwingen seine« faltigen, blauen Mantels, und wohin er flog, da zer rissen die grauen Wolken, und der Himmel erstrahlte im Wiederschein des lichten Blan. Jetzt sah ihn auch sein Bruder, der West wind. In wilder, rasender Freude umschlan gen sich die beiden Brüder und tanzten einen tollen Wirbel, daß beinahe ein ganzer Wald niedergebrochen wäre, hätten ein paar alte Eichen den andern Bäumen nicht warnend zugerufen: „Bückt euch tief, so tief ihr könnt, daß unsere mächtigen Herrscher uns gnädig seien!" Und als die beiden atemlos ruhten von ihrem Tanz, da sprach der Ostwind: „Habe Dank, lieber Bruder, und fliege nun voraus zum Wolkenschloß unseres starken Vaters. Ich muß wirklich noch ein bißchen Odnung ma chen, denn hier sieht es ja wüst aus!" Brausend flog der Westwind davon und trieb seine Wolkenschar vor sich her. Aber der lustige Ost blies mit Macht unter die feindlichen Nebel, daß sie hilflos und entsetzt nach allen Seiten entflohen; dann richtete er mit kräftigem Arm das nicderliegende Korn in die Höhe, riß den letzten grauen Wolken- schleicr entzwei und pustete seiner Freundin, der lieben Sonne, übermütig in das strahlen de, runde Gesicht. Unter ihrem warmen Hauch trockneten rasch die schweren Tropfen an Baum und Strauch, auf Blatt und Blu me. Fröhlich ging der Landmann an die Ernte, der Gärtner an die Arbeit. Auf Straßen und Plätzen jauchzten die kleinen Mädchen im Ringelreihenspiel; bunte Bälle flogen auf und nieder; lustig rollten die farbigen Mur meln auf dem glatten Boden, und der Krei sel tanzte munter auf einem Bein. Da nickte der Ostwind zufrieden und machte sich auf den Weg zum Wolkenschloß seine« Vaters, des Windkönigs. MtthmdSMtMBtschSstigWtt. «rieg-fpiel. Heute versammeln sich die Jungen auf dem großen Spielplatz dcS Ortes. Jeder hat einige einfache dünne Stäbe mitzubringen, daS sind die Waffen. Je mehr jeder mitbringt, um so bester. Sie werden vorerst alle auf einen Haufen gelegt. Dann teilt sich die ganze Knabenschar in zwei gleich große Par- leien, und jede Partei wählt au« ihrer Mitte herau« einen General. Jetzt machen sich die beiden Generale gemeinsam daran — der Krieg zwischen ihnen ist ja noch nicht ausge- brachen — sämtliche Stäbe auf ihre Brauch, barkeit hin zu prüfen. Da es beim Kampfe darauf ankommt, dem Gegner den Stab zu entwinden oder zu zerbrechen, so dürfen die Stöckchen weder zu lang noch zu dick sein. Stäbe, die nicht passen, werden weggeworfen. Von den brauchbaren bekommt jeder Kriegcr einen Stab zugeteilt. Die übrigblcibendeu Stöcke werden vorläufig beiseite gelegt, um für einen zweiten Kampf Verwendung zu finden. — Nun beginnt der Krieg. Die Parteien nehmen einander gegenüber Auf stellung, ihre Generale stehen an der Spitze. Sie kominandieren zum Sturm Wie wir schon hörten, kommt es auf das Entwinden oder Zerbrechen der Stäbe an Wer keinen Stab mehr hat, also waffenlos ist, darf über haupt nicht mehr mitringen, darf dem Feinde keine Stäbe mehr entreißen. Die Waff.nlosen treten beiseite; die andern kämpfen weiter. Wer Sieger ist, das ergibt sich von selbst. Die eine Partei ist eben doch zuerst aufge rieben, und sie hat verloren. Es kann ge schehen, daß zuletzt von jeder Partei nur noch ein Mann übrig ist; dann hängt der Sieg eben davon ab, wer von diesen beiden zuerst deS andern Stab gewinnt oder zerbricht Die Generale haben übrigens auch Stäbe und kämpfen mit. Ist ein Führer waffenlos geworden, so ringt seine Partei deswegen doch weiter bis zum Schluß. — Ist eine Schlacht entschieden, so werden nach einer Ruhepause die noch unzerorochcnen Stäbe gesammelt, zu dem Haufen der Reservestäbe gelegt, und es kann dann eine neue Stab-Verteilung und eine neue Schlacht beginnen. Für uns! Bei einer Schulfeier für den im Osten ge fallenen Lehrer eines Charlottenburger Gym nasiums wurde das folgende Gedicht, das einen Obertertianer Reinhold S. zum Verfasser hat, vorgetragen: Fern, ferne im Osten, da gähnt ein Grab, D.i senkl man zu tausend die Toten hinab Für uns! Im Westen, da ragt manch Kreuz schlicht und klein, Da liegen sie stumm in langen Reih'n Für uns! Und wo im Winde rauschet das Meer, Da gaben sie freudig ihr Leben her Für uns! Sie opferten Zukunft und Jugendglück, Sie kehren nie wieder zur Heimat zurück Für uns! Sie gaben ihr alles, ihr Leben, ihr Blut, Sie gaben es hin mit heiligem Mut Für unS! Und wir? Wir können nur weinen und beten Für sie, die da liegen, bleich, blutig zertreten Für uns! Denn eS gibt kein Wort, für das Opfer zu danken Und eS gibt keinen Dank für sie, die da sanken Für un«!
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