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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 18.11.1914
- Erscheinungsdatum
- 1914-11-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-191411188
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19141118
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19141118
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-11
- Tag 1914-11-18
-
Monat
1914-11
-
Jahr
1914
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 18.11.1914
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len Roten Kreuzes in Gens für alle in Frank- reich und England befindlichen deutschen Ge fangenen und die Mitwirkung des dänischen Roten Kreuzes sür alle in Ruhland befindli- chen deutschen Gefangenen zu Gebote steht. Im Bergbau beschäftigte L and stur mpfNch tige werden gemäh einer Verfügung des König!, stellvertr. Gene- ralkomniyndos künftighin nicht zum Dienst ein- gezogen, sofern sie bei ihrer Meldung amtlich beglaubigte Nachweise von ihren Arbeitgebern erbringen, daß sie im Bergbau beschäftigt sind und für die Zukunst schwer zu entbehren sein würden. Eine zeitweise Zurückstellung kommt bei diesen nicht in Frage. Sie gelten vielmehr sür die Dauer des Krieges für unabkömmlich, solange sie im Bergbau beschäftigt sind. Die amtliche Beglaubigung der Nachweise hat durch die Gemeindebehörde zu erfolgen. * — Schutzmittel gegen das Ungeziefer. Unsere Soldaten, die im gegenwärtigen Kriege gegen allerhand schmut ziges Gesindel, wie Russen, Mongolen, Turkos und Indier kämpfen müssen, werden, wenn sie mit diesen von der Kultur wenig oder garnicht beleckten Zeitgenossen in Berührung kommen, sehr leicht auch Bekannschaft mit deren ständi gen Begleitern — dem Ungeziefer — schlie ßen. Jene unerfreulichen Tierchen, die sich besonders in den Kleidern und den Haaren des Menschen ansiedeln und nur schwer zu be seitigen sind, Pflegen eine arge Plage zu wer den. Nun wird allerdings mit dem Gebrauch des Insektenpulvers nicht gespart. Auch die zur Beseitigung der Läuse vielfach verwendete graue Salbe wird den Soldaten auSgehändigt, die längere Zeit mit den Söhnen des Ostens (Kosaken usw.) zu tun haben. Es sind aber verschiedene Mittel viel zu wenig bekannt, die eine Ansiedlung jener Quälgeister überhaupt verhüten können. Da wäre zunächst das Fen chelöl zu erwähnen. Einige Tropfen dieses Oeles aus die Leibwäsche geträufelt, sollen ein unfehlbares Mittel gegen die Ungezieferplag« sein. Bergamottölspiritus soll sich sehr gut bewährt haben. Es dürfte daher zweckmäßig sein, seinen Angehörigen im Feld, eines die- ser beiden Schutzmittel gegen das Ungeziefer zu senden. * 8»ick«u, 16. Nov. Da« 2'/, Jahre alte Kmd des Schlossers Becher hier stürzte vorgestern aus einem Fenster der elterlischen Wohnung auS dem vierten Stockwerk auf die Straße. Der Tod trat sofort ein. * Annaberg, 16. Nov. Aus dem oberen Erzgebirge sind bis jetzt durch daS Sekretariat der Evangelischen Arbeitervereine in Annaberg weit über 1000 Arbeiter nach den östlichen Pro vinzen befördert worden. * Dresden, 16 Nov. Unter den jüngst be kannt gegebenen Personaloeränderungen befand sich auch die Beförderung des Feldwebels der Landwehr Bechstädt, der seit der Mobilmachung beim Grenadier-Resewe-Regiment Nr. 100 als Offiziersstellvertreter steht, zum Lemnant. Dies ist deswegen bemerkenswert, weil er als ehe maliger Berufsunteroffizier zum Offizier befördert worden ist, und zwar auf Grund seiner dienst lichen Tüchtigkeit und großen persönlichen Tapfer keit, die er seit Beginn des Feldzuges jederzeit an den Tag gelegt hat. Bechstädt hat nach Besuch der Unterosfizierschule in Marienberg 7 Jahre dem 2. Vrenadierregiment Nr. 101 und dann drei Jahre als Bezirksfeldwedel dem Be zirkskommando Dresden angehört. * Leipzig, 17. Nov. Aus Aerger darüber, daß er ausziehen sollte, feuerte abends in der S. Stunde im Hause Gpittastraße 27 der Buch halter Wilhelm Kutzlebe von hier auf seine Wirtin einen Schuß ab, der diese am Halse verletzte. Kutzlebe wohnte seit einem halben Jahre bei der betreffenden Frau. Da infolge seiner Stellungs losigkeit seine Mietschulden aus 134 Mark ange wachsen waren,Endigte ihm seine Wirtin vor 14 Tagen, so daß er jetzt ausztehen mußte. Als er abends trotzdem wieder E.nlaß in die Wohnung begehrte, sagte ihm seine Wirtin an der Vorsaal tür, daß er nicht herein düife, wenn er nicht zahlen könne. Kutzube schoß hieraus aus einer Taschenpistole einen Schuß auf die Frau ab, der die Vorsaalscheibe durchschlug und die Frau an der linken Halsseite t>äf. Auf ärztlich. Anordnung mußte die Frau ins Krankenhaus gebracht werden. Der Täter kam in Haft. Kräegsallerrei Ein junger ö st erreich: scher Held. In Pest ist der fünfzehnjährige Zug führer Lazar Melnetschuk in Begleitung seines Oberleutnants angekommen. Er ist einer je ner jungen Helden, wie sie nur in großen Zei ten erstehen. Der junge Melnetschuk kam nach Absolvfierung von sechs Elementarschulklassen nach Czernowitz, wo es ihm gelang, noch vor dem Einmärsche der Russen hundert Mann der österreichisch-ungarischen Armee aus einem Kel ler zu retten. Als Kind, in Bürgerkleidung, zog er in den Krieg und socht tapfer bei Toprow. Am 28. August tötete er bei Cho- cossow einen russischen Oberleutnant in Zivil, der sich bei ihm nach Truppenstellungen er kundigte. Für solche Heldentaten wurde er von dem Landesgendarmeriekomniandanten der Bukowina, dem Obersten Fischer, als Fünf zehnjähriger zum Zugführer im 22. Landsturm- Jnfanterie--Regiment ernannt. Melnetschuk fährt von Pest nach Wien, wo er auf Ver langen des Kaisers in die Kadettenschule ein- tritt. Die tapfere OffizierSgattt». Die österreichische Oberstlsutnantsgattin Stella v. Turnau, die als erste Frau wegen tapferen Verhaltens votz? dem Feinde den Franz-Jo- seph-Orden erhalten hat, ist seit ihrer Jugend eine tollkühne Reiterin und vortreffliche Schüt zin. Sie hat ihren Gatten, Oberstleutnant v. Turnau, inF Feld begleitet und in schwie riger Situation in Wort und Tat zu siegrei chem Erfolg einer Abteilung beigetragen. Si« lag tagelang im Schützengraben in der Front und schoß erfolgreich auf den Feind. G e f ä r b t e P f e r d e. Nach einen Kriegs korrespondenz der „Daily News" haben die Scotts Greys, das heißt die schottische Kaval leriebrigade, die mit Apfelschimmeln ausgerü stet ist, die PfHde neuerdings mit einer Lö sung angestrichen, wodurch das Fell einen gelb lichen, khcckiähnlichen Ton bekommt (in der Lösung befand sich vermutlich übermangansau res Kalium). Die Verluste der Brigade sol len seither bedeutend geringer geworden sein. btanderamMche Nachrichten von Hohenstein-Ernstthal ««f »le Lett vo» « bU 14. R.»e«»er 1»14. ») Geburt«» r Ein E»hn: Dem Strumpfwirker Paul Arthur Scheffler, dem Appreturgrhitfen Emil Paul Meier, dem BaSanstalttarbeiter Lurt Walter Reinhold. Eine Lochtrr: Dem Schuhmacher Karl OSkar Rudolph, dem Gärtnereibesitzer William «och dem HauS- webrr Karl Hermann BSttger, außerdem eine uneheliche Der Handlungsgehilfe Paul Willy Schmidt hier mit der Haustochter Anna Martha Meyer in Obe lungwitz. «) »hefchließuu-e«: Der Nadelmacher August Ferdinand Mann mit der Näherin Loulse Bertha Schulz, beide hier. 4» »lerdefä««: Rosa Gertrud Wetzel, Tochter deS Putzer- Mar Reinhard Wetzel, 1 Jahr alt; der Webermeister Karl Ludwig Jähring), «7 Jahre alt; der HauSweber Friedrich Wilhelm Nadler, 70 Jahre alt; Helene Lottchen Schulze, Tochter de» Strumpfwirker« Hermann Gustav Schulze, 3 Monate alt; Marie Christiane Rudolf geb. Glänzel, Ehefrau deS Schuhmacher» Franz Loui» Rudolf, 70 Jahre alt An die Zurückgebliebene«. Wenn ihr jetzt jubelt und Hurra schreit Und den Truppen ins Feld gebt das Geleit, Wenn ihr sie mit Liebesgaben erdrückt Kanonen und Wagen mit Rosen schmückt — Wie hüpft in der Brust uns andern das Herz! Daß wir nicht mitkönnen ist unser Schmerz. Und können wir auch für's Vaterland Nicht Flinte und Säbel nehmen zur Hand, So können am Werk wir mithelfen doch Denn tätigster Hilfe bedarf es noch: Gedenkt der Frauen, die in das Feld Die tapferen Männer und Söhne gestellt, Gedentt der Kinder, die vaterlos Und lindert die Not, die so schwer ist und groß. Ja, tröstet die Herzen den Frauen und Müttern, Und trocknet den Bräuten die Tränen, die bittern, Und füllt den verwaisten Kindern die Hände, g 8 Mit euer Erbarmens, willkommener Spende. Je größer das Leid, je tiefer der Schmerz, Je stärker die Kraft, je milder das Herz. Und gebt nicht, weil ihr euch der Pflicht bewußt, Nein, gebt von Herzen und gebt euch zur Lust! Drum, wenn ihr jetzt jubelt und Hurra schreit, So denkt an die Not auch daheim und das Leid; Und wenn ihr die Krieger mit Rosen schmückt, So denket auch derer, die Armut bedrückt. Wohlauf! so reicht zum Bunde uns die Hand Und helft den Bedürft'gen im Vaterland — Wer nicht im Feld, sei daheim ein Soldat! Die Wohltat sei «as're edelste Tat! K Arbeitslos gewordener Ju gend nimmt sich die große „Kriegsorganisa- tion der Dresdener Vereine", Gruppe ll, an, indem sie den jungen Mädchen und den Jüng lingen Gelegenheit zur Ausbildung sowie zum Erwerb verschafft. Ein fesselnder Leitartikel :n Nr. 6 der „Dresdener Hausfrau" berichtet eingehend iiber diese Bestrebungen. Wir he ben ferner den Aufsatz „Neue Wege" hervor, in dem iiber die beginnende Geselligkeit aller- Hand nützliche Winke gegeben werden. Der ernsten Gegenwart entspricht eine hübsch illu strierte Kriegsbeilage. Die lokalen Abteilun gen enthalten vielerlei, was die Frauenwelt in teressieren kann. Dem Meinungsaustausch un tereinander dienen die „Praktischen Winke" so wie der „Fernsprecher" mit seinen Fragen und Antworten. Für gute Unterhaltung wird durch einen spannenden Roman gesorgt. Mode und Handarbeiten bilden eine besondere, vielseitige! Beilage, die durch schöne, zweckmäßige Schnit- te, Muster und Abbildungen sowie den dazu gehörigen erklärenden Text der geschickten Frau das Selbstansertigen der eigenen Garderobe unv Wäsche sowie der ihrer Kinder, und die Her stellung reizender und nützlicher Handarbeiten ermöglicht. Zwei Küchenzettel sür die ganze Woche, denen erprobte Rezepte beigegebenfind, vervollständigen den Inhalt für die Erwach senen, indes die Kinder ihre eigene, hübsch illu strierte Beilage mit schönen Geschichten, leich ten Arbeiten, Spielen und Rätseln finden. Pro benummern der „Dresdner Hausfrau" versen det auf Wunsch gratis und franko die Geschäfts stelle in Dresden-A., Marienstraße 13. Gchl<cht»teh««rtt t» Schlicht- mit «tehhof« z« The»«itz am 16. Novbr. 1914. Auftrieb: dl Ochsen, 68 Bullen, 84 kalben, 4V7 Kühe, — Fresser, 1V1 KÄbrr, 7kg Schafe, 2078 Schweine, zusammen 8S89 Tier«. Bezahlt in Mark für 80 2« M. M. Ochsen 1. vollfleischtae, auSgemäst., hbch- sten Schlachtwert, bi» z. 6 Jahr. Kl—VS 92—96 2. junge, fleischige nicht auSge- mästrte — ältere auSgemästete 43-46 82-86 3. mäßig genährte junge — gut genährte ältere 36-89 72 78 4. gering genährte jeden AlterS 29 -32 62—70 Bullen 1. vollfleischtae, ausgewachsene höchsten SchlachtwerteS . . 48 86 2. vollfleischige, jüngere . . 43—44 83—84 3. mäßig genährte jüngere und gut genährte ältere . . . 39—40 79—81 4. gering genährte .... 33-8474-76 Kalben i. vollfleischtge, auSgemäst. Kal- Kühr ben höchsten SchlachtwerteS 49—SO 80—90 2. vollfleischwe, ausgemäst. Kühe höchsten Schlachtwertes biS zu 7 Jahren 44-48 84- 86 3. ältere auSgemästete Kühe und gut entwickelte jüngere Kühe und Kalben 36-33 76-80 4. gut genährte Kühe und mäßig genährte Kalben .... 28-3066—70 8. mäßig u. gering genährte Kühe und gering genährte Kalben 22—26 84—64 Fresser Gering genährtes Jungvieh im Alter von 3 Monaten biS zu einem Jayre — — Kälber z. Doppellender — — L beste Mast- und Saugkälber 60 97 3. mittl. Mast- u.gute Saugkälber SO -88 93—97 4. geringe Kälber — Schafe 1. Mastlämmer u. jüngere Mast hammel 42—43 81 83 2. ältere Masthammel . . . 18 40 83 - 87 3. mäßig genährte Hammel und Schafe (Merzschafe, . . . 30-86 71-86 Schweine 1. vollfleischige oer fein. Raffen *) und deren Kreuzungen im Aller bis zu O/. Jahren . . . 76-78 76-78 2. Fettschweine 80 80 8. fleischige 72—7b 72-78 4. gering entwickelte .... 68—7 r 68 71 5. Sauen und Eber .... PS—72 68 72 *) Dir Lebendgewichtspreise bei Schweinen verstehen fich unter Gewäorung von 20 Prozent Tara. Unter Schlachtgewicht ist bet Schweinen das Gewicht einschließ lich deS SchmerS zu verliehen. Geschäftsgang: Rindec mittel, Kälber mittel, Schas« mitt l, Schweine mittel Urbersiand r Schafe t8, Schweine 42. Fundamt Gersdorf Bez. Chtz Als gefunden sind abgegeben worden: 1 Trauring, 1 Boa, 2 Damenhandtaschen, 1 Sportwagendecke, 1 Damenregenschirm, 2 Peitschen, 1 Armband, 3 Paar Handschuhe, mehrere Geldbörsen mit Inhalt. Fundsachen sind unverzüglich im Rathause — Zimmer Nr. 8, 1 Treppe — anzumelden. Ich hatt* einen Kameraden... Novellette aus der Gegenwart von A. Eschell. (Nachdruck verboten.) Um Przemysl, dem Zentralpunkt Galizi ens, ist es, wo die Sturmscharen der Russen unter dem vernichtsnden Feuer der österrei chisch-ungarischen Kolonnen zusammenbrachen. Weithin ins Land, auf den Feldern, auf deu Höhen und am Sanufer ist Tod und Verder- ben gesät. Massengräber erzählen davon, re den eine stumme, gewaltige Sprache von den Kämpfen, die hier getobt haben und noch to ben. Ununterbrochen donnern die Geschütze. Die sehr überlegenen russischen Kräfte werden von ihren Führern wie Galeerensklaven vor- angetrieben, ohne doch Terrain zu gewinnen. Die großen Mörser mähen ihre Reihen nieder. An anderer Stelle wüten Bajonettangriffe, Einzclgesechtc. lieber dem weiten Plan la gert der nahezu erstickende Qualm der Explo- siousgase. Weit hinten, wo der Geschützdon ner vergrollt und der Feind nicht sichtbar war, lag, bereit zum Angriff, österreichische Infan terie. Der tapfere, frohe Geist, der die Mann schaft beseelt, spiegelte sich auf deu Gesichtern und klang aus den Bemerkungen, die gepflo gen wurden. Ein begeistertes „Elfen!" aus einer tiefen Ungarkehle entflammte die ande ren, einzufallen. Versonnene Augen — in den Mienen ein Glücksleuchten, das aus der Seele kam. Und die Ursache? Einer las die heimat liche Zeitung vor, denn die Feldpost hatte das Bataillon erreicht. So hörten sie von dem Siege der österreichisch-ungarischen Wassen, von österreichischem Mut und ungarischer Tapfer- keit. Mühe und Not - es schien plötzlich kei ne zu geben — ausgelöst waren sie in dem Wiederschein der gewaltigen Zeit . . . „Ka merad", raunte der Oesterreicher Franz Sedl- mayer seinem Gefährten zu, der neben ihm im Schützengraben lag, „weißt Du noch, als wir Soldaten das Zigeunermadl, die Toska um unser Schicksal befragten?" Und in dem wetterhatten Soldatsnangesicht arbeitete er ei gentümlich. „Und wie ich da plötzlich auf Be fehl fort mußte und als ich Wiedertam, war die Toska verschwunden. Die anderen lachten und nur Du standest da mit Augen, als sei der Blitz neben Dir niedergesahreu . . . ." „Freilich weiß ich es, Schwamm über die schwarzäugige Prophezeihung, Bruderherz!" gab der andere zurück. Es sollte munter klin gen, aber der Tonfall war dem Sprecher nicht ganz gelungen. Aus tiefen Gedanken heraus sprach der Franz: „Ich begriffe selber nicht, daß ich ge schwiegen habe bis heute. Nun aber halte ich es nicht mehr ans — ehe cs vielleicht zu spät ist, sollst Du davon erfahren, Johann, denn Dich geht es gerade so viel an, wie mich sel- b«." Dabei schaute der Franz den Freund au, so sonderbar. Der fühlte den Blick, ohne daß er das Haupt wandte und ein Gefühl kroch an ihm empor, ein Gefühl tiefen Erbar mens. Ja, gut waren sie einander, ehrlich gut. Und selbst die Herzensnot, die beide ge litten um dasselbe Mädchen, hatte nicht ver mocht, die alte Knabenfreundschast zu lockern. Im Gegenteil, fester noch durch die Uneigen nützigkeit des Johann Reimer hatte sich das Band geschlossen. „Wenn sie Dich lieber hat als mich, so ist es eben Schicksal und ich muß es tragen und will Dir Dein Glück von Herzen gönnen," hat te der Johann gemeint und sein Alltagsgesicht hatte einen Zug erhalten, der ihm sehr gut ge standen. Und so war es gekommen damals, als die Mobilmachung wie eine Fanfare die Gemüter aufschreckte. Gar so erregt, so selig verlegen war der Franz vor den Freund hin getreten: „Armes Hascher! Du, — aber ich kann nichts dafür — wissen mußt Du es aber doch — die Jose! — ist — mein geworden." Aschfahl war der andere geworden: immer hatte noch eine'leise Hoffnung in ihm ge wohnt, die Hoffnung, daß er sich getäuscht ha be in der Josel, daß all ihre Sprödigkeit viel leicht versteckte Lieb' war, die ihm galt . . . Aber er hatte sich zusammengerissen um des Freundes Willen. Der sollte die Hellen Au gen behalten. Ganz anderes hatte sie ihm dem Franz getrübt — die Wahrsagung der Zigeu nerin kurz vor dem Abmarsch ins Feld. Wie sie gelautet, wußte Johann Reimer bis hnrte nicht, aber vom Gesicht abgelesen hatte er sie dem Feind. In heißer Blutarbcit, im Ringen um des Vaterlandes Ehre hatte er dann die kleine Episode vergessen. Nun trat sie plötzlich wieder vor ihn hin. . . Mit eigentümlich stremgem, strahlen dem Blick verfolgte er die weißen Wölkchen, die vom Kampfterrain herüberzogen. Laut und lauter drönte der Donner der Geschütze dort. Jetzt ein Gekrach und Geknatter, als seien Höllenmächte losgelassen. Und — nun? Nun ein brausendes Hurra! Das kam aus den Reihen der Oesterreicher. Doch Johann Reimer hörte nicht daraus. Sein Blick haftete immer noch an den weißen Wölkchen, daraus wie eine Vision vor seinem Geiste auftauchte: ein süßes von blondem Gelock umrahmtes Mädchengesicht, ein Augenpaar, rein und klar wie der Äergr,uell blickt. Langsam und ei gentümlich schwerfällig hob in diesem Augen blicke neben ihm Franz an: „Hier in —Gali zien — wird mich das Schicksal — ereilen. Fahr nicht auf, Freund, schilt auch nicht auf das Zigeunergeschwätz; es ist Wahres dran, ich spür es —" „Sei doch gescheit, Bruderherz —" „Eben weil ich dies bin, habe ich beim Ab schied die Josel in die Arme genommen und gesagt: Ist es Gottes Wille, daß ich sterbe fürs Vaterland, und Deine Tränen sind ver siegt, die Du um mich geweint, dann heirat^ den Johann Reimer. Keinen anderen gönne ich Dich. . . . Dies ist mein letzter Wunsch und mein Vermächtnis." Der andere hatte den Kopf abgewandt. „Franz — Kamerad — Du — Du bist . . . Gott mög es anders fügen." Gefestigt, fast schalkhaft klang es zurück: „Bist Du garnicht begierig, zu hören, was die Josel geantwortet hat?" Abwehrend hob der andere die Hand. — Schon aber kam es: „Eingewilligt hat die Josel . . ." Hinein in das Wort erdröhnte unweit eine zornbebende Stimme — die Stimme der Vor lesers war es. Die geballte Faust auf das Zcitungsblatt niedersausen lassend, schrie er und der Zorn erstickte fast seinen Ton: „Die ses verdammte Russenvolk! Gedungene Mör der haben ja von altersher zu den Wettzeugen 0er russischen Politik gehört: Nunmehr aber wird dieses Werkzeug auch im Kampfe gegen ehrliche Soldaten angewendet! Kameraden, hort was hier steht! Rußland setzt 80 000 Ru bel auf die Beseitigung eines österreichischen Heerführers!" Ein ohrenzerreißendes Gekrach und Geknat ter war gleichsam die Antwort. Dort drüben, am San, hebt ein wütendes Kartätschenseuer an. Russische Artillerie! Und nun Gewehrsal ven auf Gewehrsalven! Die russischen Scharf schützen in Deckung sind es. Aus den Schüt zengräben kommt die Antwort — die Kugeln prasseln hinüber und herüber. Ein surchtbarer Kampf beginnt. Die österreichischen Mörser sind der Infanterie zu Hilfe gekommen; wüst und wüster tobt der Lärm der Geschütze. Mit den Worten: „Vorwärts! Dem Lum penvolk die Lust vertreiben, das Sündengeld sich zu verdienen!" durchbricht ein österreichi scher Infanterist, der Vorleser .von vorhin, die Linie. Andere stürmen ihm nach. Ueber Wege und Gräben geht es mit grimmiger Wut dem Feinde entgegen — ihn zurückwersend. Seite an Seite kämpsen mit Todesverachtung zwei. — Da kommt eine Kugel geflogen. — An der Stelle, wo sie eben Seite an Seite ge kämpft, ringen zwei am Boden. Ringen?' Nein, still, ganz still liegt der zweite über den ersten hingestürzt, mit seiner Gestalt diesen dek- teud. Der ruft den Freund an — bebend — beschwörend. Keine Antwort kommt. Ist Franz — tot?! Eiskalt rinnt es durch Johanns Adern. Die Gestalt des Freundes umfassend, versucht er, sich aufpirichtcn. Sein Blick umklammert das liebe Gesicht - ein To tenantlitz ist es. Ein Schrei bricht von Jo hannes Lippen. Gilt es dem toten Freunde oder — dem Schicksal? Ein Blitz fährt neben ihm auf — ein scharfer Knall. Den toten Freund noch um fangen haltend, liegt mit zerschmetterten Glie dern Johann tot am Boden . . . lind weiter, weiter wütet die Schlacht . ..
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