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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 07.10.1914
- Erscheinungsdatum
- 1914-10-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-191410075
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19141007
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19141007
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-10
- Tag 1914-10-07
-
Monat
1914-10
-
Jahr
1914
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 07.10.1914
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fort mit großer Erfolgaussicht für die Deutschen. Ebenso energisch setzt Generaloberst von Kluck seine Aktionen in der Gegend von Roye fort. Die Franzosen gestehen zu, daß wegen ernster Bedrohung ihres äußersten linken Flügels der allgemeine Angriff vor dem Eintreffen von Ver- stäüungen bedenklich wäre. Der Sohn des Ministerpräsidenten Viviani wird vermißt. Ver mutlich ist er gefangen. AuS dieser Meldung geht hervor, daß nun mehr nicht nur der rechte Flügel der Franzosen (bei Verdun), sondern ebenso der linke, von dem sich die Verbündeten eine Umgehung unseres Flügels versprachen, ernstlich gefährdet wird. Die Schlacht kann dadurch ein ganz anderes Gesicht gewinnen. Der französische Kampfbericht vom 4. Oktober. Nach einer amtlichen Pariser Meldung vom Sonntag nachmittag ist bei ArraS der Kampf in vollem Gange, ohne daß eS zu einer Ent scheidung kam. Zwischen dem Oberlauf von Ancre und Somme und zwischen Somme und Oise war der Kampf weniger heftig. Bei SotssonS seien einige feindliche Schützengräben genommen. In Woevre seien einige Fortschritte gemacht. Die Entscheidung erst in 4—5 Tagen? Nach einer anscheinend offiziösen „Figaro"- Meldung ist das Ergebnis der Schlacht erst in 4 bis 5 Tagen zu erwarten. Französische Offiziersverluste. Nach einer Meldung aus Lyon sind die französischen Offiziere infolge ihrer ungeheuren Verluste angewiesen worden, in der Feuerlinie mehr als bisher Deckung zu nehmen. Die Not der französischen Verwundeten. „Echo de Paris" nimmt wieder schärsste Stellung gegen die unhygienische Art der fran zösischen Verwundeteniransporte, indem man alle nur notdürftig geheilten Verwundeten in die Heimat schicke, um Platz in den Spitälern für neue Verwundete zu schaffen. Poinearee bei den französischen Truppen. Seit Beginn der Feindseligkeiten hat Präsi dent Poinearee die Absicht gehabt, die Armee zu besuchen und ihr seine Glückwünsche auszu sprechen. Er wurde aber daran verhindert durch die Notwendigkeit, in den täglichen Minister sitzungen den Vorsitz zu führen und durch den Wunsch der Militärbehörden. Jetzt erlauben die Umstände diese Reise. Präsident Poinearee hat Bordeaux am Sonntag nachmittag im Automo bil verlassen und wird sich zuerst nach dem Hauptquartier begeben Der Präsident wird von den Ministern Millerand und Viviani be gleitet. Pariser Beschwichtigungsversuche. Der „Matm" vom 1. Oktober bringt einen Leitartikel zum Verständnis der Schlacht an der Marne mit einem Que. schnittbild eines deutschen Schütz «grabens und sch eibt: „Betrachtet genau dieses Bild und ihr werdet verstehen, warum die Schlacht all der Marne so lange dauerte und die Schlacht an der Alsne noch dauert. So sehen die deutschen Gräben aus. Die Infan terie richtet sich in richtigen kleinen Festungen ein, geschützt vor dem Gesehenwerden und vor den Kugeln. Das Regenwasser fließt in einem Hinteren Abflußgraben ab. Die Leute können sitzen und schlafen. Weder unsere Artillerie noch Infanterie kann die so eingegrabenen Deutschen sehen. Die Granaten sind nur wirksam, wenn sie genau in den Graben fallen. Hier wird der Angriff zur Jagd; die Gefahr wächst überall aus dem Boden heraus. Bevor'man den Feind besiegt, muß man ihn auSgraben Bedenkt fer ner, daß die deutsche Artillerie ebensolche be festigte Stellungen hat, von Drahtverhauen um geben, daß zwischen den Geschützen Maschinen gewehre auf unsere Stürmer lauern, und daß hinter den Feldgeschützen schwere Artillerie steht, deren große Tragweite jeden Rückzug mit einer Feuermauer deckt. Denkt an all dies, und ihr werdet ermessen können, was für Anstrengungen eS kostet, eine Armee, die so Fuß gefaßt hat, aus ihren Stellungen zu vertreiben." * * Ser russische Vorstoß über die KarMthen. Dieser Tage wurde aus Ungarn gemeldet, daß sich kein Russe mehr auf ungarischem Ge biet befinde. Man mußte daraus schließen, daß sämtliche Vorstöße, die die Russen aus Oslgalizien über die Karpathen auf ungarisches Gebiet unternommen hatten, erfolgreich zurück- gcwiescn seien. Das trifft auch für die Vor- stoße am Uszok-Paß und bei Toronya zu. Jedoch ist es im Komitat Maramaros den Russen gelungen, weiter nach Süden vorzu dringen. Das „Ungar. Tel. Bur." meldet darüber: „Die einzige russische Truppenabteilung, die sich im Lande Ungarn befand, nämlich die bei Köröszmezö eingedrungene russische Abtei lung kämpfte am Montag mit unserer Grenz schutzabteilung, die in geringer Zahl den Rus sen gegenüber stand. Da Verstärkungen auf dieser äußersten Linie erst jetzt eintreffen, muß ten sich unsere Grenzschutztruppen bis Hoß- zumezö zurückziehen, wo sie mit den unter wegs befindlichen .Hilfstruppen voraussichtlich mit dieser Episode ein Ende machen werden. Infolge des Rückzuges unserer Truppen nach Hoßzumezö mußte Maramaros Sziget zeit weise geräumt werden. Die KomitatSverwal- tung des Bezirks Huszat wird nach der Zu- riickwerfung der Russen wieder nach Marama ros Sziget zurückkehren. An den anderen Kar- pathenpässen drangen unsere Truppen überall siegreich vor." Die Russen waren schon vor einer Woche bei Köröszmezö in Ungarn eingedrungen, und hier fanden die ersten Kämpfe statt. Wenn sie jetzt schon Maramaros-Sziget, die Hauptstadt des Komitats Maramaros, besetzt haben, so ist es ihnen immerhin gelungen, etwa 50 Kilometer weit in Ungarn einzurücken. Mara maros Sziget ist ein Städtchen von 18,000 Einwohnern. Die Oesterreicher haben sich öst lich an der Bahnlinie zurückgezogen, um zu nächst Verstärkungen abzuwarten. Das wird auch durch die folgende Meldung bestätigt: B u d a p e st, 5. Okt. Der Obergespan im Komitat Maramaros hat an die Szatmarer Behörden ein Telegramm gerichtet, in dem er die erfreuliche Nachricht mitteilt, daß sich die russischen Truppen im Rückzug befinden und keine Gefahr mehr vorhanden sei. Die öster reichisch-ungarischen Truppen haben sich, nach dem sie Mamsziget geräumt hatten, in eine ausgezeichnete Position bei Hotzzumezos zu rückgezogen und haben dort die von mehreren Seiten eintreffenden Hilfskräfte abgewartet. Sie gingen dann zur Offensive über. Die Schlacht hat für die österreichisch-ungarischen Truppen günstig begonnen. * * Ser Kampf „Kaiser Wilhelm der Grohe»" mit Ueber den Kampf des deutschen Hilsskreu zers „Kaiser Wilhelm der Große" mit dem Englischen Kreuzer Highslyer" liegen nunmehr in Berlin genauere Mitteilungen vor. Danach hat sich das Gefecht in folgender Weise ab gespielt: Am 26. August lag der Hilfskreuzer „Kai ser Wilhelm der Große" in dem spanischen Hafen Rio del Oro mit zwei Kohlendampfern längsseits, während ein dritter deutscher Dampfer etwas abseits vor Anker lag. Die Besatzung war bei der Kohlenllbernahme be schäftigt; der Bunker war noch nicht zur Hälfte gefüllt, als am Mittag ein Schiff in Licht kam, das sich als der englische Kreuzer „Highflyer" herausstellte. Es fand dann fol gendes Gespräch durch Scheinwerfer zwischen beiden Schissen statt: Englisches Kriegsschiff: „Ergeben Sie sich!" „Kaiser Wilhelm der Große": Keine Ant wort. „Highflyer": „Ich fordere Sie auf, sich zu ergeben!" „Kaiser Wilhelm der Große": „Deutsche Kriegsschiffe ergeben sich nicht! Ich ersuche, die spanische Neutralität zu achten!" „Highflyer": „Sie kohlen zum zweiten Male in diesem Hafen. Ich fordere Sie auf, sich sosort zu ergeben, sonst werde ich sofort auf Lie feuern." „Kaiser Wilhelm der Große": „Ich kohle hier zum ersten Male. Im übrigen ist dieses eine spanische Angelegenheit!" „Highflyer": „Ergeben Sie sich sofort!" „Kaiser Wilhelm der Große": Ich habe Ihnen nichts mehr zu sagen." Hierauf eröffnete 1 Uhr 16 Minuten „Highslyer" das Feuer, das von „Kaiser Wil- Helm dem Großen" sofort erwidert wurde. Der Kampf fand statt, während die Schiffe sich in spanischem Hoheitsgelände befanden. Um un nütze Menschenverluste zu vermeiden, ließ der Kommandant des Hilfskreuzers „Kaiser Wil helm der Große" das beim Gefecht nicht ge brauchte Personal auf die beiden Kohlen dampfer übersteigen, ebenso die an Bord be findlichen Besatzungen der früher aufgebrachten englischen Schiffe. Sowie die Dampfer vom Hilfskreuzer frei waren, zogen sie sich nach Süden zurück. Inzwischen hatte „Highslyer" das Feuer auf beträchtliche Entfernung (unge fähr 9000 Meter) eröffnet. Nach etwa anderthalbstündigem Gefechte kam das Feuer aus Mangel an Munition ins Stocken. Gleich bei Beginn des Gefechtes hat ten nämlich zwei Schüsse des Feindes den vorderen Laderaum getroffen, in dem die Hälfte der Munition verstaut war, so daß dieser voll Wasser lies. Als daher die Muni tion der Hinteren Geschütze verbraucht war, befahl der Kommandant, das Schiff, um es dem Feinde nicht in die Hände fallen zu las sen, zu sprengen. Dies geschah durch 12 Sprengpatronen. Der deutsche Hilfskreuzer hatte im ganzen 10 Treffer erhalten, die ihn jedoch nicht zum Sinken gebracht hätten. Bei dem Verstummen der Geschütze stellte auch „Highslyer" sein Feuer ein und näherte sich langsam. Als er jetzt aus dem einzigen deut schen Geschütz, das noch über Munition ver fügte, einer Revolverkanone, beschossen wurde, begann auch der Engländer wieder das Feuer, brach es aber ab, nachdem auch das Revolver geschütz nach Verbrauch aller Munition hatte perstummen müssen. Der Munitionsverbrauch des englischen Schiffes wird vom deutschen Kommandanten auf 400 bis 600 Schutz ge schätzt. Das Treffergebnis war also ziemlich schlecht. Als „Kaiser Wilhelm der Große" an- fing, sich überzulegen, begab sich die Besatzung in die Boote. Der Kommandant verlietz als Letzter das Schiff, drei Hurras aus den Boo ten brachten dem sinkenden Schiffe den letzten Gruß, und das „Deutschland, Deutschland über alles" erscholl ihm als Abschied. In drei Rettungsbooten landete der Teil der Besatzung, der an dem Gefechte teilge nommen hatte, nämlich der Kommandant, 7 Offiziere, 2 Vizesteuerleute und 72 Unteroffi ziere und Mannschaften an der spanischen Küste von Rio del Oro. Unter Mitnahme von 2 Verwundeten gelangten sie nach ^stündi gem Marsch nach dem spanischen Fort. Der englische Kreuzer hatte inzwischen zwei Boote ausgesetzt, die den deutschen Booten folgten, jedoch erst landeten, als die deutsche Besatzung bereits den Marsch nach dem Fort angetreten hatte. Die Mannschaft der englischen Boote kehrte dann an Bord zurück. In dem spani schen Fort wurden die deutschen Seeleute vom Fortkommandanten auf das beste ausgenom men. Sie befinden sich jetzt in Las Palmas auf den Kanarischen Inseln. * * * Eine bemerkenswerte Ansprache des Königs von Bayern König Ludwig besichtigte am Montag im Hof der Prinz-Arnulf-Kaserne wieder ein aus marschierendes Landsturm-Bataillon und ver abschiedete sich mit herzlichen Worten von sei nen „lieben Landsturmleuten", um darauf fort- zufahren: „Wir führen einen schweren Kampf fast gegen die ganze Welt, aber eines haben wir immer erreicht: wir sind niemals geschlagen und wir werden auch, so Gott will, nicht ge schlagen werden. Der Krieg kann noch lange dauern. Wir werden aber nicht ruhen und rasten, bis der uns frevelhast aufgedrungene Krieg zu unseren Gunsten entschieden ist und bis der Feind die Bedingungen annehmen muß, die wir ihm vorschreiben. Wir führen nicht Krieg aus selbstsüchtigen Zwecken, son dern um unser eigenes Land zu verteidigen, und Gott sei Dank ist auch kein Feind mit Waffen in Deutschland eingedrungen, speziell in Bayern nicht. Tut eure Pflicht wie eure Vorfahren und Kameraden und wie der Land sturm, der schon hinausgezogen ist. Deckt un sere Uniform und eure Namen mit Ehren. Auf Wiedersehen, so Gott will, in nicht all zulanger Zeit nach einem siegreichen Feld zuge. Gott befohlen!" Wie der Grotzherzog von Oldenburg daS Eiserne Kienz erwarb. Dem „Hannoverschen Kurier" entnehmen wir folgende Schilderung eines Verwundeten: Es war ein heißes Ringen bei V. . . Wir Oldenburger lagen stundenlang im heftigsten Artilleriefeuer und der Feind befand sich in der Uebermacht. Immer näher rückten die Franzosen uns auf den Pelz und der Hagel von Geschossen lichtete unsere Reihen immer mehr. Plötzlich — ich weiß selbst nicht, ob eine Attacke in Sicht kam oder ob die Ma schinengewehre des Feindes in Tätigkeit tra ten — begannen einzelne Gruppen der Unsri- gen zu weichen. Sie rissen andere mit sich fort. Da kam von hinter her unser Großher- zvg im Automobil ungefähren, stieg aus, ent riß einem Verwundeten das Gewehr und stürzte mit dem Rufe „Donnerwetter Kerls, wollt ihr wohl vorwärts gehen" uns allen im heftigsten Kugelregen voran. Im Sprung folgten wir unserem tapferen Führer und es gelang in einer Mulde, die uns vorzüglich Deckung bot, von hier aus den Angriff des Feindes kräftig abzuschlagen. Der Großherzog blieb während des Kampfes in der Schützen linie und feuerte selbst kräftig mit." Der lähmende Eindruck des Hindcu- burgschen Sieges in Petersburg. AuS Christiani« wird gemeldet: Im „Morgen- bladet" erzählt ein Norweger, der aus Petersburg heimgekehrt ist, daß der Sieg des Generalobersten von Hindenburg in Ostpreußen und die Nieder lage der Russen einen lähmenden Eindruck in Petersburg gemacht hätten. Nicht weniger groß sei die Trauer darüber, daß zwei Generale, auf die man die größten Hoffnungen gesetzt habe, gefallen sind. Das Publikum sei vorbehaltlos über die Niederlage unterrichtet worden Man habe zwar keine Einzelheiten angegeben, aber den Umfang und die Bedeutung der Katastrophe anerkannt. Von dem Augenblick an habe sich die KriegSbcgeistcrung in Petersburg stark abge kühlt. Die späteren Erfolge gegen die Oester- reicher hätten nicht vermocht, sic ganz auSzu- gleichen. Man sehe jedoch vertrauensvoll in die Zukunft und hoffe auf den Sieg, fürchte aber, daß das Heer zu wenig Offiziere haben werde. Wie sich die „TimeS" das Ziel des Krieges vorstellt. Die Londoner Times sagt in ihrer Sonn abendnummer: „Obgleich wir hoffen, den rechten deutschen Flügel zurückzudrängen und Antwerpen zu entsetzen, und wiewohl wir die Ueberzeugung yaben mögen, daß die russischen Massen im Osten bald die Entscheidung bringen werden, dürfen wir keine Illusionen hegen über die schwere Ausgabe, welche den Verbündeten bei den zukünf igen Operationen gegen ein zur Defensive gezwungenes Deutschland winkt. Das Deutsche Reich ist noch geeinigt und mit großen Hilfsquellen auSgcftattet. Alle Männer sind unter Waffen. Die deutschen Arsenale arbeiten mit Hochdruck, und ihre unbesiegte Flotte wird losschlagen, wenn ihre Stunde kommt, wahr scheinlich im Zusammenwirken mit dem Heer. Darum müssen die Verbündeten Jahr für Jahr die Zahl ihrcrFeldarmcenveunehren, um den Feind all mählich zur Erschlaffung zu bringen. Der Krieg muß geführt werden gegen Deutschlands Handel, seine Finanzen, seinen Kredit und seine Lebens- Mittelversorgung. Die Verbündeten denken nicht an Frieden und sind entschlossen, die Wiederkehr eines solchen Krieges unmöglich zu machen. Da eS eine Frage von Leben und Tod ist, zu siegen, ind wir bereit, bis zum Ende zu kämpfen und )en militärischen Despotismus zu zerstören, der ich unvereinbar erwies mit einem erträglichen Dasein der Völker und dem Weltfrieden." Bleiben wir doch bei der Wahrheit! Nicht der militärische Despotismus erwies sich unver einbar mit dem Dasein der Völker, sondern dem wirtschaftlichen Fortschritt konnte England nicht mehr folgen. England konnte seinen Geldsack nicht mehr mit der gleichen Leichtigkeit füllen wie bisher. Lediglich dies zu ändern war das Ziel Englands. Wenn aber die „Times" sagt, die Verbündeten müßten Jahr für Jahr ihre Armeen vermehren, um Deutschland niederzukämpfen, so wollen wir erst einmal abwarten, in welcher Verfassung sich die Verbündeten nach dem Friedens- schluß befinden und ob dann noch viel Neigung zu einem Bündnis im Stile der Lvtonts eoräiais vorhanden ist. Deutsche Flieger bombardiereu Eompiegne. AuS Kopenhagen wird berichtet: „Matin" teilt mit: Deutsche Flieger bombardierten gestern Compiegne und "beschädigten namentlich den Bahnhof. Compiegne liegt etwa 75 km nordöstlich von Paris an der Aisne. Ein deutscher Krankentransport in die Hände französischer Strolche gefallen In der Landesausschußsitzung des badischen Roten Kreuze« am Sonntag teilte der Vorsitzende General Imberg mit, daß eS sich bei dem un weit Valencienne überfallenen Krankentransport, von dem kürzlich berichtet wurde, um eine sieben köpfige badische Depottruppe des Roten Kreuzes handele. Die Samariter seien nicht nur getötet, sondern auch fürchterlich mißhandelt worden. Der frühere Bürgermeister Blumen thal wegen Hochverrats verfolgt. Aus Straßburg wird gemeldet: Das außerordentliche Kriegsgericht hat gegen den früheren Bürgermeister von Kolmar, Justizrat Blumenthal wegen Verdachts .des Hochverrats einen Haftbefehl erlassen und, da er flüchtig ist, auch einen Steckbrief. Gleichzeitig ist vom ordentlichen Kriegsgericht der praktische Arzt Bucher für fahnenflüchtig erklärt und sein Ver mögen beschlagnahmt worden. Sein Aufent halt ist unbekannt. Der Fahnenflüchtige ist das geistige Haupt des in den letzten Jahren im Elsaß laut gewordenen literarischen Na tionalismus und hat u. a. die „Revue alsa- cienne" herausgegeben. 36 englische Han-els-ampfer ver loren. DaS englische Hafenamt in Hull veröffentlicht die zweite Liste der durch feindliche Kriegsschiffe bis zum 30 September versenkten oder vernich teten Handelsschiffe. Insgesamt werden in der Liste 36 englische Handelsdampfer als vermißt mit Namen aufgeführt. Auf eine Mine gestoßen. In der Nacht zum Sonntag traf in Umui- den der holländische Fischdampfer „Wil- Helma IV." ein, der 17 Mann der Besatzung des holländischen Dampfers „Nieuwland" an Bord hatte. Dieser war 5 Meilen nördlich von Towns, der Reede im Kanal von Dover, an der Ostküste der Grafschaft Kent, also in lebhaft befahrenem englischen Gewässer, aus eine Mine gestoßen und untergegangen. Die „Nieuwland" war das neueste Schiff der Rot terdamer Schiffahrts- und Steinkohlenfrachtge sellschaft und wollte eine Ladung Kohlen bringen. DaS spanisch-englische Kabel zerstört. Dem Kopenhagener Blatt „Politiken" zu folge meldet der Pariser „Temps", daß das Kabel Bilbao—London durchschnitten worden ist. Es ist damit eine außergewöhnliche Stö rung zwischen Spanien und England hervor gerufen. Das von Plymouth nach Bilbao, der Hauptstadt der spanischen Provinz Bis- caya, führende Kabel bildet neben dein Ka bel Plymouth—Vigo die wichtigste Verbin dung zwischen Großbritannien und der Pyre- näcnhalbinsel. Aus dem Tagebuch eines französischen Arztes. Ueber den Rückzug der Franzosen bei Pa- liseul (Südbelgien) heißt es in dem in deut sche Hände gefallenen Tagebuche eines fran zösischen Truppenarztes, es gebe keine Ord nung und Disziplin mehr. Man fühle den Zusammenbruch. Die Verwundeten seien mei stens von 2 oder 3 Kameraden, Soldaten aus dem Süden, elenden Drückebergern, begleitet, die dies als Vorwand für ihr Ausreißen neh men. Das Schauspiel in Attigny sei wider wärtig gewesen. Die Soldaten hätten die Tü- rcn erbrochen und alles ausgeraubt wie wild gewordene Tiere. Ein Infanterist vom 17. Korps, das überall die Fahne floh, hätte sich damit gebrüstet, einen verwundeten Deutschen durch Fußtritte getötet zu haben. Als ein Soldat des Südens 3 Ulanen gesehen haben wollte, hätte fast ein ganzes biwakierendes Ar meekorps (?) die Flucht ergriffen. Man wolle überall Verräter für die französischen Nieder lagen verantwortlich machen. Selbst die eige nen Stabsoffiziere von Eydaux behaupteten, er sei verrückt oder müsse an Deutschland ver kauft sein, sonst hätte er nicht so führen können. Meuternde französische Kriegsge fangene. Zwei französische Kriegsgefangene versuch ten während eines Aufenthaltes des Trans portzuges auf dem Bahnhof Beckum den Transportführer im Packwagen zu erwürgen. Der Anschlag mißlang. Die beiden Franzo sen wurden erschossen. Die Stimmung in London flant ab Einem Mailänder Telegramm der „Köln. Ztg." zufolge äußert sich ein Londoner Aufsatz im „Giornale d'Jtalia" sehr pessimistisch über
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