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VMM W WEM EMM AllNgN «r Dienstag, de« «. Oktober 1»14 41. Jahrgang Zwei Welten. Roman von O. Elster. SS. Fortsetzung. (Nachdruck verboten). Unter den Tänzerinnen fiel besonders eine junge Kreolin auf, die durch ihre außerordentliche Schönheit die Herzen der Männerwelt in Flam- ineu zu setzen schien. Eitle reizende elfeuhafte Gestalt, der es jedoch an anmutiger Fülle nicht fehlte, große traumhafte Glutaugen unter langen, seidenen, schwarzen Wimpern, nachtschwarzes, krauses Haar, das ihr in dichten Locken die Stirn beschattete und in welligem Gewirr über die Schultern herabhing, ein geblich-blasses Ge sichtchen, in dem der schwellende Mund wie eine Granatblüte leuchtete, ein schlanker, biegsamer Körper, der nur leicht durch ein weißes Gewand verhüllt wurde — so war Iuanita eine Erscheinung, wie aus einem mauritanischen Märchen ent sprungen. Albert Madlung war Feuer und Flamme. Er tanzte mehreremale mit der jungen Kreolin und kehrte tiefaufatmend zu seinen Freunden zurück. „Das ist ein Mädchen — diese Iuanita!" sagte er mit strahlendem Blick. „Nehmen Sie sich in acht", flüsterte ihm Doktor Glandorff zu. „Der Cowboy dort iu der Ecke scheint der erklärte Liebhaber des Mädchens zu sein, er verfolgt Sie mit finsteren Mienen lind seine Hand zuckte nach dem Gürtel — Sie wissen, dort steckt stets schußbereit der Revolver!" „Ah bah —" „Lassen Sie uns lieber gehen. Ich habe ge nug von dieseni sinnverwirrenden Trubel." Doch ehe man sich entfernen konnte, stürmte eine neue Gesellschaft herein, fünf oder sechs „Gentlemen" in europäischer Kleidung, die aller dings nicht die neueste Mode zeigte. Die jungen Herren schienen aus lustiger Gesellschaft zu kommen. Ihre Augen leuchteten, ihre Gesichter glühten, ihre Stimmen klangen laut uud heiser: „Hallo, Ladies uud Gentlemen", ries ein junger Mann der Neuangekommenen, dessen Haltung man den reichlich genossenen Wein an- merkte. „Jetzt fort mit dem Fandango und Bolero — jetzt spielt mal eine amerikanische Polka — da, Ihr Nigger, habt Ihr was!" Gr warf den schwarzen Musikanten eine Handvoll Dollars hin, die Nigger grinsten ihm vergnügt zu. Der schwarze Musikdirektor aber rief: „Ein Hurra für Master Fred Griswold!" Die Neger schrien Hurra und ließen ihre Fiedeln in den höchsten Tönen kreischen; die Mädchen jubelten und schwenkten ihre Tücher; die Männer lachten und riefen den Neuange kommenen ein: „Hurra, es lebe die Union!" zu. Nur der Cowboy, der Verehrer der lieblichen Iuanita, blickte finster zu Boden nieder, während seine rechte Hand sich in der Tasche seines weiten mexikanischen Beinkleides verlor. Dann begann eine wildstürmische Polka, die Tanzenden stampften den Boden, daß eine dichte Staubwolke empormirbelte. „Lassen Sie uns gehen, Walter", — mahnte Glandorff. „Was ist Ihnen? Sie sind so erregt?" „Haben Sie den Namen gehört, den der Neger dem jungen Mann zurief?" „Ich habe nicht darauf geachtet." „Fred Griswold . . ." „Ah — doch was kümmert Sie der Name? Der wird noch öfters in den Vereinigten Staaten vorkommen." „Edith sagte mir, daß Ihr Bruder Fred heiße und ein toller Bursche sei." „Allerdings ein seltsamer Anfall." „Ich möchte ihn fragen, ob er Ediths Bruder ist." „Tun Sie es — da, der Tanz ist zu Eude. Der junge Mann tritt mit Iuanita an das Büfett." Walter drängte sich durch die Menge, welche das Büfett umstand. „Ladies und Gentlemen", rief Fred Griswold, „was wollt Ihr trinken? Ich zahl alles!" Er warf einen Haufen Dollars auf den Schanktisch. Jubelnd umringte man chn und zärtlich schmiegte sich Iuanita an seine Seite. Da legte sich eine breite Hand auf die Schulter Freds. „Beg your pardon, Sir", sagte die rauhe Stimme des Cowboy, „dieses Mädchen da ge hört zn mir." „O verdammt!" rief der Halbtrunkene. „Ich kenne Iuanita schon lange — nicht, mein Schatz? Wir zwei haben schon manchen Fandango zu sammen getanzt? Hände weg, Sir!" Und seine dunklen Augen blitzten den Cow boy stolz an. „Hol' Sie der Teufel, Sir", fluchte dieser uud versuchte Iuanita an sich zu ziehen. Da traf ihn ein wohlgezielter Faustschlag Freds ins Ge sicht, daß er einige Schritte zurllcktaumelte. „So wahr ich Fred Griswold heiße, du Schuft, ich schlage dich nieder, wenn du das Mädchen noch einmal berührst!" „Fred, bist du bei Sinnen?" riesen ihm seine Freunde zu. „Was tust du? Nur keine Rauferei." „Laßt mich! Den möchte ich sehen, der dieses Mädchen anzufassen wagt!" Er stellte sich kampfbereit vor die zitternde Iuanita. Der Cowboy schien sich auf ihn stürzen zu wollen, mehrere Kameraden versuchten ihn zurückzuhalten, doch er riß sich los und warf sich auf Fred. Aber dieser war auf seiner Hut und ein neuer Hieb der geübten Borer-Faust ließ ihn abermals zurücktaumeln. „Oh — verdammt — so fahr' zur Hölle —" rief der Cowboy, außer sich vor Wut — eiu rascher Griff in die Tasche — ein Blitz — ein Knall — und die Arme emporwerfend stürzte Fred Griswold mit einem jähen Aufschrei zusammen. Ein wilder Tumult entstand, die Frauen flohen kreischend davon, die Männer suchten dein Mörder die Waffe zu entreißen, ein wirrer Menschenknäuel wälzte sich iu dem Saal auf uud ab, in den Händen blitzten die breiten Messer, einzelne Schüsse sielen und die Kugeln schlugen klatschend gegen die Decke — die Menge wich zurück, und umringt von seinen Kameraden, die den Rückzug deckten, schritt der Cowboy, der wilde Sohn der Prärie, hinaus, in dem duuklen Gewirr der Gassen rasch verschwindend. (Fortsetzung solgt.) Zur Verhaftung der Brüsseler Bürgermeisters. Der Bürgermeister von Brüssel, Herr Max (unser Blld), ist bekanntlich zum zweiten Mal verhaftet worden. Die Gründe dafür sind, daß Max kein Geld für Einlösung von Schuldver schreibungen der Stadt Brüssel hcrbcischaffeu wollte, weil er, wie so viele Brüsseler, an die erlogenen Siegcsnachrichten glaubt, wonach die Deutschen in Nordfrankreich geschlagen und vor den Franzosen auf dein Mckzugc sind. Wie diese« Verhalten ihm und den Brüsselern be kommen wird, muß die nächste Zukunft lehren.