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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 27.09.1914
- Erscheinungsdatum
- 1914-09-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-191409277
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19140927
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19140927
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Bemerkung
- Fehlende Seiten in der Vorlage.
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-09
- Tag 1914-09-27
-
Monat
1914-09
-
Jahr
1914
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 27.09.1914
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Einen Moment schwankte dieser. War er getroffen? Oder wollte er seinen Kurs ändern? Er glitt plötzlich auf wohl 100 Meter herunter, von neuen Geschossen donnernd begrüßt. Weshalb? Was war? Das deutsche Flugzeug hetzend, umzingelnd, waren über und neben demselben eins, zwei, drei französische Flieger aufgetaucht und warfen spitze Pseile aus Köchern auf dasselbe. Doch wie durch ein Wunder glitt der Appa rat unbeschädigt weiter. „Amors Pfeile treffen besser", spottete Leut nant Henning. „Aber der Stolz, Kamerad, daß wir trotz dieses Riesenbombardements der Rot hosen die ganze feindliche Stellung melden können —" Alfen hatte seine Pistole gezogen. „Erst wenn wir unsere Meldungen beim Generalkommando ausgeführt haben, stimme ich mit ein. Die Richtung jenseits des Feindes wäre jetzt geboten. Dort aber kommen wir in Regenwolken hinein —" „Stimmt. Aber der Donner der deutschen Geschütze kommt näher — bravo. Denn lieber zweifachen Tod sterben, als dem Feinde in die Hände fallen —" Er hatte kaum vollendet, als das Ausschlagen eines feindlichen Geschosses gegen die Maschine hörbar ward. Getroffen von dem breit sich schlagenden Geschoßkern eines Dum-Dum-Ge- schosses bäumte sich die Maschine in viele hundert Meter Höhe auf. Der Motor stockte. Vergebens versuchten die übereinanderstürzenden Flieger das Steuer zu ergreifen. Steil sank der Apparat herunter. Im Todessturz aber feuerten die In sassen Pistolenschüsse auf die hinzuströmenden Feinde unten, die unter einem rasenden Feuer die Abstürzler begrüßten. Da schleuderte auf halbem Wege plötzlich ein Windstoß die Maschine gegen einen Dachfirst. Beim Aufschlagen flogen die beiden Flieger in weitem Bogen heraus und ein Schrapnell von Feindeshand traf einen der Flieger. Im gleichen Augenblick erdröhnte in nächster Nähe das Platzen deutscher Granaten. Ein deutsches Hurra! Und nun ein Laufen, ein Hetzen und Schreien. Ihre Leute, die Flieger, im Stich lassend, stürmten die Franzosen den deutschen Truppen entgegen, die im Sturmangriff sich näherten. Die letzte Rothose, die mit ihrem Bajonett noch eine Attacke gegen die Flieger unternahm, streckte Knut Alsens Kugel nieder. Dann ging er schweren Schrittes auf Henning zu, der unweit am Boden lag und aus einer Kopfwunde blutete. Der Fliegerleutnant hatte offenbar das Bewußtsein verloren; sein Gesicht war aschfahl, die Augen hielt er geschlossen. Alsen packte es wie ein Griff ins Herzfleisch. Hatte das Schicksal seinen freventlichen Gedanken zur Tat gemacht? Würden diese Augen sich nie wieder öffnen? In besinnungsloser Hast tastete er nach Hennings Puls, riß er ihm den Rock auf, nach dem Herzschlag zu horchen. Ihm selbst brauste das Blut in den Ohren von dem Aufprall des Sturzes, aber seine Glieder waren heil geblieben. Doch seine Pulse klopften mit dem Blut in seinen Ohren um die Wette. Nicht weit entfernt lag mit gebrochenen Augen der Franzose, sein Feind, den er kaltblütig niedergestrekt. Hier vor ihm lag einer, der auch sein Feind, und an dessen fahlem, blutüberrieseltem Antlitz ihm kein Richter der Welt die Schuld zumessen konnte. Und dennoch — — eins nur pochten seine Pulse: Hätte doch die feindliche Kugel nnch statt ihn getroffen .... Während auf der Kampfseite die Geschütze donnerten, die Gewehrsalven knatterten, kroch durchs Unterholz, den bewußtlosen Fliegerleutnant auf den Rücken tragend, keuchend unter der Last des größeren und stärkeren Kameraden, Knut Alsen. Langsam, langsam nur ging es vorwärts, langsam, langsam kam das Ziel näher. — Dort, westlich, wo in hügeliger Ferne das Rote Kreuz leuchtete. Plötzlich ein heransausendes Geräusch. Blitz schnell streckte Alsen sich mit seiner Last platt zu Boden. Wenige Schritte entfernt fegt die verirrte feindliche Kugel in die Erde nieder. Das weckte den Bewußtlosen auf. In halber Betäubung noch, hauchte er: „Was ist? Feind oder — Freund?" „Freund!" kam es da wie ein Iubelruf zurück und ein erhitztes, glückverklärtes Gesicht neigte sich iiber den Fragesteller. „Mut, Mut, Henning! Ich trage Sie ins Lazarett —" „Mich Riesen — mit — der — gebrochenen - Kraft ....?" „Das erscheint Ihnen jetzt nur so. Sie müssen, Sie werden leben bleiben für die eine, die Sie — lieber hat — als mich . . . ." „Knut Alsen — das — sagen — Sie!" Braver — Kamerad . . . ." Am nächsten Tage flog Alsen wieder. Vor seinem Aufstieg mar er im Lazarett gewesen und hatte Jobst von Henning die Hand gedrückt. „Das Geschoß hat man mir herausgezogen", hatte dieser berichtet, „es geht mir schon ganz leidlich. Der Arzt meint" — das alte Sieger lächeln hatte den Mund des Fliegerleutnants wieder umspielt — „in 3 Wochen werde ich ivieder fliegen können". „Zeugflicke«" mit Hindernisse« Skizze aus dem Leben unserer „blauen Jungens" von Arnold Honner. (Nachdruck verboten.) „Du, nachmittags beim Ieugflicken erzähle ich Dir einmal die Geschichte mit dem Kapitän von der „Bulgaria". Hast mich doch schon einmal darum gefragt und eben fällt mir diese Sache ein", sagte ein in den Stengewanten des Großtopps die Webeleinen nachsehender Topps- takler zu seinem Freunde, einem ihm zur Hilfe leistung kommandierten Matrosen. Mit goldenen, jedoch von Alter und Witterung schon etwas matten Lettern steht auf den Mützenbändern der Leute der Name des Schiffs „S. M. S. Moltke" geschrieben. Sie sind ein Paar Seeleute von Hause aus und bekleiden daher auch diesen ver antwortlichen Posten. Es ist ihnen anbefohlen worden, die Wanten auf ihre Sicherheit zu prüfen und etwaige Mängel zu reparieren. Mit vollem Eifer haben sich beide dieser Arbeit ge widmet, damit ja nicht einer ihrer Kameraden beim Exerzieren in den Topps zu Schaden kommt und falls es dabei mal einen Toten abgäbe, sie diesen nicht auf ihrem Gewissen hätten. Bei der Arbeit hatte jeder seinen eigenen Gedanken nach gehangen, nun war dem einen von ihnen, beide hatten nämlich schon in Zivil auf einem Schiffe, nämlich auf der vorerwähnten „Bulgaria" gedient, eine Sache, von welcher sein Maat gerne etwas wissen wollte, eingefallen »Ist gut, Hannes! Beim Zeugflicken. — Möchte doch gerne wissen, wie es dem alten Geizkragen ergangen ist. — Soll damals von der Mannschaft eklige Senge bekommen haben. — Werde wohl nicht fehl gehen, wenn ich denke, daß auch Deine Tatze etwas unsanft auf seinen Schädel gefallen ist, oder ihm einen Kafilgennagel ins Genick gepfeffert hast." „Karl, sei bloß still!" erwiderte jener jetzt auf die Voraussetzungen seines Kameraden, der eine Reise vor ihm schon die „Bulgaria" verlassen hatte und deshalb von dieser Sache nichts wußte. „Wenn da so manches ans Tages licht gekommen wäre! - — Ei, ei, ich will geteert und gefedert werden, wenn sie da nicht mit manchem den schrecklichen Gang nach dem Eisenhammer gegangen wären. — Na, nach mittags beim Zeugflickcn", und rastlos hielten sich die beiden Matrosen an die ihnen über tragene Arbeit. — Es ist nachmittags 2 Uhr. Unter Segel lie gend, eilt das Schiff, da noch die Schraube mitgeht, mit einer Geschwindigkeit von 8 Sm. Fahrt durch die Wogen des leicht erregten Ozeans. Unsere beiden Freunde stehen zwischen den beiden Buggeschützen, am Oberdeck und ziehen Vergleiche zwischen den Kauffahrteisegel schiffen und den Schulschiffen der deutschen Marine, wobei die beiden Seeleute wohl die Festigkeit der Takelage auf diesen Schiffen lob ten, aber einem Kauffahrteischiffe mit dieser Segelfläche eine größere Geschwindigkeit nicht absprechen konnten. Ein älterer Oberboots mannsmaat steht hinter beiden und lauscht die sem lehrreichen fachmännischen Gespräche der beiden Wasserratten und freut sich im stillen, daß diese beiden intelligenten Leute zu seiner Korporalschaft gehören. Endlich schweigen die sich Erzählenden, worauf der Unteroffizier sich nicht enthalten kann, ihnen mit einiger Ironie, trotzdem er weiß, daß gerade die Kleiderkisten dieser beiden Matrosen wahre Schmuckkästchen sind, zu fragen: „Na, Ihr beiden altklugen Dinger, habt Ihr Euer Zeug auch in Ordnung? — Der Divisions offizier hält heute Kleidermusterung ab. Da reißt Euch mal 'n bischen zusammen, damit un sere Korporalschaft nicht wieder auffällt." Der Frager kann nicht umhin, nachdem die beiden Leute sich nach ihrem Vorgesetzten umgedreht, sein Gesicht zu verbergen, denn die vorwurfsvollen, aber ehrlichen Augen der Ange redeten sind auf ihn gerichtet. Sie wissen, daß sie mit ihrem Zeuge zu jeder Zeit und Stunde zur Kleidermusterung antreten können; und im vollen Bewußtsein hierin antworten sie auch auf die Frage: „Wir haben unser Zeug in Ordnung, Herr Obermaat." „Sagt der Korporalschaft, daß sie sich an Steuerbordseite im Batteriedeck zusammensetzen soll und gleich auspacken." „Zu Befehl!" antworteten beide militärisch und der Unteroffizier verschwindet durch die Luke in die unteren Decke. Der Bootsmannsmaat der Wache pfeift und „Zeugflicken" ruft er durch die Luke in das Batteriedeck, wo der wachthabende Feuerwerks maat das Kommando aufnimmt und an den Wachthabenden im Zwischendeck weiter gibt. Jeder Matrose eilt an seine Kleiderkiste und schafft sie an den angewiesenen Ort. Manche Division hat nur „Zeugflicken", eine andere Musterung mit blauem Zeug, wieder eine andere mit Arbeitszeug, die aber, bei welcher unsere beiden Freunde sind, eine richtige Kleidermusterung. Da bekommt manch einer wieder ein paar Stunden Strafzeugflicken. Wenn die anderen Matrosen sich über Mittag ruhen, müssen diese Sträflinge mit ihren Kleiderkisten am Backbord fallreep antreten und ihr Zeug in Ordnung bringen. Otto Knot'»', / k'sriisprvoksr 4649. kvrrornaxsllito apsrtvr ^sakvlt«». LriNsutvu, 6olä- uvä HLIdör^arsu, Utirsu, ll06kLyit8- unä 8psr.: Vrrsnxvl«»« 4sr Slstallvarva kitdi-IIl 2 Postämter dienten sonst noch dem öffentlichen Verkehr. Dazu kamen ein reger Schiffsverkehr und eine beachtenswerte afrikanische Kolonie, der Kongostaat, an dessen einen Teil auch be kanntlich die deutschen afrikanischen Kolonien angrenzen. Belgiens Handel und Wandel, der jetzt völlig darniederliegt, stand vor Ausbruch des Krieges in höchster Blüte Eingcsührt wurden namentlich: Getreide, Mehl, Wolle, Häute, Samen, Baumwolle, Holz, Chemikalien, Kaut schuk, Kohlen, Eisen, Stahl, Harze, Diamanten, Flachs, Maschinen, Weizen, Farben, Kaffee, tierisches Fett, Tiere, Butler, Margarine, Käse, Baumwollgewebe, Drogen, Wein usw. Die Gesamteinfuhr bezifferte sich auf nahezu fünf Milliarden Franks; darunter stand Deutsch land mit nahezu zwei Drittel Milliarden Franks an erster Stelle. An Ausfuhrstoffen waren zu nennen: Wolle, Eisen, Stahl, Maschinen, Wagen, Getreide, Mehl, Häute, Zink, ölhal tige Samen, Flachs, Leinengarn, geschliffene Diamanten, Glaswaren, Kohlen, Baumwoll gewebe, Farben, Chemikalien, Zucker, Harze, Wollgarn, Düngstoffe, tierisches Fett, Tiere, Steine, Drogen usw. Die Gesamtausfuhr ziffer betrug vier Milliarden Franks, von denen der vierte Teil allein nach Deutschland ging, das auch hier an erster Stelle stand. Die Stimmung der Städte des Landes verrät nichts von dieser Betriebsamkeit. Bel giens Stadtbilder sind von ganz eigenartigem Reiz. Man kann sagen, sie geben eine Mi schung von süddeutscher und norditalienischer Kultur. Wer eine alte wallonische oder fland rische Stadt durchschlendert, dem dokumentiert sich die alte Kultur auf Schritt und Tritt. Etwas Trutzig-Gediegenes spricht selbstbewußt aus jeder Anlage, aus jeder Straßenzeile. Man möchte fast sagen, ein jeder Stein habe etwas zu sagen, sei Kultur geworden, auS dem eine große, geschichtliche Vergangenheit spricht. Ueberall hat man das gleiche Empfinden, wird man den gleichen, packenden und nachhaltig wirkenden Eindruck nicht los. Brüssel ist ein wenig allzusehr Großstadt, als daß man von seinem besonderen Charak- ter sprechen könnte. Wer Belgiens Hauptstadt kennt, hat den besten und echtesten Vorge schmack von Paris. Alles ist aufs Französische zugeschnitten: das Straßenbild, die VeikaufS- magazine und die Restaurationen. Nur in den letzteren spricht man dem Wein nicht in dem Maße zu, wie in Frankreich. Das billi- gcrc Bier behauptet sich hier noch immer. Aber sonst erinnert namentlich die Speisen, folge, wie auch die Zusammensetzung der Ge- ichte an Frankreich. Ganz anders atmet und pulst daS Leben in Antwerpen, Belgiens größter Handels- und Hafenstadt an der Schelde. Hier in diesem Hauptort des Vlamenlandes kommt nament lich im Punkte wirtschaftlicher Regsamkeit ein gutes Stück germanischen StammeScharakters zur Geltung Das hat diesem belgischen Ha fen, der in vielen Glücken an Hamburg erin nert, auch seine Bedeutung und seinen Reich- tum geschaffen. Prächtige Gebäude bilden das Wahrzeichen der regsamen Stadt. Die meisten großen Künstler der flandrischen Blüte zeit hatten hier ihren Wirkungskreis, schufen hier ihre unsterblichen und unvergänglichen Werke. Antwerpens Stadtbild ähnelt in mancher Hinsicht auch dem der aufstrebenden Jndustric- kopitale Gent. Wer hier Vergleiche mit deut schen Städten ziehen will, wird an Nürnberg erinnert werden. In beiden Fällen der in dustriell und modern aufstrebende Ort, der längst seinen alten Maucrgürtel durchbrochen hat, immerhin aber dennoch genügend Pietät besaß, in seiner Architektur nicht nur Einzel gebäude, sondern auch ganze Straßenzllge in die neue Zeit hinüber zu retten. Ja, man ging sogar soweit, die neuen öffentlichen Bauten vielfach in ihrer Bauart dem alten Stadtbilde auzupasien und somit auch rein äußerlich seiner eigenen, großen geschichtlichen Vergangenheit nach Möglichkeit getreu zu bleiben, was ent schieden höchst anerkennungswert und beach tenswert ist! Der Tourist und Kunstfreund pflegt Gent und Brügge in einem Atemzuge zu nennen. Und er tut nicht Unrecht damit. Nur ist Brügge kleiner und feiner als Gent und wirkt dadurch reizvoller und intimer als jene. Brügge hat etwas Holländisches. Alte Grachten schmiegen ihre trägen, dunklen Wasser um die Außenteile der alten, verträumten Siadt. Das gibt dem dunkcl-verwetterten Gemälde einen eigenarti gen Reiz Vielleicht nur noch in Dpern findet man ähnliches. Aber hier hat die Industrie doch neuerdings zu stark ihren Einzug ge halten. Alte Romantik verträgt das nicht gut. Wir können derartige Beobachtungen schon zur Genüge in Deutschland machen; und was in der Heimat zulrisit, hat auch für daS Ausland Geltung. Nichts mit Romantik zu tun hat Ostende, daS luxuriöse Seebad und belgische Monte- carlo, das in diesem Jahre freilich eine schlechte Saison zu verzeichnen hat. Hier ist nichts von Originalität. Das internationale Publikum hat die letzte Spur Eigenart verwischt und beseitigt. Alles ist aus bestimmte Normen gestützt und gestempelt. Eingeboreneneigenart 3 ist hier vergeblich zu suchen, obwohl man in Belgien in dieser Beziehung und auf diescn Gebieten nicht uninteresfante Studien machen kann. In der Hauptsache gliedern sich ja bekannt, lich Belgiens Bewohner in die französischen Stämme der Wallonen und in die der germa nischen Vlamen. Beide Stämme sind nicht uninteressant; unter der BildungStünche aber sitzen, wie die letzten Wochen zur Genüge ge zeigt haben, viel Bosheit und Tücke, die selbst vor Grausamkeiten niedrigster Art nicht zurück schrecken. Trotzdem aber muß man, wenig- stens rein äußerlich betrachtet, das ganze Kul- turnioeau Belgiens recht hoch einschätzen. Seine Leistungen auf künstlerischem und wis senschaftlichem Gebiet müssen anerkannt werden. Kriegsbeilen können eben nicht als Maßstab für Friedenszeiten genommen werden. Schon die ganze Staatsverfasfung deutet darauf hin. Verwaltung und Regierung Bel giens ist eine konstitutionell-parlamentarische, die versucht, jedem steuerzahlenden Staatsbür ger in Anbetracht seiner Leistungen für die Ge samtheit gerecht zu werden. Die Ministerien des Landes sind in die folgenden elf Ressorts gegliedert: Aeußeres, Landwirschast und öffent liche Arbeiten, Eisenbahn, Marine, Post und Telegraphie, Kolonien, Finanzen, Krieg, In dustrie und Arbeit, Inneres, Justiz, Kunst und Wissenschaft. Das Parlament wird zum Teil gewählt, zum Teil auch ernannt; es teilt sich in den Senat und in die sogenannte Abgeordneten kammer. Die 120 Senatoren müssen mindestens 40 Jahre alt sein und werden auf die Dauer von 8 Jahren gewählt. Die 186 Abgeordneten werden auf die Dauer von 4 Jahren gewcj,hlt, sie dürfen nickt jünger als 25 Jahre alt sein. DaS ist eine verhältnismäßig große Zahl für daS keineswegs umfangreiche Gebiet. Die 2945589 Hektar umfassende Gesamt fläche des belgischen Landes gliedert sich in 1736174 Hektar Ober- und Wtesenboden, in 521495 Hektar Waldland und in 190444 Hektar unproduktiven Boden. Immerhin wird aus diesem Boden herausgewirtschaftet, was irgend möglich ist. Die Viehproduktion deS Landes beschränkt sich auf Pferde, Schweine, Rinder, Schafe und Ziegen. Sonst werden in der Hauptsache produziert: Roheisen, Steinkohle und Rübenzucker. Die Lsteinkohle steht dabei an erster Stelle. So bietet daS Land, daS sich durch die Einflüsse seiner habgierigen Nachbarn zum Kriege mit Deutschland hat verleiten lasten, eine ganze Reihe wertvoller Bodenschätze und wichtiger LandeSerzeugniste neben Kunstwerken und Baudenkmälern von unvergänglichem Wert. Wenn sich dereinst die Kricgswolken verzogen haben werden und die Sonne des Friedens wieder über die Fluren Europas lacht, wird man das am besten bewerten und ermessen können. Unterhaltendes mb Belehrendes. DaS Blockhaus. Wer von Euch hat wohl schon einmal dar an gedacht, daß man ein wundervolles Jn- dianerblockhaus bauen und eine ganze Gesell schaft Männer und Frauen aus dem wilden Westen drum herum aufstellen kann und dazu nichts weiter nötig hat als Mutters Klammer beutel? Und ganz einfach ist die Sache auch noch. Für daS Blockhaus legt Ihr ein an einer Seite offenes Viereck von Klammern, im mer eine mit dem Kopf auf die andere; nach vielleicht vier Reihen wird auch die vierte Seite geschlossen und weiter gebaut bis zum über hängenden zweiten Stock. Der wird hergestcllt, indem immer zwei Klammern fest mit den Beinen ineinander gesteckt werden; es geht ganz leicht, probiert's nur; dadurch werden sic natürlich um das doppelte länger, und nun wird genau in derselben Weise das zweite Stockwerk auf das erste gebaut. Indem man die Klammern am Schluß nach der M.ttc zu enger legt, entsteht ein schräges Dach. Ganz Gewitzte unter Euch können nun noch Pappe oder Sackleinwand' mit kleinen Nägeln oben am Dachfirst befestigen und hecuuterhängen lasten als schützende Außenwand. AuS den selben Klammern wird auch noch die Gesell schaft um daS Haus herum geschaffen. Jeder einzelnen Person wird erst einmal ein Höschen auf ihre zwei Beine gezogen, aus farbigem Papier — jedes Bein für sich — und zuiam- mengeklebt; kleine Reißnägel halten dieses Klei dungsstück fest. Dann bekommen die Klam merleutchen ein Kleid an, die Frauen ein .längeres als die Männer, weil das doch besser für sie auSsieht; für die Männer genügt eine kurze Jacke, die gerade bis dahin reicht, wo das Beinkleid aufhört; bei den Frauen muß das Gewand ziemlich tief heruntergehen. Das Gesicht wird mit Bleistift markiert, der Kopf mit Mütze oder Haube oder Turban aus Papier ver ziert; man kann auch der ganzen Person nur ein Cape umhängen, das ist dann besonders modern. Schließlichklemmtman diebeidenBeinederKlam- merfigürchen in ein Stück Pappe, damit sie fest stehen, und kann seine Gesellschaft nun um das Blockhaus herumspazieren und KriegStänze auf führen lasten.
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