Volltext Seite (XML)
wir 2'/, Stunden Zeit, bevor der Zug, der uns nach Folkstone (Einschiffungshafen) bringen sollte, abfuhr. Hier warteten schon mehr als 400 Deutsche, die von anderen Teilen Englands ein- getroffen waren und nun ebenfalls nach Folkstone befördert werden sollten. Außerdem gewahrte ich auf diesem Bahnhof noch ca. 600 englische Matrosen-Reservisten, wovon der große Teil stark bettunken war. Diese Leute gruppierten sich meistens aus alten grau- und weißbärtigen Männern (50 Jahre und älter). Kurz bevor wir auf den Bahnsteig gelassen wurden, spielten sich ergreifende Abschiedsszenen zwischen den Ab reisenden und Angehörigen ab. Aber welch ein Schrecken, als der Bahnbeamte plötzlich den Schlag zumachte und verkündete, daß der Rest infolge Ueberfüllung des Dampfers erst am näch sten Morgen fahren könne. Ich hatte das Glück, als Drittletzter noch durch die Sperre zu kommen. Wie ich später erfuhr, ist den Unglücklichen nie mehr die Gelegenheit geboten worden, über die See zu kommen, am andern Tage sind sie als kriegsgefangen zurückgehalten worden. Am Quai von Folkstone marschierten fortwährend Infante risten mit aufgepflanztem Bajonett auf und ab. Von dem Dampfer, der schon V« voll besetzt war, schallten uns begeisterte Hurrarufe entgegen. Um Mitternacht lichtete unser Dampfer die Anker und fort ging es in die sternenklare Nacht hinein. An den Ausläufern des Kanals begegneten wir ca. 20 englischen Kriegsschiffen, die fortwährend mit mächtigen Scheinwerfern das Meer ableuch teten. Morgens gegen 5 Uhr landeten wir glück lich in Vlissingen und mittags gegen 1 Uhr er reichten wir die deutsche Grenze. Wie hat mein Herz gebebt ob der brausenden Begeisterung, die niemals enden wollte! In Wesel mußten wir Militärpflichtigen alle aus dem Zuge, um uns beim Bezirkskommando zu melden. Wir wurden dann wieder entlassen und der Zug rollte hierauf weiter meiner engeren Heimat zu. OerMÄe» kuS «SchstscheS. *— Wittorlun«»«ussicht für Donnerstag, den 27. Aug.: Südwestwinde, wol kig, etwas Temperaturrückgang, kein erheblicher Niederschlag, Gewitter nicht ausgeschlossen. * — Der Personenverkehr auf der Strecke Dresden—Chemnitz—Reichenbach und umgekehrt hat durch oie Einlegung von Schnellzügen eine weitere Verbesserung erfahren. Von der Station Hohenstein-Ernsthal verkehren jetzt folgende Züge: in Richtung Chemnitz: 5,56 vorm. (bis Dres den), 6,11 vorm. (bis Chemnitz), 11,56 vorm. (bis Dresden), 12,11 nachm. (bis Chemnitz), 5,04 nachm. (Schnellzug, bis Dresden), 5,56 nachm. (bis Dresden), 6,11 nachm. (bis Chemnitz), S,11 nachm. (bis Chemnitz), 11,56 abends (bis Dres den). In Richtung Glauchau: 7,04 vorm. (bis Reichenbach), 12,06 nachm. (Schnellzug, bi« München), 1,04 nachm. (bis Reichenbach), 7,04 nachm. (bis Reichenbach), 1,04 nachts (bis Reichen- bach) Die Einlegung weiterer Züge werden wir zu gegebener Zeit bekannt machen. * — Die Getrei-eerute ist in unserer gesamten näheren Umgebung und auch ein gutes Stück noch ins Gebirge hinauf, bis auf ganz geringe Reste spät gesäter Bestände, überall glücklich und gut eingebracht. Manch hilfsbereite Hand hat diesmal an ihrer Einbringung teilgenommen und auf diese Weise dem Vaterlaude treffliche Dienste getan. Die Erntearbeiten wurden durch die Verminderung des Pferdebestandes nicht un wesentlich erschwert. Zum Glück scbuf aber auch das Wetter einen Ausgleich, indem es durch fast andauernde Schönheit den glatten Verlauf der Einerntung außerordentlich begünstigte. Der Ertrag an Körnerfrüchten ist durchweg gut, so daß also für lange Zeit hinaus die gewisse Aussicht besteht, daß die Ernährung unseres Volkes auch während des Krieges gewährleistet ist. * — Militärverbot aufgehoben. Die kom- mankierenden Generale des 12. und 19. Armee- korps, erlassen folgende Bekanntmachung: Innerhalb des Korpsbereiches werden sämtliche dauernden Militärverbote von Gastwirtschaften usw. hiermit aufgehoben. * — veguabignng fahnenflstchtiger Fremde«- legionäre. Nach dem Vorbilde Preußens wird auch in Sachsen Ungehörigen der Fremdenlegion deutscher Abstammung, die sich der Fahnenflucht oder Wehrpflichtoerletzung schuldig gemacht haben, die Begnadigung in Aussicht gestellt, wenn sie sich während des gegenwärtigen Krieges, spätestens aber innerhalb dreier Monate, bei einem deut schen Truppenteil melden. * — Warnung für unsere Krieger. Alle in ternationalen Vereinbarungen, die getroffen wor den sind, die Kriegsgreuel einzuschränken, haben sich als eitel erwiesen. In Frankreich und Ruß land, in Belgien und Serbien hat der Banden- kricg eingesetzt, ist der feige Meuchelmord an die Stelle ritterlicher Kriegführung getreten, wie sie das deutsche Heer und das deutsche Volk be absichtigen. Wenn nun auch von den Heeres leitungen alle Maßnahmen getroffen werden, um die Soldaten vor feigen und hinterlistigen Angriffen der Zivilbevölkerung zu schützen, so ist es doch die Pflicht des einzelnen, im Feindes- land auch selbst die größte Vorsicht walten zu lassen. Eine Warnung für unsere Krieger, die die „Dorfzeilung^ veröffentlicht, verdient als überaus beherzigenswert die allerweiteste 'Ver- breitung: „Die Truppen, die nach dem west lichen Kriegsschauplatz ziehen, seien darauf auf merksam gemacht, daß in Frankreich die Häuser vielfach Falltüren nach dem Keller haben, und zwar oft mehrere in einem Bau. Auf diese Weise wurde 1870/71 unseren braven Kriegern mancher Hinterhalt gelegt, der, dem Auge ent zogen, im Keller lauerte. Auch vor den Wand schränken sei gewarnt. ES gibt in jedem HauS sichtbare Wandschränke, aber auch, dem hinter hältigen Wesen der Franzosen angepaßt, viel versteckte Hohlräume. Und dann mögen sich die Krieger auch vor den offenen Vorräten und vor der Absyntflasche, die in jedem HauS zu finden ist, hüten. Die Angehörigen unserer Krieger mögen diese Warnung den im Feld Stehenden übermitteln. Die Maul« und Klauenseuche ist auf den Schlachtviehhöfen in Chemnitz und Dresden auS- gebrochen. * Hohe«stei«-Ernftihal, 26. Aug. Durch die Presse ist im Felde bei vielen Hohenstein-Ernst thaler Kriegskameraden bekannt geworden, daß auS allen Kreisen unserer Stadt zugunsten der Kriegerfamilien geopfert wird. Auf einer an den Stadtrat gerichteten Feldpostkarte sagt Herr Re dakteur Culp im Auftrage Vieler allen Spen dern Dank. Wiederholt ist darauf hingewiesen worden, wie wichtig es für den Kampfesmut und die Siegeszuversicht unserer Soldaten ist, wenn sie wissen, daß für ihre Angehörigen in der Heimat gesorgt wird. Alle, die hierfür im rechten Verhältnisse zu ihrem Einkommen ge spendet haben, können bewußt sein, einer äußerst wichtigen Pflicht dem Vaterlande gegenüber ge nügt zu haben. Diejenigen, die noch im Rück stand sind oder ihre etwa bereits dargebrachte Gabe wiederholen oder erhöhen wollen, werden sich voll flohen Pflichtbewußtseins gern auf den Weg nach der LiebeSgabeustelle im Rathause, Zimmer Nr. 7, machen. * — Die verlustlisttu unserer Armee hängen im Rathause auf dem Flur des l. S ockwerkeS aus. * — SauutagSruhe nach wie vor. Um Irr tümern entgegenzutreten, fei darauf aufmerksam gemacht, daß die Stadträtliche Bekanntmachung, die Sonntagsruhe im HandelSgewerbe betr., volle Gültigkeit hat. Die Sonntagsruhe war der Mobil machung wegen nur am ersten Sonntag dsS. MtS. aufgehoben. * — Sin Feldpostbrief. In einer der jüngst veröffentlichten Verlustlisten war auch unser bei Ausbruch deS Krieges ins Feld gezogener Mit bürger, Musterzeichner Alfred Reichelt, als verwundet aufgeführt. Derselbe hat in einem Briefe an seine Angehörigen über die näheren Umstände bei seiner Verwundung einige Mit- teilungen gemacht, deren teilweise Wiedergabe unsere Leser gewiß interessieren wird. Er schreibt u. a.: „Auf unserem Zuge nach K. hörten wir, daß die Stadt von den Ruffen verlassen sei, wir wurden aber bald schwer enttäuscht. Am Abend gegen 10 Uhr kamen wir in K. an. Der Bahn hof war schon von den Russen weggebrannt und die Stadt selbst brannte auch an mehreren Stel len. Auf dem Bahnhof wurde scharf geladen und unser 3. Bataillon marschierte in stockfinsterer Nacht in die brennende Stadt ein. Meine Kom pagnie bekam den Auftrag, das städtische Ge fängnis sofort zu säubern. Ich war bei den ersten 8 Mann, die in das Gefängnis eindringen sollten, während die übrigen vom 3. Zug der Kompagnie das Gefängnis von außen zu besetzen hatten. Unser Leutnant zog die Glocke am Ge- fängniStor, aber niemand ließ sich sehen. AIS wir die Beilpicken herauSzogen, um dar Tor einzuschlagen, ertönte plötzlich ein Schuß und wie auf Kommando wurde aus allen Fenstern und Dachluken sowie auS dem Keller ein rasendes Schnellfeuer auf uns losgelösten. Jeder glaubte, sein letztes Stündchen sei gekommen. Wir schos- sen sofort nach den Fenstern, aber ohne Erfolg, und zogen uns truppweise in die Hausfluren und Nischen zurück. Dabei war ich nebst einigen anderen Kameraden über die auf der Straße untereinander liegenden Tclephondrähte und Steine, die wir bei der Dunkelheit nicht sahen, hingestürzt und hatte ich mich an meinem auf gepflanzten Seitengewehr so an beiden Händen geschnitten, daß sie stark bluteten. Noch zwei mal versuchten wir aus der Hausflur herauSzu- treten, wurden aber jedesmal wieder unter Schnellfeuer genommen. Endlich zogen wir uns im Eilmarsch in den Straßengraben zurück, wo wir die ganze Nacht schußbereit liegen blieben, es ließ sich aber niemand wieder sehen. Wir hatten 4 Tote und ziemlich viele Verwundete Gegenwärtig liege ich im Lazarett und heile meine Hände." * — Ein weiterer Feldpostbrief. Ein Hohen stein-Ernstthaler schreibt unterm 17. August aus Westpreußen: „Befinden uns hier in Vorposten stellung. Haben schon tüchtige Strapazen hinter unS, aber hier werden wir den Ernst deS Krie ges noch besser gewahr. Wegen etwaiger Uebcr- rumpelung seitens deS Feindes können wir das geladene Gewehr Tag und Nacht nicht mehr aus der Hand legen. Gefangennahmen russischen Militär« und Zivilisten haben mehrfach stattgefun den, gestern ein Transport von 240 Mann. Gestern ist ein deutscher Offizier, der im Feindes land sich auf Patrouille befand, fast zerstückelt worden. In den nächsten Tagen sollen weitere Vormärsche stattfinden. In der Umgebung von . . . . haben viele Leute ihr Häuschen im Stich gelassen und sind mit ihren Habseligkeiten auf und davon. Seit 8. Aug. habe ich kein Bett mehr gesehen, sondern nur in Ställen und Scheu nen die Nächte verbracht." * — Nicht an falscher Stelle wohltun. In der Notlage, die über unser Volk gekommen ist, versuchen leider auch allerlei Bettler in den Häusern der Bürgerschaft durch unwahre Angaben die Gutmütigkeit auSzunützen. Dem muß ge- steuert werden. Man gebe jetzt alles, was man zur Hebung der allgemeinen Not tun will, an die Zentralstellen. * — Lesestoff für die verwundete« und Kraulen. Wiederholt ist aufgezählt worden, was außer Barmitteln für die Krieger erwünscht ist. Im Hinblick auf das bevorstehende Eintref fen von Verwundeten und Kranken sei auf die Notwendigkeit der Beschaffung von Lesestoff für diese hingewiesen. Solchen wird gar mancher liefern können. Man halte daher fleißig Um schau im Hause nach guten Büchern und Schrif ten, möglichst gebunden oder broschiert. Beson ders erwünscht sind abgeschlossene Geschichten (z. B. Wiesbadener und Mainzer Volksbücher, Daheimkalender und Jahrbücher, Sammlung Göschen, Reklam, Schatzgräber, Blaue Bücher, Bücher der Rose nsw ), gute ErbauungSschristen, aber auch Zeitschriften, wie Daheim, Woche, so wie SonntagSblätter, ungebunden; vor allem Landkarten und Tageszeitungen. Unser Mine ralbad, auch da- Bethlehemstift, werden, viel leicht bald, Lazarette oder Genesungsheime für deutsche Helden sein, die unserer Bürgerschaft ge wiß von Herzen danken werden, wenn sie ihnen auch in obengenannter Weise ihre opferfreudige Fürsorge bezeigt. Mancher Stoß beiseite geleg ter Zeitschriften, die als altes Papier nur wenige Pfennige Wert haben, kann nun Genesenden und Kranken viel Freude und Unterhaltung bringen! Darum sammle jeder jetzt schon und b.inge freu dig und reichlich dar, wenn eS so weit sein wird. *— Z« dem Eingesandt in gestriger Nummer, betr. Oeffnung der Kirchen an Wochentagen, teilt uns das Pfarramt der Christophori-Kirche mit, daß daS Gotteshaus schon seit längerer Zeit täglich geöffnet ist. Auch die Trinitatis- Kirche wird von jetzt ab für diejenigen, die an geheiligter Stätte ein Gebet für unsere Krieger verrichten wollen, zu jeder Tagesstunde zugäng lich sein. L. Langenberg, 26. Aug. Auch in unserer Gemeinde ist ein Ortsausschuß ins Leben ge- rufen worden, der es sich zur Aufgabe gestellt hat, während der Kriegswirren hilfsbedürftigen Familien der Gemeinde mit Rat und Tat bei zustehen. — Eine stattliche Zahl Landsturmpflich tiger wurde in den letzten Tagen aus unserem Orte abberufen. * Chemnitz, 26. Aug. Gestern vormittag war die im Hause Zietenstraße 70 wohnhafte 54 Jahre alte Eheflau Albine Vogel damit be schäftigt, auf ihrem Küchenbalkon im dritten Obergeschoß den Vorhang in Ordnung zu bringen. Dabei trat sie mit auf das Balkongeländer, ver lor aber dabei da? Gleichgewicht und stürzte in den Hof hinab. Sofort wurde sie inS Kranken haus gebracht, eS trat aber bei ihr kurz nach der Einlieferung daselbst der Tod «in. * Wechselburg, 25. Aug. Der ehemalige Insasse des hiesigen Veteranenheims, jetziger PrivatuS und Junggeselle Fritz O. Werner, der als tüchtiger Fußtourist bekannt ist und im 68. Lebensjahre steht, hat sich in Leipzig als Kriegs- teilnehmer gemeldet und wurde auch angenommen. Er ging, wie er einem Freunde hier mitteilte, nach dem belgisch-französischen Kriegsschauplätze als Kolonnenführer ab. Sein Motto ist: „Das Vaterland ist meine Braut!" * GörberSVorf bei Oederan, 25. Aug. In voriger Nacht wurde hier der Buchhalter K. ver haftet. Er hatte sich im Gasthof durch Drohungen unliebsam bemerkbar gemacht. K. war anschei nend betrunken. Er wurde veranlaßt, seine Woh nung aufzusuchen. Kurze Zeit darauf tauchte K. im Dorfe wieder auf und gab, als er die bei den Schutzleute sah, zwei Schüsse auf diese ab. Die Schüsse gingen glücklicherweise fehl. K. wurde verhaftet. * Dresden, 25. Aug. Die Feuerwehr wurde heute früh 3 Uhr 38 Minuten nach Freiberger Platz 21 alarmiert. Das drei Stock hohe Hinter gebäude einer Rohproduktenniederlage stand in Flammen. Dabei ist Brandinspektor Mittmann tödlich verunglückt. Das Feuer wurde gelöscht. * Riederschmiedeberz, 25. Aug. In Aus- Übung seines Berufes verunglückte in der Pilz- schen Fabrik der Arbeiter Julius Loos von hier. In der Nacht zum Sonntag wurde er von einer kontrollierenden Nachtwache mit schweren Verlet zungen an seiner Maschine aufgefunden, die den alsbaldigen Tod zur Folge hatten. Der 50 Jahre alte Mann war Vater von acht Kindern, die in ihm den Ernährer verloren haben. * Leipzig, 25. Aug. Gestern abend tötete ein 24jähriger Buchhändler seine Geliebte, ein 21jäh- rigeS Schreibmaschinenfräulein, in deren Wohnung in der Nerchauerstraße durch zwei Schüsse. Hierauf erschoß er sich selbst. Der Beweggrund zur Tat dürfte unglückliche Liebe sein. — In Leipzig ist ein Ausschuß tätig, um die Gründung einer Leip ziger Kriegskreditbank in Form einer Aktien-Gesell- schäft auf gemeinnütziger Grundlage vorzunehmen. Der Zweck dieser neuen Bank ist, der durch den Kriegszustand hervorgerufenenKreditnot zu steuern und den Handel- und Gewerbetreibenden des hie sigen Bezirks Vorschüsse zu gewähren. * Meerane, 25. Aug. Bürgermeister Wirth gen, der seit dem Jahre 18S8 an der Spitze unserer Stadt steht, ist zum 4. weltlichen Mit glied des evangelischen ÄndeSkonsistoriumS mit dem Titel „Oberkonsistorialrat" ernannt worden. Depesche« vom 26. August. Berlin. Wie aus Rom gemeldet wird, ist der italienische Botschafter in Berlin, Bollati, gestern vormittag wieder von Rom nach Berlin abgereist. Der sehr deutschfreundliche Botschafter hatte sich vor einer Woche nach Nom begeben, um den maßgebenden Persönlichkeiten über seinen Eindruck in Deutschland zu berichten und mit ihnen über die Stellung Italiens gegenüber seinem Verbündeten zu beraten. Der Botschafter soll Rom mit der bündigen Versicherung verlassen haben, daß Italien in wohlwollender Neutralität verharre. Frankfurt a. M. Die „Franks. Ztg." meldet aus Konstantinopel vom 5. Aug: Die Mobilma chung hat hier am Sonntag eingesetzt. Es wur den alle Leute bis zum 45. Lebensjahre einbe- rufen, doch besteht ein Spezialgesetz, wonach Mohammedaner sowie Nichtmohammedaner sich gegen Zahlung von 30 Pfund vom Dienste be freien können. Die Absendung der Truppen aus Rhodosto, Kirkkelisse und Adrianopel findet mit der Bahn statt. Die armenischen und anatoni schen Bahnen haben bis auf weiteres den Ver kehr eingestellt. Die gesamte deutsche Militär mission tut weiter in der Türkei Dienst. Ueber die Kommandos ist noch nicht« Bestimmtes bekannt geworden. Jedenfalls werden einige entlassene Offiziere reaktiviert werden, so z. B. Schürki Pascha und Jzzed Pascha. Fraulsurt a. M. Ein Transport von etwa 60 Verwundeten des 81. Infanterieregiments ist hier eingetroffen. Die Mannschaften, deren Ver wundungen leichter Natur waren, kamen in ver schiedene Lazarette. Die Verwundungen rührten meist von Granatsplittern her. Die Verwundeten erzählen, daß sie vielfach von Franktireur« be schoffen wurden. Ingolstadt. Hier sind 228 verwundete Preußen und Franzosen angekommen. Auch 42 französische Offiziere sind hier untergebracht worden. In Neuenburg an der Donau wurden 400 französische Soldaten, darunter 7 Offiziere, untergebracht. Auch in Dillingen an der Donau sind 236 Verwundete eingetroffen, unter denen sich ebenfalls Franzosen befinden. Stuttgart. Der Kommandeur des württem- bergtschen Ulanenregiments Nr. 1S, Freiherr v. Gültlinen, Erbkämmerer in Württemberg, starb im Felde den Heldentod. Wie«. Aus Konstanttnopel wird dem hiesigen „Neuen Journal" geschrieben, daß die Regierung beabsichtigt, von einem Geschwader, das auS den Schiffen „Navuz Sultan" (vormals „Goeben"), „Midilli" (vormals „Breslau"), den Panzern „Chaireddin Barbarossa" (vormals „Branden burg") und „Torgut Reis" (vormals „Wörth"), den Kreuzern „Hamidier", „Medschidie", den Torpedokreuzern „Berk-i-Eavet" und „Peck-i- Schetket", vier Zerstörern und zwölf anderen Torpedobooten zusammengesetzt sein wird, eine Kreuzfahrt im Schwarzen Meer unternehmen zu lasten. Wie«. AuS Sofia wird gemeldet: In der Nacht zum Dienstag erschien eine Division der russischen Schwarzen-Meer-Flotte vor Burgas. In der Stadt entstand eine Panik. Die Be wohner räumten die Häuser und verließen den Ort. Wie«. Die Abendblätter berichten über die in Konstantinopel, Bukarest und Sofia Herr- schenke Entrüstung wegen der unerhörten Sprache, welche die russischen diplomatischen Vertreter gegenüber den dortigen Staatsmännern führen, um sie zu bewegen, daß diese Länder sich Ruß- land im Krieg anschließen. Dabei sollen deut liche Anspielungen auf das Los gefallen sein, das Stambulow getroffen habe. (Stambulow ist der berühmte Befreier Bulgariens, der von russischen Agenten grausam ermordet wurde.) Haag. In den letzten Tagen' der vorigen Woche sollen 12000 Flüchtlinge, meist Deutsche, aus Antwerpen in Holland angekommen sein. Paris. „Echo de Paris" meldet über die Kämpfe an der MaaS: Am Sonntag standen 400 000 Franzosen und 40 000 Engländer gegen die Deutschen. Zuerst waren die französischen Truppen westlich der Maas Herren des TerrainS, da ließen die Deutschen ihre Garde Sturm laufen, worauf die Verbündeten weichen mußten. Die Deutschen hatten allerdings 700000 bis 800 000 Mann im Felde. Kopenhagen. Der Londoner „Daily Expreß" meldet aus Petersburg: Der Zar habe beschlossen, sich ins Feld zu begeben, um während der Dauer des Krieges in der Nähe seiner Truppen zu bleiben. Konstantinopel. Nach Blättermeldungen wer den die ottomanischen Untertanen in Frankreich wie Feinde behandelt. In Marseille wurden sogar türkische Frauen tätlich beleidigt und nackt auf die Straße gejagt. Jie Weil m Sen NmeiAn Mm. Wien. Das Kriegsquartieramt meldet amtlich: Die dreitägige Schlacht bei Krasuik endete gestern mit einem völligen Siege unserer Truppen. Die Russen wurden an der ganzen etwa 70 Kilometer breiten Front zurückgeworfen und haben fluchtartig den Weg nach Lublin angetreten. (W.T.B.) (KraSnik liegt 40 Kilometer nördlich der galizischen Grenze, Lublin 50 Kilometer weiter landeinwärts.)