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WeHm-CrOWerAnzeiM Tageblatt sür Hnhenstein-Ernstthal, Oberlungwitz, Gersdorf, Hermsdorf, Bernsdorf, Wüstmbrcmd, Mitteldach, Ursprung, Kirchberg, Erlbach Rüsdorf, Lugau, Langenberg, Falken, Langenchursdorf, Meinsdorf rc. Der »Hohtnstcin-Ernstthaler Anzeiger" erschein! mit Ausnahme der Sonn« und Festtage täglich abends mit dem Datum des folgenden Tages. Bierteljährlicher Bezugspreis bei freier Lieferung ins Haus Mk. 1.60, bei Abholung in den Geschäfts stellen Mk. 1.25, durch die Post bezogen (außer Bestellgeld) Mk. l.50. Einzelne Nummern 10 Pfg. Bestellungen n-hmcn die Geschäfts« und Ausgabestellen, die Austräger, sowie sämtliche Kaiser!. Postanstalten und die Landbriefträger entgegen. A. -'.läge erhalten die Abonnenten jeden Sonntag das »Illustrierte Sonntagsblatt''. — Anzeigengrbühr für die bgespaltenc Korpuszctle oder deren Raum 12 Pfg., für auswärts 15Pfg.; im Reklameteil die Zeile NPfg. Die ^gespaltene Zeile im amtlichen Teil M Pfg. 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Unter den Vertretern des diplomatischen Korps bemerkte man den öster reichisch-ungarischen Botschafter. Der Reichskanz ler in Dragoneruniform, der bayerische Gesandte und die Staatssekretäre nahmen mit den Be vollmächtigten im Bundesrat auf der linken Seite des Thrones Aufstellung, auf der rechten die Generalität und die Admiralität. Der Kai ser in Fclduniform mit dem Bande des Schwar zen Adlcrordcns, geleitet von den drei Marschäl len und gefolgt von den Prinzen Eitel Friedrich, August Wilhelm und Vollrath von Schaumburg- Lippe, erschien kurz nach 1'/. Uhr. Nachdem Abgeordneter Kaempf drei begeistert ausgenom men« Hochs ausgcbracht hatte, verlas der Kai ser mit fester und lauter Stimme folgende Thron rede. Jie Thronrede des Kaisers. Geehrte Herren! In schicksalsschwerer Stunde habe Ich die gewählten Vertreter des deutschen Volkes um Mich versammelt. Fast ein halbes Jahrhundert lang konnten wir auf dem Weg des Friedens verharren. Versuche, Deutschland kriegerische Neigungen anzudichten und seine Stellung in der Welt einzucngen, haben unseres Volkes Geduld oft auf harte Proben gestellt. In unbeirrbarer Redlichkeit hat Meine Regierung auch unter herausfordernden Umständen die Entwickelung aller sittlichen, geistigen und wirtschaftlichen Kräfte als höchstes Ziel verfolgt. Die Welt ist Zeuge gewesen, wie unermüdlich wir in dem Drang und in den Wirren der letzten Jahre in erster Reihe standen, um den Völkern Europas einen Krieg zwischen den Großmächten zu ersparen. Die schwersten Gefahren, die durch die Ereignisse am Balkan heranfbeschworen waren, schienen überwunden. Da tut sich mit der Ermordung Meines Freundes, des Erzherzogs Franz Ferdi nand, ein Abgrund auf. Mein hoher Verbündeter, der Kaiser und König Franz Joseph, war ge zwungen, zu den Waffen zu greifen, um die Sicherheit seines Reiches gegen gefährliche Um triebe aus einem Nachbarstaat zu verteidigen. Bei der Verfolgung ihrer berechtigten Interessen ist der verbündeten Monarchie das russische Reich in den Weg getreten. An die Seite Oesterreich- Ungarns ruft uns nicht nur unsere Bündnis pflicht, uns fällt zugleich die gewaltige Aufgabe zu, mit der alten Kulturgemeinschaft der beiden Reiche unsere eigene Stellung gegen den Ansturm feindlicher Kräfte zu schirmen. Mit schwerem Herzen habe Ich Meine Armee gegen einen Nachbar mobilisieren müssen, mit dem sie auf so vielen Schlachtfeldern gemeinsam gefochten hat. Mit aufrichtigem Leid sah Ich eine von Deutsch land treu bewahrte Freundschaft zerbrechen. Die Kaiserlich russische Regierung hat sich, dem Drän gen eines unersättlichen Nationalismus nach gebend, für einen Staat eingesetzt, der durch Be günstigung verbrecherischer Anschläge das Unheil dieses Kriegs veranlaßte. Daß auch Frankreich sich auf die Seite unserer Gegner gestellt hat, konnte uns nicht überraschen. Zu oft sind unsere Bemühungen, mit der französischen Republik zu freundlicheren Beziehungen zu gelangen, auf alte Hoffnungen und alten Groll gestoßen. Geehrte Herren! Was menschliche Einsicht und Kraft vermag, um ein Volk für die letzten Entschei dungen zu wappnen, das ist mit Ihrer patrio tischen Hilfe geschehen. Die Feindseligkeit, die im Osten und im Westen seit langer Zeit um sich gegriffen hat, ist nun zu Hellen Flammen aufgelodcrt. Die gegenwärtige Lage ging nicht ans vorübergehenden Jntercssenkonslikten oder diplomatischen Konstellationen hervor, sie ist das Ergebnis eines seit langen Jahren tätigen Uebel wollens gegen die Macht und das Gedeihen des Deutschen Reiches. Uns treibt nicht Eroberungs lust, uns beseelt der unbeugsame Wille, den Platz zu bewahren, auf den Gott uns gestellt hat, für uns und alle kommenden Geschlechter. Aus den Schriftstücken, die Ihnen zngegangen sind, werden Sie ersehen, wie Meine Regierung und vor allem Mein Kanzler bis zum letzten Augenblick bemüht waren, das Aeußcrste abzu wenden. In aufgedrungencr Notwehr, mit reinem Gewissen und reiner Hand ergreifen wir das Schwert. An die Völker und Stämme des Deutschen Reiches ergeht Mein Ruf, mit gesamter Kraft in brüderlichem Zusammenstehen mit unseren Bundesgenossen zu verteidigen, was wir in fried licher Arbeit geschaffen haben. Nach dem Bei spiel unserer Väter fest und getreu, ernst und ritterlich, demütig vor Gott und kampfesfroh vor dem Feind, so vertrauen wir der ewigen All macht, die unsere Abwehr stärken und zu gutem Ende lenken wolle! Auf Sie, geehrte Herren, blickt heute, um seine Fürsten und Führer ge schart, das ganze deutsche Volk; fassen Sie Ihre Entschlüsse einmütig und schnell, das ist Mein inniger Wunsch. Der Kaiser setzte der Thronrede folgendes hinzu: Sie haben gelesen, Meine Herren, was ich zu Meinem Volke vom Balkon des Schlosses aus gesagt habe. Ich wiederhole: Ich kenne keine Parteien mehr, ich kenne nur Deutsche (Stür mische Bravos) und zum Zeichen dessen, daß Sie fest entschlossen sind, ohne Parteiunterschiede, ohne Standes- und Konfessionsunterschiede zu sammenzuhalten mit Mir durch dick und dünn, durch Not und Tod, fordere Ich die Vorstände der Parteien auf, vorzutreten und Mir dies in die Hand zu geloben. Die Thronrede wurde wiederholt von Bei fallsrufen unterbrochen, besonders an den Stellen, welche die alte Kulturgemeinschaft mit Oesterreich, das Uebelwollen gegen die Macht und das Ge deihen des Deutschen Reiches und das reine Gewissen und die reine Hand betrafen. Zustim mung wurde laut bei der Erwähnung Serbiens und Frankreichs. Eisiges Schweigen begleitete das Erwähnen Rußlands. Nachdem der Kaiser den Zusatz zu der Thronrede beendigt hatte, reichte er jedem der Parteivorstände, die vor getreten waren, kräftig die Hand. Der Reichs kanzler erklärte den Reichstag für eröffnet. Graf Lcrchenfeld brachte ein dreifaches Hurra aus. Die Anwesenden stimmten die Nationalhymne an, welche der Kaiser entblößten Hauptes anhörte. Unter nicht cndenwollenden Hochrufen verließ der Kaiser den Weißen Saal. Berlin, 4 August. Die heutige Sitzung des Reichstages wurde von Dr. Kaempf um 3'/, Uhr eröffnet. Haus und Tribünen waren außerordentlich stark be sucht. Der Reichskanzler war mit den Staats sekretären und Ministern erschienen. Unter leb haftem Beifall wurde das bisherige Präsidium wiedergewählt. Eine Rede der Reichskanzlers. Hierauf ergriff der Reichskanzler unter atem loser Stille des Hauses das Wort, er begann: „Ein gewaltiges Schicksal bricht über Europa herein. Rußland hat den Brand an das Haus gelegt." Der Reichskanzler gab dann in großen Zügen ein Bild von der gewaltigen dramatischen Entwickelung der letzten Tage, insbesondere von dem Verhalten Rußlands und von den Grenz verletzungen seitens Frankreichs. Wir sind, so sagte der Kanzler, in der Notwehr, und Not kennt kein Gebot. Unsere Truppen haben Luxem- bürg besetzt und vielleicht schon belgisches Gebiet betreten. Das widerspricht dem Völkerrecht. Aber ein französischer Einfall in unsere Flanke am Niederrhein hätte verhängnisvoll werden können. Wir werden aber das Unrecht wieder gutmachen, wenn unser Zweck erreicht ist. Wir haben der englischen Regierung die Erklärung abgegeben, daß, solange England sich neutral verhält, unsere Flotte die Nordküste Frankreichs nicht angreifen wird, und daß wir die territoriale Integrität und die Unabhängigkeit Belgiens nicht antasten werden. Diese Erklärung wiederhole ich öffentlich vor aller Welt. Ich wiederhole das Wort des Kaisers: Mit reinem Gewissen zieht Deutschland in den Kampf. Der Reichskanzler schloß: Jetzt ist die große Stunde der Prüfung für unser Volk gekommen, aber mit heiliger Zu versicht sehen wir ihr entgegen. Unsere Armee steht im Felde, unsere Flotte ist kampfbereit und hinter ihnen steht das ganze deutsche Volk." Die Rede des Reichskanzlers machte großen Eindruck. (Wiederholte stürmische Beifallsrufe und Händeklatschen während und am Schluffe der Rede.) Hierauf gab Präsident Dr. Kaempf in er greifenden Worten der Einmütigkeit der Vertre tung des deutschen Volkes in dem Kampfe für die Ehre und G^ße und Wohlfahrt des Reiches Ausdruck. (Lebhafter Beifall.) Hierauf wurde die nächste Sitzung zur Beratung der eingegan genen Vorlagen auf 5 Uhr angesetzt. * * O Sie zweite Sitzung. Berlin, 4. August. In der zweiten, gegen 5 Uhr begonnenen Sitzung wurden sämtliche Vorlagen in erster und zweiter Lesung einstimmig angenommen, nachdem Abg. Haase (Soz.) im Namen seiner Partei eine Erklärung abgegeben hatte, daß die Partei zwar die Verantwortung für die im perialistische Politik ablehnc, den geforderten Krediten aber zustimme. Sodann wurden sämt liche Gesetzentwürfe sofort in dritter Lesung ein stimmig angenommen. Hierauf erklärte der Reichskanzler, die Bedeutung der heutigen Be schlüsse liege in dem Geist, aus dein sic hervor- gegangen seien; der 4. August 1914 werde in alle Ewigkeit einer der größten Tage der deut schen Geschichte sein. Er habe den Auftrag, dem Reichstag im Namen des Kaisers und der Ver bündeten Regierungen für die Beschlüsse zu dan ken. (Allseitiger, lebhafter Beifall.) Nachdem ein Vertagungsantrag bis zum 24. November angenommen worden war, erinnerte Präsident Dr. Kaempf daran, daß viele Mit glieder des Reichstages entweder selbst unmit telbar in den Kampf hinausziehen oder ihre An gehörigen und sprach die Zuversicht aus, daß aus den mit dem Blut unserer Helden getränk ten Schlachtfeldern eine neue Saat der Größe, Ehre und Wohlfahrt des Deutschen Reiches er wachsen werde. (Stürmischer Beifall.) Der Präsident schloß mit einem vom ganzen Hause mit stürmischer Zustimmung aufgenvm- menen dreifachen Hoch auf Kaiser, Volk und Reich. Den ganzen Schlußakt hatten sämtliche Abgeordnete, einschließlich der Sozialdemokraten, stehend angehört. KGM erMt »WM Sen Weg! Berlin, 4. Aug. Kurz vor 7 Uhr erschien der englische Botschafter, Sir Goschen, auf dem Aus ¬ wärtigen Amt, um den Krieg zu erklären und feine Paffe W fordern. Hierzu wird noch gemeldet: Berlin, 4. Aug. Heute nachmittag kurz nach der Rede des Reichskanzlers, in welcher bereits die durch das Betreten des belgischen Gebietes begangenen Verstöße gegen das Völkerrecht frei mütig anerkannt wurden und der Wille des Deutschen Reiches ausgedrückt wurde, die Folgen wieder gutzumachen, erschien der gi oßbritannische Botschafter, Goschen, im Reichstag, um dem Staatssekretär Jagow eine Mitteilung seiner Ne gierung zu machen. In dieser wurde die deutsche Regierung um alsbaldige Anwort auf die Frage ersucht, ob sie die Versicherung abgeben könne, daß keine Verletzung der belgischen Neutralität stattfinden würde. Staatssekretär v. Jagow er widerte sofort, daß dies nicht möglich sei nnd setzte nochmals die Gründe auseinander, die Deutschland zwingen, sich gegen einen Einfall einer französischen Armee durch das Betreten belgischen Bodens zu sichern. Kurz nach 7 Uhr