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ler Anschaulichkeit kam. Schon bei der Mvr- genprpmenade erwartete der Franzose sie. A ec die "eiden waren noch nicht weit, so harte Frau Lia, so hieß die Freundin, sie eingeholt und sich lachend zugesellt. Das Zeitungsdlatt in der Hand, folgte etwas bedächtiger deren Gatte. Von dem politischen Bericht, der ihn offenbar mehr interessierte, hinweg, flog sein Blick zu dem Franzosen hin — mißgestimmt — beobachtend. Trotzdem geschah es, daß die Herrschaften gemeinsame Spazierfahrten und Ansflüge in die Umgebung unternahmen und ein vergnügter Ton da ei herrschte. Eine,, rech ten Einblick in den Charakter Levevres «der trachten diese Stunden Frau Marie nicht; er blieb der liebenswürdige Gesellschafter wie mir An chng. Und doch erinnerte jeder seiirer Blicke, seiner Worte, die er mit ihr tauschte, sie an die Entscheidung, die er herbeisehnte. Ihre Unruhe wuchs. Der Gedanke, daß ihr kleiner Sohn unter väterlichen Schutz kam, war verlockend, und sie sei st fühlte häufig ihre Vereinsamung schmerzlich. Aber durfte sie dem Charakter des Werbers blindlings trauen? Seiner Nationalität nach war er ihr Geg ner . . . Neuerdings hatten die Franzosen iviedcr gegen Deutschland rebelliert. Es sollte allerhand vorge.allen sein, das im Vaterlande Aergernis erregte . . . Großer Go t, sie verstand so wenig, von PoNti!! Und Ivas hatte diese denn auch mit i.rem Geschick zu schaffen? Madame Dupoit war auch Französin und ihr doch ans Herz gewachsen,. Männer freilich huldigen einer aus gesprochenen Richtung. Ihnen geht das Vater land über die Liebe. Ob Levevre auch so empfand? Versonnen lächelnd sah Frau Marie von ihrem Strandkorb aus auf das beglänzte Meer hinaus. Es war eine der seltenen Stunden, Ivo sie ungestört Ivar und sich ihren Gedanken t ingeben konnte. Entwas entfernt vergnügte sich der kleine Ado in Gesellschaft anderer Kin. der, indem er Steinchen weit ins Meer hinein warf und die sich ringelnden Wasserireise mit Händeklatschen begrüßte. Das gewaltige Rauschen des Meeres klang Frau Marie wie eine leidenschaftdnrchtönte Melodie. Oder waren es ihre eigenen Gedan ken, die ihr Blut rascher kreisen ließen, in ihren Adern ein längst vergessenes, süßes Feuer weckte? Cs ist ein wonniges Gefühl, sich ge lte t zu ivissen. Je häufiger sie mit Levevre zusammen war, desto mehr fühlte sie ihre Sympathie für ihn wachsen. Ja, wenn sie c rlich gegen sich war, so mußte sie sich ge- ste'en, da"' allein seine Nationalität ihr Be denken auferlegte, seine Werbung anzuuehmen. Da war sie wieder angelangt bei dem Punt, der sich quälend zwischen sie uud das ihr neu aufblü' ende Glück drängte. Wenn Le vevre doch ein Deutscher wäre! Lie. er Him- wel, am Ende hielt er sic, ihrem Namen nach, für eine Ho''än>erin? Er hatte sie bisher nicht nach ihrer Nationalität befragt. Dieser plötzlich auftauchende Gedanke ver mehrte ihre Unruhe. Sie dachte au ihren Papa daheim, den tapferen Mit kämpfer von Anno 70. Und wie spottluftig stets seine Augen blitzten, wenn er von damals erzählte und schloß: Der Feind zog sich, wie immer, zurück. Was würde ihr Vaier sagen, wenn sie dem Franzosen i r Jawort gab? Sie war mit ihren 25 Jahren la Herrin ihres Handelns, direkt gegen den Willen i res Vaters handeln, aber wurde sie ungern tun. Ob sie des Vaters Rat einholte, ihm schrieb? Er würde sie a raten, das wußte sie im voraus. Er —. Ados srohes Sümmchen weckte sie aus i:ren Grübeleien auf. „Guten Tag, Onkel!" rief der Kleine. „Willst Du mit uns spielen, litte, lulle!" „Ein anderes Mal, lieber Junge! Jetzt habe ich mit Mama zu sprechen!" klang die Erwiderung. Tie junge Frau hatte aufgehorcht. Die Glut, die ihre Wangen jäh gefärbt, wich, — es war nich- Levevre, es war Herr Willnauer, der Gatte ihrer Freundin, der da sprach. Was mochte er i r zu sagen ha'cen? Ein Zeitungsüat in der Hand, trat der Deutsche auf Frau Maries Platz zu. Er war ein eifriger Politi er und das Erscheinen der Morgenzeitung, die er sich aus der Heimat schicken lies., der Brennpunkt seines Interesses. Er begrüßte die junge Frau liebenswürdig. Dann wies er unvermittelt auf das Zeitungs- tlatt hin: „Tie Fa neu'Aff re von Air-les-Bains macht noch immer von sich reden, gnädige Frau! Mir ist dies aus der Seele genom men. Muß doch edes Deutschen Herz sich empören gegenüber der Belandlung, die diese Kerle, die Franzosen, der deutschen Fahne ba en angsdei en laßen! — Gnädige Frau, es ist sonfl nicht meine Art und eines Fern ste enden Sache ja auch nicht, sich in anderer Angelegen heil zu mi chen. Aber dem Gatten JJcr Freundin werden gnädige Frau es viel leicht zugute halten, wenn ec sich erlauben möchte — Frau Marie 'alle sich crho en, stolze Ab wehr in den Mienen. — „Herr Willnauer — „O, ich sehe, gn dige Frau erraten be reits, worauf ich ziele und zürnen mir nun Fch bedaure le haf, J. r.m Unwillen erregt zu baten. Nur erinnern an ein Wort möchte ich noch in guter Freundscha'tsa'sicht. Wir steten ier aus einstigen Feindes Boden, meine gnä dige Frau! Und is hierher ist das Lied ae drangen, das wir als Evangelium im Herzen tragen, das Lied: Deutschland, Deutschland, ü er alles, über alles in der Welt!" Nock) bevor die junge Frau ein Wort der Entgegnung gesunden, war der Sprecher da von. Mit einem quälenden Gefühl des Unbeha gens blieb st« zurück. Man hatte alfo Levevres Annäherung bemerkt und würde es ihr ver argen, wenn sie den Franzosen heiratete. Mein Gott, welche Konflikte! Doch — was galten ihr im Grunde die Willnauers? Levevre die Handlungsweise seiner Landsleute entgelten zu lassen, wäre geradezu ein Unrecht gegen ihn und gegen sich selvst. — Vom nahen Bahnhof her gellte der Psisf der Lokomotive. Polternd und schnaufend fuhr der Zug in die Halle ein. Er brachte neue Gäste, offenbar Deutsche, denn als Frau Marie jetzt mi» ihrem Knaben dem Strandhotel zu- schritt, vernahm sie hinter sich die liebvertrau ten deutschen Laute. Der ganze Troß der An kömmlinge strömte dem Strandhotel, deni be- l e testen Logierhaus des Ortes, zu- »Im Gar ten konzertierte die Kur apelle. Der Hotelwirt strahlte Die Spccllaison entwickelte sich ja glänzend. Die große Anzahl Deutscher, die so eben gekommen, bedingte eigentlich einen lie- -enswürdigen Empfang. . . . Einem in ihm auh litzenden Gedanken folgend gütt der Blick des Wirtes zu der Standarte im Garten - - Der kleine Ado war hier zuruckge lic en Als Frau Marie ihr Logierzimmer betrat, strablte ihr ein wundervoller Blumenstrauß ent gegen. Zwischen den Blüten verborgen ent deckte sie ein Billet. Es enthielt die Worte: Teure Freundin! Wann werden Sie endlich erhören Jlren ^ie g'üh.md liegenden Henry Levevre! Mit schneller schlagendem Herzen hatte die junge Frau gelesen. Sie drückte ihr Gesicht in die Blüten, fast gierig sog sie ihren Duft ein. Der Wer.er mit dem Charme seines Wesens erstand vor ihrem Geiste — in ihrer Seele ein Glückstaumel . . . Sie wurde ge lte t — geliet —. Niemand Halle das Recht, sie zu becms ü sen — Ein jeder ist seines Gl 'ckes Sckmu d. Hastig, als fürchte sie, der nächst-. Ang i- lick könne ihren Entschluß vereiteln, langte >e Papier und Schreibzeug her und tau tue ie Feder ein. — Da ward die T-ir geöffnet uud der Uei e Ado stürmte herein. „Mama," rief ec uichn , „im Garten ha' cn sie eine Fahne aufameckt 'ckwarz-weiß-rot die weht luftig im Wind» Gleichzeitig begann die Musik die Marseillaise zu spielen. — Aschfahl im Gesicht lehnte Frau Marie am Fenster. Die Hand, welche die deutsche Fahne zersetzt, war die Hand Levevres gewesen. . . . „Eine Wiederholung des Vorfalles in Aü> les-Bain, — empörend! Noch heute reifen- wir nach Deutschland ab!" sagte jemand unter dem Feirster. Es war die Stimme Willnauers. Als einige Stunden später der Ba-Hnzug das Ehepaar fortßihrte, befand sich in dessen Gesellschaft Frau Marie mit dem kleinen Ado. Der enttäuschte Franzose aber hatte sein Mu- menpräsent zurücker'alten mit den Zeilen, bau die Schreiberin auf seinen Antrag verzichte. Keine WWn RWe in der Zahnzeit des Kindes wird die Mutter durchmachcn, die ihm vor uud während dieser Zeit Scotts Emulsion gibt. Viele Mütter bestätigen, daß Scotts Emul sion ihren Kleinen während des Zahnens ein Segen gewesen ist und ihnen zu starken, ge sunden Zähnchen verhalfen hat. Die Vorliebe der Kleinen für Scotts Emul sion ist bekannt, weniger die Tatsache, daß das Präparat im Sommer ebenso gut schmeckt und bekommt wie zu jeder anderen Jahres zeit. Auch im Sommer ist und bleibt das beste Kinder - Kräftigungsmittel Scotts Emulsion. Fayrr.-Lerlr.: Ernst Nobis, Oberlungwitz. «ta. Hieuerkor» Cbemnitr, KÜnixstr.Z4 Frau Marie horchte auf. Die dculs. c Fahne halte man gehißt? Was hatte ba.- , edeuten? Lärmende Stimmen- draußen lies en sie b Feder wieder hin-legen. Als sie ans cn rat, sah sie draußen einen ckutjunge-i Mei «cken die deutsche Fahne triumphierend sck wen kend, samt dem Raub die Fahnenstange stcc a.-gleiten. Ju- elnd ward er empfangen. Ein du-tzend WH » MM mm MH »»» MM H"mde streckten sich nach der Fahne aus- — W V Eine Hand erhaschte sie und zerriß sic uuler^ H dem Bellallstosen der andern in Fetzen. leicht stirbt mau etwas früher als hier; aber man Hot doch auch etwas vom Leben gehabt." Die Rade bewegt bedenklich ihr Blumen haupt. „Dann also möchtest du gebrochen werden?" „Natürlich. Siehe, alle unsere Schwestern sind schon fort. Nur die Kornhalme stehen noch da, und wir. Sähest du, daß ein einziger Mensch einen Kornhalm nahm?" „Ach — Korn," bemerkte die Rade ver ächtlich. „Nun also, cs ist ihnen nicht schön genug. Wir aber, wenn wir hier bleiben, werden künftig keine andere Gesellschaft haben, als diese langen gelben Dinger." „Das wäre freilich langweilig im höchsten Grade. Korn — brr — wenn ich es bloß sehe, werde ich immer gleich schläfrig. Doch still . . ." Es kommen wieder Menschen gegangen. Eine Frau ist es, eine bleiche, ärmlich geklei dete, und zwei Kinder, bleich und ärmlich wie die Mutter. Langsam und müde kommen sie daher; es ist, als habe sich die Mühsal des Alltags in diesen strahlenden Sonntag nur verirrt. „Ob die uns pflücken werden?" raunt die Kornblume. Da geht auch schon der Junge auf den großen Feldstein zu. „Sieh, Mutter, diesen Block." Dann kommt auch das etwas kleinere Mädchen. „Dahinter blühen noch zwei Blu men," ruft es mit einem feinen Sümmchen. Und dann bücken sich die Kinder und brechen die Kornblume und die Rade. „Nah," stöhnt ganz leise die Rade, „waS wird nun werden?" Aber die Kornblume lächelt nur stumm ihr Blumenlächeln; sie ist befriedigt. Gerade fliegt ein leichter Sommer wind vorbei und bewegt das weite, goldige Kornfeld, daß es linde wogt wie ein Meer. Bon obenher können jetzt Rade und Korn blume das Feld ansehen. Und da lachen sie. „Lauter gleiche Halme," flüstert die Blaue. „Sieh nur, die vielen, vielen, gelben Dinger." Die Rade nickt beipflichtend. „Wirklich — langweilig im höchsten Grade." Am Abend stehen die beiden Blumen in einer kleinen düstren Kellerstube am Fenster in einem zerbrochenen Töpfchen. Sie sind ein bißchen matt und dann auch ein wenig be drückt. „Hast du dir die Menschenhäuscr so gedacht?" erkundigt sich die Rade. „Das allerdings nicht," muß die Korn blume zugestehen. „Ich fürchte, hier wird unS die Sonne nicht finden." „Da, schau, die Menschen haben ihre eigene Sonne," wispert die Blaue, — denn eben steckt die arme Frau eine kleine Lampe an und stellt sie auf den rohen Holztisch, der mitten in der Kellerstube steht. „Sie ist etwas klein," bemerkt die Rade noch. Aber dann lauschen beide Blumen an- gcregt hinüber. „Kinder," sagt die Frau mit müder Stimme, „heut haben wir noch etwas Grütze." Der Junge und das Mädel kommen aus einem Winkel hervor und setzen sich an den Tisch. „Hast Du kein Brot, Mutter?" forscht zaghaft der Bub. Die arme Frau schüttelt nur stumm den Kopf. Dann faltet sie die Hände und spricht das Vaterunser. Als sie zu der Bitte kommt „Unser täglich Brot gib uns heute," da wie derholt sie sie mit einer merkwürdig zittern den Stimme. Schweigend und langsam essen hernach die drei Menschen; es ist, als äßen sie mit einer Scheu, daß zu schnell der letzte Bissen kommen niöge. Die Blumen am Fenster heben wieder zu raunen an: „Brot — Brot? Was mag das nur sein? Immer reden sie davon." „Ich bin sehr neugierig," gesteht die Rade. „Es muß etwas Herrliches sein, etwas Strahlendes," flüstert die kleine Kornblume. „Ich will von heut an nur noch so lange leben, bis ich es geschaut habe." „Und erfahren, wo es her ist," sagt die Rade. „Natürlich, natürlich. Oh — es wird vom Himmel stammen." Am andern Tage stehen die beiden Kinder am Fenster. Sie starren über die Blumen hinweg zu dem Stückchen blauen Himmel hinauf, dar man vom Keller aus sehen kann. Das kleine Mädchen fängt an zu weinen: „Nun ist Mutter wieder nach Arbeit gegangen, glaubst Du, sie wird auch heut keine finden? Und wir haben heut noch garnichtS gegessen — ich habe solchen Hunger, hätte ich doch nur ein Stückchen Brot." Der Junge beißt die Zähne zusammen. „Mußt nicht heulen, Schwesterchen. Der liebe Gott verläßt uns schon nicht. Und überhaupt, jetzt kommt soviel Brot in die Welt. Es ist doch Erntezeit; Du hast doch gestern gesehen, daß die Kornfelder schon ganz gelb waren. Vielleicht wird das Feld, wo wir die Blumen pflückten, heut schon gemäht, und dann werden die Halme gedroschen, die Körner zu Mehl gemahlen. Und der Bäcker an der Ecke holt das Mehl und bäckt uns wunderschönes Brot." Weiter noch redet der Junge, um daS Schwesterchen zu trösten und abzulenken. Aber 3 die Kornblume und die Rade hören nichts mehr. Toterschrocken sehen sie einander mit ihren Blumcnaugen an. Das Korn — das geschmähte Korn gibt den Menschen ihr köst liches Brot? Ein ganz schmaler Sonnenstrahl kommt ins Fenster gehuscht. Die Kinder grei fen nach ihm, aber die beiden Blumen ducken sich. „Er könnte dem Kornfeld draußen er zählen, daß wir hier sind; dann fliegt viel leicht mit dem Wind eine Aehre her, um zur Strafe uns zu verhöhnen. Ach nein, wie ist das alles peinlich." Am Abend, als die kleine Lampe schon wieder brennt, kehrt die Mutter heim. Sie legt ein langes, braun glänzendes Ding auf den Tisch und ruft: „Kinder, liebe Kinder, ich habe Arbeit. Und hier bringe ich auch gleich ein ganzes Brot." Ist das ein Jubel in der ärmlichen Kel lerstube, ein Herzen und Küssen, ein Springen und Jauchzen. Die niedere Stube scheint wirklich Heller geworden, und da« Brot liegt gerade im Lampcnschein und hat einen gold braunen Glanz. Unverwandt starren die beiden Blumen darauf: „Da ist eS — da ist es," haucht die Kornblume matt, „der Sonnenstrahl hat uns doch gesehen und verraten — und das Korn feld ist schon Brot geworden — und nun kommt cs, uns zu verspotten oder uns zu strafen, weil wir so übermütig redeten —" Sie kann nicht mehr sprechen, so zittert sie; und die Rade sagt überhaupt nichts. Beide bücken sie sich so tief, und sie schämen und fürchten sich so sehr, daß sie daran welken und sterben. Wie mn in den Wild rnst, sn schallt's Nieder heraus. Auf seinen vielen Reisen kam Till Eulen» spiegel eines Tages nach Köln. Dort hielt er sich mehrere Tage in einem Wirtshaus auf, wo es reinliche Betten und gutes Essen gab. Aber eines Tages hatte die Frau Wirtin das Feuer zu spät angezündet, und als die Mit tagszeit herankam, war noch keine Mahlzeit ferüg. Till aber war sehr hungrig und be klagte sich über die Verspätung. Darauf ward der Wirt ärgerlich und sagte: „Wenn Euch hungert und Ihr nicht warten könnt, bis das Mahl aufgetragen wird, so esset, waS Ihr habt." Daraus zog Eulenspiegel ein kleines Weiß- brot aus der Tasche, ging in die Küche, setzte fick an den Herd, wo der Braten am Spieß briet, und erbot sich, den Spieß zu drehen. Während er nun den Braten wendete, hielt er seine Semmel darüber, so daß der Dampf in das weiche Brot hineinzog, dann aß er es und drehte den Spieß so lange, bis der Bra ten vollständig gar war. Unterdessen war es schon ziemlich spät ge worden, und als der Braten aufgetragen wurde, setzte sich der Wirt mit all seinen Gästen zu Tisch, nur Eulenspiegel kam nicht, er blieb am Herd sitzen. Da rief der Wirt ihm zu: „Wollt II nicht auch zum Essen kommen?" Aber Eulenspiegel erklärte, er sei von dem Braten- dumpf satt geworden, er habe jetzt keinen Hunger mehr. Als die Gäste ihr Mahl beendet und ihre Zeche bezahlt hatten, kam der Wirt in die Küche zu Eulenspicgel, der immer noch beim Feuer saß, und verlangte von ihm zwei Köl nische Weißpfennige für das Mittagessen. Empört fuhr Eulenspiegel auf. „Was ist das für ein Verlangen," rief er, „daß ich eine Mahlzeit bezahlen soll, die ich gar nicht ge nossen habe?" Aber der Wirt erklärte ihm, er habe seinen Hunger am Bcatendampf ge stillt, also müsse er auch bezahlen. Da zog Till einen Wcißpfennig aus der Tasche, warf ihn auf die Bank und sagte: „Habt Ihr ihn klingen hören, Herr Wirt?" „Freilich," erwiderte dieser. „Nun," sprach Till darauf, „wenn ich auch an dem Duft Eures Bratens gesättigt habe, so macht Euch von dem Klang des Pfennig« bezahlt. Der Klang ist Euch so viel nütze wie mir der Geruch Eures Bratens." Unwillig verlangte der Wirt, daß Till ihm den Pfennig gäbe, aber dieser erklärte ihm, er könne ja sein Recht beim Gericht suchen, worauf der Wirt sich zufrieden gab. Schadenfreude. Ein Adler war mit seinen scharfen Krallen Auf einen Hasen hergefallen; Der Hase war dem Tode nah'. Ein kecker Sperling kam und sah DeS armen Hasen Unglück und rief frohlockend: „Lieber Mann, hast dich sonst ja so klug gehabt, Ind doch hat dich der Aar geschnappt. Nan nennt dich sonst doch den Geschwinden; War denn kein Ausweg mehr zu finden?" — Des Sperlings Spott war kaum zu Ende, ÄS ihm von hinten, gar behende, Lin Habicht naht' und ihn ergriff Und ihn auch mit den Krallen kniff. — * * * Erfreu' dich nicht an andrer Leid! Wer weiß, dein Unglück ist nicht weit.