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Leichenwagen gehoben. In endloser Reihe schlossen sich die Wagen mit dem Trauergcsolge an. Die Fahrt ging jedoch nicht zur herzoglichen Famt- liengrust, zur Grabkapelle im Englischen Garten, sondern zum städtischen Friedhof. Dort hatte der Herzog schon vor dreißig Jahren einen Platz erworben, den er fllr sich und seine Gemahlin, die Freifrau von Heldburg, als Grabstätte be- sftmmle hatte. Mitten unter seinen Bürgern, für die er im Leben unermüdlich gearbeitet hatte, wollte er im Tode ruhen. Uebcr der Grab stätte wird später eine schlichte Kapelle errichtet werden. Ein paar kurze Worte des Geistlichen, Gebet und Einsegnung, dann schieden die fürst lichen und die bürgerlichen Trauergäste von der ernsten Stätte, ohne Ausnahme mit dem tiefen Eindruck im Herzen: Wir haben einen guten Mann begraben. MM«. Die Lage in Albanien ist noch immer so un gewiß nnd unsicher wie möglich. Die Rebellen ollen in großen Massen im Anzuge auf Durazzo ein. Die Mächte, die bisher nur den persön- ichen Schutz des Fürsten Wilhelm, seiner Fa milie und der fremden Gesandtschaften in Durazzo zu gewährleisten bereit waren, sollen jetzt zwar gewillt sein, dem Fürsten eine internationale Truppe von 3000 Mann, die als Grundstock zur Bildung eines eigenen albanischen Heeres dienen könnte, zur Verfügung zu stellen, doch würde die Zusammenstellung dieser internationalen Streit macht immerhin mehrere Wochen dauern, wäh rend deren sich da« Schicksal Albaniens längst vollzogen haben kann. Die Anwerbung öster reichischer Freiwilliger durch den Wiener Gustav Gurschner wurde auf Befehl des Thronfolgers polizeilich verboten und mußte eingestellt werden, lieber Prenk Bibdoda lauten die Meldungen fort gesetzt widerspruchsvoll. Bald heißt es, er habe Verrat geübt, bald, er befinde sich in Gefangen schaft und dann wieder, er rücke erfolgreich zuin Entsätze Durazzos vor. Gleichzeitig mit den gün stigen Nachrichten über Prenk Bibdoda trafen Hiobsposten über den Vorstoß der Epiroten nach Norden ein. Auch von erneuten Verhandlungen mit den Rebellen und Meinungsverschiedenheiten darüber im Durazzoer Regierungslager war wie der die Rede. In Durazzo, wo der Fürst an der Seite seines Schwagers, des Prinzen Schön burg-Waldenburg, eine Parade über die Miri- diten abnahm, hat man die Befestigungsarbeiten beendigt, aber keine genügenden Mittel, um einen Sturm der Rebellen zurückzuwerfen. Uebcr die Anwerbung Freiwilliger in Wien, die auf das Polizeiverbot hin eingestellt wurde, wurde in Wiener Blättern eine anziehende Schil derung veröffentlicht. Bis zur Stunde des Ver botes hatten sich etwa 1400 Freiwillige ange meldet. Es käme« auch reichliche Geldspenden, Betten, Feuerzeuge und anderes. Infolge der zahlccichc» Anmeldungen hatte man die Werbung zm M>>m»»g«toge cruf ganz jugendliche Pkt, MN b ichläuken können, die überhaupt noch n cht militärpflichtig waren. Ein Kaufmann aus Hu.: barg telegraphierte : „Ich bin in einem gro ßen Geschäft, bin aber bereit, nach Albanien zu gehen: bin Schisfstruppenofsizier, mußte wegen Mißhandlung von Schwarzen den Dienst quit tieren, halte mich für den aktiven Dienst in Du razzo für vollkommen qualifiziert." Der Bild hauer Gurschner, der die Anwerbung ersonnen hatte und leitete, ist mit einer Nichte des Pariser Rothschild verheiratet, einem Fräulein Pollack, die unter dem Pseudonym Paul Eickhoff als Schrift stellerin blkannt ist. Daher seine reichen Mittel. TageSgeschichte. König Lndtvig und die König-frage. Aus Anlaß der Jahrhundertfeier in Wurz- bürg lam bei dem Festalt König Ludwig in seiner Erwiderung auf eine Begrüßungsan sprache aus die Königssrage zu sprechen. Er habe die Königswürde nur angenommen, weil cs der Wunsch des ganzen Volkes war. Die Verfassung habe leider früher keine hinreichende Vorsorge dafür getroffen, daß die Königswürde nicht an einen unheilbaren Geisteskranken über gehen kann. Die freilich sehr glückliche Regent schaft seines Vaters sei kein normaler Zustand gewesen. Die Schwierigkeiten hätten nur durch eine Interpretation der Verfassung beseitigt werden können. Der König betonte, durch die Gründung des Reiches seien wir nach außen hin gesichert. Wenn es aber einmal sein sollte, so zwei te er nicht, daß das bayerische Volk Iren zu seinem König stehen werde. Gebe Gott eine» langen Frieden. Sollten wir aber ge zwungen sein, wieder vor den Feind zu zie len, so venraue er, daß unter Führung des Kaisers sich die bayerische Armee neue Lor beeren holen werde. Die eindrucksvollen Worte des Königs wurden mit großem Beifall aus genommen. Praktische Politik. Bemerkenswen gute Erfolge hat der Ber liner Verein sür soziale Kolonisation Deutsch lands in seinen Kolonien Reppen und Bees kow zu verzeichnen. Diese Kolonien, dem Feld und Gartenbau gewidmet, werden ausschließlich von Arbeitslosen bewirtschaftet aus Grund eines eigenartigen Systems. Der Verein schließt nämlich mi' einzelnen Städten Ver rüge du Art ab, daß er für je 1000 Mark zur Verfü gung gestellten Kapitals 600 Arbeitstage ge währt, d- h. also Arbeitslose gegen freie Wol>- nung und freie Kost 600 Tage lang beschf- tigt. Allzu viel Arbeitslose melden sich ja für die Landarbeit nicht, doch ist bereits eine Stamm'bolonie tüchtiger Kleinwirte entstanden, die sich selbständig gemacht hat und nicht dar an denkt, in die Stadt zmückzukehren. Der Nutzen ist also ein vielfacher: man gibt Arbeits losen Brot und -Obdotch und Gelegenheit zur SeßhaOmachung, weckt das Interesse und die Freude an der gesunden Landarbeit und wirkt, da nur ursprüngliche Oedländereien bewirtschaf tet werden, für die innere Kolonisation. Leutsch ostafrikauische Lotterie. Der Deutschen Kolonialgesellschast ist eine Lotterie bewilligt worden, deren Reinertrag zu einem Teil dazu verwendet werden soll Hand werker, Lehrer, Landwirte, Arbeiter usw. kosten los nach Deutsch-Ostafrika zur Landesausstel lung zu entsenden. 50-3ahrfeier der Turnmeins ErlW. 50 Jahre Turnverein wollen doch sehr viel be deuten für einen so kleinen Oct wie Erlbach, wenn man bedenkt, mit welchen Schwierigkeiten bei der Gründung zu lau pfcn war. Darum muß auch die Jubiläumsfeier in der rechten Weise gewürdigt werden, die am Sonnabend mit Zapfenstreich durch den Oct, Schmückung der Gräber der verstorbenen Gründer und Turn genossen sowie Vcgrüßungsabcnd im Gasthof Erlbach ihrm Anfang nahm. Mir dem allgemeinen Gesang des niederlän dischen Dankgcbetcs wurde der Abend eröffnet, worauf ein lebendes Büd, die bekränzte Büste Jahns, von Turnern nnd Turnerinnen umgeben, gezeigt wurde. H cranf begrüßte der Ehrenvor sitzende, Gemcindevmstand Stein, die Erschie nenen mit folgenden Worten: Der Turnverein Erlbach steht heute am Vorabend seines 50jäh- rigen Bestehens. Als Ehrenvorsitzender und berufenes O bei Haupt der Gemeinde heiße ich Sie herzlich willkommen, die Ehrengäste, Gäste und all die fröhlichen Tu ner. Reich, Staat und Gemeinde schützen die Turner, die sich unter den schwersten Kämpfen hcroorgcacbcüct haben. Das Turnen kann nur da rcchtc Früchte tzagen, wo man sich das Ziel setzte, ganze Turner zu er ziehen. Die Jugend ist die Hoffnung unseies Vaterlandes, in ihre Hände müssen wir alles legen, wobei zu bedenken ist, daß aus den Krei sen der deutschen Turncrschaft unserer Armee ein guter Ersatz zugesüyü wird. Wandeln Sie wei ter in den tiohcrigcn Bahnen, der Gemeinde, dem Vaterlandc und dem Reich zur Ehre und erheben Sie sich mit mir, um den treuen deut schen Turnern ein „Gut Hüll' zuzurufen. Ein Prolog, gesprochen von Kantor Herold, schilderte „cin Hoch der edlen Turnerei" in sie ben Vüdern. Im AuschUß hieran ergriff stell vertretender Ganvectreter Sonnta g-Lugau das Wort, mn dem Jnbclvercin die herzlichsten Wünsche des Gaues zu überbringen. Seine Worte klangen aus in cin tceudeuffches „Gut Heil" ans den Jub.lvcrcin. Hierauf überreicht,n die Turnerinnen dcm Verein cincn goldenen Kranz und gedachten dabei dec 25jahrigcn Feier, bei der sic ebenfalls den silbernen Kranz der Fahne anhefteten. Kantor Herold verlas sodann die cingc- gangcneu GZchcnle, die die stattliche Summe von 459.50 Mk. ausmachen. Die Turnerinnen schenkten außerdem noch cincn Spruugbock. Der Ehrenvorsitzende dankte für die hochherzigen Geschenke. Ganz besonderen Dank sprach er dem Ehrenausschuß und der Damenturnabteilung aus. Mil dcm Wunsche, daß der Dank auch zu denen hinausklingen möge, die durch Opfcr- freudigkcit, Arbeit und Mühe zur Verschönerung des Festes beitrugen, schloß Redner mit einem „Gut Heil". Dem alten Gründer H Arnold in Bernstadt, der ein größeres Geldgeschenk spendete, wurde der Dank telegraphisch übermittelt. Exakte und mit großem Beifall aufgcnommene Stab übungen der Voümner folgte», worauf die Eh rung der Gründer nnd Ehrenmitglieder vorge- nommcn wurde. Herr Gemeindcvorstand Stein gedachte hierbei besonders derjenigen, die mit Beginn des Frühlings 1864 den Turnverein gründete», inzwischen aber gestorben find. Mit Freuden blicken wir auf die beiden heute mit anwesenden Gründer Christian Neubert nnd Friedrich Vogcl, die man zu den hohen Idealen, die sie sich in ihrer Jugend gesteckt haben, b.- glückwünschen dinfe. Der Verein will Sie (zu den Jnbilaren gewendc!) heute ehren, indem er Sie bittet, die Ehrenmitgliedschaft anzunchmen. Auch mit Blumen will er Sic schmücken, in der frohen Hoffnung, Sic noch recht lange dem Verein erhalten zu sehen. Beiden Jnbilaren wurde je ein Diplom nnd goldenes Stränßchcn überreicht. Desgleichen erhielten die 25jährigen und Ehrenmitglieder Viktor Müller, Moritz Aurich, Traugott Sonntag, Hermann Gruner, Bruno Müller silberne Sträußchen. Die 20 Jahre Mitglied find, w.uden zu Ehrenmitgliedern ernannt und zwar G:mcindcältestcr Bernhard Georgi, Vercinsvorsitzendcr Clans, Johann Götzelt, Ernst Kunz, Nich. Richter, Erwin Götzclt. Ihnen wurde gleichfalls je ein Diplom über reicht. Redner schloß: „Ehre, dein Ehre gebüh ret. In den schwersten Zeiten haben Sic dem Verein den Halt gegeben. Noch recht lange möge es Ihnen beschicdcn sein, dem Verein an- zugehöreu. Gut Heil!" Vorsteher Bernhard Claus dankte im Na men der Gründer und Eyrcnmitglicder sür die ihnen zuteil gewordenem Ehrungen. Im zweiten Teil bot die Damen-Turnabtcilung sehr ab wechslungsreiche und gntgcübte Frei-, Stab- und Keulenübungen, die ungeteilten Beifall fanden. Desgleichen wurden die Gmppenstcllungcn der Turner dankbar anfgcuommcn. Mit einem Schlnßgcsang fand die schönvcrlanfcnc Vorfeier ihren Abschluß Ler gestrige Sonntag wurde früh 5 Uhr mit Weckruf eingeleitct, in zwischen trafen die Faustball-Mannschasten der Gauvereine zum friedlichen Wettstreit ein. Es traten insgesamt 24 Mannschaften an, welche in 3 Gruppen spielten. Um '/rll Uhr fand Gau- vorturnerstunde des 19. NtedererzgcbirgSgaueS statt. Die Zeit von 12 bis */,2 Uhr war sür den Empfang fremder und einheimischer Vereine und Gäste vorgesehen, die schließlich auch von allen Richtungen eintrafen. Nachdem um 2 Uhr die Frauen und Festjungfrauen abgeholt worden waren, ordneten sich die Vereine zur Festfeier. Nach einem stimmungsvollen VegrüßungSgesang hieß Gemeindevorstand Stein die Festteilnehmer in markigen Worten herzlich willkommen. Hier- auf betrat Kantor Herold das Rednerpult zur Festansprache, u. a. folgende« ausführend: Gut Heil! Diesen sinnigen Gruß, der heute am Jubeltage gewiß aller Herzen bewegt, der froh und freudig von Mund zu Mund erklingt, der selbst im warmen, treuen Händedruck sich wiederfindet, rufe ich aufs herzlichste der ganzen Festversammümg zu: Gut Heil! Es gilt zu nächst den Jünglingen, die auf dem Turnplätze der Jugend frohes Spicl mit dem Ernste des künftigen Lebens verbinden, die sich hier in Zucht und guter Sitte üben, die den jungen Arm stärken, den Mut stählen sür de» Kamps, der an jeden hcrantritt, sei cs im Kampfe ums Dasein, sei cs im Kampfe ums teure Vaterland, daß sie denselben bestehen in echter, deutscher Manncstrene, unentwegt, wie der Eich baum im Winde, den wohl der Sturm biegen, aber nie brechen kann. Gut Heil! Dieser Gruß gilt auch den älicrcn Turner», die schon in Eqrcn grau geworden sind, die in den Wechsel fällen des Lebens ihre sittliche Kcafi treu erprobt, die der Jugend Lehrer und Vorbilder gewesen sind, die die alte Fahne geehrt und ihr treu ge blieben, mit ihr ausgezogcu sind in guten und bösen Tagen, tic sich um sie versammelt in ernsten und frohen Stunden, in deren das Auge weint und das H rz sich stent Gut Heil! gilt auch den Frauen und Jungfraue», und auch den Festgcnossm. Geeh le Festgenosscn! Sie feiern alle mu uns unser Fest' Turne»! Welch gewaltiges Wort, dessen Inhalt man erst beim Beiwohnen eines deutschen Turnfestes, wie z. B. das Leipziger, zu crkelmcu vermag. Diese Brü derlichkeit, das Gefühl der Zusammengehörigkeit aller deutschen Stämme, verband Turner rind Zuschauer zu einem vaterländischen Hochgefühl und verlieh ihnen ini Gedanken an die Einigkeit cin Gefühl unbezwinglicher Stärke. Wenn ein Feldmarschall von der Goltz, ein kritischer Be obachter, von den Turnern nach den Leipziger Erlebnissen schreibt: „Es herrscht unter den Turnern cin tiefer, sittlicher Ernst, Begeisterung und Hingabe für eine große, allen Teilnehmern heilge Sache", so ist das ein Lob, aber auch cin Ansporn zu reger Unterstützung der Turn sache. Redner verbreitete sich sodann eingehend über den Wert des Turnens, über Wichtigkeit und Zweck geregelter Leibesübungen, die in Jahn ihren eifrigsten Förderer sande», WaS der Redner über Jahn und sein großes Werk sagte, solid ungeteilten Beifall. Besonderes Interesse sanden die Ausführungen, die sich mit der GcündungS- zeit des I ibelvcreius beschäftigten und schließlich zur Bedeutung der Turnsache überleitete», die mit ihren 1300000 Turnern in 1 l 400 Vereinen nicht zu unterschätzen sei. Redner schloß: Ich glaube nicht, daß wir deutschen Turner unseren Gefühlen des Dankes gegen den „alten Jahn" besser Ausdruck verleihen könnten, als wenn wir heute an so hohcm Festtage ernst und fest ge loben: treu zu stehen zu Kaiser und Reich, König und Vaterland, daß wir pflegen: brüderlichen Gemeinsam, rechten Mut und edle Tapferkeit, Nüchternheit und Kraft, glühenden Patriotismus! Und so schön und erhaben Jahns Denkmal da steht im lieblichen F.cyburg, so lassen Sie uns das Gedächtnis dieses seltenen Mannes unver gänglich in unserm H-rzcn leben, bcsscr als in Stein und Ecz! Gut Heil der deutsche» Turnsache! Nachdem noch VcrcüiLvoistchcr Ciauß im Namen des Vereins seinen Dank abgcstattct, ordnete sich der Fcstzng durch den überaus reich und festlich geschmückten Ort. Da gab es säst kein Haus, daS nicht geschmückt oder geflaggt hatte. Auch etwa 30 Girlanden und Ehrenpfor ten waren errichtet. In der schönen Schmückung zcigtc sich das rcchtc Enwernehmcii der Ein wohnerschaft gegenüber dem Jubelocrnu. Nach dcm Fcstzng wurden „Allgemeine Frei übungen" ausgcsührt. Hierauf folgien die Aus scheidungsspiele der Faustballmannschaften. In zwischen boten die Turnerinnen des Vereins recht sauber auSgesührtc Keulenübungen, an die sich Kürturnen anschloß Die beste Faustball mannschaft war Oberlungwitz I mit 235 Bällen. Letzter Gegner waren die Wüstenbrander, die auch sehr gut spielten. Der heutige Montag sieht noch verschiedene VcrcinSvcraustaltungcn vor. Auch wir wünschen dem Jubclvcrciu cin weiteres Wachsen und Ge deihen, frisch auf zur „75". «OertltchrS «nS GächstscheS. * — Witterungsaussicht für Dienstag, den 30. Juni: Westwinde, wechselnde Bewölkung, Temperatur wenig geändert, kein er heblicher Niederschlag. * — Das Erdbeben, das in der Nacht vom Freitag zum Sonnabend sich in unserer Gegend benierkbar machte, ist außer im größte» Teil Sachsens auch in Thüringen, der Provinz Sachse» u»d Anhalt ausgetreten. Das Bc en war meist von einem dumpfdröhncnden Geräusch begleitet, als ob ein schwerer Last- mag.'N über die Straße fahre. Die Häuser er zitterte», die Möbel i» de» Zimmern, die Bil der an de» Wände» bewegte» sich, das Geschirr in de» Schränke» begann zu klirre». Die Leute wurde«, aus dem Schlaf geweckt. In mehrere» Orte» zersprangen infolge des Erdbebens viele Fensterscheiben. In Wittenberg machte sich der Erdstoß in einer schlingernden Bewegung von Süden »ach Norden geltend. In Leipzig war das Erdbeben so heftig, daß Vogelbauer und Bilder von den Wänden sielen. Bei Dessau will man auch während des Erdbebens Blitz und Donner wahrzenommen haben. Nennens werter Sachschaden ist an keiner Stelle ange richtet worden. Es handelte sich bei dem Erd beben um ein tektonisches Beben, das aus den Einsturz großer Hohlräume im Innern der Erde zurückgeführt wird. Dergleichen Erdbelen sind öfters in Deutschland zu verzeichnen g.- wesen. * — Eine Einladung zur Kgl. Tafel in Schloß Pillnitz ging sär nächsten Montag verschiedenen Herren der hiesigen Ge gend zu, die aus Anlaß des vorjährigen Kö nigsbesuchs näher mit Sr. Majestät in Berüh rung kamen. Es wurden hierzu Bürgermeister Dr. Patz, Kommerzienräte Pfefferkorn und Reinhard, Stadwerordnetcnvorsteher Lohse, Musterzeichncreibesitzer H. H. Ebersbach aus Hohenstein-Ernstthal, Gemeindevorstand Lieber- ! »echt Oberlungwitz, Bergdireütor Hurtzig-Gers- dorf, Gemeindevorstand Kurth-Lugau u. a- be fohlen. * — Den M e i st e r p r ü f u n g s k o m- missione n bei der Chemnitzer Gewerbe- kammer gehören aus dem hiesige» Bezirk u. a. an. Bäckermeister Crasser, Friseurmeister Krap patsch, Dachdeckermeister Schrepel, Bötzchermei- sicr Kol e, die Buchüindermeister Weitmüllcr lind Paul Deibel, Drechslermeister Hacke, Flei- schcrmeister Ewald Grabner, Ger-.ecnieister Adolf Stümer, Glasermeister Albin Heinke, Klcmp- ««ermc'ister Oswald Spindler, Malermeister Louis Berger, Schlossermeister Fr. Herm. Lain, Schmiedemeister Otto Wolf, Schneider meister Wilhelm Vates, Schuhmachermeister Gustav Singer, Tischlermeister Louis Wappler und Webermeister Ernst Wilhelm Siegel, sämt lich in Hohenstein-Ernstthal * — A u s der König!. Brand- v e r s i ch c r u n g s k a m m e r. Der Verwat- ilmqsausschuß der Abteilung für Gebäudeverc siherung hat niit Rücksicht auf die angesam- meüen Ueberschüsse und um einigermaßen eine» Ausgleich für die aus dem Ortsgefahren- llassen-Systcm erwachsenen Härten eintreten zu lassen, unter vorübergehender Außerkraftsetzung der in der Ausführungsverordnung zum Gesetz über die Landes-Brandversicherungsanftalt und in der Beilage zur Ausführungsverordnung vorgesehenen Bestimmungen über die Festsetzung der Versicherungsbeiträge »ach OrtsgeHahren- llassen, mit Genehmigung des Königlichen Mi nisteriums des Innern beschlossen, den am 1. O'tober d. I. bei der Gebäudeabteilung aus die Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember 1914 fülligen Versicherungsbeitrag für di: Versiche rungsnehmer aller Gemeinden auf Pf. für die EnücU festzusetze». Die Regelung dec Beihilfen der Lcmdes-Brandversicherungsanstalt zu de«, Kosten der örtlichen Feuerlöscheinrich tungen wird hierdurch nicht berührt. * — Eine Gerichtsentscheidung von allgemeiner Bedeutung hat das Landge richt Leipzig abgegeben. Es besteht, wie all gemein bekannt sein sollte, nicht nur die Schweigepflicht für Schöffen und Geschworene, sondern auch für Gewerbe- und Kaufmanns- gcrichtsbeisitzer. Ein Gewerbegcrichtsbeisitzer Hatch über seine Abstimmung einem Bekannten Mitteilung gemacht. Es wurde deshalb ei» Verfahren gegen ihn eingeleitet. Er wnrde zunächst srcigcsprochen, und auf Eingreifen des Reichsgerichts kam tue Sache nochmals zur Verhandlung, und nun wurde der angeschnl- digte Beisitzer seines Amtes enthoben. In der Urteilsbegründung wurde gesagt, daß schon darin, wenn sich der Gerichtsbeisitzer nicht ge hörig über seine Pflichte» orientiert, eine grobe Pflichtverletzung liegt. Aber noch gröblicher sei die Pflichtverletzung gewesen, daß der Beisitzer >bcr die erfolgte Abstimmung bei der Recht sprechung außenstehenden Personen Mitteilung machte, sodaß die Aintsen.setzung geboten und gerechtfertigt war. * Hohenstein-Ernstthal, 29. Juni. Aehnlich wie in Kuhschnappel, wo, wie wir dieser Tage berichteten, die Schülerzahl einer Klasse von 64 auf 35 zurückgegangen ist, liegen die Verhält nisse auch im Hüttcngrund. Während vor ca. 4 Jahren noch 244 Kinder die dortige Schule besuchten, sind es jetzt nur noch 185. Obwohl inzwischen der Ortsteil'Hüttcngrund durch die Genossenschaftshäuser und verschiedene andere Neubauten einen erheblichen Zuwachs an Ein wohnern erhalten hat, die ihre Kinder in die Hiitlengrunder Schule schicken müssen, ist hier die Zahl der Schüler und Schülerinnen um nicht weniger als 59 zurückgegangen. * — Der hiesige Stadtrat läßt gegenwärtig wie im Vorjahre durch die Schu- lcn und die Organe der Gemeindepslegen wie der Kmderschutzmerkblätter zur Verteilung brin ge» mit der Ueberschr-ist: Beschäftigt Eure Kin der angemessen, plagt sie nicht mit schädlicher oder übermäßiger Arzell! * — Unfall. Einen doppelten Unter schenkelbruch zog sich gestern abend s^10 Uhr eine Frau S. aus Oberlungwitz beim Vereins- tänzchen auf einen« hiesigen Saal'zu. Die Be dauernswerte wurde von dein Verein an gehö rende«« Samaritern verbunden und in ihre Wohnung gebracht. st " * — Recht» ii p elh a f t benahmen sich ain Sonnabmd' abend zwei hiesige Burschen älteren Veteranen gegenüber, die sie ohne Grund anrempelten und schlugen. Einige jüngere Leute, die den Vorgang mit angefelM hatten, nahmen die Rüpel fest und führten sie zwecks Feststellung mrer Namen der Polizeiwache zu. f. Oberlungwitz, 29. Juni Der hiesige