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Städtische Sparkasse Hohe»steiw4trnstthal. Verkehr im Monat April 1914. 1557 Einzahlungen in Höhe von 257783 98 H 759 Rückzahlungen in Höhe von 256384 „ 05 „ Mehr-Einzahlungen 1349 93 H Der Gesamt-Umsatz betrug 838933 63H Eröffnet wurden 176 und erloschen sind 118 Konten. Einlagen-Zinsfuß 3^2-/». Sperrungen gegen Kontrollmarken. Gemeinde-Giro-Verkehr. Ausleihungen gegen Hypothek und Lombard. Abholung von Spareinlagen. Geschäftszeit: vorm. 8—12 u. nachm. 2—5 Uhr, vor Sonn- und Festtagen ununterbrochen von 8-2 Uhr. Geschäftszimmer: im Stadthause am Neumarkt. Sächsischer Landtag. Erste Kammer. 36. Sitzung vom 30. April. Dr. v. Fvege berichtet über Kapitel 70 des Etats, Landesanstalten, und beantragt, das Kapitel nach der Vorlage zu genehmigen. Nach unwesentlicher Debatte geschieht dies. Oberbürgermeister Dr. D ittrich - Leipzig beantrage als Berichterstatter der 2. Deputa- tion, die Kapitel 38 und 41 des Etats, Ju- stizministerium, nach der Vorlage zu bewilligen. Wirk!. Geh. Rat Dr. Wach bezeichnet die Vermehrung der Kräfte als eine Beschteuni- gung der Rechtspflege. Redner erörtert dann eine Reihe von Einzelheiten über den ver schiedenen Zweck der Justizfrage und hebt her vor, es müsse die Gleichstellung der Landge richtsräte und der Direktoren angestrebt wer den. Das gute Verhältnis zwischen Richtern und Anwälten sei sehr wichtig, aber auch der Anwaltstand müsse scharfe Kritik an seinen Mitgliedern üben, damit nicht das Sprichwort zur Geltung komme, daß eine Krähe der an deren nicht die Augen aushacke. Die Erwer bung des Polizeigrundstücks in Leipzig durch den Staat sei sehr erfreulich. Justizminister Dr. Nagel bestreitet, daß es eine Klassenjustiz gebe. Allerdings werde von bestimmter Seite versucht, den Eindruck hervorzuheben, als gäbe es eine solche, es müsse aber diesen Bestrebungen gang entschie den entgegengetreten werden. Der Minister er örtert dann den Vorbereitungsdienst der jungen Juristen. Er sei sich sehr wohl bewußt, daß cs große Schwierigkeiten biete, den Vorberei tungsdienst noch weiter auszubauen. Der frü- her« Weg zum juristischen Dienst, wo der junge Jurist in die Fluten hineingeworfen und ihm gesagt worden sei, er solle nun schwim- men lernen, sei durch die jetzige Gesetzgebung unmöglich gemacht worden. Aber es sei das höchste Bestreben der Justizverwaltung, einen Nachwuchs zu erziehen, der in der Praxis das beste zu leisten vermag. Nach kurzen weiteren Bemerkungen des Dr. Wach wird der Justizetat bewilligt. Nach Berichten des Präsidenten v. K i r ch bach und des Geh. Kommerzienrats W a e n- t i g bewilligt die Kammer noch die Kapitel 35 und 4 des Etats Hauptstaatsarchiv und Kohlenselderoberflächen nach der Vorlage. Nächste Sitzung: Dienstag, 5. Mai, 11 Uhr- Etatskapitel und Petitionen. * * * Aweite S«m«er. 80. Sitzung vom 30. April. Vor Eintritt in die Tagesordnung teilt Abg. Dr. Spieß (kons.) als Vorsitzender der 4. Abteilung mit, daß diese die Ersatz wahl für den Abg. Riem geprüft hat. Gegen Ein Wintertraum. Roman von Anny Wothe. 2«. Fortsetzung. (Nachdruck v-Sboten.) (Oop/rigkt 1V12 I^vIpriK) .So, nun hat er genug/ rief sie, .Hans Ulrich noch ein Paar große Schneeballe, die ihr die hilfsbereite Jugend eiligst zureichte, gerade ins Gesicht werfend, sodaß er schützend die Hände über die Augen legte, weil er voll ständig geblendet war. „Ich werde mir doch von einem Mann nichts gefallen lassen," lachte Kerlchen, „mich hier so hinterrücks mit Schneeballen anzugrei fen, nein, mein lieber Herr von Vossen, das wäre das letzte." „Sie haben mich gemordet, gnädiges Fräu lein," ries er halb belustigt, halb ärgerlich. „Ihre Wurfgeschosse enthalten ja Stein«, die einen ins Jenseits befördern können." Ursula war ganz blaß geworden. Wahr haftig, da sickerte ihm das rote Blut von der Stirn. Ganz fassungslos blickte sie ihn an- „Das — habe ich gekonnt?" Er nickte rmd wischte sich gelassen das Blut von der Stirn, und dabei sah er sie aus sei nen klarblauen Augen so lieb an, daß es ihr ganz warm ums Herz wurde. „Ach, ich Kamel," seufzte sie komisch aus, dann aber kam schon wieder die Tatkraft über sie. Ohne sich um die Zuschauer zu kümmern, die sich auch schon wieder anderen Fahrern und Schlitten zugewandt hatten, begann sie, Hans Ulrich das Tuch aus der Hand neh mend, die Wunde mit Schnee zu kühlen- Er lies; es sich wie ein Lamm gefallen. „Ei, Kerlchen, als Samariterin," neckte Riele, die eben vorüberging, „Du glaubst nicht, Ursel, wie wehleidig der Junge ist. Wie kannst Du Dich nur so verstellen, Hans Ulrich, um so eine kleine Schramme?" die Gültigkeit der Wahl he» Aby. Rückert sind keine Bedenken erhoben worden. Präsident Dr. Vogel teilt weiter mit, daß in einem Schreiben das Ministerium« aus die rechtzeitige Behandlung des Dekrets Nr. 35 das allergrößte Gewicht legt. Da das Dekret aber noch keiner Deputation überwiesen worden ist, ersucht das Ministerium um bal dige Erledigung der Angelegenheit. Abg. Kleinhempel (natl.) beantragt, die Dekrete Nr. 27 urch 35, Gewährleistung für die Weißeritz-Talsperren-Genossenschaft, un ter Aufhebung des früheren Ueberweisungsbe- schlusses einer außerordentlichen Deputation von elf Mitgliedern in Vorberatung zu tiber- weisen. Nachdem Abg. Dr. Schanz (kons.) sich für Verweisung an die Finanzdeputation aus- gesprochen und Abg. Hettner (natl.) dem Antrag Kleinhempel zugestimmt hatte, wird dieser dar auf gegen 12 Stimmen angenommen. Zur Beratung kommt sodann das Dekret betreffend die Bewilligung eines Darlehens von 450 000 Mark an die Theatergesellschaft m. b. H. in Bad Elster. Abg. Wappler (natl.) beantragt als Berichterstatter, das Darlehen zu bewilligen. Abg. Dr. Schanz (kons.) regt verschie dene Verbesserungen an und befürwortet eben falls die Bewilligung des Darlehens. Abg. Nitzschke (natl.): Die national- liberale Fraktion lehnt mit wenigen Ausnah men die Bewilligung eines Darlehens ab. Wir haben jederzeit die Entwicklung des Bades Elster fördern helfen, für die Bewilligung des geforderten Darlehens können wir jedoch nicht eintroten. Abg. Günther (Vpt.) spricht sich gegen die Bewilligung des Darlehens ans. Der bis herige Theaterdirektor habe ganz Ausgezeich netes geleistet. Ein Neubau sei nicht unbe dingt nötig. Wir lehnen die Bewilligung des Darlehens ab. Staatsminister Gras Vitzthum v. Eck- st ä d t dankt dem Berichterstatter für den ob- jektiven Bericht. Er hofft, daß die 2. Hypo thek doch noch bewilligt wird und geht sodann auf einige Anfragen des Abg. Günther ein. Anlaß zur Forderung um Titel 1 des außer ordentlichen Etats habe der Bericht gegeben, daß die bisherigen Theaterzustände nicht ge- nügend sind. Die Zustimmung der Stände einzuholen, war keine Gelegenheit. Der ge eignetste Platz zum Neubau war in Gefahr, zu entgehen. Darum war die Lage der Re gierung schwierig. Sie hat den vorgeschlage nen Ausweg gewählt. Man könne Privatleu ten nicht alle Opfer tragen lassen. Abg. Bauer (natl.): Wollte man allein die Frage nach der Bonität stellen, dann müßte man den Titel ablehnen. Aber der Staat hatte eigentlich die Pflicht, als Selbstunterneh mer auszutreten; denn es handelte sich um ein König!. Sächsisches Bad. Hätte die Regierung einen dementsprechenden Vorschlag gemacht, so wäre er wahrscheinlich angenommen worden. Die Regierung hat einen etwas anderen Weg beschritten. Redner hält ein Theater für Bad Elster für dringend nötig und wendet sich gegen die Ausführungen des Abg. Günther. Er bittet, die 450 000 Mark zu bewilligen. Abg. Singer (natl.) und Langham mer wenden sich gegen die Bewilligung, Abg. Hähnel (kons.), Dr. Spieß und Hof mann befürworten sie. Abg. Fleißner (Soz.): Wir stimmen gegen den Titel. Aus Bad Elster wird mehr und mehr ein Luxusbad. Mit der Art der Erledigung dieser Frage durch die Regierung sind wir keineswegs einverstanden. demokratischen Zeitung wird mein ernstes Be streben sein, die Verfassung zu behüten. Wer sich zur Sozialdemokratie bekennt, kann nicht ein Amt verwalten, dem staatliche Autorität innewohnt. Der Minister geht dann aus die Angriffe des Abg. Fleißner im einzelnen ein und weist sie zurück. Die Sozialdemokratie sei ein Krankheitsprozeß, den zu heilen sich der Minister lebhaft bemühen will. Abg. Kleinhempel (natl.) wendet sich gegen die Bewilligung der technischen Bau- räte, wünscht eine Einschränkung der Polizei- lichen Befugnisse, fordert Sicherstellung der kommunalen Selbstverwaltung- und wünscht eine schnellere Genehmigung der Baupläne- Staatsminister Graf Vitzthum v. E ck- st ä d t tritt diesen Ausführungen entgegen. Abg. Brodauf (Vpt.) wendet sich gegen den „sächsischen Absolutismus". Nach weiterer Debatte werden die beiden Kapitel dem Anträge der Deputation entspre chend verabschiedet. Nächste Sitzung: Freitag vormittag 10 Uhr. Pfarrbesoldungsgesetz und anderes. Abg. Nitzschke (natl.) fragt die Regie- vung, ob den Hypothekaren irgendwelche münd liche Zusicherungen gemacht worden sind. An eine Verzinsung sei bei dem Theater nicht zu denken. Auf den Bau der katholischen Kirche ist mehr Wert gelegt worden als aus das Theater. Wir haben am Bad Elster minde stens das gleiche Interesse wie die rechte Seite des Hauses. Aber den vorgeschlagenen Weg halten wir für falsch. Nach weiteren Ausführungen der Abgg. Dr. «schanz, Brodaus und dem Schluß worte des Berichterstatters wird das Darlehen in namentlicher Abstimmung mit 56 gegen 26 Stimmen abgelehnt. Der Etat des Bades Elster wird bewilligt. Auf Vorschlag des Abg. Kleinhempel (natl.) werden in die außerordentliche Depu tation zur Beratung der Dekrete 27 und 35 durch Zuruf gewählt die Abgg. Gleisberg, Göpfert, Dr. Niethammer, Harter, Hofmann, Dr. Schanz, Roch, Dr. Roth, Schmidt-Chem nitz, Schulze und Wilde. Abg. Koch (Vpt.) berichtet über Kapitel 53 des Etats, betreffend hygienische Unter suchungsanftalten. Er empfiehlt Annahme des Kapitels nach dem Deputationsberichte. Das Kapitel wird genehmigt. Abg. Schreiber (kons.) berichtet über den Etat des Ministeriums des Innern, das er mit den in der Deputatton vorgenommenen Streichungen zu bewilligen bittet. Staalsminister Graf Vitzthum v. E ck- st ä d t bedauert, daß die technischen BvurÜte bei den Kreishauptmannschasten in der Depu tation nicht bewilligt worden find, deren An stellung ein dringendes Bedürfnis sei, was er eingehend erläutert. Er bittet dringend, die fünf Bari-sachverständigen zu bewilligen. Eben so ver.ritt der Minister die Forderung einer Dienstwohnung für den Amtshauptmann in Kamenz. Abg. Merkel (Lib.) weist auf Ueker- gviffe der Forstvevwaltung in einer Kreis hauptmann sck;ast hin und bittet den Minister um Auskunft, wie sich diese Uebergriffe mit dem § 12 der Rev. Städteordnung vertragen. Staalsminister Gras Vitzthum v. E ck- st ä d t ist nicht in der Lag«, auf diese An frage zu antworten, da der eingeforderte Be richt noch nicht eingegangen sei. Abg. Fleißner (Soz.) bedauert, daß die Regierung die Forderung der Bausachver ständigen in der Deputation nicht ebenso ein gehend begründet hat wie heute. Dort hak man uns einfach vor die vollendete Tatsache gestellt. Jetzt aber kommt diese Begründung zu spät. Es scheint überhaupt, als ob die Regierung neuerdings den Entschlüssen des Landtages vorgreift. Wenn dieses Verfahren SckMle macht, dann muß sich der Landtag da gegen verwahren- Redner verweist auf einen Artikel in der Frankfurter Zeitung, nach dem ein Regierungskommissar einig« Bilder aus der Dresdner Kunstausstellung entfernt hat. So dann kritisiert er die in Sachsen geübte Aus- weisungspraxis und verbreitet sich über die dreimalige Nichrbestätigung eines Sozialdemo kraten a/s stellvertretenden Bürgermeister von Neustädtel und über die Verurteilung eines Chemnitzer Redakteurs wegen einer Satyr«. Staatsminister Graf Vitzthum v. Eck st ä d t: Der Chemnitzer Prozeß ist gekommen, weil es sich um «ine Angelegenheit der Land tagsordnung handelte, die geklärt werden mußte. Redner erläutert sodann noch einmal die Frage der Bausachverständigen bei den Kreishauptmannschasten. Die Entfernung der drei Bilder aus der Kunstausstellung habe er gebilligt, weil sie das Schamgefühl verletzten. Im Gegensatz zu den Ansichten der sozial Kleiue Chronik. * Gchueesturm i« Petersburg. In der Nacht zum Donnerstag hat in Petersburg und Hin gebung ein heftiger Echneefturm gewütet. Die Newa ist erheblich gestiegen und hat die niedrig gelegenen Stadtteile überschwemmt. Durch den Orkan wurden mehrere 100 Barken und kleinere Schiffe von ihren Ankern gerissen. Viele Barken wurden an das Ufer geschleudert und gegen 200 Barken in die Newa getrieben. In der Nähe des Sommergartens ist ein Kutter der Flußpolizei, an anderen Stellen sind etwa 30 Barken gesunken. Am Donnerstag früh begann der Wind nachzulaffen. Die Telephonverbin dung von Moskau nach Kronstadt ist gestört. Auf der großen Newa wurde ein Senkkasten der im Bau befindlichen Palaisbrücke über schwemmt und die eisernen Brückenpfeiler beschädigt. * Falsches Gelb tu sächsische» Greuzorteu. In Nordböhmen und sächsischen Grenzorten sind in der letzten Zeit vielfach falsche Fünfkronen- und Zweikronenstücke ausgegeben worden. Als Falschmünzer wurde ein in einer Aussiger Ma schinenfabrik beschäftigter Vorarbeiter Zach ver haftet. Weitere Verhaftungen stehen bevor. * Madrid ohne Brot. Die Bäcker in Madrid haben den Generalstreik erklärt. Die militärischen Bäckereien wurden angewiesen, in den nächsten Tagen Brot für die Bevölkerung herzustellen. * DaS Ende der blutigen Kämpfe in Colo rado. Die Bergleute von Colorado haben auf die Fortsetzung des Kampfes verzichtet und den Milizsoldaten die Waffen auSgeliefert. Ob damit der Ausstand der Bergleute beendet sein wird, ist jedoch fraglich. In den mit großer Erbitterung geführten Kämpfen sind 75 Mann getötet worden. * Schweres Unglück beim völlerschletzen. Aus Haltern i. W. wird gemeldet: Bei einem Böllerschießen, mit dem nach altem Brauche eine Hochzeitsfei-r cingeleitet wurde, explodierte rin zu stark geladener Mörser vorzeitig. Durch die Explosion wurde dem 18jährigen Laudwirtssohn Breuer eine Hand abgerissen und der Schädel zerschmettert, ein anderer junger Mann erlitt schwere Verletzungen an den Händen und im Gesicht, so daß das Augenlicht gefährdet ist. Breuer starb im Krankcnhause, ohne die Besin nung wiedercrlanzt zu haben. * Em roher Bursche. Bei Amiens (Frank reich) wurde ein 15jährtger B usche verhaktet, der auf das Gleis der Bahnlinie AmicnL—Rouen mehrere Steindlöcke gemälzt hatte, um, wie er auf dcm Polizeipräsidium auösagle, einmal eine Zugentgleisung mit ansehen zu können. „Nun rede Du auch," wurde Kerlchen grob — „ich habe sie ihm doch beigekracht, und ich mutz sie auch heilen." Sie sah nicht, wie Riele mit den andern lachte. Eifrig holte sie ein Täschchen mit Heft pflaster aus ihrem Sportgürtel hervor. „Darf ich?" fragte sie, mit der rosigen Zunge über das Pflaster fahrend. „Es wird mir süß sein," antwortete Hans Ulrich lächelnd. „Ouatschen Sie man bloß nicht. Tut es noch weh?" fragte sie dann, mit dem Taschen tuch das kleine Pflaster fest drückend. „Nein, garnicht gnädiges Fräulein. Aber ich möchte Sie doch strafen." „Auch noch, als ob ich nicht schon genug gestraft bin. Wissen Sie, das ganze Wett- sichren macht mir nun keinen Spaß mehr. Heute zwei erst« Preis«; erst beim Einsitzer- Wettro-deln und dann beim Zweisitzer-Wettro deln, trotzdem ich den Törres, das Schaf, bei mir hatte. Beinahe hätte der Kerl, weil er wie besessen schrie, noch die ganze Geschichte umgeschmissen. Aber ich wollte doch diesem Hasenfuß die Furcht abgewöhnen. Er ist näm lich gar nicht so schlecht, wi« alle denken. Mir folgt er wie ein Hündchen. Wer weißt ob man nicht noch einen ganz ordentlichen Men schen aus ihm machen könnte." „Nun ist es aber genug," brauste Hans Ulrich auf, indem er Kerlchens Rodel zornig aus dem Schnee zog. „Gestern lassen Sie sich von dem Piloten die Hände küssen, als könnte er garnicht wieder von Ihnen loskommen, und h-oute rodeln Sie schon wieder mit dem Tor res, der als Mädchenjäger bekannt ist, jawohl, bekannt." „Na, bei mir gibt's nichts zu jagen," lachte Kerlchen. „Geld habe ich nicht, und was der wohl sonst jagen möchte! Nein, es tut mir nur leid, weil er so affig ist rmd immer wusgelacht wird, ich habe nun mal so'n weichmütiges Herz." „Na, das haben Sie mir aber noch nicht gezeigt, Fräulein von Oertzen, und ich ver lange, nun als Sühne für begangene Schuld, daß Sic heute mit mir rodeln. Das haben Sie noch nie getan." „Ach, mit Ihnen," rief sie bestürzt, „das ist ja ganz was anderes." „So, warum denn?" Sie stand da, das ganze süße Gesicht in Glut getaucht. „Ach, weil Sie so anders sind." „Aber als Pflaster, Kerlchen, auf meine von Ihnen geschlagene Wunde?" Sie nickte. „Na, meinetwegen, das aber sag« ich Ihnen, wenn Sie sich nicht riesig anständig beneh men, dann ist es aus mit uns. Mit Liebes erklärungen usw. dürfen Sie mir nicht kom men, wie neulich, als ich mit Ihnen tanzte. Ich habe Ihnen doch gesagt, daß ich nichts von Liebe und solchem Kram wissen will. Ich will mich mal selber ernähren, das Ab- bängigkeitsverhältnis zu einem Mann paßt mir nicht. Ich werde Luftschifferin oder so was. Jawohl, Sie brauchen garnicht zu lachen, und das Singen verbitte ich mir auch wenn ich zu Ihnen rede. Verstanden?" Nun lachte Hans Ulrich ganz laut. An beiden Händen hielt er Kerlchen trotz der vielen Fußgänger, die ihnen begegneten fest, und trotz ihres energischen Sträubens fragt« er lustig: „Kennen Sie denn den Text der Melodie?" „Ach, lassen Sie mich doch zufrieden." „Ich denk« nicht daran. Hören Sie nur zu!" Und ohne auf ihr Sträuben zu achten, sang er ganz laut durch den Winterwald: „Mädel klein, Mädel fein, Gibt sich drein, sagt nicht nein, Das weiß ich beides ganz genau, Wird meine süße, kleine Frau!" Da riß sie sich mit einem kräftigen Ruck los, griff schnell nach ihrem Rodel, und wie gejagt haftete sie, den Schlitten hinter sich herschleifend, davon. Hans Ulrich sah ihr mit glückseligen Augen nach, so lange ihr« rote Jacke durch die Zweig« leuchtete. Dann kehrte er lang sam zu seiner Hexe zurück, die seiner am Auf- zug« harrte. Der weite, weiße Wald schien ihm in «in Feenreich verwandelt, und überall sah er Kerl- chens strafende, blaue Augen und ihr süßes Erschrecken, das ihn so selig machte. Und jauchzend klang es noch immer in seiner Brust: Mädel klein, Mädel fein." Zum Bobrennen war ihm heute die Lust vergangen. Er spann ganz andere und süße Träum« in dem weiten, weißen Wald. In der Lust Ivar cs wie ein Jauchzen, und der weiße Schnee funkelte wie von tausend glück seligen Träumen, und überall war Glück, war Sonn«. * * * Mittags gab's einen Damenlauf auf Skiern an der Schloßwiese abwärts, die Schwarz Walder Straße entlang. Irmengard, der Prinz und Riele Vossen hatten sich auch daran beteiligt, und Frau von Köpping war Siegerin geblieben. Man hatte die blonde, etwas zur Füll« neigende Frau sehr bewundert, und Irmen gard hatte ein unangenehmes Gefühl nicht unterdrücken können, daß sie durch Evelyn ge- schlag«n war. Sie hatte sich vorher garnicht um die Nennmrgen bekümmert, und als sie entdeckte, daß Evelyn an diesem Wettlauf teilnahm, aus den sich Irmengard schon so lange gefreut, batte sie zwar sofort daran gedacht, das Rennen aufzugeben und lieber Reugeld zu zahlen, aber ihr Stolz verbot es ihr dennoch. Was würde Köpping von ihr denken. Ir mengards Verlobter lachte, als sie mit Riele Vossen fast gleichzeitig das Ziel erreichte, das Frau von Köpping schon gewonnen. (Fortsetzung folgt.)