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281, 3 Dezember 1904. Nichtamtlicher Teil. 10923 halb unverständlich, daß man sich auf dieses Gericht und das angeführte Erkenntnis zur Rechtfertigung einer solchen Parallelisierung berufen hat. Wenn aus dem Inhalt des Verlagsvertrags, vor allem aber aus dem Zweck des Verlagswerks unter Anwendung der Grundsätze von Treu und Glauben geschlossen werden muß, daß der Verleger ein Manuskript haben wollte, dessen Material in der Hauptsache noch nicht anderweitig verwendet worden ist, so handelt der Verfasser seiner Ver pflichtung aus dem Verlagsvertrag entgegen, wenn sein Manuskript in der Hauptsache oder auch nur zum größern Teil aus schon verwendetem Material besteht, und es kommt dann keineswegs irgendwie darauf an, ob er dem Verleger an dem Manuskript das Verlagsrecht verschafft hat. Mit andern Worten: Neben der Verpflichtung zur Verschaffung des Verlagsrechts — einer auf gesetzlicher Vorschrift beruhenden Verpflichtung — obliegt dem Verfasser auch die Verpflichtung, in dem zu liefernden Manuskript kein Material zu verwenden, das schon anderweitig verwendet wurde, sofern aus dem Verlagsvertrag und insbesondere dem Zweck des Verlags werks sich ergibt, daß nur auf unverwendetes Material ge rechnet wurde. Die elftere Verpflichtung muß in jedem Fall erfüllt werden, es sei denn, daß sich aus dem Verlags vertrag das Gegenteil ergibt; die letztere dagegen nur in denjenigen Fällen, in denen die Auslegung des Vertrags die Annahme des darauf gerichteten Vertragswillens not wendig macht. Daher läßt sich allerdings nicht generell, sondern nur von Fall zu Fall feststellen, ob die Verwendung von Material, dessen vorherige und anderweitige Verwendung feststeht, mit den Verpflichtungen des Verfassers in Wider spruch steht oder nicht. Man hat diese Lösung als eine unvollkommene bezeichnet und gemeint, daß sie nicht die Eigenschaften einer zuverlässigen Direktive habe, die von den Autoren in jedem Fall benutzt werden könne. Auch wenn die letztere Bemerkung zum Teil als zutreffend zu bezeichnen ist, so muß doch an dieser Beantwortung festgehalten werden, da eine andre gar nicht möglich ist. Übrigens scheint die Beurteilung der Frage im Einzel fall nennenswerte Schwierigkeiten gar nicht zu verursachen. Die Berücksichtigung der Grundsätze von Treu und Glauben und die Heranziehung der guten Handelssitte ermöglicht fast immer eine Entscheidung, die durchaus mit dem in Einklang steht, was unter dem Billigkeitsgesichtspunkt gefordert werden kann. Die ausdrückliche Erläuterung dieser Punkte in den Verlagsverträgen ist nicht besonders gebräuchlich, auch uicht in den umfangreichen und detaillierten; — Beweis genug, daß man auch ohne unmittelbare Behandlung der Frage bisher ganz gut ausgekommen ist. Die richtige Anwendung des Verlagsgesetzes in Verbindung mit den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs bietet die Gewähr dafür, daß inan auch ferner der ausdrücklichen Regelung des Punktes in den Verlagsverträgen nicht bedarf. Justus. Kleine Mitteilungen Carl Glörfeld in Delstern (Hagen). — Carl Glörfeld in Delstern bei Hagen, der Unternehmer einer »Christlichen Ver sandbuchhandlung», der sich durch zahlreiche unbezahlt gebliebene Bestellungen bei Verlegern unlieb bekannt gemacht hat und vor dem im Börsenblatt häufig gewarnt worden ist, ist nach mehr fachen früheren Bestrafungen wegen gleichartiger Betrügereien und Betrugsversuche, unlängst — wie seinerzeit hier mitgeteilt worden ist — durch Beschluß der Strafkammer in Hagen außer Verfolgung gesetzt worden, da sich Geisteskrankheit bei ihm herausgestellt hat. Er hat sein gefährliches Treiben leider wieder ausgenommen, wie eine Reihe uns vorliegender Bestellkarten aus der letzten Zeit erweist. Wir dürfen wohl erwarten, daß die zahlreichen Warnungen des Börsenblatts den Erfolg gehabt haben, daß neuerdings kein Buchhändler durch ihn zu Schaden gekommen ist. Wie uns nun mehr aus einem amtlichen Schreiben bekannt geworden ist, hat der Erste Staatsanwalt beim K. Landgericht zu Hagen beim dortigen K. Amtsgericht die Entmündigung Carl Glörfelds be antragt. (Red.) Vom Deutschen Reichstage. (Vgl. Nr. 280 d. Bl.) — Die in Nr. 280 d. Bl. gemeldeten Anträge gegen Unfug in Aus verkäufen, gegen Beamtenwarenhäuser und zur Ergänzung des Gesetzes gegen unlautern Wettbewerb, mit denen sich der Deutsche Reichstag am 30. November und 1. Dezember beschäftigt hat, seien nach den nunmehr vorliegenden Berichten im nach folgenden ausführlicher mitgeteilt: 1. Die Resolution Gröber (Zentr.) geht dahin: die verbündeten Regierungen zu ersuchen, zum Schutze des Mittelstandes im Gewerbe, insbesondere im Interesse des Klein handels, dem Reichstage Gesetzentwürfe vorzulegen, durch welche 1) das Gesetz über den unlauteren Wettbewerb entsprechend erweitert, 2> das Ausverkaufswesen geregelt, 3) die Härten des Gesetzes über die Abzahlungsgeschäfte beseitigt, 4) den Beamten des Reichs, des Heeres, der Marine und der Einzelstaaten, sowie den Offizieren die Gründung und der Be trieb von Warenhäusern untersagt wird. 2. Die Resolution Rettich (dt.-kons.) will die verbündeten Regierungen ersuchen: dem Reichstag möglichst noch in der laufenden Session einen Gesetzentwurf über das Ausverkaufswesen vorzulegen, durch den 1. die Anmeldepflicht für alle Ausverkäufe festgesetzt, 2. die Veranstaltung von Scheinausverkäufen und 3. jeder Nachschub von Waren zu einem Ausverkauf unter Strafe gestellt wird. 3. Die Abgeordneten Patzig, von Kaufmann, Kraemer und Münch-Ferber (nl.) beantragen: die verbündeten Regierungen zu ersuchen, dem Reichstag noch im Laufe dieser Session einen Gesetzentwurf, betreffend Abänderung des Gesetzes zur Bekämpfung des unlauteren Wett bewerbs vom 27. Mai 1896, vorzulegen, wodurch hinter K 4 dieses Gesetzes folgende HZ 4a und 4b eingeschaltet werden: 8 4a. »Die Veranstaltung eines Ausverkaufs ist seitens des Ver anstalters der Ortspolizeibehörde anzuzeigen. Die Anzeige muß am vierten Tage vor Beginn des Ausverkaufs erstattet sein; sie muß enthalten, in welchen Verkaufsräumen der Ausverkauf statt findet, an welchem Tage er beginnt und, falls er nur in be stimmten Stunden des Tages stattfindet, in welchen Stunden dies der Fall sein wird. Der Anzeige ist das Verzeichnis derjenigen Warenrestbestände bcizufügen, welche ausverkauft werden sollen. Diese Restbestände müssen an dem Tage, an welchem die Anzeige erstattet wird, in den Geschäftsräumen vorhanden sein, in welchen der Ausverkauf stattfindet, und müssen an diesem Tage Eigentum des Veranstalters des Ausverkaufs sein. Eine Erklärung, daß diesen Voraussetzungen entsprochen ist, muß in der Anzeige mit enthalten sein. Das Nähere wegen der Anzeige und wegen der Feststellung der in der Anzeige anzugebenden Tatsachen bestimmt der Bundes rat. Die hierüber erlassenen Bestimmungen sind dem Reichstag zur Kenntnisnahme vorzulegen. Wer den Ausverkauf nicht auf die in der Anzeige verzeichneten Warenrestbestände beschränkt, wird mit Geldstrafe bis zu 1500 bestraft. 8 4b. -Die Veranstaltung einer Versteigerung von Waren ist seitens des Veranstalters spätestens am vierten Tag vor Beginn der Ver steigerung der Ortspolizeibehörde anzuzeigen. Die Anzeige muß enthalten: (Wortlaut wie in H 4a, mit der Maßgabe, daß statt »Warenrestbestände- gesagt ist: »Warenbestände«, statt »Ausver kauf«: »Versteigerung«, statt »Eigentum«: »im Gewahrsam-). Kolonialgeschichte Englands. — Die Universität Ox ford hat das Anerbieten eines reichen Kaufmanns, Alfred Beit, eine Professur für koloniale Geschichte zu stiften, angenommen. Damit ist Beit verpflichtet, der Universität sieben Jahre lang jährlich 1310 Pfund Sterling zu zahlen. Außerdem setzt Beit jährlich einen Preis aus für die beste Arbeit über die Vorteile einer Reichsbürgerschaft. Zum Ankauf für Bücher über koloniale Geschichte bewilligt er jährlich die Summe von 50 Pfund Ster ling. Er hat sich bereit erklärt, nach Ablauf der sieben Jahre auf Wunsch diese Stiftung für dauernd zu erklären. (Nach: Beilage z. Allg. Ztg. (München).) 1429