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VMM DohriiSkiMnUhlilri Lüngn M ssiß' * L»FG UsP » ' D ? t Nr, 1V4 Donnerstag, den V. Mai LV14 M« Jahrgang Ein Wintertraum. Roman von Anny W o t h e. 20. Fortsetzung. (4t chdruck v«Hotrn.) (O"p^riAkt 1912 d/ V^otUv, I^^lp/i^) „lind wenn ich Dir Yente sage, das: ich den anderen liebe, wirst Dn mich dann srci- - e^ en?" Leo sah seine Braut fest an- Einen Augenn ! lick preßte er die Lippen fest aufeinander, dann sagte er kurz: „Nein, ich würde es nur tun, wenn ich ein Glück für Dich in dieser anderen Liebe sehen würde, un-d an ein solches Gl-ck, Jnge- lid, glaubst Du ja selber nicht." „Und wenn ich lieber Not und Tod, Un glück und Verzweiflung in meiner Liebe er dulden würde, als ein Leben ohne Liebe an Deiner Seite. Was dann, Leo?" Ein banges Schweigen Ivar plötzlich zwi schen beiden. Draußen rieselten weiche, weiße Flocken lernieder. Unaufhörlich rieselten sie, ein Wei hes Bahrtuch über die Erde breitend. „Ich würde Dich auch dann nicht lassen, Jngelid. Mit aller Kraft würde ich Dich hal ten und alles daran setzen, Dich von Deinem Irrtum frei zu machen." „Und wenn Dir das nicht gelingt? Wenn ich mich kosreiße, wenn es nicht anders sein kann, mit Gewalt?" „Dann würde ich Dich dennoch nicht ver lassen, Jngelid. Immer würde ich Dein treue ster Freund sein, der zu Dir steht in Not und Tod, der über Dich und Dein Glück wacht, der Dich hält, der Dich schützt, wenn Du strauchelst." Jngelid machte eine lässige, abweisende Bewegung. „Dann gib mich frei, jetzt gleich. Warum die Qual verlängern?" „Weil Du Dich selber nicht kennst, mein geliebtes Kind, weil Du wild in etwas hin einstürmen willst, was Dir garnicht liegt. Kannst Du mir in drei Monaten versichern, daß Du noch ebenso denkst wie heute, sv soll Tein Wille geschehen, bis dahin aber bist Du mein, und ich erwarte von Dir sowohl wie von diesem Mister Wood, daß ihr meinen Standpunkt respektiert." „Und wenn ich nicht will?" „So wirst Du Dir die Folgen selber zuzu- schreiben haben. Bis setzt hat mir der Eng- I »der keine Gelcgenbeit gegeben, gegen ihn einzuschreiten. Das würde aber geschehen so wie er sich erdreisten sollte, Dir im geringslen näher zu treten Ohne Gewissensbisse würde ich ihn niedcrknallen, und Du weifst ich treffe gut und sicher. In den drei Monaten, die ich Dir Frist gestellt habe, wirst Du genügend Gelegenheit haben, über Dich und Deine Ge fühle nachzudenken, was Du bis jetzt versäumt zu haben scheinst. Bis dahin aber erwarte ich von Dir, das: Du meine und Deine Stellung, achtest, und Dein Verkehr mit diesem Misicr Wood, den ich durchaus nicht hindern will, über das gesellschaftliche Niveau nicht hin ausgeht. Im übrigen möchte ich bemerken, daß ich ür diesen in Aussicht gestellten Famllienver- ke'r mit der Mutter des Engländers danke. Nicht mehr, als was ohne auszufallen unb e dingt notwendig ist. Du sollst aber in keiner Weise beschränkt sein, Jngelid." „Dein Vertrauen zu mir scheint ja gren zenlos," spöttelte sie, „wenn Du Dich nur nicht täuschst, Leo." „Das wird sich finden," gab er scharf zu rück. „Jetzt aber komm, den Lunch haben wir versäumt, und Tante Bella wird nicht wenig löse aus uns sein." Jngelid sah unsicher ihrem Verlobten in das, wie es ihr jetzt schien, ganz fahl gewor dene Gesicht. Die Augenbrauen waven ebenso finster zusammcngeschoben, wie sie es zuwei len auch bei James Wood bemerkt hatte, und Sächsischer Landtag. Erste Kammer. 38. Sitzung vom 5. Mai. P r inzIohann Georg berichtet zu erst über Etatkapitel 77, Bergakademie Frei berg. Die Einnahmen wurden mit 65 850 Mark g-enehmigt und- die Ausgaben mit 461 511 Mark bewilligt. Die Etatkapitel Mi nisterium der Auswärtigen Angelegenheiten, Gesandtschaften und Finanzielles Verhältnis Sachsens zum Reich wurden ohne jede De batte nach der Vorlage angenommen. Den Rest der Tagesordnung bilden Peti tionen. Bei der Beratung derselben kommt es zu einer längeren Aussprache über die Petitionen der Bezirksschulinspektionen Dresden 1, zwi schen der Landes- und Stadtverwaltung zu Dresden, der zu Leipzig und des Vorstandes des sächsischen Gemeindetages wegen Festlegung -er Osterfestes bezüglich der Festsetzung des Schuljahres vom 1. April bis 31. März. Oberhofprediger Dr. Dibelius erklärt, daß die Festlegung des Osterfestes auch von der evangelischen Kirche mit großer Freude begrüßt werden würde. Er verkenne nicht die Schwierigkeiten, die sich einer solchen Fest legung entgegenstellten, er glaube aber, daß diese bei einigem guten Willen zu überwinden sein würden. Handelskammerpräsident Dr. Waentig stießt dabei, daß es am besten sein würde, das Schuljahr auf die Zeit vom 1. April t is 31. März zu legen. Die kleinen Schwierig-- leiten, die entstehen würden, müßten über wunden werden. Dr. Dittrich- Leipzig schlägt vor, e ne Sachverständigenkommission aus Kreisen der Handels- und Gewer etammer, der Schule, Kirche, Industrie und Landwirtschaft zu w h len, die sich mit dieser Frage zu beschäftigen > a en würde. K-nlli'sminister Dr. Beck legrüßt den Vorschlag und erwartet, daß die Regierung damit einverstanden- sein würdel Superintendent Cordes ist der Ansicht, daß eine endgültige Regelung erst slalbinden 'dune, wenn der Beginn des Schuljahres ans den Herbst verlegt werde. Er littot daher Ne zu ernennende Kommßsion, die Frage in die ser Hinsicht besonders zu Prüfen. Schließlich wird das Depu alionsrotum angenommen, das dahin geht, die Pe iltion der Regierung zu ü erweisen, und zwar in dem Sinne, ob nicht der Beginn des Schul sabres aus den Herbst verlegt werden kann. Nächste Sitzung: Mittwoch 11 Uhr. Ta- gesordnung: Etchslapitel und Pe itionen. * * Duette Kammer. 83 Sitzung vom 5. Mui. Alg. Dr. Kaiser (natl.) berichtet ül er den nationalliberalen Antrag betr. Rechtsmüt- telbelehrung. Die Deputation empfiehlt die Annahme des Antrages. Abg. Dr. Schanz (kons.) bittet den An trag abzulehnen. Abg. Dr. Roth (Vpt.): Die Fortschritt ler werden für den Antrag nach der Deputa- tionsfassung stimmen. Abg. Dr. Spie ß : Die Konservativen werden im Sinne des Arg. Dr. Schanz stimmen. Abg. Dr. Kaiser (natl.): Von Haft pflicht ist in dem Antrag nicht das mindeste gesagt, aber die Frage ist in der Deputa ion erörtert worden. Es gibt einen Weg, die Haftbarkeit der Beamten nahezu auszuschlie ßen. Die von Dr. Schanz vorgebrachlen Be denken sind haltlos. Etwas anderes ist es, ob man sich mit einer Denkschrift begnügen will. Aber die von konservativer Seite vor gebrachten materiellen Bedenken .sind nicht durchschlagend. Sodann wird der Antrag gegen 12 konser vative Stimmen angenommen. Abg. Biener (Res.) referiert über eine Petition um eine authentische Interpretation des § 23f der neuen Landgemeindeordnung betr. Ausschließung Einzelner vom Gemeinde wahlrecht wegen Steuerrückstandes. Es sei eine Rechtsunsicherheu in dieser Richtung vor- 'anden, die eine Parteiische Anwenduug. des Gesetzes möglich mache. Die Deputation ist der Meinung, daß es sich hier nicht um eine Beschwerde handelt, sondern einfach den Wunsch um eine Interpretation zum Ausdruck bringen will. Es liegt dafür auch ein allge meines Interesse vor. Darum empfiehlt die Deputation, die Petition der Regierung zur Kenntnisnahme zu überweisen. Ohne Aussprache beschließt das Haus dem gemäß-. Sodann kommen die Petitionen und der Antrag Castan betreffend GemcindewahlrechtSfragen zur Beratung. Al g. Brau n (natl) empfiehlt im Auf trage der Deputation, die Petitionen auf Ab- uderung der 8 8 46 R.-St.-O. und 25 R- L O und auf Verleihung des passiven kom munalen Wahlrechts an die Gemeindebeam en der Regierung zur Berücksichtigung zu über weisen. Abg. Wilde (Soz): Die Petition des nftionalliberalen Vereins zu Leipzig auf Auf- ! e umg des Hausbesitzerprivilegs bei den L tadtverordneienwahlen (Abänderung des 8 30 R -St.-O.) hat die 1. Kammer auf sich e- ru cu lassen. Auch die Regierung hat einen a lehnenden Standpunkt eingenommen. Die Deputation der 2. Kammer hat nach kommis sarischer Beratung beschlossen, die Petition der Regierung zur Erwägung zu überweisen. Abg. Schmidt- Freiberg (kons.) findet als Berichterstatter der Minderheit die Peti tion nicht bescheiden. Er ist der Meinung, daß sie aus eine Beschneidung der Rechte der ! Hausbesitzer hinauslaufe. Er empfiehlt, die Petition auf sich beruhen zu lassen. Abg. Wilde (Soz.) begründet dann den sozialdemokratischen Antrag aus Aenderung der Kommunalwahlrechte dergestalt, daß Ällge- meinwahlon eingeführt werden sollen, bei de nen alle Gemeindeangehörigen, auch die weib lichen Geschlechts, vom 20. Le ensjahre ab stimmberechtigt und wählbar sein sollen. Die Verteilung der Gemeindevertretersitze soll nach den Grundsätzen der Verhältniswahl erfolgen. Die Wa l selbst hat, so fordert der Antrag, an einem Sonntage stattzufindeu. Abg. Kleinhempel (natl.) unterstützt die Petition des Nationalliberalen Vereins zu Leipzig und bekämpft den sozialdemokratischen Antrag, der weiter gehe als das Reichstags wahlrecht. Das Gemeindewahlrecht habe sich im allgemeinen gut bewährt. Den ansässigen Bürgern müsse ein gewisses Vorrecht erhalten bleiben, bannt sie nicht durch die fluktuierende Bevölkerung majorisiert werden. Redner bean tragt, den Antrag Castan in sofortiger Schluß- bevatung a zulehnen. Abg Biener (Ref.) polemisiert in län geren Ausführungen gegen den Antrag Ca stan. Gegen das Stimmrecht der Frauen ist er, solange sie in Warenhäusern einkausen. Auch die Petition des Nationalliberalen Ver eins in Leipzig, ist ihm nicht sympathisch. Abg. Dr. Roth (Vpt.): Die Petition aus Leipzig unterstützen wir, doch sind wir der Meinung, daß der Antrag Castan zu weit geht. Wir werden ihn deshalb ablehnen. Abg. Lange- Leipzig (Soz.): Wir stim ¬ men der Leipziger Petition zu, obwohl sie praktisch bedeutungslos ist. Der Hausbesitz ist heute zum spekulativen Erwerbsstand gewor den. Sodann verteidigt er den Antrag Castan in ziemlich leidenschaftlicher Form. Abg. Wittig (kons-) wünscht das pas sive Wa' lrecht der Gemeindebeamten allgemein bewilligt zu sehen. Im übrigen polemisiert er gegen die sozialdemokratischen Ansprüche. Abg. Dr. Zöphel (natl.): Der An rag Castan behält nach den Ausführungen des A g. Lange das Gesicht einer Demonstration. Redner tritt für die Petition des National- li eralen Vereins zu Leipzig ein- Der Haus besitz sei zum Teil Gewerbe geworden. Er weist die Vorwürfe des Abg. Lange zurück und empfiehlt die Anträge der Deputations- Mehrheit. Nach den Schlußworten schreitet man zur A stimmung. Der Antrag auf Verleihung des passiven Wahlrechts an die Gemeinde eamten wird angenommen. — Die Petition des Na tionalliberalen Vereins zu Leipzig wird gegen 25 Stimmen der Regierung zur Kenntnis- nahme überwiesen. — Der Antrag Castan end lich wird gegen die Stimmen der Sozialdemo kraten ab gelehnt. OertlicheS «nd Sächsische-. *— Als die Gasbeleuchtung k a m. Zu dem Artikel in Nr- 102 unseres Blattes wird uns mitgeteilt, daß die erfte Leuchtgasflamme in Lachsen und ganz Deutschland bei dem Professor Lampadius- Franz von Lenbach. Am heutigen 6. Mai sind lOJahre verflossen,daß einer der größten Porträtisten aller Zeiten die Augen schloß: Franz von Lenbach, dessen Bismarck- und Molftebilder in vielen großen Galerien vertreten und durch zahl reiche Reproduktionen allge mein bekannt sind. Wenn seine Zeichnung auch oft flüchtig und inkorrekt ist, so sind seine Bildnisse doch meist von großer plastischcr Wirkung und von geistreicher Auffassung, die dcnCharakter der Dargestelltcn mit psycho logischer Schärfe und genialer Intuition, wenn auch meist mit einer Steigerung über die schlichte Natur hinaus ins Heroische und Pathetische wiedergibt. Von seinem Vater, einem einfachen Maurermeister in Schrobenhausen in Oberbayern, wo Lenbach am 13. Dezember 1836 geboren worden war, zum gleichen Hand werk bestimmt, fand Lenbach doch bald den Weg von der Gewerbeschule in Landshut über die Polytechnische Schule in Augsburg zur großen Kunst, die er in München auf der Akademie, dann bei Gräfle, 1857 bei Pilwn. seit 1863 als Protegee des Grafen Schock in Italien studierte. Unser heutigcs Bild zeigt das Porträt d 8 großen Meisters, links sein Geburtshaus. ein kalter, harter Zug lag um seinen Mund. „Willst Du mir nicht den Arm reichen, Jngelid?" Sie zögerte und ein weicher, fast kindlicher Zug legte sich um ihre roten Lippen, als sie sagte: „Ich möchte nicht, daß wir diese Unter redung so unfreundlich enden. Habe Geduld mit mir, Leo. Du last mir selber versichert, daß Du mein bester Freund bist, und ich wüste auch nicht, daß ich zu jemand mehr Vertrauen hätte, als zu Dir- Aber Du darfst nicht hart zu mir sein, ich ertrage das nicht." Er nickte nur leicht und zog ihren Arm durch den seinen. „Wir müssen uns doch der Welt als tadel loses Brautpaar zeigen. Komm, Jngelid, es ist wirtlich die höchste Zeit." Und sie ließ sich von ihm führen, willen los. Und doch fühste sie, daß sich zwischen ihnen plötzlich eine Schranke aufgerichtet hatte, eine Schranke, die vielleicht niemals wieder fallen würde. Eigentlich hätte sie freudig aufatmen müs sen, und doch empfand sie, wie sich dunkle Schatten schwer auf ihre Seele legten. Und draußen stob der Schnee. Im wilden F-lockentanz zog ein Schneesturm über Tal und Höhen. * * * lieber den weißen Bergen und über dem weißen Wald lag ein goldenes Scheinen. Weit breitete sich das winterliche Feld. Vom Dorfkirchlein klang die Glocke. Traum haft, wie verschlafen, lugte hier und da ein Häuslein aus dem Schnee. Sonst nichts als das leise Rauschen des Windes in der Luft. Ueber den weißsamtenen Hang kamen sie hinabgeglitten, die flotten Skiläufer aus Ober hof. Eine fröhliche Gesellschaft, die am Nach mittag gleich nach den Wettläufen bei lusti gem Flockentanz auf Skiern aufgebrochen war. Es hatte längst zu schneien aufgehört. Ein zartes Rot legte sich über die Berge. Purpurn glühte es aus, dann verblaßte dao Licht. Bio teste Schatten zogen auf, die Sonne ging unter der Abend war ge-ommen. Jauchzend geht es abwirts mi Windes eile. Leicht stäubt der Weiße Schnee- Hier und da ein Lachen, ein frohes Wort. Und dann gleiten sie wieder aufwärts, zuerst ge mächlich und dann steiler und immer steiler. Alle Skßahrer bewegen sich schon in den sogenannftn Grätenschritt aufwärts. Man muß dabei niit einem stampfenden Ruck die glatten Brester tief in den Schnee hinein- kanten. Die elastischen Hölzer schlittern leicht. Ein Rauschen und Knistern, ein leises Rieseln wie zerrinnender Schnee, und dann stehen die Ski läufer oben auf der Höhe und blicken hinab ins Tal. Alles Lachen und Scherzen ist verstujmmt. Andächtig stehen alle und schauen still hinein in den Feierglanz der Nacht. Tics eingebettet in den weißen Schnee ruht hier und da ein Dorf, eine Hütte, da hinter ragt der Wald geheimnisvoll in einem matten Silberlicht. Die Sterne ziehen auf, glänzend wie leuch tende Himmelsaugen stehen sie da droben. Jngelid steht an Leos Seite. Er hat so eben die weiße Wachssackel gelöscht, die er ihr zur Seite beim Aufstieg durch den halbdunklen Wald getragen. Es ist hell genug in dieser weißen, zauberischen Winternacht, um die Fackeln entbehren zu können. Sie hatten nur wenig miteinander gespro chen, Jngelid und Leo. Das Gespräch von heute Mittag klang in beider Herzen wider. Weite Strecken hatte Leo an Riele Vossens Seite zurückgelegt. „Vielleicht will er mir Ge- legenheit geben, mit Mister Wood zu reden-," dachte Jngelid, und wie Bitternis stieg es in ihrer Seele auf. (Fortsetzung folgt.)