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KMM m gchriSnMiiMiiln Adriger «r 88. Lonnabrnd, den 18 April »»14 LL. J^h»ga«g SöMl. Ein halbes Jahrhundert vollendet sich am 18. April des gegenwärtigen Jahres, daß die preußischen Truppen unter Prinz Friedrich Karl die berühmten Düppeler Schanzen im ersten Anlarffe erstürmten, womit die Nieder lage Dänemarks im Kriege mit den beiden vevoündeten deutschen Großmächten Preußen und Oesterreich besiegelt und das Werk der Bereiung Schleswig-Holsteins von der däni schen Fremdherrschaft durchgeführt war. Zwar zog sich der Krieg noch etwas hin, da die Dänen auch jetzt noch immer auf fremde Hilse, namentlich seitens Englands, hoffte», ater der rasche weitere Siegeszug der Verbündeten, aus dem sie fast kampflos ganz Jütland besetzten, machte diese dänischen Hoffnungen zunichte. Der Waffenstillstand vom 20. Juli 1864 war nur der Vorläu'er des definitiven Friedens schlusses vom 30. Oktober 1864 zu Wien, durch welchen das besiegle Dänemark die Her zogtümer Schleswig-Holstein und Lauenburg endgültig an Preußen und Oesterreich abtrat. Die Erstürmung der Düppeler Schanzen stellte die erste, glänzend bestandene Feuer probe der preußischen Truppen nach der vom König Wilhelm I. kaum erst und unter Ueber- windung mannigfacher heftiger Widerstände vollendeten Armeeorganisation dar. Diese Be- estigungen, welche bereits in den deutsch-dä nischen Kämpfen der Jahre 1848 und 1819 wiederholt eine hervorragende Rolle gespielt hatten, waren seitdem von den Dänen erhe- lich verstärk' und mit einer großen Anzahl schwerster Geschütze armiert worden. Die ganze Anlage — aus zehn Schanzen, einer Anzahl Redouten, Pallifadenwerken usw. bestehend — lehnte sich mit ihren beiden Flügeln an das Meer welches von der dänischen Flotte be herrscht wurde; ein ebenfalls stark befestigttr Brückenkopf sichere die Per mdung der Were mil der ihnen gegeuü.er gelegenen strategisch michnaen Jnftl Alsen. Prinz Friedrich Karl mache sich zu einer förmlichen, mehrere Wo-ben w.hrcnde» Belagerung der Schanzenanlagen entschließen, ehe der entscheidende Sturm un ternommen werden konnte. Er wurde am 18. April vormittags 10 Ilir nach voran, egance ner rüstiger Beschießung der Schanzen ins Werl gesetzt, Vinnen nur zehn Mmwcm hatte» d e Preuße», in sechs Sturmkolonnen formiert, die Schanzen genommen, dann die dänischen Reserve» zurüchgeschlage» und schließlich auch den Brückenkopf erst rott. Sie vezallre» die se» großen Erfolg mit einem Verlust von 1201 Toten und Verwundete», u»ter ihne» 7! Offiziere, die D ne» verloren an Toten und Verwundeten 44 Offiziere und 1157 Mann, an Gefangenen 36 Offiziere und 3549 Man» 119 Geschütze und viel Kr egsurate- rial wurde von den Siegern erbeutet. Die Kunde von der glänzenden preußischen Waffentat bei Düppel wurde in ganz Deutsch ¬ land mit Begeisterung ausgenommen, nicht »ur wegen der hierbei von den Preußen be wiesenen Tapferkeit und Todesverachtung, son dern auch in Hinblick auf die politische Be deutung des Sieges von Düppel. Ec brachte allen deutschen Patrioten die Gewißheit, daß nunmehr das bereits mehr wie einmal ver- sucht^ aber immer wieder wahrhaft kläglich gescheiterte Werk der Befreiung des alten deut schen Grenzlandes Schleswig-Holstein von der langen dänischen Fremdherrschaft gelungen, daß die Schmach von Jdstadt gesühnt sei. Aber dem glorreichen Tage von Düppel wohnte noch eine wettertragende politische Bedeutung inne, die allerdings damals wohl schwerlich geahnt werde,: konnte, denn er besiegelte nicht nur das Unternehmen der Erlösung Schles wig-Holsteins von dänischem Joche, sondern legte hiermit zugleich auch den ersten Grund für die nationale Einigung Deutschlands, die sechs Jabre später auf dem Umwege über die Schlachtfelder des Krieges von 1866 dank der genialen Staatskunst, eines Bismarck, dem Feldlerrngenie eines Moltke und der hingeben- Die immer mehr und mehr sich steigernde Bedeutung Berlins machte die Erschließung neuer Hilfsmitiel des Verkehrs zu einer zwingenden Notwendigkeit. Es erstand der „Grvßschrffahrt- weg", wie er in Zukunft wohl kurzweg genannt werden wird, der eine Verbindung zwischen Spree und Oder hcrstcllt, und damit auch eine solche zwischen der Elbe und Berlin einerseits und der Ostsee und Weichsel andererseits schafft. Aus diesen Namen dürfte sich die volle Bedeutung der neuen Wasserstraße voll und ganz ermessen lassen. Der Kanal selbst beginnt am Plötzensee und folgt dann zunächst dem alte» Spandauer Schiffahrtskanal, der eine entsprechende Erweite rung erfährt. Bei Saatminkel erreicht er die den Tapferkeit der deutschen Heere auf den Schlachlfeldern Frankreichs errungen werden sollte. Mit vollem Recht kann daher Düppel als das bedeu.same Vorspiel zu dem folgen reichen Kriege von 1870/71 betrachtet werden, und in diesem Sinne wird auch die vorberei tete Düppelfeier begangen werden. Meine Chronik. * Heftige Schneestürme werden aus Ostruß land gemeldet. Teilweise liegt der Schnee so hoch, daß Züge in ihm stecken blieben. Ein Brief der in Perm festgehaltenen deutschen Luft schiffer berichtet gleichfalls von großen Schnee mengen, die bei Perm niedergegangen sind. Dieser Brief berichtet u. a. über die unglückliche Lage der Deutschen: „Im Zimmer können wir uns vor Wanzen und Ungeziefer nicht retten. Die Küche wimmelt voll Schwaben. Das Essen ist kaum zu genießen. Wir ekeln es uns täglich für teueres Geld herunter. Die ganze Stadt, ca. 60000 Einwohner, besteht fast nur aus alten, Havel, führ: da»» »ach Spandau und Oranien burg in de» Lehmtzsee. Dicht hinter diesem See befindet sich eine Schlcute, ein Riesenbau, die den Zweck hat, die Schiffe aus der dortigen Niederung, auf die Höhe der Dünenlandschaft, :m ganzen um 6 Meter, zu heben. Hinter den: Lehnitzsee begiimt dann die inlereffantcste Strecke des neuen Kanals. Ec läuft nun direkt auf den Finvwkanal z r, den er bei Zerpenschleuse durch schneidet, uno folgt daim der alten Oder, um schließlich bei Hohensaalhe» de» Hauptstrom der Oder zu erreichen. Hinter Eberswalde hat man ein technisches Meisterwerk vollendet, den Kanal in eine Brück- hmeinzubettcn, die über die Eisen- bahiistrecke hinwegsühct. Ein sonderbares Schau zerfallenen Holzhäusern. Täglich schneit es noch, außerhalb liegt der Schnee noch mmdestens zwei Meter hoch. Das arme Volk besteht fast nur aus sibirischen Verbrechern, die nach Verbüßung ihrer Strafe sich nur bis Perm ansiedeln dürfen. Westlicher dürfen sie sich nicht ansiedeln." * Fortdauer der Erdrutsche am Hopfeuberge. Aus Bodenbach wird gemeldet: Am Donnerstag sind im Rutschgebiete in der Böhmischen Schweiz noch 25 Mann der Pionierabteilungen des 42. und 94. Infanterie-Regiments eingetroffen, sodaß gegenwärtig 55 Pioniere die Wasserableitungs arbeiten durchführen. Am gefährlichste» ist die Situation im WelSbachtale. Der Weisbach ist jetzt auf eine Strecke von ungefähr 600 Metern verschüttet. Das Tal ist durch die ungeheuren Erdmassen, die sich vom Hopfenberg herabschieben, fast ausgefüllt, und dabei dauern die Rutschungen fort. Die Erdmasfen, die eine Höhe von sieoen Metern haben, bewegen sich talwärts in der Richtung gegen Krochwitz. Der oberhalb der Elnbruchsstelle der Erbmassen in das Bachbett entstandene See wächst zusehends. Die Ablei tung dieser großen Wassermassen mittels Holz spiel, wenn oben auf der Brücke ein Schiff schwimmt, während aus ihrem Durchlaß ein Schnellzug herausbraust. Wie die Eisenbahn dann unter dem Kanal hindurchfährt, fließt dann der Fluß Ragöse in ähnlicher Weise unter dem Kanal hindurch. Zwischen Niederfinow und Liepe befindet sich alsdann eine Stusenschleuse von gewaltiger Ausdehnung. Durch diese eigen artige Anlage bringt man es fertig, die Schiffe nicht weniger als 36 Meter zu heben oder zu senken. Sie steigen gewissermaßen auf der Treppe nieder beziehungsweise auf ihr empor. Unser heutiges Bild zeigt den Großschiff fahrtweg bei Hohenfinow. MH Ser GroWsWMeg Berlin-Stettin. Zur bevorstehenden offiziellen Einweihung desselben. Ein Wiiritertraum. Roma» von Anny W o t h e. I?-. Fonsetzung. (Nachdruck verboten.) 1912 dz- tXnny ^VotUv, lavipri^.) Mit einer greulichen Gcüchtsverreukuig drückte der Graf sei» Mcmoclc fester ins Auge. „Wegen unzureichender Lenttarkeit .Kurve nicht zu nehmen," entgegnete er stolz. „Bis ü er die Ohren in Schnee jesessen, sage ich Ihnen, bester Mister. Bella geschrien, ich gelacht. Großartig amüsiert." „Na, es war einmal und nicht wieder," gai> Tau e Bella unter dem Gelächter der an dere» zu. „Man kommt ja aus der Lebens gefahr gar nicht heraus. Gerwin war wie be sessen. Am liebsten hätte er mir alle Glieder cntzweigerodelt." „Ach, Unsinn, Alte, jung bin ich wieder geworden, jung." Und er sang zu»: Gaudium der andere» lustig vor sich hin: „Ja, das Fahre», Laufen, Hopsen, Schärft die Sinne, stählt den Leich. Mit den: Rodest:, Skis und Bobb sei: O, welch schöner Zeitvertreib." „Er ist übergeschnappt, der Junge," flü sterte Tante Bella Jngelid erregt zu, „hüt e ich ihn man erst glücklich zu Hause." Jugelid aber sah ganz gerührt auf de» schnurrige» Orttel, der hier draußen i» der lerrlichen Natur wieder zum Kinde wurde, denn, das fühlte sie, wie ihn: hier in der weißen Schneepracht das Herz aufging, das gute, alte, treue He^. Und sie kormte nicht anders, sie gab den: Onkel, als soeben der Aufzug am Kluahause hielt, die Hand und drückte sie leise. „Gelt, mein Modele," lachte der Oheim vergnügt, und klopfte ihr die Backen, „das war schön?" Und dann hängte er sich an Mister Woods Arm und erzählte ihm, daß er in seiner Ju gend auch mal eine Flugmaschine hatte erfin den wollen, ja, aber das Patentamt halte sie nicht angenommen. Und Janies Wood hörte geduldig zu, e enso wie Jngelid, die eine Strafpredigt Tante Bellas ohne Widerspruch über sich er geben ließ. Am Klubhaus wartete einer der primitiven Schlitten, die zur Beförderung der Bo s die 0 ravincklcr Straße ans- und absahrc». lieber den Kufen ein langes Brett von einen: dür re» Klepper gezogen. Ohne weiteres baten die thüringer Bur schen »ach kurzer Verständigung mit Blister Wood de» Aar an de» Schlitten gehängt. Auch der Rodel Graf Gerwins kam dazu, und auf dem schmale,: Brett ohne Lehne hockte» dickt nebeneinander gekauert Tante Bella und ttr Bruder, Jngelid und der Flieger. „Resser schlecht gefahren als stolz gelaufen," lobte Tante Bella. „Auf den Knie» müssen wir Gott danken, das wir hier auf der Pritsche sitzen, denn ich rin wirklich an: Ende meiner K rast." „Was lachstc denn, Range?" herrschte sic Ursula von Oertzc» an, die soeben vor dem Klubhaus eine» süßen Likör trank, den ihr der junge Vossen gebracht und vergnügt auf die Schlittenfahrer blickte. „Willste denn nicht mitfahren?" „Nein, danke, Gräfin, ich gehe lieber zu Fuß. Es würde zu eng werde,:." „Darf ich Ihnen meinen Platz anbieten, gnädiges Fräulein," fragte der Flieger. „Daicke, ich will mich nutzt so verwöhne». Auf Wiedersehen." Damit verschwand Ursula im Klubhaus. „Ist das eine Jugend," stöhnte Tante Bella. „Immer vorneweg mit dem Mund, und immer allein durch die ganze Welt. Da sitz: nun Ursulas Mutter gewiß wieder muttersee lenallein in: Hotel, und das Kind flirtet hier allein in der Welt herum, trinkt Schnaps — habt Ihr es gesehen? Sie trank wirklich Schnaps, und tut mit de» jungen Männern schön. Ich bitte Euch, hei dieser Jugend." „Du tust Ursula wirklich Anrecht, Tante Bella," lehnte Jngelid unmutig ab. „Es ist ein reizendes, frisches Geschöpf, und was das allein heruinlaufen anbetrifft, Tante, das tun nur doch h er alle! „Na, Ihr seid auch älter und, wie ich hoffe, verständiger," und fick zu Mister Wood an ihrer Seite wendend, .emertte sic trocken, N n dnrckboi rcnd anss Kor, u.wmmw „Man kann nie vorsichtig genug im Ver te i mil Herren sein, .cfondcrs an diesen Wintersportplätzen — da gibt es —" „Allerhand Jndustrieriuer, Hochstapler, Her zensbrecher," ergänzte James Wood au'lacyeiid, „sehen Sie, meine gnädigste Gräfin, zu allen labe auch ich hervorragende Anlage», und wer weiß, ob Sie hier nich. mir einen: ganz ges. l rlichen Kerl diese unbequeme Schlitten fahrt riskieren?" Tonte Bella sah ihn ganz verblüfft an. Jngelid und Omel Gerwin euer lachten so herzlich, das; ihr schließlich nichts anderes übrig bliee, als in das Gelächter der anderen mit einzuslimmen. Dieser Mensch war doch höchst unangenehm, der las einem zuletzt noch alle Gcdan.en von der Stirn. Und das lieble Tante Bella, so weit es sie anzing, durchaus nicht. Mister Wood etter fuhr jetzt mit unmutig gefalteter Stirn dahin. Wie herrlich halte der Tag begonnen. In Glanz und Duft getaucht der airbrechende Mor gen, und zwiscken ihm und Jngelid das süße, holde, traumha te Verlangen, die höchste Se ligleit, und vielleicht auch das tiefste Leid, aer verklärt von einer tiefinnersten Poesie. Und nun der graue Alltag zwischen ihnen. Der Traun: verstoben, das kaum geahnte Glück verrauscht und grau in ödes Grau gehüllt der Himmel, der lautlos seine Weißen Flocken niederrieseln ließ. Die Schneefrau deckte ihren schimmernden Mantel über die Welt. Mit weichen, zarten Flaum hüllte sie die Erde ein- Seine weiße Schneefrau aber verharrte starr und kalt und unbeweglich zwischen den: alten Geschwi- sterpaar auf der Pritsche, und kein Gedanke voir ihr besänftigte das glühende Wünschen seines Herzens. Jngclids Blick sah ka.t und klar in den weißen Flockenwirbel, ihn streifte er nicht. Und es war dein Flieger, als jagten sie beide durch ewig verlorene, versunkene König reiche, den: wirren Traumlmrd einer ewigen Scbnsiicht zu, als suchten sie ide die Hei mat, die ferne, unerreichbar im Sehnsüchte blau ihrer Träume lag. * -!- * (Fortsetzung folgt.) ^^cr/'s/r»