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ÜMMHohrMrio-KviUiuln Lmngrr T« - r d! «tt. WMVSW «r. 78. Sonntag, de« SS. März 1814 Ja-rk«--, Sursum eorda! Novolletle von R. Bertr a. Nachdruck verboten. Sumsum corda! — Empor die Herzem! Halle der Schöpfer des Bildes sein Werk be- nannt, das aus der Ausstellung sofort einen Käufer gefunden. Dieser hieß Edmund von Roland, war ein schwerreicher Junggeselle von 38 Jahren und galt für einen sonderbaren Kauz. Vielleicht hatten die Leute damit nicht unrecht. Absonderlich war es jedenfalls, daß der Besitzer des Bildes, seit dieses in seinem Sa lon hing, über dessen Anblick nicht nur seine Mahlze ten versäumte, sondern olt während der Mittagssichta plötzlich au'fprang und vor das Bild eilte. Ja, es kam sogar so weit, daß Herr von Roland auf seinem Spazier gange jählings kehrt machte und, getrieben von Verlangen nach dem Anblick des Bildes, schleunigst wieder heimkehAe. Nachdem er es so einige Wochen getrieben, schrieb er an den Maler des Bildes und bat um Auskunft über diejenige, die dazu Modell geslandeir. Mit sie erhchter Ungeduld erwartete er die Antwort. Nach einigen Tagen hielt er diest in der Hand. Er glaubte zu wissen, daß sie die Vernich tung seiner Hoffnung, des glühenden Wun sches, der mit dem Bilde in ihm aufgeflammt war, entlasten würde — denn eine Unwür dige dürf e nicht sein Weib werden. Bleich vor Erregung las er. Hierbei malte sich ein starkes Gemisch von Gefü'len auf sei nein Gesicht. Beglückend aber siegte eins - der Glaube, dab diejenige, die auf dem Bilde so wundervoll die Seelcnnvt des jungen Wei des zum Ausdruck gebracht, seiner Liebe wür dig war Sich jedes Wort einprägend, las er noch mals die wenigen Zeilen: Sehr geehrter Herr! Jk neu zur Nachricht, das' Angel Ou-rinot 'N Französin von Geburt und kein gewöhnliches Modell ist. Aus gutem Hause, ini Kloster er zogen, verheiratete sie sich gegen den Willen ihrer Eltern sehr jung, wurde aber bereits nach fünf Jahren Witwe. Von ihrer Familie verlassen, sebr zarter Gesundheit, kämpfte die sit enreine junge Frau vergebens, sich und ihr Kind zu ernähren. Mit diesem den Tod in der Seine suchend, so fand ich sie eines Abends aus der Brücke. Ihre Verzweiflung rührte mich, ihre seelenvolle Schönheit reizte den Künstler in mir. Ihr zugleich damit einen Unterhalt lictend, fragte ich sie, ob sie mir Modell steten wolle zu ernsten, dezenten Bil dern.. Und Angel Ourinot, den Retrmgs- an'er ergrei'end, willigte ein- Dies sind jetzt zwei Jahre her; ich weile längst wieder in Deutschland, Hörle aber un längst, Madame Ourinot wohne noch am Blumenmarkt an der Madeleine. — Noch an demselben Abend Packte Herr von Roland seinen Koser. Am nächsten Morgen reiste er nach Paris ab. Jin Abendgold erglänzen die Kuppeln von Paris, der Jnvalidendom, das Pantheon und die Türme von Notrc Dame. Flammend lag das Abendrot auf den Höhen des Pere La- chaise, aus den Grabtempeln, unter denen die Unster licben der Nation schlummern. Auf den breiten Trot oirs an den Boule vards flutete das Leben, feierte der Flirt seine Triumphe. In überwältigender Pracht schimmerten die Auslagen der Läden. Die flie genden Blumenhändler machten brillante Gc- schf e; mit der unnachahmlichen Grazie, m.t der die Pari'erin den Spitzenschal tri gl, trägt sic auch die Blumen im Knopfloch. lind zwischen dem Reichtum, dem Lebens- ü elfluä, dem sorglos frohen Genießen, wan delt das Elend — stumpfsinnig, oder dreist ! end gierig. ; Zur Abendandacht ladend, hallen die Glok . cv der Madeleine. An den Pforten harren i die Bettler, von den Kirchgängern eine Gabe ' zu erflehen. Auch der fremde, deutsche Herr, der jetzt den Weg an der Kirche vorübernahm, ward bestürmt; achtlos, als sei er mit den Gedan ken nicht dabei, warf er den Bittenden eine Hand voll Silbermünzen zu, ihren über schwenglichen Dank kaum bemerkend. Dagegen hielt er den Schritt an, als plötz lich eine Kinderstimme sein Ohr traf. Von Tränen halb erstickt, ertönte der Ruf: „Cha rites!" Der Angerufene, der bereits in die Tasche gelangt, ließ die Hand plötzlich sinken. Sein Blick war auf die kleine Bettlerin gefallen einem zierlichen Ding von wohl sechs Jahren. Etwas Undefinierbares lag über der Klei nen ausgegossen, elwas, das sie unterschied von den Kindern der Armut. Sorg «lüg aus geflickt war das Kleidchen, schön geordnet die langen braunen Locken. Aus der abgenutzten SamCappe schaute ein zartes, vornehmes Ge- sichtcken hervor, und aus diesem zwei dunkle, wundervolle, tränenfeuchte Augen. Und aus diesen Augen grüßte Bekanntes, grüßte Geliebtes den Sonderling! „Wie beißt Tu?" fragte er a^ Französisch, und sein Herz tat ein paar wilde Schläge. Aber er wunderte sich gar nicht, als die Ant wort lautete: „Margot Ourinot". „Führe mich zu Deiner Mutter, Margo:," tagte er, und dabei rief die Stimme seines Innern: du bist toll, toll — eine Frau, d:e i w Kind betteln schickt, willst du aufsuchen., willst i r von Liebe und Ehe sprechen?! „Mama ist trank," flüsterte das Kind wei nerlich, „aber die Hauswirtin ist gut und hat den Arzt geholt." Wenige Minuten später stand Herr von Roland in dem Hinterzimmer von Angel Ourinot. Die lag aus dem dürwigen Lager, bleich und abgezebrt, aber arn dem jungen Antlitz noi jene seelcnvolle Schönheit, die den Son derling berückt. Dem Eintretenden den Rücken zugewand!, „Dazu bin ich ge ommen," gab eine fremde Stimme zur Antwort, und die Kranke, der Arzt und die Wirtin blickten betroffen aus den Gast, dessen Eintritt sie nicht beachtet. Ter schritt unentwegt au' die Kranke zu, deren dun le Augen zwischen Furcht und Hosi- nung a if ihn schau'en- Ihre abgezehrte Hand astend, sprach er, und auf sein Gesicht trat ein Ausdruck, der ihm sehr gut stand. „Sie kennen mich nicht, aber ich kenne Sie, Frau L urinot, und zwar aus dem Bilde: Sur'um corda! — Empor die Herzen! Es ist nun wein Wunsch, auch Ihr Herz empor zu leben, hnen d:e -orgen zu nehmen und den Glau , en zurück zu geben, daß auch auf Ihrem Le ensweoe die Sonne wieder scheinen wird " Als lauscbe ste e.ner Hs'enbarung, hingen Angel Ourinots Augen an dem Retter und ihren von Krankbett gefcbwäcblen Sinnen war es, als weiche hinter ihr das dunkle Tal der Not und sie rrete ein in ein Land voll Son nenschein. Edmund von Roland aber hatte sich noch nie so g'ücklfch gesuhlt, al- in dieser Stunde. Ei- Jabr war vergangen. Wieder flutete -us de- S::aße- von Parrs das Leben, wob tas Ainndr-t u— utNen einer großen Jerg2-g-rnS-.it zaui-rücken Glanz. Und wie- t:r l-tten dr- Glocken der Madeleine zur rlrendandacht. An den P'orten, wo sich die Bc Üer char drängte, stand ein elegantes, jugendliches Ehe paar und sah glücklich lächelnd dem reizenden Mädelchen mit den wehenden braunen Locken zu, das niit vor Eifer geröteten Wangen die flehend hingestreckten Hände mit Geld füllte. Die Blicke der Gatten fanden sich. „Empor di« Herzen!" flüsterte die schöne junge Frau, „möchten alle dieses Glück er fahren." säst der Arzt am Lager, die eifrige Rede der U RU fWI «e : Wirtin, die daneben stand, unterbrechend , „Ent-Ts N I VS II« Hleuvrkoil» kräflung infolge Unterernä'rung. Der Frau" M A M A ckemnitr, Könixstr.34 muß geholfen werden —" « » Allerlei Kurzweil, s O Teutsprüche. Ein kleines Korn, gesät ins Feld, Bringt mit der Zeil dir tausend Aehren; Ein Körnlein Liebe, gut bestellt, Kann tausend Herzen Freud' gewähren. * * * Hochmut ist meist nur ein bauschiges Kleid Für die, die viel zu verbergen haben, Entweder sehr kleine Geistesgabcn Oder sehr großes heimliches Leid. Rätselecke. Rätsel. Himmlische Tugend, Scheußlicher Mord, Fehler beim Kartenspiel Alles ein Wort. Worträtsel. Das eine regt zur Vergleichung an. Im andern wohnet jedermann. Wie ist das eine, das sag' ich hier klar. Das andre nährt und lrägt uns gar. Die beiden aber im Verein, — Gleich wird's ein deutscher Dichier sein. Scharade. Wenn deine Stimme nicht mehr zu dem Orte, Wo deine Freunde wohnen, dringen kann: O, w vertraue deines Herzens Worte Getrost der ersten Silbe an; Sic bringt sic deinen Lieben still verschwiegen Und sollte sie auch Land und Meer durchfliegen. Doch alles, was es faßt, das arme Leben, Selbst nur zu oft des Menschen inn'rer Sinn, Es ist zwei andern Silben untergeben, Sie reißen cs in ihren Strudel hin. Wir wären ohne sie uns treuer, lieber — Doch Ew'gem nur zieh'n machtlos sie vorüber. Drum laß das Ganze unter uns beginnen Und dadurch spotten der zwei letzten "Kraft: Es gibt von unserm stillen Tun und Sinnen Uns gegenseitig treue Rechenschaft. Und gern wirst du's der ersten Silbe glauben, Daß dir mein Herz die letzten niemals rauben. Homonym. Zwei Brüderlein, zwei Schwesterlein, Öder ein Pärchen kann es sein. Gibst du dem Worte ändern Sinn, Zieht's still am Firmament dahin. Bilvcr-Rätscl. Liebe Frau, heute kommt ein Freund von mir zu Besuch. Ah, da ist er ja schon! (Auflösungen in nächster Nummcr.) N.rstösungen Kus Nummer 12. Des Rätsels: Sprossen. Des Vcrvollständigungs-Rätscls: Wind — Winde. Des Wort-Rätsels: Bergwerk. Des Bilder-Rätsels: Bettelmusikanten Des Vexierbildes: Am linken Rand des Bil des. Kopf über der Treppe. Lillder-Ieitnuz. dir. 13. j Redaktion, Druck und Verlag von Horn L Lehmann, Hohenstein-Ernstil al. 1914. :n: Frühlingswind. :::::::::::: Mein Kind, du klagst, was schmerzt dich so? Dein Aua' blickt todesbang . . . Ei sieh', schon sprießen Blümelein, Baid tönci Vogelsang . . . Schon uu hl der laue Frühliugswind In traumhaft stiller Nacht, Der küßt und küßt die Aeuglein dir, Der küß: und tollt und lacht . . . Mcm Kmd, cs zuckt um deinen Mund, Lus; ab von b.incm Leid, Die Sonne kommt, die Sonne naht, Nimmt dir dein Schmerzenskleid. Sie streut und streut ihr W.mdergold Dir auf das Lockenhaar, Ihr Licht dringt bis ins Herz hinein, Dort, wo's so dunkel war . . . Und Helle wird's und Helle bleibi's In deinem kleinen Schrein . . . Mein Kmd, es naht der Frühlingswind, Mit ihm der Sonnenschein. Rübezahl und Por langen Jahren wohnte in Hirschberg ein Schneider, der sich Veit Grünberger nannte. Tcr arme Teufel hatte ein tüchtiges Weib und fünf licoc Kinder, die oft alle trotz der Wirtlichkcst weder etwas zu nagen, noch zu beißen halten. Das lag nun Nicht daran, daß der Mcisür etwa ein Nichtstuer gewesen wäre, im Gegenteil, er war sehr geschickt und sehr fleißig:'aber er verstand es nicht, sich Kunden mit glatten Worten heranzuziehen. Er wollte auch nicht borgen und große Auslagen machen. Da war denn Schmalhans oft Küchenmeister, und Not und Sorge saßen mit zu Tische. Einen nüchterneren Mann als Veit Grünberger gab es im ganzen Tale nicht. Nur einmal im Jahre pflegte der Meister eine unrühm liche Ausnahme zn machen, das war an dem Tage, wenn die Abrechnungen der Schneider innung im Gasthanse „Zum lustigen Bock" an der Lade stattfanden, bei denen Herr Veit Grünberger niemals fehlte; denn dabei gab cS Freibier, in dem sich der Durstige daun alle mal gründlich übernahm. Seine Ehehälfte kannte diese Schwäche ihres Eheherrn bereits zuur Genüge und trieb ihn deshalb sofort zu Bette, wenn er hcimkam. Auch heute fand eine solche Rechnungs legung statt. Dabei erzählte man sich nach erledigter Arbeit bei gutem „Stoffe" allerhand Schnaken und Schnurren. Ganz zufällig kam der Schneider. dabei auch die Rede auf den Berggeist Rübe zahl. Veit Grünberger, der sich schon im Zu stande größter Erregung befand, lachte dazu ganz unbändig und meinte: „Dis Sagen von dem Bcrggeiste haben Aberglauben und Dumm heit erfunden; solche Märchen passieren in Wahrheit nicht. Ich pfeife etwas auf euren Rübezahl!" Der Altermann verwies ihm das und sagte: „Nehmt Euch in acht, Grünberger; der Bergherr nimmt solche Redensarten sehr Übel und könnte sich leicht einmal an Euch empfind lich rächen!" — „Ach, Rübezahl hin, Rübezahl her," lachte Grünberger; „darauf lasse ich's denn doch an- kommen!" Er kam wie immer „selig" heim, ließ sich willig zu Bette schicken und fragte dabei stot ternd: „Glaubst du — au — auch an ei — nen Berg — gei — geist, Grete?" Sein Weib aber erwiderte: „Schlafe nur, Du bist einmal wieder angeheitert!" Und bald schlief er den Schlaf des Gerechten. Dem Meister war am andern Morgen noch ein wenig wirr im Kopfe, als es klopfte und auf sein „Herein!" ein großer starker Mann mit dunklem Haar und Bart und scharfen Augen eintrat, der sich als Baron von Echwarz- koppen vorstellte.