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WMMAHrMii EMlBcr äMM T«-r»lak? Sonnabend, den 28. März 1V14 4 k. Jahrgang Nr. 7S, Deutscher Reichstag. / 241. Sitzung vom 25. März. Auf der Tagesordnung stehen zunächst WaMprüsungen. Die Wahl des Abg. Brederlow (kons.) wird für gültig erklärt. Zur Wahl des Abg. Hoesch (kons.), Wahlkreis Osterburgl-Sten^ dal, erklärt der Berichterstatter: Der Abg. Hoesch ist in der Stichwahl mit 13 288 Stim men gewählt, 10 995 Stimmen waren auf den Gegenkandidaten Fuhrmann (natl.) entfallen. Wie die Kommission festgestellt Hal, sind bei der Wahl viele Aufrufe zugunsten Hoeschs von Amtsvorstehern mit Unterzeichnung ihres Amts titels verbreitet worden. Die Kommission hat beschlossen, alle konservativen Stimmen in den Wahlbezirken dieser Amtsvorsteher als ungül tig anzufehen; es ergeben sich auf diese Weise 2329 Stimmen, nach deren Abzug Hoesch als der Unterlegene angesehen werden muh. Die Kommission beantragt Ungültigkeit der Wahl. Abg Frommer (kons.) beantragt die Gültigkeit der Wahl. Wahlprüsungen sind keine Macht-, sondern Rechtsfragen. Die Kommis sion hat hier ganz anders beschlossen als in dem noch garnicht weit zurückliegenden Falle Kroch er. Abg. Schmidt (Soz.): Uns ist es gleich- gülüg, ob Hoesch oder Fuhrmann gewählt wurde. Wir verurteilen besonders die Beein flussung durch die Eiseubahudire'tion Hanno ver. Die kleinen Leute muhten den konserva tiven Wallausruf unterschreiben, wenn sie sich nicht der Rache der Gutsbesitzer aussetzen Woll tcn. Den Eisenbahnangestellten wurde die Ver teilung sozialdemo ratischer Flug Hüter und Stimmzettel bei Strafe der En lassung verboten- Abg. Stupp (Ztr.): Viele Amtsperso nen laben den Wahlaufruf mit ihrem AnLs- titel unterzeichne. Die Stimmen der von ihnen beeinflußten Personen müssen für un gültig erklärt werden. Richt beeinflußt sind aber die Wöhler, die den Wahlau ruf unter zeichnet haben. Sie dürfen nicht auch kassiert werden Verführ: man in dieser Weise, so bleiben für Hoesch noch über 1090 Stimmen Mehrheit Wir sind daher f r Gültig'eit der Wa h D e EisenbuhndirckNou Hannover ha! sil jeder Einmischung e» Hal en. Arg. Bollert (natt.): Das Material ü er die von den ermähnten Amtspersonen unterzeichneten Flugblätter ist durchaus zu'äs sig Tie Wahlprüfungskomuission ist von der bisher beo achteten Praxis nicht abgewichen. Tic konservativen Stimmen wurden zu- Recht abgezogen. Ein Wintertranm. Rwnan von A n n h W o t h e (Nachdruck verboten.) Allein im Wald mit dein Wintcrwcib — Jbr wundersam Antlitz ist totenbleich, Ihre Lippen flüstern und locken: „Bleib, Ich geb dir -u eigen mein weites Reich." Tugen Stangen. „Hallo: Bahn, Bahn!" schallt es lachend von einem Rodelschlitten, der vom Star! vor dem Schlohhotel in Orerhof, die Schwarzwäl- derstras c hinabsaust. „Rodel Heil! Rodel Heil!" klingt der Ruf von allen Sei en zurück. „War das nicht die kleine Oertzen? Doa- ncrwe ter, ich glaube fast, der Wurm erlaubt sich, uns zu schneiden?* näselte ein schmäch tiger Jüngling in lichtgrauem Sweater und knallblauen, kurzen Hosen, indem er sich be müh e, sein Einglas fester ins Auge zu klem men, und da-ei 'euchend versuchte, einen der schweren Bobsleighs in die rech e Bahn zu bringen. „Lassen Sie doch die Hände davon, Ba ron," rief ihw ein junger, blonder Hüne, der einen Fuß auf den Schlitten gestemm, hatte, und mit den Augen den Weg verfolgte, den der Rodelschlitten abwärts genommen, ärger lich zu. „Einen solchen Bob muh man zärt lich und anständig be andeln, wie eine emp findsame Geliebte, verstanden?" „Na, als ob ich das nicht aus dem Grunde kann," antwortete Baron Torres voll Sel.st- gefühl, sodah alle Umstehenden laut auflach ten, „aber wissen Sie, lieber Possen, das muh ich doch noch sagen, die Kleine ist einfach süß. Werde mich doch nachher mal ranlotsen." Dunkle Glut stieg in das srischc Gesicht des blonden Mannes, der mit blitzenden Blaue äugen jetzt hastig einen Schritt zurücktrat und üler Baron Torres hinweg laut fragte: „Mannschaft noch immer nicht da? Wir vertrödeln wirklich die kostbare Zeit." „Hier, -Hallo, Bob Heil!" rief es von ver schiedenen Seiten. „Na, Gott sei Dank, Platz nehmen, Herr- schafen, Achtung!" kommandierte Hans Ulrich Vossen. „Wollen Hoheit jetzt den Aar sterw en,? Ich führe die Hexe," wandte er sich an euren lohen, schlankgewachsenen Mann in schwarzen, weihverbrämten Sportanzug, der die weihe Sportmütze tief in das etwas blasse, Abg. Neumann-Hofer (Vpt.): Für uns ist lediglich die Rechtsfrage maßgebend- Zu Machtfragen wurden von der Rechten die Wahlen der Abgg- Frommer und Becker ge macht. Wie Unterschriften konservativer Wahl anfrufe zustande kommen, weih man ja; aus ihnen stehen manchmal mehr Namen, als kon servative Stimmen nachher abgegeben werden. Abg. Veit (kons.): Die Männer, die den Aufruf unterzeichneten, wußten sehr wohl, was sw taten. Abg. Arendt (Rpt.): Im Blockreichstag waren die Herren von der Vollspartei anderer Meinung über die Herbeiführung von Unter schriften. Da hielt es, daß die Ortsvorsteher das Recht haben mühten, ihre subjektive Mei nung über einen Kandidaten zum Ausdruck zu bringen. (Hört, hört! rechts.) Eine Be leidigung deutscher Männer ist es, wenn be hauptet wird, dap sie sich durch die Unter schrift eines Amtsvorstehers beeinflussen lassen. A g. Neumann-Hofer (Vpt.) weist den Vorwurf zurück, er habe frühere Wahl prüfungen verschleppt. Die Debatte endet in einer persönlichen Aussprache. Schließlich wird der Antrag Westarp au' Gültigkeitserklärung der Wahl des Abg. Hoesch in namentlicher Abstimmung mit 176 gegen 149 Stimmen bei 9 Enthaltungen a gelehnt, die Wahl also für ungültig erklärt. Es folgt der D u e l l a u t r a g der Kom- mi'sion, der die Aufnahme folgender Bestim mung in das Strafgesetzbuch fordert: Ist der Zweikampf freven sich verschulde-, so tritt an Stelle der Festungshaft Gefängnisstrafe von gleicher Dauer; daneben kann auf Verlust der ärgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. Stacusse retär LiSco : Der Reichskanz- er bring dem Gegenstände lebhaftes Interesse entgegen. In seinem Auftrage bin ich hier erschienen, nm ihn über die Wünsche und Auf fassung dieses Ho'en Hauses unmittelbar zu un errichten. Der Entwurf fordert sehr wich tige Neuerungen von grundsätzli her Bedeu tung Aebusiche Vorschläge befinden sich aller dings schon im Vorentwurs für das neue Strafgesetzbuch. Der Gedanke wird dort a?er mit anderen Fragen in engen Zusammenhang oc rächt. Es fragt sich, ob cs angezeig" ist, den cincn Punkt aus der allgemeinen Straf- , rechtsrcform vorwegzu nehmen. Zu diesen Fra- wn I a en die verbündeten Regierungen noch ni cht Stellung, genommen. Mit Rücksicht dar an' muß sich die Reichsleitung zurzeit noch Zurückhaltung auferlegen Der Reichskanzler ist a er bereit, nach dem Abschluß der hcuü- gen Verhandlungen in dieser Angelegenheit mit den amtlichen Stellen in Verbindung zu treten. (Bei all.) Nach kurzer Debatte wurde der Gesetzent- wur^ in 1. und 2. Lesung angenommen. Freitag 12 Uhr: Konkurrenzklausel, Peti- tionen. Sächsischer Landtag. Erste Kammer. 28. Sitzung vom 26. März. Auf der Tagesordnung steht der Bericht über das Kgl. Dekret Nr. 19, den Entwurf eines Knappschaftsgesetzes betreffend. Das Gesetz will die Verhältnisse der landesrechtlichen 48 Kranken- und 3 Pensionskassen der sächsischen Bergleute den Bestimmungen der neuen Reichsversicherungs ordnung anpassen und außerdem sollen in dem neuen Landesgesetz alle einschlägigen Bestimmungen so geordnet werden, daß ein Nachschlagen der Reichsversicherungsordnung unnötig ist. Der Gesetzentwurf umfaßt 13 Abschnitte und 282 Paragraphen. Eine große Anzahl von Petitionen wendet sich gegen einzelne Paragraphen des Gesetzes. Kammerherr Sahrer v. Sahr-Ehrenbcrg be antragt als Berichterstatter den vvrgelegten Ent wurf im ganzen und im einzelnen unverändert nach der Regierungsvorlage anzunehmen, die Staatsregierung zu ermächtigen, bei der Publi kation dcs Gesetzes nach Ermessen sprachliche Verbesserungen vorzunehmen und die einge gangenen Petitionen auf sich beruhen zu lassen oder durch die gefaßten Beschlüsse als erledigt zu erklären. Finanzminister v. Seydewitz: Die hohe Kammer wird sicher äußerst überrascht gewesen sein, in dieser Session ein neues Kaappschafts- gesetz zu erhalten, aber sachliche Gründe und die einschneidenden Vorschriften der Reichsversiche rungsordnung, sowie Aenderungen in bezug auf das Verhältnis zwischen Aerzten, Zahnärzten und Krankenkassen machten eine Zusammenfassung aller Vorschriften der Kranken- und Hinter bliebenenversicherung der Bergleute nötig. Die Petitionen aus Arbeiteckreisen wünschen haupt sächlich Erhöhung der Kasfenleistungen, daneben sind auch Petitionen aus Arbeitgeberkreisen ge treten. Die Regierung war nicht in der Lage, den geäußerten Wünschen nachzukommen. Ich bitte, das Gesetz nach den Anträgen der Depu tation anzunehmen. Schloß Miramar. Auf seiner Reise nach Korfu wird Kaiser Wilhelm am heutigen Freitag dem österreichischen Thronfolger auf dessen an der Adria idyll-sch gelegenen Lustschloß Miramar einen Besuch ab- statten. Schloß Mcramar ist unstreitbar eines der schönsten Schlösser, es liegt 6 km nordwest lich von Triest auf einem in den Meerbusen von Triest vorspringenden Felsen und wurde 1854/56 erbaut. Miramar war ehemals Eigentum des Erzherzogs Maximilian, späteren Kaiser- von Mexiko. Wir zeigen eine Ansicht des herrlichen Lustjchlosses, auf dem auch die Kaiserin Elisabeth von Oesterreich längere Zeit im Jahre mit Vor liebe weilte. vornehme Gesicht gezogen hatte, und nun leicht a wehrend mit lcifcni Lachem sagte: „Nein, bester Vossen, danke, ich will doch lieber mein und das kostbare Leben meiner Nebenmenschen heute noch cin wenig schonen. Ich bin noch ganz nervös von der gestrigen Wettfahrt. James Wood führt heute de» Aar. Da bringen ihn schon unsere Damen im Tri umph." „James Wood!" Wie ein Lauffeuer flog der Name durch dir am Start durcheinander wc>geude Menge James Wood, der Flieg.r, der berühmte Erfinder einer neuen Flug- maschinc, mit der er erst uuliugst geradezu grandiose Preise gewonnen. James Wood wollte den Bo!' des Prinzen von Schwarzen ek führen. Alles drängte, stürmte wild durch einander. Im Umseben waren die beiden Bobsleighs von einer schwatzenden, lachenden, neugierigen Menge umringt. Der kalte, scharfe Blick der harten, grauen Augen des Hinzutretenden, der jetzt nach flüch tiger Begrüßung mit tiefer, klingender Stimme seine Befehle gab, scheuchte die Umstehenden a'er unwillkürlich zurück. War das ein König? Die ho'e, vornehme Gestalt des Prinzen von Schwarzeneck erschien fast klein neben der gebietenden Erscheinung des Fliegers, der jetzt kurz sagte: „Zu wenig Belastung, Hoheit." „Unsinn " rief eine frische Stimme von der Hexe her, der sich schon bemannt hatte, und ein reizender, rotlockiger Mädchenkopf mit bren nend roter Zipfelmütze füg'e lachend hinzu: „Ingelid fehlt noch, Hoheit. Um Ga tes wil len, fahren Sie nicht olme meine Schwester, die mordet Sie sonst." „Es wäre süß, von so schönen Händen zu sterben," lachte der Prinz zurück. .Hans Ulrich von Vossens Stimme aber kommandierte dazwischen: „Fertig;! Los." „Bob Heil!" rief es von allen Seiten, und mit rasender Geschwindigkeit schoß, von Hans Ulrich sicher und elegant geleitet, die Here zu Tale. Mi leiser Ungeduld fragte James Wood den Prinzen: »Ist Ihre Mannschaft immer so säumig, Hoheit?" „ „Schönen Frauen lieht man manches nach, lächelte der Prinz, dann aber ries er lebhaft:. „Na, endlich, da ist sic ja. Achtung, Mister Wood." Vom Schloßhotcl schritt eine hohe, schlau e, säst überlebensgroße Frauengestalt, wie es schien mit t atü geschlossenen Äugen, aus die leine Bobgesellfchafl zu. Die Nahende Ivar ganz in Weiß gekleidet. Ihr Gang hatte et was schwebendes, Hoheitsvolles. James Wood, der sie mit kühlem Blick musterte, dachte plötzlich: „So kommt die bleiche Schuecfrau daher, das Wiitterwcib, das den Tod bringt." Jetzt ivar die schöne Frau ganz nahe. „Wie kannst Tu uns nur so lange warten lassen, Ingelid," rief eine vorwurfsvolle Män nerstimme, und ein kräf wer Mann im glei chen Sportanzng wie der Prinz, richtete sich von dem Aar, aus dem er schon an der Bremse Platz genommen Hal e, wieder auf, und figte, ohne eine Antwort a. zuwarten, ! inzu: „Darf ich Dich mit Mister Wood bekannt machen?" „Meine Braut, Gräfin Ingelid Rottock." Das schöne Mädchen schlug die großen, blauen, dunkelumsäumten Augen, in denen lcltsaine, grüne Funken tanzten, einen Momen zu Mister Wood auf, dann neigte sie leicht grüßend das dunkelhaarige Haupt. Leicht zog sw die weiße Wollmütze tiefer in das blasse Antlitz und, ohne auf ihren Verlobten zu a tzten, nahm sie auf dem vorderen Teil des Schlittens Platz. „Achtung!" kommandierte der Flieger. „Ich tute," rief Riele Vossen, die Schwe ster des Leiters der Hexe, sich behaglich vor dem Bräutigam Ingelids zurechtsetzend und vergnügt die Trompete, die ihr an einem ro ten Band um den Hals hing, an die Lippen führend, „und Sie, Graf, halten mich gleich, wenn ich falle, Sie sind der stärkste." Gras Leo v. d. Decken, der Verlobte Jn- gelids, lachte gutmütig auf. „Kleine Egoistin," drohte er, „warten Sie nur, wenn ich Sie mit Hilfe der Bremse in den Schnee fallen lasse." Riete lachte silberhell. „Das gehört mit dazu, Graf! Bob Heil!" Inzwischen hatte Ingelid zwischen dem Lenker und dem Prinzen Schwarzeneck Platz genommen. „Fertig, Los!" erscholl wieder das Kom mando. Dienstbereite Hände gaben eifrigst dem Bob einen Stoß, und pfeilgeschwind säusle der Schlitten in die winterliche Waldes-- pracht hinein. Un eweat den Blick der großen, grauen Augen starr vor sich hingerichtet, saß der be- rvHunte Flieger am Steuer und lenkte den Bob haarscharf und sicher an den gesährlick cu nroen vorüber. Klar und scharf klangen seine Kommando- rw'e, und doch wurden sie nur ganz mecha nisch gegeben. Dicht hinter ihm saß die Schneefxau so bück und Wei'', und doch war es ihm, als fliege plötzlich aus i rem Munde ein Heitzer, versengender Awm au seinen Hals- Merkwür dig, daß der Wach, irotzdem James Wood nicht links noch recbts sah, ihm nie so zau- l erhalt, so märchcn'chön erschienen. (Fortsetzung folgt.) 6^/e, s/»-o/»s62s