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ÜMMHiheBkii-EiilWliltt äittNUt Donnerstag, de« LA. Miirz 1814 Rr «4. 41. Jahrgang SieVlittat-erMdmeCaillililr. Calmette, der Herausgeber des Pariser „Figaro", aus den Caillaux Gemahlin fünf Revolverschüsse abseuerte, ist, wie schon gemel- det, seinen schweren Verletzungen erlegen; er starb in dem Augenblick, als die Aerzte an ihm eine Operation vornehmen wollten. Fi- nanzminister Caillaux reichte sofort, nachdem er von der Tat seiner Frau gehört hatte, seine Demission ein, die angenommen wurde. Ma dame Caillaux wurde verhaftet; sie erhielt im Frauengefängnis von St. Lazare dieselbe Zelle zugewiesen, in der einst Madame Sternhell, des Mordes an ihrem Gatten angeklagt, ihre Untersuchungshaft verbrachte. Madame Stein beil, die Geliebte Felix Faures, ging aus dem Gefängnis in die Freiheit — die gleiche Hoff-« nung wird Madame Caillaux kaum hegen dür fen. Zu schwer ist ihr Verbrechen, bereits am ersten Abend ihrer Gelangenscha't versammelte sich eine erregte Menschenmenge vor dem Ge fängnis und verlangte drohend ihren Tod. Mit voller Ueberlegung hat Madame Cail laux die furchtbare Tat ausgeführt. Ihrem Gatten hatte sie folgenden Bries geschrieben: „Ich gehe, um Dich zu rächen- Wenn ich bis abends nicht zurück bin, wirst Du mich im Gefängnis Wiedersinden." Der Minister erhielt den Brief zu, spät, um die wahnwitzige Tat seiner Frau verhindern zu können. Ein eigen artiges Licht wirft es aus den Minister, daß er die Tat seiner Frau vollkommen entschul digt. Als er eine Unterredung mit dem Staats anwalt, der die Untersuchung leitet, hatte, und der Staatsanwalt seinem Abscheu über die Tat Ausdruck verlieh, rief Caillaux ihm zu: „Was wollen Sie! Ich bedauere, daß Calmette so schwer verletzt ist, aber ich kann die Hand lungsweise meiner Frau nicht mißbilligen!" Am Abend des Tages ihres Attentats sollte Madame Caillaux an einem Diner in der ita- ttenischen Gesandtschaft teilnehmen und dabei die Tischdame des Präsidenten der Repullck sein; sie sagte telephonisch ad und entschritt digte sich mit plötzlichem Unwohlsein. Als die Ministersgattin den Redakteur im Bureau des „Figaro" zu sprechen wünschte, mußte sie eine Stunde warten, bis sie vorge lassen wurde. Sie wartete geduldig. Dan i schickte sie Calmette ibre Visffen'arte, in einem Umschlag versiegelt. Calmette batte eine Kon ferenz mit dem bekannten Romanschrif stellcr Paul Bourget. Er öffnete den Bries, sal welch« Dame er hatte warten lassen und lic sic sogleich bitten, einzutreten. Bouraet kam sogleich die Situation verdächtig vor, er meinte: „Was kann denn Madame Caillau von Ihnen wollen?" Calmette antworten?, daN ihm die Höflich eit gebiete, eine Dame nicht alzuweüen. Kaum batte Madame Cail laux das Redaktionszimmer betreten, als sie ohne ein Wort zu sprechen, den Revolver zog und fün' Schüsse auf Calmette abfeuerte. Der Journalist brach, blutüberströmt zusammen. Das Redaktions- und technische Personal des „Figaro" eilte, durch die Schüsse alarmiert, herbei und fand die Täterin unbeweglich vor ihrem Opfer stehen, die rauchende Mordwaffe in der Rechten, den Blick fest aus den schwer- verwundeten Mann geheftet. Man ergriff sie und übergab sie der sofort benachrichtigten Po lizei. Madame Caillaux erklärte dann in festen Worten: „Ich habe ihn erschossen, weil es feine Gerechtigkeit in Frankreich mehr gibt! Seinem Treiben konnte nur der Revolver Ein halt gebieten!" Ohne Widerstand ließ sie sich abführen, betonte aber den sie vernehmenden Beamten gegenüber immer wieder, daß die schwere Verunglimpfung der Ehre ihres Man nes nur durch Blut abzuwaschen war. Der Entschluß der Frau Caillaux, an Cal mette Racbe zu nehmen, wurde durch die Be fürchtung herbeigeführt, daß der „Figaro" wei tere Privat.riefe, die Caillaux vor einein Dutzend Jahre an eine Dame geschrieben hatte, zu veröffentlichen im Begriffe stehe. Diese Dame aber war niemand anders als die etzige Frau Caillaux, die im Dezember 1874 in Paris geboren worden war rind mit ihrem Mädchennamen Henriet Renouard hieß. Sie war in erster Ehe mit dem Schriftsteller Cla- retie verheiratet, von dem sie sich scheiden ließ, um Caillaux zu heiraten. Caillaux war von seiner ersten Frau auch geschieden. Frau Caillaux ist im Gefängnis sehr wort karg. Sie ist zum Vollbewußtsein der Trag weite i rer Tat gelangt. Um einen Selbstmord zu verhüten, wird sie streng bewacht. In einem zweiten Verhör erklärte sie, sie habe den sechs- läufigen Revolver, aus dem fünf Kugeln ab- geseuert waren, nachmittags gekauft und ihn zu Hause geladen. Sie habe nicht die Absicht gelabt, Calmette zu toten, sondern ihm nur eine Lektion erteilen wollen. Sie bedauere ie.t hre Tat und es wäre ihr angenc in, beruh - gende Nachrichlen über Herrn Calmette zu hö ren. Als sie die Kunde von dem Tode ihres Opfers vernahm, brach sie erschüttert zu- ammen. Die Erregung in Paris ist natürlich unge Heuer. Es ist ein Skandal, wie er nur auf französischem Boden möglich war, in Sonder- ausgaben wird von der Presse der Fall na ; allen Richtungen hin erörtert. Die polnische Seite der Affäre erregt die Gemüter am me sten. Caillaux, dessen Finanzplänc starken Wi derfpruch fanden, ist um den letzten Rest der Sympathien gekommen. Herr Caillaux, der ttotz aller Zureden Doumergues und einiger anderer Minister in einem nächtlichen Minister rat auf seinem Demissionsgesuch beharrte, da ibm beim Erscheinen in der Kammer das Worc Mörder zugerufen werden könnte, wurde von einem Freunde aufs Land gebracht. Der Mi nister des Innern Renault wurde zum Nack olger Caillaux ernannt, Handelsminister Malvy wurde Minister des Innern und der bisherige Unterstawtssekretär Peret Handelsminister. Mit Caillaux scheidet die Seele und der eigentliche Leiter des im übrigen mehr als unbedeute» den Ministeriums Doumergue aus der Re gierung. Kleine Chronik. * Der Frühling naht mit Brausen, aber allzu starkes Brausen hat erhebliche Störungen im Telegraphen- und Telephon-Verkehr Deutschlands zur Folge gehabt. Starker Sturm im Schwarz wald richtete viel Schaden an den Wäldern an. Die Flüsse traten aus den Ufern und über schwemmten weite Strecken. — Der Rhein ist abermals im Steigen begriffen, neue Ueber- schwemmungen stehen bevor. — In den Wäldern bei Trier entwurzelte ein Sturm Hunderte der stärksten Bäume. — Berlin wurde von Schnee- und Hagelstürmen heimgcsucht. * Ter Sturm im Dongebiet. Wie aus Nowotschcrkask gemeldet wird, hat der Sturm am t3. d. M auch im Dongebiet unermeßlichen Schaden ungerichtet. Viele Einwohner eines Fischerdorfes sind von einem Ausflug in die offene See nicht wieder heimgekehrt. Die Woge i, welche die flache Küste bis tief in das Land hinein überschwemmten, rissen beim Zurück fluten alles mit sich fort. Auch viel Vieh ist ertrunken. * Zwei-Mlllionen-Ttiftang für Kinder. Der am 6. März verstorbene Kommerzienrat Piep- meyer in Münster in Westfalen hat testamentarisch zwei Millionen Mark für schwächliche und in der Entwicklung zurückgebliebene Kinder ohne Unter schied der Konfession gestiftet. „WMenktWr". Jur gegemviirtig höchste Gebäude M NenlyM. Das Woolworth-Gcbäude. Begriff von dem hochragenden imposanten Woolworth-Gebäude, durch es unsere heutige Abbildung veranschaulicht. Die Nachricht, daß da? erst kürzlich vollendete Wooh worty-Gchäude in der näch sten Zukunft, aller Wahr scheinlichkeit nach, noch an Größe übertreffen werden soll, lenkt die Aufmerksamkeit und das Interesse aller Kreise auf diese grandiosen Bartten, insbesondere hin sichtlich der ganz enormen Höhe, die sie schon erreicht ha ben. Wie bereits die Ozean dampfer aller Staaten m Bezug auf Ausdehnung und Größe zugenommen haben, sind auch diese „Wolken kratzer" an Höhe nicht zurück geblieben. Diese Gebäude ragen gegenwärtig 700 Fuß in die Luft. Zur Zeit kann fick das Wvolworth-Ge- bäude, welches m letzter Zeit offiziell eröffnet wurde, rühmen, das höchste, um fangreichste und kojispieligste Ge:chäftshaus der ganzen Welt zu sein. Es erhebt sich 785 Fuß über den Erd boden und zählt 57 Stock werke. Seine Errichtung erforderte 2'/, Jahre, die Kosten betrugen einschließlich der Ausstattung 2,400000 Pfund Sterling (ein Pfund Sterling nach deutschem Geld berechnet ca. 20,40 Mark). In City-Hall-Park " stehend, bekommt man einen die Zweige alter Ulmen, wie Um hohen Preis. Roman von Fred. M. White. Deutsch von Ludwig Wechsler. r>7. Fortsetzung. (Nachdruck verboten^ Russell dachte einen Moment nach- Uw möglich war die Sache allerdings nicht. Arif der nächsten Polizei- oder Feuermeldestatio i würde man ihm wohl die erforderlichen Aus künfte geben können. Er verließ das Haus und hielt den ersten Polizisten an, der ihm in den Weg kam. Eine vielvermögende hatte Krone ergab sofort die gewünschten- Auskünttc. „Die Sache dürfte sich unschwer machen lassen, Sir," sagte der Beamte. „Ich kenne ein paar Miewagenbesitzer, die sich kürzlich Auwmobile angeschafft haben, und Sie wer den gewiß eines mieten können, vorausgesetzt, daß Ihre Angaben aus Wahrheit beruhen. Kommen Sie mit mir und ich will sehen, >vas sich tun läßt." Die Dinge fügten sich indessen nicht so glatt, wie der Polizist gemeint hatte- Der Vermieter machte eine mißtrauische Miene, als er hörte, wovon die Rede sei, wurde aber sofort zugänglicher, als man ihm eine Fün- pfundnote unter die Nase hielt und das Mie- gcld zu bezahlen versprach, noch bevor der Wagen das Haus verließ. Nach Ablauf einer halben Stunde war Russell wieder in Uzalis Wohnung, während vor dem Hause ein schmuckes Auto stand, das gegen Erlag von 20 Pfund in gutem Gold anstandslos über- geben wurde. Uzalis Aerger schien wie hin weggeweht. Sehr zufrieden nahm er seinen Sitz hinter dein Lenkrad ein und bald darauf rollte der Motor in rasender Geschwindigkeit der inneren Stadt zu. „Aber Sie nehmen ja eine ganz falsche Richtung," widersprach Russell. „Ja," bestätigte Uzali heiter, „wenn wir allein nach Maldon Grange gingen. Aber ich will meine Landsleute mit mir nehmen. Jin Wagen unten werden sie uns nicht im Wege sein. Wir fahren schnurstracks am Hintertrakt des Haukes in Grahs Inn Road vor. Sie steigen in Jansens Wohnung hinaus und brin gen die beiden Männer herunter, die wie leb lose Säcke zu behandeln sein werden. Ich geb e gern zu, daß die Sache ein wenig gewagt ist; aber es muß sein. Ich kann nicht fort ohne sie." Der Wagen halt schon nach kurzer Zeit und stand jetzt unbeweglich vor dem großen, freien Grunde hinter dem kleinen Vogelladcn, wo Russell zum zweiten Male an diesem Abend in das Haus eindrang und in Janiens Mol- nung gelangte. Eine Störung hatte er woll nicht zu befürchten, und so näherte er sich ruhig dem Kamin- Hier blieb er sieben, blickte umher und rieb sich die Augen. Sein Stau nen war vollberechtigt, denn die beiden gelben Männer waren verschwunden, ohne die geringste Spur zurückgelassen zu baben. „Sehr merkwürdig!" brummte Russell. „Ich möchte doch wissen, ob diese absonderlichen Vor'älle jemals ein Ende nehmen werden. Was ist wohl aus diesen Kerlen geworden? Volle drei Viertelstunden lagen sie in völliger Besinnungslosigkeit da und nun sind sie ver schwunden. Ich muß doch nach ihnen schauen und müßte ich das ganze Haus durchsuchen." Uzalis Ungeduld war schon aufs höchste gestiegen, als Russell endlich nach reichlich zwanzig Minuten zum Vorschein kam. „Wo waren Sie denn?" fragte Ersterer. „Und weshalb kommen Sie mit leeren Hän den?" „Aus dem einfachen Grunde, weil ich nichts mit mir nehmen konnte," erklärte Rus sell ärgerlich. „Ihre Landsleute sind ver- schwunden. Ich habe sie im ganzen Hause gesucht; natürlich vergebens. Ich habe nun die Zeit unnütz vertrödelt. Sie haben selbst gesehen, in welchem Zustande sie sich befan den, und werden «insehen, daß sie ohne Hiße nicht fort konnten. Es war somit jemand im Hause und schasste sie fort. Wenn Sie wol len, gehe ich wieder zurück und halte nochmal gründlich Umschau." „Schade um die Zeit," erwiderte Uzali. „Steigen Sie ein und fahren wir davon, sonst könnte uns noch ein Polizist anhaltcn und Lagen, was wir hier zu suchen haben- Wir müssen noch eine Menge erledigen bevor cs Lag wird." Ohne wettere Einwendunaen zu erheben, stieg Russell ein und eine Weile fuhren sie schweigend durch die stillen Straßen der Stadt. Als man diese im Rücken hatte, und auf die freie Landstraße gelangte, schaltete Uzali die größte Schnelligkeit ein, sodaß der Wagen förmlich dahinflog. Der Malaye fuhr mil be wunderungswürdiger Sicherheit; er machte nie einen Fehlgriff, wich nicht Haarbreit von dem rechten Wege ab. Beim Scheine der Acetylen lampen unterschied Russell ganz deutlich das Flackern seiner dunklen Augen. „Sie scheinen solche Fahrten zu lieben?" ttagte Russell. „Ich kenne nichts Schöneres, als so un aufhaltsam dahinfliegen zu können, vielleicht sogar -der Gefahr wegen, die darin liegt," rief Uzali aus. „Aber mein Auge ist sicher und meine Hand fest, sodaß wir wohl rechtzeitig genug in Maldon Grange sein werden, um unserem Freunde Jansen das Handwerk zu legen." Der Wagen fuhr jetzt nach den Weisungen Russells, weil sich Uzali hier auf unbekanntem Boden bewegte. Als man dem Schlosse schon ziemlich nahe war, wurde die Geschwindigkeit bedeutend gemäßigt und hinter einem Dickicht, das sich unweit vom Hause ausdehnte, die Maschine eingestellt. Mau befand sich dem altehrwürdigen Bau gerade gegenüber, -der mit Ausnahme zweier Fenster im ersten Stock in tiew Dunkelheit ge hüllt dalag. Es bedurfte keines großen Schars sinnes, um zu erraten, daß es die Fenster des Zimmers sein mußten, in dem Samuel Flo wer lag. Eine Weile blickte Uzali zu den er leuchteten Scheiben empor, nicht wissend, was er zunächst tun sollte. „Ich wünschte, ich wüßte, wer dort ist," murmelte er. „Wir müssen in das Haus ge langen, und zwar, ohne die Dienerschaft zu wecken. Es ist eine sehr gewagte Vermutung; glauben Sie aber nicht, daß sich Ihr Freund, Dr. Mercer, dor. befindet? Ich gedachte mich in Oldbouroug-H selbst davon zu überzeugen, vergaß aber in der Aufregung des Augenblicks ganz daran." „Unmöglich ist es gerade nicht," lautete Rußells Antwort. „Aber wir können uns ja leicht Gewißheit verschaffen. Werfen Sie ein paar Kiesel gegen das Fenster, und warten wir ab, wer sich auf diese Störung blicken läßt. Im schlimmsten Falle erzählen wir, daß wir uns verirrt hätten und um Bescheid bit ten. Schaden kann das nicht." Uzali nickte bloß und hatte auch schon ein paar Kiesel vom Boden aufgelesen, die er ge schickt gegen das Fenster warf. Das Experi ment mußte noch einmal wiederholt werden, bis der Vorhang emporgezogen und das Fen ster geöffnet wurde, »voraus jemand den Kopf herausstreckte und fragte, was denn los sei. Die Stimme des Fragers ließ Russell einen Rus der Freude ausstoßen, worauf er sagte: „Das nenne ich Glück! Es ist wirklich Mercer. Wilfried, kommen Sie herunter und lassen Sie uns ein. Wir müssen ein Paar Worte mit Ihnen wechseln." (Fortsetzung folgt.) Sleckenplen»eife 6ie beskr Üienmtlrkreik von L Co., R»a«b«ol, ««la« uoä bleo6«n6 8cküa«v IHot, ä Llüelc 50 ru Kob«».