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VMM M MkMIlMMWN äningn CLKSKlLÜ Sonntag, de« 15. März 1814 Rr «1 41. Jahrgang Die Porzellanbilder. Novellette von A. Hinze. Frau Ida Gleichmann, die Gattin eines reichen Großkaujmannes, führte mich an ihren Geburtstagstisch. Frau Ida war eine kunstverständige Dame und man konnte sicher sein, auf ihrem Gaben tische irgend eine Besonderheit, einen seltenen Kunstgegenstand zu finden. Auch heute verrieten die Ausrufe der Be wunderung, die von dorther kämen, das; diese nicht dem Pariser Kostüm, noch dem kostbaren Pelzwerk oder der Brillantbusennadel galten, sondern den Porzellanbitdern, einem Pondan- Knpaar, die seht von Hand zu Hand gingen. „Mein Mann hat diese entzückenden Alter tümer bei einem Antiquar in Frankfurt auf- gestöbert," vertraute Frau Ida mir an. Ich konnte mich eines Gefühls der Unruhe und Spannung nicht erwebren. Das Wort „Porzellanbüder" hatte urplötzlich ein Erlebnis aus der Vergangenheit in mir geweckt, das unvergessen und unaufgeklärt in meiner Er innerung lebte. llnd in der Tat tastete ich schon im näch sten Augenblick nach einem Halt, so sehr alte- ricrte mich, was ich' sah — ein einziger Mick auf die Bilder verriet inir nämlich, daß es die vermißten, auf so rätselhafte Weise ver schwundenen Bilder waren. Meine Bewunderung wird wohl etwas mütsam geklungen haben, denn meine Hand, die die Bilder kielt, bebte und meine Lippen gleichfalls. Das einzige, was ich deutlich bervorbrachte, war die Frage: „Bei einen« Antiquar in Frankfurt bat Ihr Gatte diese Bilder gekauft, liebe Frau Ida?" Diese drohte schelmisch mit dem Finger. „Ich errate, beste Freundin. Sie haben Lust bekommen, dort auch einen Besuch abzustatten!" gab sie zurück. „Damit Sie nun auch an die rechte Adresse kommen, will ich Ihnen diese genau angeben." Und ich notierte: Antiquar Rosenfeld, Kai- erstraße. Am nächsten Tage saß ich im Bahnzuge, der nach Frankfurt fuhr. 4 Meine Mitreisenden mögen sich über mein zugeknöp tes Wesen gewundert haben, aber mich interessierte während jener Fabrt absolut nur eins: die alte Geschichte und ihr Schluß, den ich nun zu erfahren hoffte. Unwiderstehlich zauberte mir die Erinnerung jene Zeit vor, in der sie sich abspielte. Mein Vater war Kümmerer der alten Her zogin von L. Vaters Dienstwohnung lag in einem Seitenflügel des l erzoglichen Schlosses. Ich war das einzige Kind meiner Eltern und die weitläufigen Gänge des herrlichen alten Schloßgartens mein liebster Aufenthalt. Die Frau Herzogin hakte mir die Erlaubnis dazu erteilt; überhaupt war Ihre Hoheit eine sehr gütige Herrin und ma re Menschenfreundin. Besondere Freude gewährte es ihr, das Ho- personal zu beschenken und sie schentte fürstlich. Leider gab es unter diesem auch habgie rige Naturen, welche die Güte der hohen Frau für sich ausbeuteten. Das direkte Gegenteil war mein guter Va ter. Er besaß ein fast krankhaftes Feingefühl, das davor zurückschreck.e, anderen zu Tank ver pflichtet zu sein, etwas zu besitzen, das er nicht aus eigenen Mitteln erworben. So war es ihm ungemein Peinlich, wenn die Herzogin in ihrer leutseligen Art sagte: „Sie müssen sich halt damit absinden, Brück ner, daß ich mir die Freude mache, Ihnen etwas Hübsches üir Jbre vier Pfahle zu schen ken. Geht es Ihnen wider den Strich, so freut es doch Ilre Frau und die Kleine" — das war ich. So füllte sich im Laufe der Jahre, trotz des Vaters Opposition, mein Eltern heim mit manchem köstlichen Stück und mein Auge ge wöhnte sich lrüh an echte Kunst nerke, weshalb ich mir auch die Freude an solhen bewahrt habe. Als ich heranwuebs, durf.e ich zuweilen mit meiner Stickarbeit zu der Herzogin kom men. Im Sommer saßen wir in der Tarus- grotte mit dem Sandsleinamor, und in die leutselige Rede der hohen Frau hinein klang das leise RauFken des Fontänenstrahls, der ins Brunnendeckel, zurückfiel. Noch schöner fast deuchte es mir zur Win terzeit, wenn im Gemach der Herzogin der rötliche Schein des Kaminfeuers um die Hoch- leinigen Stühle mit dem Schnitzwerk und den gelben Seidenpolstern wob. So war es wieder eines Tages — ich war jetzt 17 Jahre alt — als der Kammer diener Ihrer Hoheit meldete: „Herr Charles Dubois." Ich horchte auf. So hieß ja der En'el des Schloßverwal:ers, der vor einigen Tagen aus Paris zu den Großeltern gekommen war, DeuZchland kennen zu lernen- Ich hatte den jungen Herrn noch nicht ge sehen, aber die Klänge, die er seiner Geige zu entlocken verstand, hatte das Zchloßpersonal in Heller Begeisterung herbeigelockt. Und auch ich l atte nicht widerstehen können, hatte mein Fenster geöffnet und heimlich gelauscht. „Vortrefflich," Meinte die Herzogin, halb zu mir gewandt, „mich soll verlangen, ob dieser junge Paganini auch sonst hält, was sein Spiel verspricht." „Hoheit haben befohlen . . ." sagte jetzt eine ungemein wohllautende Männerstimme und im Rahmen der Portiere stand eine junge Reckengestalt — das Bild von einem Menschen — und verneigte sich vor der hohen Frau. Ich wußte nicht, was ich an Hevrn Char les Dubois am meisten bewundern sollte, die tadellose, geschmeidige Gestalt, das von raben schwarzem Gelock umrahmte Antlitz, mit den dunkel leuchtenden Augen, oder seine Verne.- gung, die derjenigen eines geschulten Ho^man- nes glich und doch den Charme des Parisers trug. Sekr flüchtig glitt des Gastes Blick über mich bin. als Ihre Hoheit uns einander vor- stellre. Während der Konversation zwischen der Herzogin -nd Herrn Dubois, die nun folgte, kam ich mir recht überflüssig vor. Doch ver nahm ich, daß der junge Pariser Musik stu» dierte und im nächsten Winter mit seiner Geige zuerst vor das Publi'um treten wollte. Natürlich in Paris, wohin er in einigen Wo chen zurückzukehren gedachte. Nun mußte der Gast der hohen Frau eine Probe seines Talentes ablegen. „Bravo — bravissimo!" lächelte Ihre Ho heit, als der letzte Ton verklungen, und reichte dem Künstler die Hand. „Sie besitzen m der Lat ein gottbegnadetes Talent, Herr IP ors. Möchten Sie das erstrebte Ziel ar te! den. Gehört doch auch die völlige Hingabe des eigenen Ich dazu, zu der reinen Höhe wa rer Kunst zu gelangen. Sie duldet keine ai oeren Götter — keine anderen Leidenschaf- Pi, die für sie, neben sich," sagte die l ohe ,^rau. jung ich noch war, so begriff ich doch die Atsicht in den Worten, llnd auch der- enlge, deni—sie galten, hatte begrifen, und kie junge Ltirn, darauf Leichtsinn und Lei de ubaiten gezeichnet slanden, sich gefärbt. Oder errötete er aus Freuden, weil ihm di erzogm jetzt a's ein Zeichen ihrer An erkennung einen schönen Ring überreichte? -uurois ward nun entlassen. Bereitsande rief_ iln das Wort der Herzogin zurück: „^ehen Lie sich doch mal diese Porzellanbil- der an, lieber Dubois! Sie smo nämlich -ranzösische Kunst — der verfeinerte KEurge- ichmack Ihrer Nation, mon ami, ist ja noch heute vorbildlich." Wälrend Dubois sich verneigte und heran- tra:, rief Ihre Hoheit mir zu: „Du sollst die Bilder Deinen El:ern mitnehmen, Kleine! Deinem Papa, Kind, muß man ja förmlich au drangen, was man ihm schenken will! Da wollen wir es hall mal auf diese Weise ver buchen!" lrn.o Ihre Hoben lachte amüsiert, indes a:em'oker Bewunderung auf die Bilder chaure, d!> ein Kammerdiener auf Befehl her beize rach: lieber meine Schulter sah Char les Du:o:s auf die Pendants. „Genre a la Watteau — in der Tat wun dervoll, Hoheit," hörte ich ibn sagen. Er be wunderte auch das zierliche Porzellangitterwerk der Rahmen und die köstliche Vergoldung. Mir w er klopfte das Herz vor Entzücken über dieses Geschenk. Als ich es nach einem Kuß auf die Hand der gütigen Geberin davontrug, hatte ich das Gcsübl, als folgte mir der duEe Blick des Franzosen. Und wirklich hörte ich fetzt hintsr mir seinen Schritt in den Gängen des Schlosses. Großer Gott, welch eine Szene folgte, als » « Allerlei Kurzweil. « « Leuksprüche. Du darfst nicht, lebst du recht, Nach bösen Mäulern fragen: Es liegt nicht an uns, WaS der und jener sagen. * * * Wehre dich, wehre dich selber, Wenn man dich anrennt, Einzeln oder in Haufen, Ehre dich, ehre dich selber; Wenn dich ein Schwächling neckt, Laß ihn laufen! RLtselecke. Rätsel. 1. Es hat zwei Hörner und tut sehr wild, Doch ist's zuweilen auch artig und mild, Wenn es auf grüner Wiese geht, Die noch kein Schnitter hat gemäht. Nur, wenu's ans deinem Innern kommt, Dann ihm kein Gras und Hafer frommt, Dann hilft nicht Zaum noch Zügel . . . Ja, nicht einmal die Prügel . . . Es hat sich aber soctgemacht, Sobald cs herzüch ausgekocht . . . 2. (Zwcigeschlechtigkeitü Bald bin ich männlich: dann nenn ich Ein Wesen allerhöchster Art, In dein sich tiefe Erkenntnis eng Mit lächelnd-nulder Tugend paart. Bald bin ich weiblich: ein Lied, ein Klang, Der au- des Volkes Mund erschallt, Ein gold'ner Schatz für Geist und Herz, Oft viele hundert Jahre alt. Nur selten bin ich Weib und doch Nach jenem männlich-ernsten Sinn: Hypatia — dann ehrt die Welt In mir der Gottheit Priesterin. Scharade. Das Erste glänzt an einem Riesenzelt. Wlm alles ist das Zweite auf der Welt, Das ganze Dasein gründlich der verachtet. Vielleicht das Ganze doch er gern betrachtet; Denn kurz und glänzend ist sein Lauf, Ein Wunder tut sich vvr ihm auf. Vexierbild. Ich habe meiue Freundin ue-fehlt; vielleicht wartet sie an einer andern Stelle des Parks. (Auflösungen in nächster Nummer.) A«st-sungeu aus Nummer 10. Der Rätsel: 1. Tannhäuser. 2. Paradiesapfel. 3. Wartburg. Der Scharade: Gänsefüßchen. Des Homonyms: Händel. De« Palindroms: Adel — Leda. Des Scherz-Rätsels: Bier, Biber, (oben). Des Bilder-RätselS: Lampenfieber Linder-Zeitung, «u Mch» Dl d« Schum» »HM «M-Hakesi. Nr. 11. I Redaktion, Druck und Berlag von Horn L Ledmann, HohenfteimErnftthal. I 1914. Wo zieht's dich hin in deinen Schmerzen, Wem klagest du zuerst dein Leid? Dem ewig starken Mutterherzen, Das nie verzagt in schwerer Zeit. Will dich die Freude schier erdrücken, Zur Mutter hin dann eilest du, Mit ihren liebevollen Blicken Gibt deinem Herz sie wieder Ruh'. Das Beste, was dir Gott gegeben, Das ist die treue Mutter dein; Wird trübe auch für dich das Leben, Ist sie bei dir, kannst ruhig sein. Durch ihres Herzens edle Triebe Weckt sie in dir des Lebens Lust; Die felsenfeste, treu'ste Liebe, Die wohnt nur in der Mutterbrust. Die Mutter. Die Mutter ehr' und liebe immer, Tu' Gutes ihr in jedem Blick; ES fällt von ihrem Glück ein Schimmer In ihres Kindes Herz zurück. Gefahren in Wald und Flur. Ein lehrreiches Kapitel über unsere einheimischen Giftpflanzen. Von Friedr Der liebe Frühling steht vor der Tür. Bald beginnen wieder eure Ausflüge und Spaziergänge in Wald und Feld. Viel der Freuden und Vergnügungen winken euch, aber auch mancherlei Gefahren. Immer wieder lesen und hören wir in der schönen Jahreszeit von Vergiftungen, hervorgerufen entweder durch leichtsinnigen Umgang mit giftigen Gewächsen und Beeren oder noch öfter durch die Unkennt- nis der giftigen Beschaffenheit der betreff ndcn Pflanze oder ihre Verwechslung mit anderen unschädlichen Gewächsen. Gegen diese Gefahr kann euch nur große Vorsicht oder die Kennt nis der einheimischen Giftpflanzen schützen. Diejenigen von euch, welche die nötige Er fahrung sich zu eigen gemacht haben, sollten eS sich dann besonders angelegen sein kaffen, ihre unerfahrenen oder kleineren Gefährten zu warnen und zu belehren. Leider findet man die Unart, alle möglichen Zweige, Gräser, Blü ten und Stengel gedankenlos in den Mund zu stecken, selbst noch bei vielen fast schon er wachsenen Personen. Man sollte aber die Vorsicht noch weiter walten lassen und was ich Thieme. (Nachdruck verboten.) man nicht kennt, auch nur mit Vorsicht in die Hände nehmen, denn manche Gewächse und Stoffe wirken auch schon durch die Berührung giftig, oder man schädigt sich indirekt, indem man dann aus Unachtsamkeit die mit dem Gift behafteten oder nur ungenügend gesäu berten Hände zum Munde führt oder gar das mitgenommene Frühstück unter Zuhilfenahme dieser Hände verspeist. tzJst nun auch glücklicherweise die Zahl der hauptsächlich in Frage kommenden giftigen Arten nicht allzu groß, so sind doch manche in ungeheurer Menge verbreitet. Es drohet: also Gefahren auf Schritt und Tritt. Alljährlich liest man von Vergiftungen durch den in unsern Anlagen wunderbar goldgelb blühenden Goldregen, von dem alle Teile stark giftig find, selbst die prächtigen Blüten. Vor allem durch Verzehren der fchotenähnlichcn Früchte ist schon mancher Todesfall herbeigeführt wor den. Vorsicht ist auch gegenüber einem andern Zierbaum unsrer Anlagen und Laubwälder ge- votcn, einem schönen Baum, besten Blüten einen starken, betäubenden Geruch ausströmen.