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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 01.02.1914
- Erscheinungsdatum
- 1914-02-01
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-191402015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19140201
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19140201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Bemerkung
- Fehlende Seiten in der Vorlage.
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-02
- Tag 1914-02-01
-
Monat
1914-02
-
Jahr
1914
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 01.02.1914
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1 § Wirt, Sächsischer Landtag geineiiüame Grundlage gefunden dann anregen, der - - s h De- r zialpolilik heißt nicht bloß: (besetze machen-, 0rsksI6sr2ei6sn1iÄUL Oksmnilr, Leke?08t- u. X wn6N8t?. 3^°"^ beständig, als der Wechsel, und rung-en, die die deutschen Sparer zig Jahren mit der Verkürzung der griechischen Staatspapiere auf gemacht haben, können nicht dazu die vor der ein Verpflichtungen einzugeten, haben wir Anlaß. Im Südosten von Europa ist Graf ViPthu m es ihm ferngelegen Wir den Hiergegen müße geeignete Matznah- s - l k keinen nichts Erfah- z wan- Zinsen Drittel ! ten. Zum Schutz der Bankdepots ist ein zochesetz notwendig. Abg. Behrens (Wirffch. Vgg): wollen die Wirtschaftspolitik, namentlich Schutz der Landwirtschaft aufrechterhalten. S 34. Sitzung vom 30. Januar. Präsident Dr. Vogel eröffnet die Sitzung um 9 Uhr 35 Min. bei schwach besetztem Hause und spärlich besuchten Tribünen. Ans der Tagesordnung ste -en ausschließlich Eisenbabnangelegenheiten. Abg. Gleisberg (natl.) berichtet zu nächst für die Finanzdeputation B und bean tragt, gemäß Kap. 16 Tit. 21 des ordentlichen Etats zum Ausbau des Eisenbahn-Fernsprech netzes 300 000 Mk. als erste Rate nach der Vorlage zu bewilligen, was ohne Debatte be schlossen wird. Es folgen dann verschiedene Eisenbahn- Petitionen, die nach kurzer Lokaldebatte den Anträgen der Deputation gemäß erledigt werden. Nächste Sitzung: Montag, 2. Februar, 2 Uhr. darf der Reform. Air der bewährten sck)aftspolitik muß festgehalten werden. der Willensfreiheit wenden, der Staat cinschreiten und men treffen. Minister des Innern u. E ck st ä d t betont, daß Im Buch- nur noch or (Zuruf von Unr so uuer- diese Tatsache Regierung in Athen mit Geld unter die Arme zu greifen. Wir können mangels hervorragen der Interessen abwarten, wie dort unten alles wird. Auch die sympathische Persönlichkeit des Königs Konstantin von Griechenland, des Schwagers unseres Kaisers, ändert hieran nichts. In der Kaiserftadt an der Donau hat man des Dramas von Meyerling aus Anlaß der fünfundzwanzigsten Wiederkehr des jähen Todes des vielbetrauerten Kronprinzen Rudolph von Oesterreich gedacht, von dem die Nationalitäten der habsburgischen Monarchie s. Z. eine neue Aera erwarteten. Ob diese Hoffnungen erfüllt worden- wären, kann niemand sagen, wir leben ja in einer Zeit der herben Erfahrungen, die manchen Charakter ändern. Gewißheit, wie der Kronprinz Rudolph starb, ist bis heute nicht laut geworden-, zweifellos ist allein, daß ei erschlagen worden ist. Die Einzelheiten des Dramas sind so ernster Natur, daß man die Schleier, die über denr Ausgang dieses Für stenschicksals ruhen, am besten auch weiter ruhen läßt. — Während der ungarische Reichs tag der Schauplatz von neuen Lärmszenen war, ist im österreichischen Landtage die neue Wehrvorlage angenommen worden, welche die Stärke der Armee um 31 000 Mann erhöht. Lehrreich sind die Ereignisse in Paris, wo man anderen Staaten viele Millionen leihen will, während in der eigenen Kasse Mangel herrscht. Rußland soll Geld haben, die Tür kei nicht weniger, schließlich noch Griechenland, aber Air die eigenen sicher großen Heeres ausgaben Frankreichs ist noch immer kein Rat geschaffen worden. Der Versuch des Finanz ministers Caillaux, nach deutschem Vorbild Geld aufzubringen, stößt auf sehr erhebliche Bedenken, denn die Franzosen sind an Ehr- licheit gegenüber dem Staate, wie sie doch Abg. Molke nbuhr (Soz.) ist gegen den Schutzzoll. Abg. Enninger (Ztr.) stellt fest, daß die Krisen des Auslandes viel schmerzlicher verlaufen seien als bei uns. Reichsbankpräsident H a v e n st e i n ist ge gen ein Deposiengesetz. Sonnabend 12 Uhr: Weilerberatung. i Ki : Da- Arbeitsprogramm der Zweiten Kammer. Montag: Petitionen und kleinere EtatSkapi- tel; Dienstag: Antrag Bär und Genossen-, betr. Staatsarbeiter und obligatorische Einrichtung von ArbcitcrauSschüssen; Mittwoch bleibt sitzu-ngssrci für die Fahrt nach Oberwiesenthal; auf der linken Seße als erfreulich bezeichnet wird. Hier handle es sich tatsächlich um eine Monopolisierung der Arbeit durch die Gewerk schaften. Dahin dürfe man es nicht kommen lassen. Die Sozialdemokratie schränke das Koalitionsrecht dal in ein, daß nur die orga nisierten Arbeiter eingestellt werden. Die Arbeit geber müßten dann jeden Arbeiter nehmen, ganz gleich, ob er gul oder schlecht sei. Eigen tümlicherweise sei die Sozialdemokratie auch immer darüber gut orientiert, wenn etwas Geheimes gedruckt werde. Der Redner besprach dann die Auswüchse des Koalitionsrechtes. Es sei außerordentlich schwierig, zu dem Problem Stellung zu- nehmen u-nd er sei zu der Ansicht gelangt, daß nur ans einem gemeinschaftlichen- Bodcn stehend an die Frage herangetretcn wer den könne. Ein Eingriff in die Willensfreiheft des einzelnen müsse verhindert werden. Dies sei die wirkliche Koalitionsfreiheit. Wenn dies- druttergehilfen organisiert seien, druckergewerbe würden allgemein ganisierte Gehilfen eingestellt, links: Das ist sehr erfreulich!) freulicher ist das für uns, wenn werde es möglich sein, eine Einigung zur Zu friedcnheit beider Teile zu erlangen. Bei der Beurteilung der ganzen Frage handle es sich um die Vertretung allgemeiner und nicht ein- ze ner Interessen. Auch die Sozialdemokratie müsse sich dieser Ansicht anschließen. Es sei ihm nicht möglich, heule ausführlich auf die Ausführungen der Abgg. Dr. Kaiser und Held einzugehen. Nur soviel wolle er feststellen, daß er mit dem Abg. Dr. Kaiser dahin überein stimme, als auch er einen Ausbau der Gesetz gebung für notwendig- halte. Insbesondere müssen die Bestimmungen des Strafgesetzbuchs über die Beleidigung, Bedrohung, Erpressung usw. revidiert werden. Die weiteren Einzel heiten seien Sache der Deputat.on. Mit den Ansichten des Abg. Dr. Kaiser bezüglich des Streßpostenslehens sei er nicht einverstanden. Wenn es sich nur um einen Nachrichtendienst handle, so sei nichts dagegen einzuwenden. Er habe a.-er aus die großen Mißhelligkeiten auf- merisam gemacht, die unter den jetzigen Ver hältnissen entstanden seien. Hier müsse man das liebel an der Wurzel fassen. Das Streik poslenslehen sei weiter nichts als eine Ein schüchterung der Arbeitswilligen. Ein Aus nahmegesetz solle nicht geschaffen werden, son dern er wolle sich nur gegen die Beschrän ung labe, dem Präsidenten einen Vorwurf zu ma chen, weil er nicht eing-egriffen hat, als der Abg. Held- die Rede des Königs in Leipzig erwähnte. Der Minister wendet sich dann zur Beantwortung der Interpellationen und sagt: Das freie Koalitionsrecht ist eine notwendige Was- c, die bei den Parteien in voller Pari-, t gewahrt werden muß. Zur Ausübung dieses bei direkten Abgaben Voraussetzung ist, ganz und gar wicht gewöhnt. Die Monopole uwd indire'tew Steuern liegen ihnen so sehr im Mute, daß für Einkommensteuer und Vermö gensabgaben wenig Sympathie übrig bleibt. Mehr noch als alle Politik hat die Fran zosen die Geburt eines Stammhalters der Fa milie Bonaparte berührt. Wenn auch der Vater des Kleinen, der in Brüssel lebende Prinz Viktor Napoleon, nach menschlichem Ermessen leine Aussicht hat, einmal den französischen Thron zu besteigen uwd sein neugeborener Sohn nicht viel mehr Chancen hat, so beschäftigt sich die rege französische Phantasie doch recht eifrig mit dem Kinde, denn für den Namen „Na poleon" schwärmt auch der französische Repu blikawismus. UebrigenS dürfte der kleine Na poleon einmal der reichste Prinz der Erde werden. Sein Vater ist nur sehr mäßig be mittelt, aber seine Mutter, geborene Prinzessin Clementine von Belgien, Hal von ihrem ver storbenen Vater Leopold etwa 25 Millionen geerbt und bekömmt von ihrer geisteskranken Tante, der einstigen Kaiserin von Mexiko, noch weitere 20 Millionen. Von seinem unverhei rateten Onkel Louis hat der Prinz 30 Mil- -lionen zu erhoffen, und von der bald neun- zigchhrigen Exkaiserin Eugenie von Frankreich gar 200 Millionen. Er hat also zu lei en, auch wenn er nicht Kaiser wird. Koalitionsrechtes gehört an sich auch das Recht des Streikpostenstehens. Jede Aeußerung des .Koalitionsrechts, also auch das Verhalten des Streikpostens, muß sich im Rahmen der befiel enden Rechtsordnung bewegen. Aus dem Koalitionsrecht dar' keinesfalls ein Koalitions zwang werden. Bei der Durchführung von Wirlschaftskämpsen muß vor allem die öffent liche Sicherheit und Ordnung ausrechterhallen werden, und wenn die Regierung auch die Pflicht bat, über den Parteien zu sieben, so ist cs doch arß der anderen Seite ihre Pflicht, nachdrücklich dafür zu sorgen, daß sich die wirt- scha blichen Kämpfe im Ralmen der Rechtsord nung bewegen. In Sachsen- sind die Wirt- scha tskämpfe besonders häufig und heftig. Bei den letzten Wirtsch-aftskämpfen ist es zu zahl reichen und teilweise schweren Ausschreitungen gekommen, die nicht alle die entsprechende Sühne gesunden haben Beispielsweise ist beim lZ. 1»^ sondern auch Gesetze durchführen. Da wird von einer Erholungspause wenig- die Rede sein können. Weitere Maßnahmen auf dem Gebiete des Koalitionsrechts sind nicht notwendig. Eine Kommission- für soziale und Arbeiterfra gen sollte alle Anträge gründlich vorberaten. Abg. Becker- Bingen (fraktionslos): Aerzte und Krankenkassen »vollen den Frieden; daher soll man den alten Streit nicht wieder aufrühren-. Die ärztliche Prüfungsordnung be- Zweite Kammer. ' Sitzung vom 29. Januar. (Schluß.) Abg. Dr. B öhme (kons.) bittet im wei- :eren Verlause seiner Ausführungen die Staats- regierung, ein aufmerffames Ange auf den Endpunkt der gesamten wirtschaftlichen Kämpfe zn haben. Er besprach dann die Verhältnisse im Buchdrnckergewcrbe und wies darauf hin, daß nicht weniger als 96 Prozent der Buch- letzten Schifferstreik der Versuch gemacht wor den, ein von Arbeitswilligen bewohntes Schiff auf der Elbe zum Sinken zu- bringen. Der Minister schildert daun die letzten wirtschaft lichen Kämpfe in England, di« trotz der-dort befiel enden- Tarifverträge erheblich zugenom men haben, und fährt fort: Bis jetzt haben die Machtmittel des Staates bei den Wirt schaftskämpfen in Sachsen im allgemeinen aus gereicht, wenn auch zuzug-eben ist, daß die be stehende Gesetzgebung nicht allenthalben aus- reicht, um die Willensfreiheit des einzelnen bei Streiks und Boykotts zu- schützen. Die säch sische Regierung wird beim Bundesrat fortge setzt dafür eintreten, daß dies bei der Revi sion des Strafrechts berücksichtigt wird. Die sächsische Regierung will die Koalitionsfreiheit als solche nicht angetastet wissen und will keine Ausnahmegesetze gegen irgendeine Klasse. Aber der Terrorismus muß bekämpft werden. Bei Streiks wird stets ein ausreichendes Polizei au'gebot in Bereitschaft gehalten werden. Eine cesondere Landes-Streikpolizei soll nicht ge schaffen werden, da hierfür kein ausreichendes Bedürfnis vorliegt. Besondere Maßregeln kön nen nur von Fall- zu Fall getroffen- werden. Gesetzesübertretungen werden schnell geahndet werden. Für die Polizei soll eine Aufstellung der besonderen Richtlinien erfolgen, nach denen sich das Verhalten der Polizei bei Wirtschasts- kämp cn zu richten hat. Die Regierung wird anderseits jeden Versuch, die Ausübung des Koalitionsrechts zu verhindern, energisch be kämpfen. (Beifall.) Juftizminister Dr. N agel verteidigt den Erlaß des Justizministeriums vorn 11. Dezem- -er 1912, der die Beschleunigung des Straf verfahrens bei sogenannten Massend-elikten be trifft. Er verweist auf sozialdemokratische Par lamentarier, die ebenfalls eine schnelle Justiz im Interesse der Angeklagten gefordert haben. Mit Entschiedenheit verwahr! der Minister sich gegen den Vorwurf, daß eine Parteijustiz be ste! e. Die Justiz steht den Wirtschastskämpfen mit verschränkten Armen gegenüber, sie ist sich aber ihrer Pflicht bewußt, die öffentliche Ord nung mit allen gesetzlichen Mitteln zu schüfen. (Beifall.) In der allgemeinen Besprechung der Jnler- pellationen kennzeichnet Alg. Brodaus (Vpt.) in längeren-Aus- snhruugen den Standpunkt seiner Fraktion, er stellt fest, daß seine politischen Freunde nicht mit alle» Ausführungen einverstanden seien. Uebelstäude bezüglich der Freiheit der Arbeits willigen und der Freiheit der Gewerbebetriebe feien- tatsächlich vorhanden. Auch seien des öfteren Arbeitswillige durch Slreilposten- steher belästigt worden. Hiergegen habe die 'ozia demokratische Presse nichts getan. Selbst verständlich werde der Terrorismus nicht nur von den Sozialdemokraten, sondern auch von den Konservativen und dem Minde der Land wirte ausgeübt. Ausschreitungen seien schon jetzt genügend bestraft worden, und das Koa- ütionsrecht dürfe auf keinen Fall angetastet werden. Den Vorwurf einer Klassenjustiz müsse er zu-rückweisen, da nach seiner Ueberzeugung alle Richter bemüht seien, nach bestem Wissen und Gewissen Recht zu sprechen. Die national- liberalen Forderungen bezüglich der Ausdeh nung der Polizeigewalt bei Streikvergehen miisse er ablehnen, doch wünsche auch seine Partei einen gerechten Schutz der Arbeitswilligen. Für die Beurteilung des Boykotts fehle oft die rech!liche Grundlage und der Richler könne hier nur die Paragraphen iiber Erpressung und Be drohung anwenden. Zum Schlüsse bero-nte Red ner nochmals, daß er und seine politischen Freunde für eine etwa geplante Einschränkung des Koalitionsrechles unter leinen Umständen zu laben seren. Abg. Sindermann (Soz.) beantragt in olge der vorgerückten Zeit die Vertagung der Beratung auf den Anfang der nächsten Woche. Abg. Dr. Böhme (kons.) spricht sich für die Fortsetzung der Beratung aus, da noch za'»reiche Redner gemeldet seien. Abg. Günther (Vpt.) tritt gleichfalls für die Vertagung der Besprechung ein. Die Kammer beschließt hierauf, die Bespre chung der Interpellationen und des Antrages aus Anfang der nächsten Woche zu vertagen. Deutscher Reichstag. 202. Sitzung vom 30. Januar. Auf der Tagesordnung stehen zunächst kleine Anfragen. Auf eine Anfrage des Abg. Trendel (Ztr.) erwidert UnterstaatSsekrctär Jahn: Das auf Grund des Wehrbeitragsgesetzes am 31. Dezember 1913 festgestellte Vermögen ist unverändert bei Fest stellung der Vermögen im Jahre l917 zugrunde zu legen. Es wird mit dem Ergebnis der am 31. Dezember 1916 ermittelten Vermögen ver glichen werden. Diese Auffassung ist vom Staats sekretär bereits früher vertreten worden. Auf eine Anfrage des Abg. Sittart (Ztr.): ab das Militär von Zabern, dessen Verlegung nach den Barackenlagern als eine harte Strafe empfunden werde, bald wieder seiner frühcren oder einer anderen Garnison überwiesen werden soll, erwidert Generalmajor Wild von Hohen born: Die Anfrage geht von unzutreffenden Voranssetzungen insofern aus, als es sich bei Verlegung der Garnison von Zabern durchaus nicht um eine Bestrafung derselben handel:, und die Verlegung umsoweniger als Strafe empfun den werden kann, als eine große Anzahl von Truppen seit dem 1. Oktober 1912 auf Truppen übungsplätzen untergebracht werden mußte. Eine Maiuwortung der Frage selbst kann nicht er folgen. (Heiterkeit und Unruhe.) Daraus wird die zweite Lesung des Etats des Reichsamts des Innern fortgesetzt (achter Bera tungstag). Abg. Weinhenscn (Vpt.): Wir wollen sozial- volüischc Bewegungsfreiheit für Unternehmer und Arbeiter. Wir werden gegen das Verbot des Streikpustenstehens stimmen. Terrorismus wird von Arbeitgebern unmittelbar vor den Toren Berlins geübt. In Steglitz hat ein General leutnant seinem Barbier die Kundschaft gekündigt, weil er liberal gewählt hatte. (Hört, hört!) Tie sozialen Gesetze müssen mehr, als es durch den Reich-:anzeiger geschehen kann, bekannt gemacht werden. Die liberale Presse lut das Ihre, um das Volk zu belehren. (Sehr richtig! links.) Die gcmeinnützigen Auskunfts- und Beratungsstellen müssen weiter gepflegt werden. Ein einheitliches Arbeiter- und Angestelltcnrecht ist notwendig. Zu wünschen ist, daß die angekündigte Denk schrift über die Verhältnisse der Slaatsarbeiter recht bald kommt. In unserer Resolution fvrdern wir Arbeiter- und Angcstcllten-Ausschüsse, Siche rung der Stellung der Arbeiter, angemessene Löhne usw. Die Herabsetzung der Altersgrenze bei der Jnoaliditätßversicherung ist durchaus notwendig. Warum sind die Fachausschüsse beim Heimarbeiterschutz noch nicht eingeführt? Es heißt, die Regierung fürchte, daß dann das ganze Elend der Heimarbeit zutage treten würde. Die Schutzgrenze für Jugendliche muß heraufgesetzt werden. Wir treiben Sozialpolitik nicht aus falscher Wehleidigkeit, sondern aus Liebe zum Volke, um es leistungsfähig zu machen im kul turellen und nationalen Wettkampf. (Beifall.) Abg. Dombek (Pole): Die Entschlüsse des Bundesrats zu den Beschlüssen des Reichs tags fordern eine ernste KritÜ heraus. Ter Reichstag mutz zu den vom Bundesrat nicht erledigten- Frageir erneut Stellung nehmen. Bei Lo-Hnkämpfen mutz der Verhandlungszwcmg cingeüihrt werden. Die dringend notwendige Erhöhung der Bergarbeiterlöhne sollte endlich durchgeführt werden. Den konservativen An trag auf Beschränkung des Koalitionsrechts lehneir wir natürlich ab. A>'g. Warmuth (Rpl.): Uns liegt be sonders die Förderung des Mittelstandes am Herzen. Die moderne Entwicklung drangt ihn immer mehr zurück. Erwünscht ist ein Ein greifen gegen die Warenhäuser, den unlauteren Wettbewerb, den Hausierhandel, die alle den Mittelstand schwer schädigen. Der Schmutzlite ratur, die sich auf offener Straße breitmacht, ollte Herr von Jagow energisch entgcgentre- MchnsW. Neue Wochen, neue Sorgen bringt das junge Jalr. Die Feier des fünfundzwanzig, sten Geburtstages unseres Kaisers ist wie stets ohne störende Zwischenfälle verlaufen, aber die leitenden Männer im Reichsland« haben die Vollendung des 27. Januar nur abgewartet, um dem Kaiser ihr Rücklrittsgesuch zu über reichen. Die leidige Angelegenheit von Za bern ist zu Ende, aber in ihren Folgen wirkt sie weiter; der Zwiespalt zwischen der Reichs regierung und der Landesregierung von Straß burg-, der sich in der Behandlung der Vor kommnisse von Zabern ergab, hat sich nicht überbrücken lassen. Der bejahrte Statthalter Graf Wedel wäre wohl ohnehin nicht mehr lang« im Amte geblieben, aber der Staats sekretär Freiherr Zorn von Bulach, der alten elsaß-lothringischen Adelsfamilie angehörig, war vom Kaiser selbst als ein Vertrauens mann für die rechte Leitung der elsaß-lothrin gischen Angelegenheiten ausersehen worden. Weit wichtiger wie die Personenfrage ist die prinzipielle Seite des Regierungswechsels. Als die Verfassung für Elsaß-Lothringen im Reichstage beraten wurde, ist die Möglichkeit eines Zwiespaltes zwischen Reichsregiment und reichsländischer Regierung nicht ernst genom men worden. Sie ist und bleibt auch uner freulich angesichts der gesamten Verhältnisse an der Grenze, weil die nach Frankreich hin neigenden Kreise der Bevölkerung darin den Ansporn erblicken werden, die Kluft mit Alt- Deutschland, von der man überhaupt nicht spre chen sollte, zu vertiefen. Die von Paris aus gehenden Schürereien müssen unter diesen Um- ständen in Frankreich wie diesseits der Vo gesen einen immer leidigeren Eindruck machen und ganz falsche Vorstellungen erwecken, die weder dem irm«ren noch dem äußeren Frieden zu dienen geeignet sind. Und wer weiß, ob sich an die eine Krisis noch eine andere an reiht? Klarheit ist jedenfalls notwendig, eine Verschiebung der Entscheidung, nachdem die Dinge nun einmal so weit gekommen sind, wäre nicht vorteilhaft gewesen. Nach den erneuten Debatten über die elsaß- lothringischen Angelegenheiten, die eine sicht liche Ermüdung erkennen ließen, hat der Deutsche Reichstag seine Beratungen in das ruhige Fahrwasser der Etats-Erörterungen ge lenkt, in denen wie alljährlich die allgemeinen Verhältnisse einer ergiebigen Aussprache unter worfen sind. An sich erfreulich, wenn auch für -die Betroffenen ziemlich leidig, ist die Fest stellu-ng der längst bekannten Tatsache, daß- der Mittelstand von- dem Aufschwünge in Deutsch land verhältnismäßig wenig gehabt hat. Diese Erkenntnis hätte früher verhüten können, daß bei den sozialpolitischen Lasten der Bogen zu straff gespannt wurde, wie es doch geschehen ist. Dieser Winter ist direkt ein solcher des sozialpoliftschen Mißvergnügens zu nennen, er gibt dem Reichstag ein Spiegelbild, das nicht gerade erfreulich wirkt. Der Besuch des griechischen Ministerpräsi denten Venizelos in Berlin, dem seine Visite in Wien gefolgt ist, hat, wie vorauszusehen war, keine große praktische Bedeutung gehabt. Die schönen Versicherungen des griechischen Staatsmannes von der Uneigennützig ei! seiner Politik wird die deutsche Reichsregierung wohl mit höflichen Worten beantwortet haben, aber
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