Volltext Seite (XML)
liMM iia Hohkißein-MWulck äniNM 41. Jahrgang Sonntag, de« 15. Februar 1V14 Nr. 38. Vriefe asr Chills. Von einem Freunde unseres Blattes wer den uns zwei Briefe eines deutschen Missio nars in China zur Verfügung, gestellt, die sicherlich dos Interesse unserer gesch. Leser erwecken dürften. Der erste Brief lautet: Meine erste Reise aus der modernen Eisendahn in China. In oller Eile lionnte ich das Allernötigste für die Reise noch Chekiang bis zum nächsten Mi tag den 18. Dezember zusammenfinden, um mit dem Schnellzug bis Hangchow zu fahren. Es war mir wie ein Traum, in China in dem Zug zu sitzen und ohne jeg liche Schwiermleic so schnell reisen zu können. Kaum war ich eingestiegen, so wurde ich gc- fragt, „was ich zu essen wünsche?" Ein kom- pieltes Mittagessen war mir zu viel, darum wällte ich von den 9 Gängen nur einen, n m lich ein Beefsteak mit Reis, welches mir sehr zugu.e kam. Es ist für einen hungrigen Ma gen so angene m, das; die Chinesen in den Zügen Vorkehrungen! gefunden haben, um mancherlei zu jeder Tageszeit geniesten zu können. Teetopf mit Tasse kann man im Zuge sich geben lassen. Alle Augenblicke kommt einer mit kochendem Wasser nachzugießen. Auch Ge bäck, MelPlöße, Erdnüsse re. werden verab reicht. Ein anderer läuft mit einem Eimer voll recht l artgesottener Eier daher. Dieselben liegen in warmem Wasser, sobald einer eins oder mehrere wünscht, so werden sie geschält und dann abgegeben. Zeitungsverkäufer und Reklameverteiler versehen die Reisenden mit Lesesto'f. Außer diesem Treiben, bleibt auch die chinesische Etikette und Reinlichkeit (?!) nicht zurück, indem einer mit einem flachen BambuMvbchen voll heißer Waschlappen, welche auch als Handtuch dienen, entlangläuft; gibt jedem eins und sammelt sie bald wieder ein, fängt «der dort an, wo er sie zuerst aus- teilte. Dies wiederholt sich sehr oic. Während meiner östündigen Fahrt von Schanghai bis Nan-sin, eine Station weiter als .Hangchow. wurde das Gesicht nicht weniger als 9 mal gewaschen. Ick verzichtete selbstverständlich auf diese Reinlichkeit! Die Wagen hoben nur einen Raum, aus genommen die erste Klosse. Dort sind die Sitze schwarz gepolstert und die Stangen an den Gepäckhallevn von glänzendem Messing. Der Speiseraum befindet sich in der Mitte des 1. Klasse-Wagens und alles ist nach europäi schem Muster eingerichtet. Die Sitze und Rück lehnen in der 2. Klasse sind Rohrgeflechr und die Kochenden in der Passage mit Schnitze- reien versehen. Zwischen den Bänken, aus beiden Seiten mit je 2 Sitzen, steht ein Tisch. Die Passage ist in der Mitte des Wagens, welche mir fast wie eine Geschäftsstraße vor kam-. Die 3. Klosse hat Holzbänke mit Leb nen, aber keine Tische, während die 4. Klasse nur init primitiven Bänken ohne Lehnen ver geben ist. Der Durchgang ist auch hier in der Mitte. Auf den Stationen wird ziemlich lange Halt gemacht und etwa ein Dutzend Proviant verkäufer bieten während dieser Zeit eifrig ihre Waren an. Sie laufen dabei vor der Ma schine und über und zwischen den Gleisen un gehindert. Auf der Grenzstation von Kiangsu und Chekiang wird das Personal und die Ma schine gewechselt, da diese Linie von 2 Gesell schaften gebaut ist und in Betrieb gehalten wird. Die Gegend von Schanghai bis zur P r o v ucz i al haup t stadt Hangchow ist eine sehr fruchtbare Ebene. Besonders ist die Seiden- Induftrie daselbst in höchster Blüte, ganze Felder mit Maulbeerbäumen gepflanzt, sieht man dort, welche ja bekanntlich zu diesem Zwecke der Seidenraupenzucht dienen. Bei den lielen Missionarsleuten Mr. und Mrs. L. logierte ich und setzte dann meinen Weg per kleines Boot weiter bis Lanchi, wo ich nach ütägiger Fahrt, eine Strecke von 180 Kilometern-, ankam. Hier war nun aller Kom fort zu Ende. Mein Bootsmann war zugleich Koch und tat ja wirklich sein Bestes, um es mir angenehm zu machen. Bevor er den Reis ausschöpfte, nahm er sein Waschtuch, welches auch zu gleicher Zeit als Hand- und Trocken- tnch diente, drückte es fest in den Napf und letzterer wurde nun 5—6 mal herumgedreht. Ich zog es jedoch vor, den Napf vor dem Gel rauch erst noch ein wenig zu waschen und tauchte ihn schnell ins Flußwasser. Offenbar gefiel ihm dies nicht und er bemerkte, ich könne doch das Wasser Mäst essen. Als ich ihm ver sicherte, das mache mir gar nichts und später auch diese Kur machte, sagte er: „Mein Wasch lappen (mit dem er Gesicht und alles mit wusch) ist rein, ausländischer Herr." Worauf ich erwiderte: „Ja, das ist wahr, aber besser ist doch besser." Wir schauten uns dann mit lächelndem Gesichte an und es dauerte nicht lange, so ging es ganz emsig mit den Eß- stäbchen beim Reis und Gemüse zu. Letzteres bestand aus Bohnenkäse, Bambus und Schweine fleisch, welches mir nach so langer Zeit mrs- gezeichnet schmeckte. Jedoch durch die starke Kälte auf einem fast offenen Boot bei Tag und Nacht war bald mein Appetit dahin. Als cs inir so verleidet wurde, mußte ich mir aufs neue sagen, o, wie gut haben wir es in der Heimat, und so viele Leute wissen es noch nicht einmal. Von Lanchi ging es dann auf Schusters Rappen weiter. Am zweiten Tag, als ich 20 Kilometer binter mir hatte, konnte ich nicht mehr laufen. Die Füße waren geschwollen rind voller Blasen. Nun bekam ich ein außer- gewöhnlick es Beförderungsmittel, bestehend aus 4 Eckpföstchen, unten mit flachen Brettern, oben eine recht massive Stange, an deren Enden je ein Mann trug. Ich hatte mich in eine Ecke ail ein Pföstchen zu lebnen und den Kopfs schief zu halten, da ich ihn wegen der Stange nicht ausrecht halten konnte. So schwebte ich nun zwischen Himmel und Erde. Als ich abends in Nungkang ankam, konnte ich vor Steifheit fast nicht mehr gehen. Wie froh war ick, nun von diesem guten Ding erlöst zu sein, welches man sonst zum Tragen von Geschenken bei Hochzeiten benützt! — Mit Mr. Gracie ver lebte ich abends einige brüderliche, gemein schaftliche Stunden. Am nächsten Tag, am l. Weibnachtstag, kam ich dann bei unsern Ge schwistern Maag in Tsinylln an. Ick freute mich sehr, diese Station und einige Christen zu sehen, deren Namen mir durch meine selige Frau längst bekannt waren. Während meines 4t'gigen Aufenthalts dort fiel in den Tälern 10 Zentimeter hoher Schnee und die Natur versetzte einen im Geiste in die liebe Heimat. Von dort führte der Weg über's hohe Gebirge 4 Ta-hua-ling — „Großer Blumen-Paß" genannt, nach Fuchow, wo ich alte und neue Freunde sah. Auch Herr und Frau P. konnte ich dort begrüßen. Nach kurzer Besichtigung des gro ßen Schulhauses setzte ich meine Reise weiter und kam am Neujahrstag abends in Song- yana an, verweilte dort einen Tag und wei ter ging es über die Augenstationen Kiu-shi, Sl.ui-chang und Ki-keo- lieber all das Gute, was der Herr dort in unserm Distrikt getan hat, mich freuend, führte mich mein Wander- le.en mittels eines kleinen Bootes, welches 'e!r leck war, sodaß der Bootsmann das Wasser öfters auszuschöpfen hatte, über Lvng- iu nach Lanchi. In diesem schlechten Boot wurde in einer Nacht mein Puüai -- Bett — Wattendecke — naß, welches ich am nächsten Morgen mit einem Kohlentopfe trocknen mußte. Das Wetter war sehr kalt, sodaß morgens beim Waschen das Wasser an der Waschschüs sel sofort zu Eis fror. Leider hatte ich mich vor solch starker Külte nicht vorgesehen und ich habe tags und nachts furchtbar gefroren. In Lanchi ging ich dann aus ein großes Passa- gierboot, welches mit 90 Kilometer weiter brachte, und dann mittels eines kleinen Damp fers bis Hangchow. Von dort wieder mit der Balu bis Schanghai. Bei aller Anstrengung und Eile hatte ich 25 Tage gebraucht. Weitere Mitteilungen beim Reisen in China und über die jetzigen Zustände nach der Revolution. Schiffte mich am 18. Januar auf einen: japanischen Dampfer ein, welcher mich bis Kiukiang brachte. Bis Nganking reisten meine alten Freunde Mr. und Mrs. W. und ihr Söhnchen mit mir. Auf der letzten Strecke fuhren wir uns auf einer Sandbank fest, wo durch einige Stunden verflossen, bis wir wie der flott waren. Nack einem ^tägigen Auf. enthalte in Kiukiang ging es dem Po mng-See hinauf und mußten dann auch dielen kleinen Dampfer nnt einem noch kleineren wechseln, weil der Wasserstand ein außergewöhnlich tie fer war Von Nanchang aus benutzte ich ein chinesisches Hausboot, mit welchem ich nach einer Woche in Tuchow ankam, wo ich sehr freundliche Aufnahme bei den Geschwistern » « Allerlei Kurzweil. » « Deukfprüche. ES ist kein Schnee so kalt und graus, Der nicht ein Keimchen noch trieb aus; Es ist kein Schmerz so groß und tief, Daß nicht in ihm noch Friede schlief. * * * Was du bist, das sei auch ganz; Nicht die Blüt' allein, die lichte, Auch das dunkle Blatt, das schlichte, Hat Bedeutung für den Kranz Rätselecke. Rätsel. Umhüllt vom sanften, leichten Schleier, Dem erdgeschaff'nen Äug' entrückt, Liegt still in ungetrübter Feier, Vom Seelenauge nur erblickt, Au dieses Erdenlebens Rand Geheimnisvoll ein weites Land. Im bunten Reigen zieht das Leben Und luftig, wie die Wolkenwelt Stets wechselnd und in leichtem Schweben Vorüberzieht am Himmelszelt. Was Pole trennten, tausend Jahr, Oft Arm in Arm vereint hier war. Es scheinet keines Frühlings Sonne, Nicht stiller Mond in Sommernacht, Doch strömt im Aether Lebenswonne, Und heiter die Natur dir lacht. Selbst ohne Sonne — könnt' es sein? — Und Mond, du ruhst in ihrem Schein! Und ob im wilden Schlachtgetümmel Kanonendonner dich umschallt, Ob sanft es, wie vom Cyor der Himmel, Wie Sphärenmusik um dich hallt: Nicht wie des leis'sten Glöckleins Ton, Orchester hallet und Kanon! Mit heißem Liebeskuß sich schmieget Ein Engel dort an deine Brust, Wie leerer Schatten er entflieget, Wie Schatten leer ist deine Lust. Sein Kuß war nur der Lüfte Hauch, Ein leeres Nichts sein schönes Äug'. Wenn Himmel hier, ist dort oft Hölle, Der Arm' ist reich, der Reiche arm; Gefang'ne trinken an der Quelle Der süßen Freiheit wieder warm Ihr kaltes Leben. — Eitel Tand Doch ist das luft'ge Schattenland. BerwantzluagS-RStsel. Mit H ein Tier, das nur stille ist. Mit N etwas, was man recht gerne liest, Wenn's uns zum Glück erkiest Vom Schicksal ward. Mit K, wenn echt, so ist er hart. «ervollstän-igungs-RStsel. 5 nennen einen männlichen Rufnamen dir, 6 ist die selbstgewählte Verbannung; 7 machte schon manchen Braven Verdruß, Wenn's sich um eine Erbschaft handelte. Logogriph. Mit o am Ende stellt ein Silbenpaar Einen der größten Dichter dar. Mit einem e aber als dem Schluß Es dir als Trini'gerät oft dienen muß. Zahlenrätsel. Aus den Zahlen 1 bis 9 sollen drei drei stellige Zahlen gebildet werden, deren'Summe 99S ist. Bilder-Rätsel.!? (Auflösungen in nächster Nummer.) NnflAfnngeu aus Nummer 6. Der Rätsel: 1. Rubinstein. 2. Scholle. Des Buchstaben-Rätsels: Band, Sand, Land, Hand. Der Scharade: Spielhagen. Des Homonyms: AtlaS. Der zweisilbigen Scharade: Hochzeit. DeS Bilder-RätselS: Reisende Engländer. Liu-er-Zcitimg. M» Recht» Mr d» »chww» KHoSt Nr. 7. Redaktion, Druck und Verlag von Horn L Lehmann, Hohenstein-Ernstthal. f 1914. :::::::::::: Bet Tische.:::::::::::: Versammelt sind beim Mittagsmahl Die Kinder all im Kreise, Der Vater, wie so manches Mal, Erzählt von seiner Reise: Von fernen Ländern, stolzen Höh'n, Von ander'n Tälern, Sitten, Von Festen, die er dort geseh'n, Von Edeln, hoch beritten. Von Fürstenglanz und Fürstenpracht, Von anmutsvollen Frauen, So schön, wie wenn der Maien lacht, Wie selten sie zu schauen! Die Kinder hören stille zu. Da hält's den Blondkopf nimmer: „Die Schönste, Mütterlein, bist Du Von allen, jetzt und immer!" »«»» Korsische Helden. XXXX Von Onkel Friedrich. Es war im Juni des Jahres 1566, wo ein Schiff von Marseille aus die Wogen deS Mittelmeers durchsteuerte, bestimmt, den Kor sen und ihrem heldenmütigen Anführer Sam. picro in dem Kriege gegen die Genuesen, ihre Unterdrücker, die sehnlichst erwartete Hilfe zu bringen. Es hatte jedoch, statt der gehofften Regimenter tapfrer Krieger, nur 13 Fahnen und 10000 Taler Geld an Bord. Einen andern Schatz, für die Zukunft Korsikas von größerem Nutzen, als die erwarteten Scharen der Kämpfer und jenes tote Metall, führte cs der bedrängten Insel zu. Dies waren zwei junge Leute: Alfonso Sampiero, der älteste Sohn deS großen Anführers der Korsen, und Antonio, der jüngste Sprößling Leonardos von Casanova, eines Waffenbruders Sampieros. Beide Jünglinge standen bereits im kräf. tigen Jugendalter; sie waren wegen der un glücklichen Verhältnisse ihres Vaterlandes län gere Zeit entfernt gewesen und hatten an dem glänzenden Hofe der Medizäer in Frankreich gelebt. Den einfachen Sitten und der Liebe zum Vaterlande waren sie, trotz aller Ver lockungen, von ganzer Seele treu geblieben. Jetzt hatten sie, durch unausgesetztes Bitten, von ihren beiden Vätern die Erlaubnis zur Rückkehr erlangt. Wir sehen sie in jener Juninacht auf dem Verdeck deS Schiffe« stehen und beim Sternen ¬ lichte des südlichen Himmels, welches die Nächte dort so wunderbar erhellt, unausgesetzt nach der Gegend schauen, wo die Insel ihrer Heimat emportauchen mußte. — Außer dem Aechzen der an den Wänden des Schiffes sich brechenden Wogen und dem von Zeit zu Zeit knarrenden Tone der Raen herrschte in diesem Augenblicke die tiefste Stille. Selbst die beiden jungen Leute, die, in ihre Mäntel gehüllt, dicht neben einander auf dem Vorderdeck standen, sprachen anfangs kein Wort. Der eine von ihnen, Antonio, erschien etwas kleiner und schlanker, als Alfonso, in dessen jugendlichen Formen sich schon eine gewisse Kraft und Energie des Charakters aussprach. Das dunkle Auge Antonios blickte, trotz seines Feuers, sanfter und inniger in die Ferne, als das Alfonsos. Er hatte, als der Abkömmling eines altade ligen Geschlechts, mehr Anmut in seinen Be wegungen, als Alfonso, dessen rascher, heraus fordernder Gang samt dem festen, etwas harten Auftreten an Sampiero und die Hirten der Gebirge erinnerten, welche seine Vorfahren gewesen. In diesem Augenblicke halte Anto- A" hohe, schwarz umlocktc Stirn au Alfonsos braune Wange gelehnt, der ihn mit Arme fest auf dem schwankenden Schiffe umfaßt hielt. Sein Auge ruht sinnend auf dem einen kleinen freundlichen Stern, der unter Millionen glänzender Sternbilder sein