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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 11.02.1914
- Erscheinungsdatum
- 1914-02-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-191402117
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19140211
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19140211
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-02
- Tag 1914-02-11
-
Monat
1914-02
-
Jahr
1914
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 11.02.1914
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leruhe» die Statistiken in den Einzelstaaten auf ganz verschiedenen Grundlagen, sodaß die Ergebnisse garnicht verglichen werden können. Notwendig ist eine eigentliche pädagogische Sta tistik und eine soziale Statistik des ganzen Lehrer- standeS. Die Mitarbeit von Schulmännern ist notwendig. Die schulstatistischen Erhebungen von 1911 sind ganz unzulänglich. Die neue ReichS- schulstatistik von 1916 wird hoffentlich besser ausfallen. Abg. Rühle (Soz.): Weshalb sind die Erhebungen über die Beschädigung von Kin- der», hauptsächlich in der Landwirtschaft, noch immer nicht veröffentlicht? In zehn vollen Jahren ist unsere Bureaukrati« nicht imstande gewesen, das gewonnene Material zu bearbei ten. Nur Bayern und Lippe haben die Er gebnisse veröffentlicht. Man verzögert absichtlich die Vorlegung des Materials, denn ein gesetzliches Verbot der Kinderarbeit in der Landwirtschaft wäre unzweifelhaft die Folge davon. In Deutschland werden zwei Millionen Kinder, ungerechnet der eigenen, in der Landwirtschaft beschädigt. Als Redner von Kindersklaverei spricht, sowie da von, daß diese von den Behörden in gewissen loser Weise geduldet würde, rügt Präsident Kämpf die Uebertreibungen und fordert den Redner aus, seine Rede nicht abzulesen. Staatssekretär Delbrück: Die Erhebun gen über die Kinderarbeit konnten noch nicht veröffentlicht werden, denn sie liegen noch nicht vollständig vor, das Material aus zwei Ein zelstaaten fehlt immer noch. (Hört, hört!) Die Negierungen und die Gesamtheit haben das größte Interesse daran, daß das Material ver öffentlicht wird, schon damit wir den alljähr lich wiedettehrenden ungeheuerlichen Uebertrei bungen entgegentreten können. Ich hoffe, wir werden bald in der Lage sein, das Material vorzulegen. (Beifall.) Abg. Pieper (Zlr ): Auch eine genaue Statistik über die Verhältnisse in Handel, In dustrie und Gewerbe ist notwendig, e'enso eine Arbeiterstatistik. Präsident Kämpf ruft den Abg. Rühle wegen des Ausdrucks „gewissenlos" nachträglich zur Ordnung. Staatssekretär Delbrück: Die Arbeiter statistik wird nicht eingeschränkt, sondern eher erweitert werden. Die Statistik wird auch auf Handel und Industrie ausgedehnt werden. Abg. Thiele (Soz.) fordert den Ein e- zug der Handelsstatistik in die Produklious- erhebungen und eine Statistik der Entmün digungen. Abg. Legien (Soz.) fragt, wo die so ost verlangte Statistik über Streikverge en bliebe. Staatssekretär Delbrück: Bei der Strei - statistik handelt es sich nicht bloß uni eine Ver besserung der Formulare, sondern darum, eine andere Grundlage für die Ermittlungen zu fin den. Die Verhandlungen darüber find mu ein zelnen Bundesstaaten noch nicht abgeschlossen. Beim Kapitel Normaleichungskommission erklärte aus Befragen Ministerialdirektor von Ionguieres, das die Förderwagen in Steinbrüchen eichpflichtig seien. Beim Reichsgesundheitsamt begründete Abg. A ntrick (Soz.) einen Antrag auf gesetzliche Regelung des Hebammenwe'ens. Abg. Gerlach (Ztr.) trat für das Pfle gerpersonal ein. Staatssekretär Delbrück trat Ausführun gen des Abg. Antrick entgegen. Dienstag 1 1Ur: Weiterberatung, Justiz- etat. SSchflfcher Landtag b Awette Kammer. 39. Sitzung vom,9.^Februar. Präsident Dr. V og « l eröffnet die Sitzung nachmittags ^4 Uhr. Auf der Tagesordnung steht zunächst die allgemeine Vorberatung über den nationallibe ralen Antrag Claus-Göpfert und Genossen aus Umgestaltung -es sächsischen LaudeSknltnrratS. Abg. Claus (natl.) übernimmt die Be gründuug des Antrags. Die Gründe, welche früher zur Ablehnung seines Antrags geführt, seien jetzt Wohl nach der Stellungnahme des Landcskulturrats selber hinfällig geworden. Da dieser die einzige Vertretung der Landwirb schäft in dieser Art sei, so erscheine es doppelt recht und billig, lvenn er in ausreichender Weise besetzt ist, sodaß die Regierung aus al len Teilen des Laubes ein wahrheitsgetreues Bild von der Landwirtschaft erhält. Die Wahl- ireise müssen kleiner werden, damit das In teresse an dieser Institution bei den Landwir ten selbst erstarkt. Je mehr Anschauungen in einer solchen Körperschaft zum Ausdruck ge bracht werden, umso ersprießlicher sei es für die Landwirtschaft. Die Vermehrung von Ver tretern der Landwirtschaft und Gärtnereien dürfte allerdings eine Ausbesserung des Staats zuschusses erheischen. Der Landeskulturrat sei ja nunmehr selbst für eine Vermehrung der Sitze eingetreten. Der daraufhin eingereichte Gesetzentwurf wurde auf das absprechende Ur teil der ersten Deputation der Ersten Kammer l in von der Regierung wieder zurückgezogen. Der Antrag sei den Herzen der kleinen Land wirte entsprungen. Die Zahl der Mitglieder möchte etwa entsprechend der Zahl der bestehen de» Amtsbauptmannschaften vermehrt werden, ferner möchten die Gärtnereien eine stärkere Vertretung finden. Der Antrag sei ja nun, nachdem inzwischen die Regierungsvorlage in die Erste Kammer gelangt ist, genügend des- inftzierr. (Heiterkeit.) In dem Bericht der Ersten Kammer sei der Regierung unumwun- den gesagt worden, daß sie fachliche Gründe nicht angegeben habe. Auch hier scheint der Spruch gellen zu sollen: „Gut Ding will Weile haben." Gerade wie beim Körgesetz hab« die Regierung zugesichert, daß die kleinen Land wirte Belehrung erhalten sollten, ohne es in- des auszuführen. Der jetzige einzige Vertreter der Gärtnerei im Landeskulturrat sei ein gro ßer Handelsgärtnex, der zugleich Rittergutsbe sitzer ist. (Hört, hört!) Eine stärkere Vertre tung der Gärtnerei wäre sehr erwünscht. Jede Kreisl/auptniannscha-st sollte einen oder zwei Vertreter stellen. Den Antrag bitte er der Gesetzgebungsdeputation zu überweisen. Staatsminister Graf V i tz t h u m v. Eck- st ä d t: Ein Bedürfnis zur Vermehrung der in den Landeskulturrat zu wählenden Land wirte vermag die Regierung »ach wie vor nicht anzuerkennen. Noch im Jahre 1906 ist bei der Aenderung des Landeskulturrats weder in die ser Korporation noch im Landtag ein Wunsch nach Vermehrung der Mitgliederzahl geäußert worden. Erft neuerdings ist ein solcher Wunsch außerhalb des Landes ulturrats aufgetaucht. Der Landeskulturrat soll dem Ministerium des Innern als obevste sachverständige Körperschaft beratend und begutachtend zur Seite stehen. Ein solches Kollegium darf aber nicht zu groß sein, wenn es seine Ausgabe in richtiger Weise erfüllen will. Deshalb habe ich schon am 12. April 1912 vor diesem Hause erklärt, daß ich cs nicht für erwünscht halte, ein solches Kolle gium zu einein Parlament auszugestalten. Eine Vermehrung der Mitglieder verbürgt keine gründlichere und sachlichere Beratung. Sie stört vielmehr deren Einheitlichkeit. Die ähnlichen Kollegien anderer Länder haben verhülmis- mäßig nicht weniger Mitglieder. Jin preußi schen Landesökonomiekollegium hat man viel mehr die Za l der Mitglieder zweimal herab gesetzt. Bei der Vermehrung der Sitze erscheint es nicht ausgeschlossen, daß die politische Agi tation in den Landeskul.urrat einzieZ, was die Regierung sehr bedauern würde. Eine Zu sicherung der Erteilung von Belehrungen ist nicht gegeben worden. Es ist nur in der De putation gesagt worden, es werde für Auftlä- rung zu sorgen sein. Diese Aufklärung haben a er die Kreisvvr«ine zu übernehmen. Ag. Claus hat noch das Körgesez hereingezogen lind die Tierärzte als Apostel des Bundes der Landwirte bezeichne:. Ich möchte ihn bitten, derartige geschmacklose Vorwürfe in Zilkunft zu unterlassen. (Hört, hört!) Abg. Friedri ch (konß): Ich möchte es vermieden haben, daß ein Keil zwischen den großen und lleinen Grundbesitzer getrieben wird. Will der Abgeordnete Claus der Land .Wirtschaft Helf«», so kan» er es tun in Ar-ei terfragen und Zolltarifen. Bei »reinem Besuch mehrerer Wahlversammlungen zum Landeskul turrat habe ich nirgends gefunden, daß man mit dem jetzigen Zustand nicht eüwerftanden sei. Es bestehe» ja eben 700 landwirischaft- liche Vereine, in denen jeder Landwirt seine Wünsche äußer» kann. Unsere jetzige» Ver re- wr im Landeskulturrat tun durchaus ihre Pflicht. Pr sideut Dr. Vogel: Aus der Mi te des Hauses bi» ich wegen der Worte des Mi nisters interpelliert worden, er bitte den Abge ordneten Claus, derartige „geschmacklose Vor würfe" zu umerlassen. Gegenüber der Regie rung steht dem Präsidenten kein Ordnungsruf zu. W re der Ausdruck von einem Mitglied« des Hauses gegen ein anderes Mitglied ge braucht worden, so hätte ich ihn als nicht par- lamentarftch bezeichnet. (Hört, hört!) Staatsminister Graf Vitzthum v. E ck - st ä d t: Wenn der Herr Präsident auf dem Stailbpunkt steht, daß er diesen Ausdruck einen: Mitglied des Hauses gegenüber gerügt hätte, so will ich gern zugeben, daß ich in einen: solche» Falle den Ausdruck nicht gebraucht ha ben würde. Ich möchte aber darauf Hinwei sen, daß der Ausdruck in Zurückweisung einer Beeidigung gefallen ist, die sachlich viel schwe rer wog, als ein derartig formeller Ausdruck. (Widerspruch. Zuruf: Eine Beleidigung lag ja gar nicht vor.) Präsident Dr. Vogel: Ich will dahin gestellt sein lassen, ob der Abg. Claus das Recht hatte, das Vorgehen der Bezirksticrärzte in jener Weise zu charakterisieren. Immerhin betraf seine Bemerkung kein Mitglied dieses Hauses. Der Minister hat diesen Angriff mei nes Erachtens mit vollem Rech: zurückgewie sen. Ich glaube, daß es in diesem Falle mehr Sache der Regierung war, dies zu tun, als Sache des Präsidenten. Abg. Donath (konß): Den: Anträge Claus stehe ich abweichend von meinen Par teifreunden durchaus sympathisch gegenüber, weil wir schon früher für eine Vermehrung der Sitze in: Landeskulturrat eingetretci: sind. Wir müssen in Betracht ziehen, daß der größte Teil der landwirtschaftlich genutzten Fläch« un seres Vaterlandes sich in: Besitz von kleine» Bauern befindet. Ich bedauere lebhaft, daß die Regierung ihren Gesetzentwurf zurückgezo gen hat und bitte sie, ihn wieder einzubri»-- gen. Ich werde für den Antrag Claus stim men auf die Gefahr hin, daß mir entgegenge- halten wird, daß ich als konservativer Mam: allzu liberale Anschauungen bekundet hätte. Abg. Schwager (Vpt.): Mit den Aus führungen meines gewiß gut konservativen Vorredners bin ich durchaus einverstanden. Nach wie vor steht meine Fraktion auf dem Ttandpunlt, daß eine Vermehrung der Sitze im Landeskulturrat und eine Verkleinerung der Wahlbezirke im Interesse der Bestrebungen des bäuerlich«:: Kleinbesitzes liegt. Abg. Schulze (Soz.): Wir schließen uns diesem Antrag« gern an, meinen aber, daß auch die lairdwirtschasllichen Arbeiter verdienen, bei der Neuregelung des Gesetzes eine entspre- chende Vertretung zu erhalten. Die Herren betrachten die Arbeiter gewöhnlich als Objekt, nicht als Subjekt. Abg. Schade (konß) ist gegen den An trag und für Beibehaltung des bisherig«» Zu standes. Mit dem Abgeordneten Schulze und seiner Fraktion würden er und sein« Freunde sich nie verständigen. Abg. Göpfert (natl.) bedauert die Re gierungserklärung umsomehr, als sie abgegeb en sei auf Grund einer unvollständigen Bericht erstattung. Die Frage der Umgestaltung des Landeskulturrales müsse mit Energie und Ausdauer verfolgt werden. Denn die Verllei- nerung der Wahlkreise sei unbedingt notwen dig. Jetzt verhalte die Regierung si^- vollstän dig ablehnend, während sie in der vorigen Tagung selbst einen Entwurf zur Umgestal tung des Landeskulturrats eingebracht halb«. Wenn von rechts die Zolltarissrage angeschnit ten worden sei, so möchte er daraus erwidern, daß ein lückenloser Zolltarif im agrarischen Sinn« überhaupt nicht zu erreichen sei. Pol - tische Momente möchte man doch bei der Be ratung dieses Antrages ausschälten. Ag Heymann (konß) stimmt dem Antrag« Claus zu, eine Verkleinerung der Wahlbezirke sei notwendig. Nach weiteren Ausführungen der Abgg. Dr. H ähnel (konß), Schmidt (konß) mtt> Göpfert (natl.) und einen: Schlußwort des Abgeordneten Claus geht der Antrag an die Gesetzgebungsdeputation. Es folgen zwei private Petittone», die kein weiteres Interesse bieten. Als letzter Punk: folgt die allgemeine Vor- c eratung über den Gesch. stsBericht und de» Per sonal- und Besoldungsetat der Landesbrand versicherungsanstalt. Abg. Bra u n (natl.) gibt eine Reihe lech- nitcher Erläuterungen zu dem Geschäftsbericht und beantragt, ihn an die Rechenschaftsdeputa tion zu verweisen, dagegen den Personal- und Beioldmmsetat der Finanzdeputtation A zu literweise». Abg. Opitz (kons.) »rächt einige Mittei lungen über der: technischen Betrieb be. der Landesbrandversicherungsanstalt. In: ganzen ftien für acht Milliarden Mark Gebäude ver sichert. Das sei eine Summe, die in keinen: deutsche» Staate erreicht werde. Abg. Singer (na.l.) bezeichnet die An stalt als einen zuverlässigen Wertmesser für un sere Vermögenswerte und bittet weiter um Mittel, die geeignet sind, die Brandstiftungen herabzumindern. Abg. Langer Chemnitz (Soz.) berührt Unstimmigkeiten in der Besoldung und erklärt, ei» Durchbreche» des Besoldungsetats werde auch Mel rforderungen von anderen Beamte» zur Folge ha-en. Indessen sei seine Fraktion nicht in der Lage, der geforderten Erhöhung der Besoldung für den erste:: juristischen Rat zuzustimmen. Wenn inan zulegen wolle, so »<öge »ran de» Unterbeamten Zulagen gebe». Damit schließt die Debatte. Antragsgemäß gc t der Geschä isbericht an die Rechenschafts- deputation, der Personal- und Besoldungsetat an die Finai^deputation A. Nächste Sitzung: Dienstag nachmittag 2 U'r. Tagesordnung: Rechenschaftssachen, Eisim- bahnpetitionen und Etattapitel. OertUcheS «nd «Lchstsche». * — Witterungsaussicht für Mittwoch, den 11. Februar: Klar und trocken. * — Die s r ü h l i » g s n: ä ß i g e n T a g e, die wir jetzt zu verzeichne» gehabt l aben, dürsten nicht allzu lange mehr anhaltem Die Wetterlage ist zurzeit so, daß östlich« oder gar nördliche Winde für die kommende» Tag« wahrsch«inlich sind, und damit würde wieder Kälte komme::. Den: Landmann wäre ja auch ein zu zeitiger Frühling garnicht will kommen; „die schöne» Frühjahrs hol' der Deu- wel", sagt Remers unübertrefflicher Jnspeftor Bräsig. * — Die diesjährige Diöze - s a n k o n s c r e n z ist aus Mittwoch, de» 4. März, angesetzt worden. Sie findet voraus sichtlich wieder in der Aula der Lehngrund schule in Glauchau statt. I» ihr sehen wir eine der bedeutendsten kirchlichen Tagungei:. Alle Stände und Berufe sind darin vertrete» und jede Gememde se»det ihre Abgeordneten. Brennende Fragen der Landeskirche und Aus gabe» der Inneren Mission finde» stets da'ei ihre Erörterung. * Hohenstein-Ernstthal, 10 ?ebr Bei außerordentlich guten: Besuch hielt gestern abend der evang -lroth. Jungfrauenverein Ebn stophori im Saale des Al städler Schützenhau ses einen Familienabend ab, der nach Allge- meiirgesang mit einen: von einen: Versinsmst- glicd gesprochenei: Prolog eingeleitet wurde. An nüpfend ai: de» poetische» Gruß richtete Herr Pfarrer Albrecht im Namen der Vereins- Vorsteherin Worte herzlicher Begrüßung ai: die Erschienenen, wünschend, daß der Abend, wie es einer rechten Christengemeinde gezieme, fröh liche Stuvden auslöse. Noch »icht lange sei es her, seitdem man weibliche Jugendpflege treibe, nachdem inan jahrelang eine solche »ur bei der männliche» Jugend für notwendig ge halten. Auch die Familienabende, die den: Zeitgeist Rechnung tragen, bestehe» erst wenige Jahre; hatte man es vorher doch für richtiger gehalten, daß unsere Jungfrauen nicht an di« Oeffentlich'eit treten möchte». Leider müsse a'er auch die Wahrnehmung gemacht werden, daß die Jungf,rauonvereine in viele» Fällen nur als Lückenbüßer benutzt würden, denn, komme das tanzfähige Alter Hera», so bleibe mcnrches Mitglied fort. Mehr Sin» für das, Ivas »nähren Christen zieme, se: da «»gebracht. — Hierauf bot Frl. Charlotte Leist, nufere heimische Sängerin, das „Hall«luja" in der Hummelschen Vertonung. Die «twas theatra lische Komposition mit ihren vielfachen St«-ge- runge:: gelang zwar gut, doch lag der Sän gerin die Thomassche Romanze aus Mignon „Kennst du das Land" bedeutend besser, eben so -die hübsche Zugabe „Nachtigall, hüte dich". Die vornehm geschulte und selten reine Sopran stimme verfügt besonders über eine glänzende Höhe; die textliche Behandlung und Aussprache waren oinwandftei; die Darbietung«», die einer Berufssängerin alle Ehre gemacht hätten, san- den warme Aufnahme und wohlverdiente» Bestall. Eine fast bis ins Kleinste geschickt in szenierte Darbietung war die nächste Pro- grammnummer, betitelt „Aus großer Zei", Dichtung von Martha Detloff. Die einzelnen Abschnitte „Königsberg 1808", „Breslau 1813" und „Magdeburg 1870" sanden ein« wirklich schöne Wiedergabe, die durch die entsprechende Kostümierung noch einen erhöhten Reiz aus- üble Die Mitwirkenden bei diesem Stück be mühten sich ebenso wie die Darstellerinnen in: Lustspiel „Pensionsstreich", das von zwerchell- erschütternder Wirkung war, eine vollendet« Handlung zu bieten. Inwieweit das gelun gen, zeigte der starke Beifall am besten. Von Chorgesängen umrahmt, die Herr Kantor Mer- ftr leitete, folgt« sodann die treffliche Ansprache des Herrn Pfarrer Kirbach aus Wüstenbrand, der über „Kleinigkeiten" sprach und u. a. olgendes hervorhob: Ein junger Mann meldete sich einst bei einer Missionsgesellschaft, um Missionar zu werden. Ein Prediger, der beauftragt war, ihn zu prüfen, bestellte ihn auf 6 Uhr früh. Angekommen, mußte der junge Mann mehrere Stunde»: warten, bis der Geistliche ihn empfängt und dem Prüfling aus gibt, das Wort „Katze" und später das Wort „Hund" zu buchstabieren, sowie auszurechnen, wieviel 2 mal 2 sei. Verlegen löst der junge Mani: die Ausgaben, doch schon gratuliert ihn: der Examinator, er habe die Prüfung ausge zeichnet bestanden. Zunächst sei er, wie der Geistlich« sagte, entschlossen, denn er h tte um 3 Uhr aufstehen müssen, um um 6 Uhr pünktlich zur Stelle zu sein; dann sei er auch geduldig, was aus der längere» Wartezeit hervorgehe, schließlich aber auch b e - scheiden, denn er habe, nach Jesus be fragt, geantwortet, daß er glaube, ihn ein weittg liebzulMben; das Buchstabieren beweise, daß er die Tugenden der Sanftmut und Selbst beherrschung übe und solche Missionare könne man g«'rauchen, den»: in Kleinigkeiten offen bare sich der Geist eines Menschen auf seine Brauchbarkeit. In Dresden sei ihm (Redner) einmal eine wunderbar gekleidete Dame begeg net, mit einem — Loch im Strumpf, von der der Volksnmnd derb aber richtig sage: Oben hui und unten pfui! Eine scheinbare Kleinig keit sei ost von ausschlaggebender Bedeutung und höchst wesentlich für den Christenglaube», den» wem: unser Christentum recht sein solle, so nnisse es sich bewähren in den Kleinigkeiten des täglichen Lebens. Oft o'senbare sich der Cxakalter eines Menschen schon in: Türen - »chließen. Singe man nach dem Gesangbuch, daß Gott der Schatz aller Schätze sei, so ver gesse man leider doch zu oft, hiernach sein Han del» einzurichten. An die Großtaten des Chri stentums glauben, die eine» Mensche:: völlig umwandeln können, das sei es, was den: wah ren Christen zieme. Wie man sich in den Klei nigkeiten des täglichen Lebens, draußen und in der Familie, als wahrer Christ zeigen kann, wies Redner ai: verschiedenen Beispiele» nach, i» denen täglich oft gesündigt wird. Der Chri stenglaube müsse in den Kleinigkeiten stets zum Ausdruck kommen, nicht wie ein prasselndes F euerm er', sondern wie stiller, goldiger Son nenschein, alles erwärmend und beleuchtend. Ernste Worte wußte Redner von den männ lichen und weiblichen Klatschbase» zu erzählen, denen er empfahl, sich die Prüfungen eines alte» griechische:: Ordens vorzuhalten, dessen Mitglieder jahrelange Schweigsamkeit vor der Aufnahme üben mußte::; er erinnerte an Ju lius Cäsar, der vor jeder Antwort erst bis 20 zählte und so seine Zunge in: Zaume hielt. Unbedachte Zungen und unbedachte Worte kön »ei: von verheerender Wirkung sein, sie zu be zähme», ist oft »ur eine Kleinigkeit. Nicht Gold, Silber oder Nickel, sondern Kupfer sei das edelste Metall, wie ein Gymnasiast und Pastorensohn in einem Aufsatz nachwies, denn der Kupserpftnnig habe den: Christentum in der Welt zur Herrschaft verholf«::, was nicht ganz unrichtig sei, wen» ma» bedenke, daß auch das große Meer erst aus einzelnen Trop fen gebildet wurde. Ein mecklenburgischer Bauer emp'ahl seinen: Sohn, nie die Groschen ausgeh«» zu lassen, dagegc» könne er den Ta ler ruhig ausgebem Auch Christenleute dürf te:: sich die Bedeutung solcher weltliche» Klei nigkeiten vor Außen hatten. Lebensversiche rungen, Spartätigkeit usw. müßten mehr Ivie bisher Beachtung finden, junge Eheleute dürf ten keine Einrichtung auf Abzahlung kaufen, jung« Mädchen weniger Augenmerk auf Putz und Tand, sondern mehr auf die sogen. „Ham sterkiste", enthaltend die Aussteuer, den Spar- psennig usw. haben. An Hand der arabischen Legende „Müller und Kamel" weist Redner »ach, das), wenn man dem Teufel mir de» kleinen Fieger reiche, er gleich die ganze Hand nehme. Unscheinbare Leidenschaften und Nei gungen zerrütten ost ein ganzes Leben, in Kleinigkeiten bestehen die ersten Verfehlungen des Verbrechers, der auf dem Schafott endete. Ebenso wie ein kleiner Stein eine gewaltige Lawine verursachen könne, Mensche» und Otte bedrohend, könne eine kleine Verfehlung eine große und weiter« im Gefolge haben. Redner schloß: „Ein Mal ist kein Mal" ist «ine d«r größten Lügen. Kleinigkeiten sind oft kein«
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