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Türkei können also sehr wohl bereits unternom men worden sein. Der Waffentanz selber kann natürlich erst nach längerer Zeit beginnen, wenn beide Staaten sich von der Erschöpfung der jüngsten Kriege einigermaßen erholt und vor allem die ersehnten Anleihen gesichert haben. Laut „Köln. Ztg." tritt nach dem Bündnisver träge Bulgarien ganz Thrazien an die Türkei ab, während es alle von Griechenland und Ser bien eroberten Gebiete zurückerhält, ausgenom men Ochrida, Dibra, Prisren, Prischtina sowie alle von Albaniern bewohnten Landschaften. Auf Haiti hat die Revolution einen so ernsten Charakter angenommen, daß die Amerikaner alle Seesol daten eines Schlachtschiffes landeten, da sich mehrere Präsidentschaftskandidaten mit bewaff neten Eingeborenen auf dem Marsche nach Porttaw-Prince befinden. Auch ein deutsches Detachement befindet sich bekanntlich auf der Insel, deren Präsident Oreste sich mit seiner Familie auf das deutsche Kriegsschiff „Vineta" geflüchtet hatte. Jetzt begab er sich aus einem deutschen Personendampser nach Kingston, der Hauptstadt der englischen Insel Jamaika. Vnrenblut. Ei« sozialer Staatsstreich. — Paul Krüger und da- verfluchte Gold. — Eiu Abeuteurer-Gediet. — Der Mann der eisernen Faust. Unter dem politischen Trubel, der in dieser Woche die öffentliche Meinung in ganz Europa beschäftigt hat, ist die Kunde aus Südafrika weniger beachtet worden, nach welcher der Mi nisterpräsident Botha, der einstige Oberbefehls haber im Burenkriege mit England, die zehn Hauptführer im großen Johannisburger Ar beiterstreik auf ein Schiff hat bringen und aus dem Lande entfernen lassen. Das ist ohne Richterspruch, aus eigenmächtige Entschließung hin geschehen. Ein solcher Fall ist, ausgenom men- in Rußland, wo ja wiederholt Terroristen politischen und sozialen Charakters nach- Sibi rien verschickt worden sind, bisher nirgendwo vorgekommen, und gerade in England, dem ja Südafrika untersteht, wenn es auch seine eigene Verwaltung hat, ist ein derartiger Ein griff in das „Streikrecht" für unmöglich gehal ten. Die britischen Arbeitervereine protestieren in großer Entrüstung, aber zu machen ist nichts, die verbannten Agitatoren schwimmen augenblicklich auf hoher See. Das alte Burenblut hat sich bei dieser Ge legenheit wieder geregt. In den achtziger und neunziger Jahren, als die Goldminenarbeit sich in den Gruben von Johannisourg zu ent wickeln begann, standen die Buren schon dieser industriellen Tätigkeit feindselig gegenüber. Paul Krüger, der letzte Präsident der Transvaal- Republik, hat es mehr wie einmal ausgespro chen, daß er von dem „verfluchten Golde" nichts Nüssen wolle, da es Land und Leute verder ben würde. Der Widerstand, den die Buren- rcgierung der Ausdehnung des Goldbaues be reitete, war es in erster Reihe, welcher die ein flußreichen Interessenten dieser Unternehmun gen erbitterte und schließlich zu dem Kriege führte, der den Buren erst eine ganze Reihe von Siegen brachte, aber dann mit der An nektion der Transvaal-Republik und des Oranje-Freistaates durch England seinen Ab schluß fand. Als die Burenpartci in den Wahlen für das Nidafrikanische Parlament in Kapstadt die Mehr heit erhielt und General Botha Ministerpräsi dent wurde, erklärten alle Burenführer, daß sie der englischen Oberherrschaft treu sein und kei neu Versuch machen würden, die alte Unab hängigkeit wieder herzustellen. Dies Verspre chen haben sie gehalten. Die wirtschaftliche Entwicklung hat seitdem ganz gewaltig zuge nommen, der Bezirk von Johannisburg ist ein Arbeitergebiet geworden, wie es in der Welt vielleicht nicht seinesgleichen hat. Das Gold bietet große Löhne, es steigert aber auch maß los die Begierden, und daß dem leidenschaft lichen Menschenhaufen wilde Gedanken kommen, bedarf keiner großen Erklärungen. Die Gefahr wilder Umwälzung und Bedrohung des Eigen tums liegt nahe, und sie hat den General Botha zu seinem Gewaltmittel geführt. Daß diesem ersten Schritt noch andere folgen wer den, vielleicht folgen müssen, ist sehr, sehr leicht möglich. Es ist die Frage, ob, ein anderer Staat zu einer so außerordentlichen Maßnahme einmal schreiten wird, die ohne gesetzliche Grundlage und ohne Richterspruch die persönliche Unver letzlichkeit eines Staatsbürgers aufhebt. Im Sozialistengesetz war seinerzeit die Deportation unter Umständen zugekassen; die Reichsregie rung hat indessen in dieser Weise keinen Ge brauch davon gemacht. General Botha wird sich gesagt haben, außergewöhnliche Verhält nisse erfordern außergewöhnliche Machtmittel. Besser ein sozialer Staatsstreich, als Ver wüstung und Vernichtung im Lande. LertlicheS und LächstscheS. * — Witterungsaussicht für Dienstag, den 3. Februar: Teilweise bedeckt, wärmer und Niederschläge. * — Im Interesse der Mitglie der von Berussge nossenschaften wird daran erinnert, daß die nach 8 750 der Reichsversicherungsordnung vorgeschriebenen Lohnnachweisungen für das Jahr 1913 jetzt an die Berufsgenossenschasten einzureichen sind. Für diejenigen Bctriebsunternehiner, die mit der rechtzeitigen Einsendung der Nachweisung im Rückstände sind oder deren Angabe über haupt unterlassen, erfolgt die Aufstellung der Löhne durch den Genossenschaftsvorstand. Nach ! 8 758 Absatz 3 der Reichsversicherungsordnung ist eine Reklamation hiergegen sowoS, als auch gegen die Höhe des danach berechneten Um- lagebeitvagS unzulässig. Aus allen diesen Gründen empfiehlt es sich, mit der Absendung der Lohnnachweisung an die zuständige Be rufsgenossenschaft nicht länger zu säumen. * — Belohnungen für Eisen bahn b e d i e n st e t e. Mit Wirkung vom 1. JanUar 1914 an wird den im Arbeiter-Verhält nis stehenden Eisenbahnbediensteten, di« eine 20jährige Dienstzeit erfüllen, bei befriedigender Führung eine Geldbelohnung in Höhe von 20 Markl gewährt werden. Die Neuerung wird vielen Eisenbahnarbeitern willkommen sein, da bisher eine derartige Auszeichnung erst nach einer befriedigenden Dienstzeit von mindestens 25 Jahren erfolgte. * — Sächsisches Staatsschuld- b u ch. Eingetragen waren Ende Januar 1914: 2693 Konten im Gesamtbetrag« von 183 345 900 Mk. * — Die vorläufigen Ergeb nisse der Viehzählung in Sach sen am 1. Dezember 1913. Die Er gebnisse der letzten Viehzählung sind, wie die „Sachs. Landwirtschaftl. Zeitschr." mitteilt, recht erfreulich. Die Rinder, welche schon im Jahre 1912 um 32 940 Stück zugenommen hatten, wiesen im letzten Jahre ein« Zunahme von 11891 Stück oder 1,7 Prozent auf. Da bereits im Jahre 1912 die im Jahre 1911 gelichteten Bestände ergänzt worden waren, so ist die, wenn auch nicht erhebliche Zunahme im letzten Jahre erfreulich. Schweine wurden bei der letzten Zählung 760 144 Stück gezählt, 1912 aber nur 657 026. Mithin beträgt die Zunahme 103118 Stück oder 15,7 Prozent. Eine derartig gewaltige Zunahme innerhalb eines einzigen Jahres konnte bei uns in Sach sen noch nicht festgestellt werden und ist Wohl der beste Beweis, daß die Landwirtschaft nach Kräften bemüht war, den Anforderungen, welche die Versorgung unserer heimischen Be völkerung mit inländischem Fleische an sie stellt, zu genügen. Die Schafe, welch« von 1907 bis 1911 ständig an Zahl abnahmen, wiesen 1912 eine Zunahme von 4,1 Prozent auf, im letz ten Jahre ist die Zunahme sogar noch etwas größer; sie beträgt 3133 Stück oder 5,7 Pro zent. Die Ziegen haben um 3362 Stück oder 2,5 Prozent zugenommen. Wenn endlich die Pferde nur eine Zunahme um 707 Stück oder 0,4 Prozent zu verzeichnen haben, so liegt dies darin begründet, daß das Automobil sich ein immer größeres Gebiet erobert. Welch enorme Bedeutung die Zunahme des Schweinebestan- dcs hat, geht daraus hervor, daß nach den Feststellungen bei der Schlachtvieh- und Fleisch beschau im Deutschen Reiche von dem b«i der Viehzählung nachgewiesenen Bestände im Laufe des folgenden Jahres von den Schweinen über 100 Prozent, von den Rindern aber nur rund 43 Prozent geschlachtet werden. Deshalb lie fern die Schweine nahezu das 1jH fache an Fleisch, als wie die gleiche Zahl Rinder. * — Ein raffinierter E i n - b r u ch s d i e b st a h l ist in der Nacht vom 29. zum 30. Januar im „Wettmstift" — Er- zie'ungsanstalt für den amtshauptmannschaft lichen Bezirk Glauchau — verübt worden. Dem Täler fielen etwa 500 Mk., bestehend in Gold- und Silbermünzen, in die Hände. Zum Trans port des Geldes hat der Täter wahrscheinlich ein graues Leinwandsäckchen mit roter Schnur mitgenommen. Unter den Silbermünzen be- anden sich viele neue Einmarkstücke, einige Zweimarkstücke, die zum Andenken an die Sterbetag« des Königs Albert und Georg von Sach'en, ferner ein Dreimarkstück, wie solche zum 25jöhrigeu Regierungsjubiläum des Deut schen. Kaisers geprägt wurden. Der Täter ver schaffte sich Eingang durch ein Fenster vom Hose aus und erbrach das Vertikow, wo das Geld in drei kleinen Leinwandsäcken aufbe- walrt lag. Verschiedene Anhal spunkre sprechen dafür, daß der Einbrecher wahrscheinlich unter den ehemaligen Zöglingen des Wettinstistes zu suchen ist. Das gestohlene Geld gehörte zum Teil dem Hausvater, der Verwaltung des Stifts und der Sparkasse der Zöglinge, von denen der Verlust umso schwerer empfunden wird. Bemerkenswert ist, daß der Dieb einen Betrag von etwa 25 Mk. in Nicket- und Kup- fergeld unberührt liegen ließ. Hoffentlich ge- ftngt «s bald, den frechen Einbrecher zu er- mitteln. Sachdienliche Mitteilungen wolle man schnellstens an die Polizeibehörde gelangen lassen. * — Die Zentral st eile für V o l k s w o h l f a h r t in Berlin Hal eine Flugschrift „Aufgaben der Innungen zur Pflege des Lehrlingswesens" herausgegeben, die in knapper Darstellung die Mittel und Weg« be handelt, wie die Innungen an der Berufs-Er ziehung des gewerblichen Nachwuchses erfolg reich Mitwirken können. Der Flugschrift, die aufs wärmste empfohlen wird, ist unter den Angehörigen der Innungen weiteste Verbrei tung zu- wünschen. Das Schriftchen ist vom Geschäftsführer der Handwerkskammer zu Düs seldorf, Dr. Joses Wilden, verfaßt und in Carl Heymanns Verlag in Berlin erschienen. Der Preis für 1 Stück beträgt 40 Pfg., 25 Stück kosten 8,75 Mk., 50 Stück 15 Mk. * Hohenstein-Ernstthal, 2. Febr. Ein« Protestversammlung gegen den Gesetzentwurf betr. die Sonntagsruhe im Handelsgewerbe veranstaftete gestern nachmittag im Hotel „Ge- werbehaus" der Deutschnationale Handlungs- gehil-en-Verband. Als Redner zergliederte Herr Wilhelm Fischer aus Chemnitz den von der Regierung eingebrachten Entwurf-, der den Handlungsgehilfen alles andere als durchdrin gende Vorteile bring«. Als sozial unverständ lich und arg besserungsbedürftig bezeichnete der Referent den Entwurf, der statt Vorteile u. a noch wesenMche Verschlechterungen gegenüber den bisherigen Verhältnissen bringe und de», halb völlig abgelehnt werden müsse. Die Ver sammlung stimmte einer dahinzielenden Reso lution einhellig zu. - * — Städtisches. Als Beamter des Stadtbauamts wurde Herr Bruno Ulbricht aus Gro-ßtoauchlitz bei Döbeln gewählt. * — Aus dem I n n u n g s l e b e n. Unter dem Vorsitz des Herrn Schneiderotter meisters W. Vates fand Sonntag nachmittag eine Gesellenversammlung im Restaurant „zur Börse" statt, der hauptsächlich- Wahlen zu grunde lagen. Als Altgeselle wurde Georg Müller bei Moritz Wolf, als stellvertretend«! Altgeselle O. Mehlhorn bei Wilh. Vates, als 1. Schriftführer Haubold bei Schneidermeister Tischendorf-Gersdorf, als stellvertretender Schriftführer Paul Hoppe und als Mitglied zum Ausschuß für Lehrlingswesen Quadfasel bei Moritz Wolf gewählt. Einige innere An gelegenheiten beschäftigten die Versammlung noch längere Zeit. *— Aus dem Vereinsleben. In dem am Sonna.end in Bad Ernstthal stattgefun-denen geselligen Beisammensein des Militärvereins I wurde dem Ehrensettionsfäh- rer Herrn August Büchner unter entsprechender Ansprache vom Sektionsführer Herrn Wilhelm Müller für 31jährig« treue Dienstzeit als Sek- tionsführer eine Ehrentafel überreicht. r. Die gestrige Generalver sammlung des M i e t e r v e r e i n s im „Stadt eller" war gut besucht. Es erstatte.en in ihr der 1. Vorsitzende, Herr Emil Krauße, den Jahresbericht, der die Vereinstätigkerl nicht zu optimistisch beleuchtet«. Hauptsächlich tönte die Klage des schwachen Besuchs der Monatsverfammlungen heraus. Er streifte nochmals die Vorkommnisse von 1913 und ließ am Schlüsse die Hoffnung ausklingen, daß in diesem Jahre ein frischeres Leben im Verein pulsieren möge. Die durch Herrn Kassierer Hering erstattete Rechn-ungsablage ergab ein zufriedenstellendes Bild, doch soll in Zukunft ein« Einschränkung der Vergnügen eintreten. Da der Mitgliedsbeitrag als der niedrigste der in hiesiger Stadt gezahlten Vereinsbeiträge gel ten kann (pro Monat 10 Pfg ) und sich da mit großzügige Pläne absolut nicht durchfüh ren lassen, so hatte der Vorsitzende eine Steuer erhöhung um 5 Pfg. Vorschlägen, welcher Anregung der Vorstand auch beigetreten war; trotz eingehender Begründung lehnte die Ver sammlung nach stürmischer Debatte die Er höhung ab. Der Punkt Vorstandswahlen zei tigte die Wiederwahl der ausscheidenden Her ren, neu in den Vorstand tritt ein Herr Albert Ring. Nach einer Werbung des Vorstehers f r die Baugenossenschaft wurde noch die Anhal tung einer Agitationsversammlung beschlossen, womit die Sitzung ihr Ende erreichte. l. F u ß b a l l. Mit 8 : 0 wurde gestern Sandows 2. Mannschaft in Zwickau von der 3. Mannschaft Olympias geschlagen. Leider stellte Olympia keine 3-, sondern ein« aus Spielern der 1., 2. und 3. Mannschaft ?om- tinier.e Els. Da zudem Sandow ohne seinen Linksaußen spielen mußte, konnte eine Nieder lage nicht ausbleiben. r. Eingutbesuchles Kränzchen hielt am Sonnabend im Hotel „Drei Schwa nen" die Männerriege „Dr. Götz" des Turnev- bundes ab. Dem Vergnügen, das gut verlief, wohnten eine größere Anzahl Mitglieder des Bundes bei. r. Einen schweren Unfall erlitt gestern abend die in der Schulstraße wohnhafte 60 Jahre alle Elefrau des Webermeisters Mann, indem sie infolge eines Schwächeanfalls die Treppe herabfiel, sodaß sie eine schwer« Gehirnerschütterung davontrug. Noch heute morgen war die Bedauernswerte ohne Be sinnung. t Oberlungwitz, 2. Febr. In der ge stern im „Casino" stattgefunden«n Generalver sammlung des Turnvereins „Germania" erstatt teten zunächst Herr Vorsteher Schmidt und der Turnwart sowie der Kassierer Bericht, wo ei ein er'reuliches Wachstum des Vereins festge stellt wurd«. Als langjähriger bewährter Turnwart wurd« Herr Louis Pfeifer wieder und als Stellvertreter Herr Paul Hertel neu gewählt. Als Turnratsmitglieder wurden die Herren Gustav Lindner, Max Oertel und Ri- chard Martin neugewählt; die übrigen Aemter verbleiben in ihrer bisherigen Besetzung- An träge waren nicht eingegangen, doch wurde bekanntgegeben, daß vom Kgl. Ministerium 50 Mk. zur Anschaffung von Geräten für das Iugendturnen eingegangen sind, die entspre chende Verwendung sanden. Die Ausarbeitung des am 8. März stattfindenden Saalfestes wurde dem Turnrat überlassen. Nächsten Mitt woch soll die Spareinrichtung für das nächst« deutsche Turnfest erstmalig in Tätiakeit treten; Hauptkassierer ist Herr Richard Müller. Als Abgeordnete für den Gautag wurden der Vor steher, der Turnwart und Bruno Hertel ge wählt. m. Oberlungwitz, 2. Febr. Im Gasthof „Deutscher Kaiser" fand gestern nachmittag-ein« von über 500 Personen besuchte politische Ver sammlung statt, in der Herr Reichsiagsabge- ordneter Noske aus Chemnitz über „Das Koa litionsrecht und die Angriff« auf Verschärfung desselben, die politisch« Lage und Zabern" sprach. Die Versammlung zollte den Ausfüh rungen des Redners lebhaften Beifall. Z- GerSdorf, 2. Febr. Das Lehrerkollegium ;at in seiner am 26. Januar abgehaltenen amt- ichen Konferenz einstimmig beschlossen, der hie- igen Jugendpflege eine laufende jährliche Unter- tützung von dreißig Mark zu gewähren. Der Vorsitzende, Herr Schuldirektor Pfeifer sprach dem Kollegium für diesen ebenso patriotischen als jugendfreundlichen Beschluß ^seinen herzlichsten Dank au». (:) Ger-dorf, 2. Febr. Der Gesangverein „Arion" hielt am Sonnabend im Gasthaus „Teutonia" seine diesjährige Generalversammlung ab, die sich eines sehr guten Besuches erstellte. Der Vorsitzende, Herr Lehrer Hellriegel, begrüßte die Erschienenen aufs herzlichste, wies darauf hin, daß der Verein ins 2. Jahrzehnt seines Bestehens eingetreten sei und erstattete sodann einen ausführlichen Jahresbericht. Im verflos senen Jahre fanden eine Generalversammlung, 5 AuSschußsitzungen und zahlreiche Sängerin r- sammlungen statt, in welch letzteren rein gesang liche Angelegenheiten beraten wurden. An ver- gnüglichen Veranstalungen wurden geboten ein Frühjahrs-, ein Weihnachtsvergnügen, ein Aus flug und ein Theaterabend. Außerdem beteiligte sich der Verein aktiv an allen patriotischen Ver anstaltungen des OrteS. Der Herr Vorsitzende dankte allen Mitgliedern, welche im Laufe dcS JahreS ihre Kräfte in den Dienst deS Vereins stellten, insonderheit Herrn Kantor Hohlfeld, der in uneigennützigster Weise das Amt des Lieder meisters verwaltet und unter seiner bewährten Leitung den Verein auf der Bahn künstlerischen Könnens vorwärts brachte. Als äußeres Zeichen der Dankbarkeit und Anerkennung wurde Herrn Hohlfeld ein prächtiger Spieltisch als Geschenk überreicht. Die Zahl der Mi gliedcr des Vereins hat sich im verflossenen Jahr vergrößert. Der Verein zählt gegenwärtig 91 Mitglieder, 41 ak tive und 50 passive. Mit dem Wunsche, der Verein möge wachsen, blühen und gedeihen, schloß Herr Hcllriegel seinen Jahresbericht. Der Kassen bericht, den Herr Kaufmann Max Schulze er stattete, zeigte, daß sich der Verein einer guten Finanzlage erfreut. In den sich anschließenden Wahlen wurde der Gesamtvorstand aufs neue einstimmig wiedergewählt. Ein Antrag des Herrn Seidel auf Gründung eines Jubiläums fonds fand einstimmige Annahme. — Am 12. Februar veranstaltet oer Verein ein Kostümfest in Form eines originellen Bauernabends. r. GerSdorf, 2 Febr. Der hiesige Obst- und Gartenbauverein hielt gestern abend im Gasthaus „Teutonia" sein diesjähriges Wintervergnügen bei fast vollzähliger Beteiligung seiner Mitglieder und Frauen ab. Die Festlichkeit bestand in gemein schaftlicher Tafel, die nur Gutes bot, und an schließendem Tänzchen. Während der Tafel nahm der Vorsteher Herr Ortsrichtcr Hoppe Gelegen heit, die anwesenden Mitglieder und Gäste will kommen zu heißen, allen einige vergnügte Stun den wünschend. Des Vereins ältester Pomologe und Gründer, Herr Oberlehrer Breitenborn, brachte dann folgendes zum Vortrag: Unser Obstbau verein hat die erste Mandel Jahre hinter sich. Still und bescheiden ist er seinen Wey gegangen. Wäre der Gründer ein feuriger Vertreter seiner Sache gewesen — sicher hätte sich viel mehr tun lassen; doch nach dem Sprichwort: Das Gute bricht sich selber Bahn, ist es zwar langsam aber sicher vorwärts gegangen. Als ich vor 30 Jahren nach Gersdorf kam, gab es wohl alte Obstbäume, aber sehr wenig, und junge nach- pflanzcn zu sehen, war eine Seltenheit; geschah es doch, so kam der, wohl in den meisten Fällen vom Händler gekaufte Baum ins Loch uno das war alles. Sah man Obst am Baum und fragte, was haben Sie denn für Aepfel oder Birnen? so hieß es: das ist so ein weinsaurer, oder Klap perapfel, oder Zuckerhut, Mehlbirne, Honigbirnc usw. Den pomologisch richtigen Namen kannte keiner. Das war auch den Leuten ganz gleich. Gehen wir heute durchs Dorf, so sehen wir wohl noch viele Gärten und Plätze, wo Bäume stehen könnten; wir sehen aber auch viele Obstbäume und Beerensträucher. Viele der neugepflanztcn Obstbäume haben ein Halsbändchen mit An hänger, ihr Namensschild. Wir sehen Baum scheiben, Klebringe, Fanggürtel „nd wir Mit glieder des Vereins sind solche Feinschmecker ge worden, daß uns eine Frucht ohne Namen schon gar nicht mehr schmeckt. — Wir heißen auch „Nosen- und Gartenbauverein", aber die Rosen sind mir zu stachlich, und über das verschiedene Grün kraut, das man im Garten baut, schweigt man besser, das wichtigste und wertvollste scheint mir der ßApfel. Der Apfel spielte schon bei der Schöpfung der Welt eine große Nolle. Es gab doch sicher im Paradies von allem: Slprikosen, Feigen, Datteln, Wein; aber Eva hatte den rechten Geschmack, sie biß eben gerade in den Apfel. Wie er hieß, wissen wir freilich nicht, es gab eben damals noch keinen Obstbauverein. Gehen wir heute durch unsere Obstgärten, so befinden wir uns in einer hocharistokratischen Gesellschaft, hohe und höchste Herrschaften, Gelehrte, Künst ler rc. haben ihre Namen hergeben müssen und stehen gemischt, im besten Einvernehmen neben einander. Da gibt es nicht Klassen und Par teien, da stehen Kaiser Alexander, Kaiser Wil helm, Fürst Bismarck, Herzogin v. Angoulemi, Lord Sufficld, Graf Nostiz usw. bescheiden in der äußersten Reihe oder in den Ecken, wie die Plebejer, während NathusiuS, Danziger Calville, Hagedorn und ähnliche in der Mitte sich breit machen. Nicht nur Nationen und Konfessionen sind friedliche Nachbarn, neben dem geflammten Kardinal steht der Jude Jakob Lebl. Aber auch dieses friedliche Idyll unseres Obstgartens hat Feinde die Menge. Heimtückisch schleicht der Apfelblütenstecher heran, der Frostspanner ver- nichtet das Laub, die Obstmade die Frucht. Ist diesen zum Teil ihr Vernichtungswerk gelungen, so kommt die Blutlaus und saugt am Mark des Baumes. Wollen wir unsre Freund« retten, so heißt es, den Feind vernichten. Mit Carbo- tineum usw. gehen wir ihm zu Leibe. Wir sorgen aber auch für die Gesundheit unsrer Bäume: Wir hacken, düngen, lichten aus, streichen, spritzen und so fort. Alles das lehrte un« unser Obstbauverein. Sollten wir es einst noch weiter bringen, bis zur