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Kirchliche Nachrichten Monatliche Beigabe zum „Anzeiger". Redigiert von Pfarrer B. Albrecht in Hoheustein-Ernftthal, an den alle diesbezüglichen Sendungen zu richten find. Nr. 7. Juli-Ausgabe. 1907. Leben. Wohin sollt' ich, Herr, denn gehen, und zu wem denn sollt' ich stehen, daß ich finde Trost und Ruh? Wer kann mir das Herz erfreuen, und des Lebens Kraft erneuen? LebenSworie hast nur du! „Leben- heißt ja nicht: fich plagen und sich mühen, sorgen, klagen, seufzen aus bedrängter Brust; .Leben- heißt ja nicht: genießen Freuden, die so schnell verfließen, wie der Erde eitle Lust. „Leben" heißt: dem ew'gen Frieden unter allem Sturm binieden fiegsgewiß entgegengehn; Glauben heißt es, lieben, hoffen, über fich den Himmel offen und den Tod geseffelt sehn. „Leben- heißt: Durch Gottes Gnade wandeln auf dem schmalen Pfade nach der engen Pforte zu; Und solch ew'ges, sel'ges Leben kannst nur du, o Herr, mir geben: Lebensworte hast nur du! A. H. Walter. Predigt von Herrn Superintendent Thomas, am Jahresfest des Verbandes für christliche Liebeswerke, den 5. Mai 1907. Schluß. Das haben wir in unserm eignen Leben erfahren. Durch den Dienst unserer Kirche, Gel., ist es geschehen, daß uns die Augen auf gegangen sind für den Glanz der unter der Hülle irdischer Knechtsge- stalt verborgenen Herrlichkeit des Eingebornen vom Vater und unsre Herzen warm geworden unter der Erfahrung seiner in den Kanälen der Gnadenmittel unS zufließenden, uns rettenden, heilenden, erlösenden Liebe. Durch ihren Dienst ist unser Leben erst reich geworden und groß und schön, wir selbst in der Gewißheit, durch Christum Jesum einen gnädigen Gott und Vater zu haben, großen Frieden in uns und eine unvergleichliche Hoffnung vor uns, freie, fröhliche, starke Menschen, weil selige Gotteskinder. Ja unsere Kirche, unsere geistliche Mutter, durch deren Dienst der lebendige Gott uns als seine Kinder erzeugt und wiedergeboren hat, ernährt und versorgt, unterweist und erzieht, und endlich auch vollenden wird. Wie könnte uns darum die Arbeit des Gotteskastens befremdlich erscheinen, der im Sinne und nach der Weise unserer lutherischen Kirche im Gehorsam gegen die apostolische Mahnung sich denen widmet, die wir als Kinder derselben Mutter, unserer Kirche, auch als unsere Brüder vor allen anzusehen nicht nur ein gutes Recht haben, sondern vielmehr heilige Pflicht! Und darum, m. L, sage ichs euch heute: Bleibet fest in der brüderlichen Liebe! Tretet ein und werdet nicht müde in der Mitarbeit an dem Werke unserer lutherischen Kwche, für welches wir uns mit gutem Grunde allen gegenüber, die nach Recht und Grund unserer Arbeit uns fragen, auf das Wort der Schrift, das uns deckt, berufen, eben in solchem Worte der Schrift neben manchem anderen; ich erinnere euch nur an die Losung: Lasset uns Gutes tun an jedermann, allermeist aber an des Glaubens Genoffen, freie Zuversicht gewinnen gegenüber denen, die uns Recht und Grund dazu bestreiten möchten. Denn, m. L., solche Mitarbeit an dem Werke, das nicht irgend eine Sondertümelei bedeutet, sondern vielmehr als ein Werk des Gewissens gelten soll und gewertet sein will, ist dringend not. Bleibet fest in der brüderlichen Liede, die Bruderliebe soll bleiben. Das Werk des Gotteskastens gilt den Brüdern im Glauben und 2.) fordert von uns den Dienst der Liebe. M. L., daß der Dienst der Liebe, wie ihn der evang.-lutherische GotteSkasten an den lutherischen Glaubensgenoffen inmitten nichtluthe- rischer Umgebung übt und treibt, berechtigt ist, kann doch im Ernste nie- mand bestreiten wollen, der die besondere Gabe, welche unsere luthe rische Kirche für die Erfüllung ihrer Aufgabe in dieser Welt vom Herrn empfangen hat, erkennt, und es weiß, wie viele unserer Glaubensge nossen aller dieser Gabe verlustig zu gehen in Gefahr stehen. Im Gegenteil, der Dienst der Liebe ist uns ebenso innerlich notwendig als durch die Lage, in der unsere lutherischen Glaubensgenossen fich vielfach befinden, erfordert. Innerlich notwendig, denn ist es uns, m. L., in persönlicher Heilsersahrung zum Bewußtsein geworden, was der Herr unserer Kirche in Wort und Sakrament vertraut, dann erkennen wir in der ihr und uns gewordenen Gabe auch die uns zugewiesene Auf gabe, und wissen unS verpflichtet und verbunden, fie in ihrer Eigenart und sonderlichen Kraft zu erhalten, lauter und rein, unverkürzt und unvermengt, und ihre Gnadenschätze allen denen darzureichen zu Trost und Leben und Frieden des Gewissens und Kraft der Heiligung, welche mühsam um ihre Erhaltung ringen oder sehnsüchtig nach ihrer Dar reichung ausschauen. Und an denen fehlts wirklich nicht. So wenig wir die Gefahren unterschätzen oder verkennen, die nicht nur unsere lutherische Kirche, nein alles biblische Christentum bedrohen, so sehr wir den von rechts und links gegen den Herrn und seinen Thrift an- stürmenden Feinden gegenüber gerne allen die Hand reichen, die mit uuS im Glauben an den Christus der Schrift und unser- i« der Schrift urständig ruhenden lutherischen Bekenntnisses fich einen, so wenig ver mögen wir doch, weil wir unter das klare Wort der Schrift unS beugen, vorhandene Unterschiede, als nicht bestehend zu übersehen oder alt ge ringfügig beiseite zu rücken, erachtens vielmehr als eine uns gebotene Pflicht, weil eine Ehrensache unserer Kirche, um Bestand und Erhal tung, um Ausbau und Schutz unserer lutherischen Kirche unS zu mühen und die Brüder im Glauben nicht fich selbst und denen zu überlasten, die in Gleichmacherei die Arme nach ihnen auSstrecken und, wat der Herr allein seiner Macht und der Kraft feinet Geiste« für das Ende der Tage vorzubereiten fich vorbehalten hat, mit allerlei künstliche« Mitteln weltlicher Klugheit zu vollbringen suchen. Dürfen wir unt, Gel., des regelmäßigen Dienstes unserer Kirche in Wort und Sakra- ment, wie ihn der Herr befohlen hat, erfreuen: wahrlich, eS wäre lieb los und ein Zeichen innerer Kraftlosigkeit und des Mangels an Leden, wollten wir die große Schar von Brüdern vergessen und versäumen, die mit uns denselben Glauben überkommen haben und nun nur müh- sam und unter großen Opfern und Entbehrungen fich erhalten mögen. Und wie groß ist diese Schar im eigenen deutschen Vaterland» und jenseits der Berge und schwarzgelben Grenzpfählt und drüben über den Mastern, von wo immer lauter und dringender der Hilferuf: kommt herüber und helft uns! an unser Ohr schlägt. Wie ist die Arbeit deS GotteSkafienS im Laufe der Jahrzehnte wohl trotz aller Hinderungen, an denen et nicht gefehlt, trotz aller Mißgunst, die oft genug ihn begleitet hat, ge wachsen! Und doch wie wenig vermag er gegenüber der Größe seiner Aufgabe auSzurichten! Und wie dringend ergeht nun an euch heute die Bitte: kommt herzu dir ihr fernstandet und schenkt ihm eure Teilnahme und Mithilfe. Seid, werdet, bleibet fest in der brüderlichen Liebe! Soll ich et euch erst noch besonders auslegen, wat damit erfordert ist? Wenn unser Schristwort mahnt, daß wir als Mitgebundene der Gebundenen gedenken sollen, wie möchten wir, m. L., dieser Mahnung nachkommen, wenn wir nicht fleißig und treu sein wollten wie in der Fürbitte so im Opfer? Ja eS kann doch nicht ost genug ausgesprochen, muß vielmehr immer wieder hervorgehoben werden, — wie sollten wir'« nicht gerade heute tun am Sonntag Rogate, am Belsonntage? — daß die Arbeit im Reiche Gottes und für seinen Namen am meisten