96 wirkt. Dem Einfluß dieser von jeder Roheit und Un sittlichkeit freien Lehren auf die es umgebenden Völker- Hat China es zu verdanken gehabt, daß feine Philo sophie denselben gegenüber die Rolle gespielt hat, die Europa gegenüber dem klassischen Altertum und der christlichen Religion zugefallen ist. Mit den Tugenden seiner Civilisation haben die Nachbarn freilich auch die Fehler derselben, die sich im Laufe der Jahrhunderte immer stärker entwickelnde Abschließung gegen äußere geistige Einflüsse und die sich daraus ergebende Ueber- hebung angenommen, aus welch letzterer sich dann die stagnierenden Zustände ergeben mußten, denen wir in China, Annam und Korea begegnen, und denen nur Japan, vielleicht infolge der Beimischung andern als mongolischen Blutes wenigstens zeitweise entgangen ist. Welche Vorwürfe man aber auch der chinesischen Philo sophie als dem maßgebenden Element nach dieser Rich tung hin machen kann, so darf man nicht verkennen, daß es ihr Einfluß gewesen ist, der China vor vielen Er scheinungen bewahrt hat, deren die westländische rascher fortschreitende Kultur sich nicht zu erwehren gewußt hat. Erscheinungen wie die Inquisition und der Anarchismus und die Glorifikation derselben durch weite Klassen der Bevölkerung sind ihr erspart geblieben, und wenn die praktischen Ergebnisse nicht immer den theoretischen Lehren entsprochen haben, und wo wäre dies überhaupt je der Fall gewesen, so hat wenigstens die confucianische Richtung der chinesischen Philosophie die Aufgabe ver standen und erfüllt, an der Lösung der Fragen des täg lichen Lebens mitzuwirken und so das Eigentum der ganzen Masse des Volkes statt einzelner hervorragender Geister zu werden. Dem Pessimismus und Cynismus