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pulsmtzerMcbenblaN Dienstag, 14. März 1916. Beilage zu Nr. 32 68. Jahrgang. Der neueste englische „Bluff" Der soeben veröffentlichte Voranschlag für da» englische Landheer steht einen MannschaftSbestand von vier Millionen Mann vor! — Wenn auch nicht ge leugnet werden soll, daß England für seine Verhält- niste große Anstrengungen macht, um Sedrutende Her- resverstärkungen zu erreichen, so trägt doch dieser eng lische Voranschlag von vier Millionen Mann für da» Landheer den St mpel großer Unglaubwürdigkeit inso fern an der Stirn, daß cS wohl lange und gute Wege haben wird, ehr da» englische Heer wirklich diese Mann- schastrstärks erreicht haben wird. England muß aber mit diesen großen Zahlen jetzt im Weltkriege auftretrn, da bei England» sämtlichen BundeSgenosten da» Ver trauen in die starke Hilfe Englands im Weltkriege ganz bedeutend gesunken ist. In Paris pfeifen e» die Spatzen schon seit Jahr und Tag vom Dache, daß man in Frankreich da» Bewußtsein hat, daß England seinen Versprechungen inbezug aus da» Absenden großerHeerr aus den westlichen Kriegsschauplatz nicht in der erwar- teten Weise nachgekommen ist, und ganz besonders wissen die Belgier ein Liedlein von der ungenügenden englischen Hilse zu singen. Die Englänoer sind wäh rend de» Weltkriege» in Versprechungen gegenüber ih ren Bundesgenossen sehr weitherzig, aber an der Er füllung der Versprechungen hapert er ganz gewaltig. Wie lassen sich denn auch die Klagen des Munition»- Minister» und des RekrutierungSministrrS in England über das Fehlen der genügenden Rekrutenanzahl und auch über den Mangel an Arbeitern in den Kriegs- werkstätten mit der angeblichen Aufstellung eines Vier- millionenheeres vereinbaren? — Die Welt und die Bundesgenossen England» sollen die gewaltigen Kräfte England» bewundern, und in Frankreich, Rußland, Belgien, Italien, Serbien und Montenegro soll man neuen Mut inbezug auf die Entwicklung der Dinge im Weltkriege fassen. Da» ist der wahre Zweck deS jetzt veröffentlichten Voranschläge» für das englisch« Viermillionenheer, in Wirklichkeit ist die Sache aber ein Bluff und eine riesige Uebertreibung der englischen HeereSaufstellungen. Man braucht ja nur die Be teiligung England» am Weltkriege etwa» näher in» Auge zu fassen, um sofort zu erkennen, daß England» Landheer für die Aufgaben de» Weltkriege» stet» zu klein gewesen ist. Es soll nicht geleugnet werden, daß da» englische Söldnerheer unter dem General French und die mit dem englischen Söldnerheer ver- einigten englisch-indischen Truppen sicher viel dazu bet getragen haben, um im Herbste 1914 den gewaltigen Vormarsch der deutschen Heere auf Pari» zum Still stand zu bringen, e» soll auch ferner nicht in Abrede gestellt werden, daß die englischen Truppen mit großer Autdauer und Zähigkeit in Flandern und Nordfrank- reich kämpfen, aber schon bei der großen Offensive der Franzosen im September 1915 hat die ganze englische Armee nur Hilf»arbeiterdi«nste geleistet und hat die im ersten Anstürme eroberten Gebiete bald wieder an die deutschen Kämpfer heraurgeben müssen. Die Krieg»- sreignisse Sei Loo» und bei La Baffer haben dies ja deutlich gezeigt. Man darf auch sagen, daß dar ur sprüngliche, au» Berufssoldaten gebildete englische Heer in den langwierigen und furchtbaren Kämpfen in Flandern und in Nvrdfrankreich so zahlreiche Verluste erlitten hat, daß eS wohl kaum noch zahlreicher als ein kriegsstarke» deutsche» Armeekorps ist, denn dir Engländer haben selbst ihre nach Hunderttausenden zählenden Berluste zugegeben, nun kommt aber noch eine andere Erfahrung, welche die kolossale Uebertreib- ung der angeblichen englischen neuen Tcupprnaufstell- ungsn unbedingt beweist. England hat neue Soldaten immer und immer wieder aufgestellt, erst durch An werbung und dann durch die allgemein« Wehrpflicht, Regimenter aus Reg menter und Divisionen auf Divi- sionen sind aus England über den Kanal nach Flan dern und Nordfrankretch gebracht worden, aber eine groß« und selbständige AngriffSbewegung hat die eng lische Heeresleitung mit all diesen HeereSverstärkungen nicht zustande gebracht. ES ist möglich, daß dieser Haltung der englischen Heeresleitung der Plan mit tnnewohnt, die englischen HeereSk>äfte möglichst stark zu erhallen, aoer viel wahrscheinlicher ist es, daß dieser Zaudern und Zögern inbezug auf den schon so oft in die Welt hinausposaunten angeblichen großen Angriff der Engländer seinen wahren Grund in der inneren und äußeren Schwäche de» englischen Heere» hat. Eng- land kann wirklich tüchtige Offiziere und Soldaten nach den bedeutenden Verlusten rn seinem alten Berufsheere nicht au» der Erde stampfen, deshalb versucht es aber mit riesigen Zahlen inbezug auf sein neue» Heer Ein- druck zu machen. In Deutschland lassen wir un» aber durch diese englischen Zahlen nicht in unserem Willen zum Sieze irre machen. OsrtNckss unQ Süödsiscdss Pulsnitz. Am letzten Sonnabend, den 11. März, nachmittag» r/,4 Uhr wurde unserer- Verwundeten in der hiesigen Schulturnhalle ein besonderer Genuß be reitet. Frau E. Münchheim, Schauspielerin in Drerden, die erst vor nicht allzulanger Zeit unsere Krieger durch ihre künstlerische Gaben erfreut hatte, war wieder zu un» gekommen. Sie trug Dichtungen ernsteren und heiteren Inhalt» vor und verstand, die Herzen aller Zuhörer zu fesseln. Da» bewies der reiche Beifall, der ihr gezollt wurde, und der sie veranlaßte noch einige Zugaben zu geben. Für Abwechslung war gesorgt, indem Fräulein Gabriele Seifert aus Dresden einige Lieder für Sopran, einige Herren der hiesigen Lehrer, kollegium» Lieder zur Laute und vierhändig« Klavier- stücke und Verwundete ein Gesangsstück mit Biolin. und Klavierbegleitung zu Gehör brachten — (Postanweisungen an Kriegsge fangene) werden z. Zt. in Bern nach dem Satze Lracksrlisbs, Eli - Tiroler Standschützengeschichte aus großer Zeit nach einer Erzählung von Reinhold Ortmann. 4 Sicher würde sich Peter doch noch verraten haben, oder bemerkt worden sein, wenn er noch lange an dem Platz geblieben wäre, denn es war eine zu trübe Erfahrung, die er hatte machen müssen. Mochte sein, daß sein Bruder heute sehr aufgeregt war, und so ohne richtige Ueberle- gung gesprochen hatte. Von der Maria aber konnte er erwarten, daß sie standhafter blieb. Zum zweiten Male mußte er hören, wie über seinen kränklichen Zustand gesprochen wurde und zwar in ge ringschätziger Weise und dann war es beide Male sein Bruder, der die kränkenden Worte sprach, nicht begreifend, daß er den Bruder damit aufs tiefste kränken mußte. Wie gerne hätte er an dem Kampfe gegen die Franzosen teilgenommen. Es war wahrhaftig nicht Feigheit, daß er zurückgeblieben war; aber was nützte er als kränklicher Mann. Warum er aber nicht der rechte Mann für die Maria Baumgartner, seine Base, sein sollte, das begriff er nicht. Er liebte sie innig und aufrichtig und würde sie auf den Händen getragen haben — aber nun sollte auch diese schöne Zukunftshoffnung nur ein Traum gewesen und wie ein Traum mit einem Male zerronnen sein, denn nach dem was er gehört und mit eigenen Augen gesehen hatte, konnte er nie und nimmer mehr der Maria und seinem Bruder Taver mit der seitherigen Unbefangenheit unter die Augen Keten. Ein Stachel blieb in seinem Herzen zurück und damit konnte er nicht länger im Bergwirtshaus verbleiben. Es dünkte ihn eine Unmöglichkeit mit dem Bruder und Marie auch nur ngch einen Tag länger unter einem Dache w. verweilen. H Leise, damit ihn die in einiger Entfernung ahnungs los spazieren gehenden beiden ihm so nahe verwanden Menschen jetzt nicht bemerkten, schlich er hinter dem Baum hervor und in das Haus, wo es anfing, ruhiger zu wer den, denn nach und nach rüsteten die Gäste zum Aufbruch um heimzugehen. Sein Vater hantierte noch und zu ihm ging er hin. „Vater, mir ist recht unwohl, werde hinaufgehen. Du und die Maria werdet wohl jetzt fertig werden." Der Bergwirt sah seinen ältesten Sohn einen Augen blick besorgt an, dann entgegnete er: „Freilich, gewiß werden wir jetzt schon fertig, geh nur Peter. Aber hast Du die Miedel nicht gesehen ?" Peter bekam bei dieser Frage wie einen Anfall; er mußte gewaltig an sich halten, um nicht mit der vollen Wahrheit hsrauszuplatzen. Sein Vater, der das sonder bare Benehmen sür die Folge des Unwohlseins hielt, sagte rasch und eindringlich: „Na, geh nur, Peter, die-Maria wird einmal hinaus gegangen sein und schon wieder zurückkommen. Es wird wohl auch bald zu Ende sein." Beim Fortgehen warf Peter noch einen schmerzlichen Blick auf seinen alten Vater, den derselbe, da er sich gleich wieder feiner letzten Beschäftigung zuwandte aber nicht bemerkte. Weder Vater noch Sohn kam jetzt auch nur die geringste Ahnung, daß es das letzte Mal gewesen sein sollte, wo sie einander gegenüüergestanden, miteinander ge standen hatten. „Gute Nacht, Vater," sagte Peter, leise kaum hörbar und von dem Bergwirt auch nicht vernommen, setzte er hinzu: „Behüt' Dich Gott!" Dann ging er aus dem Schenkraum hinaus und schlich schnell auf seine Kammer hinauf, denn er wollt Niemand, gar Niemand begegnen. In seiner dunklen Kammer ließ sich Peter zunächst auf einem Schemel nieder, stützte die Arme auf die Knie und den Kopf in die Hände; aus dem mühsam unterdrückten von 89 Schweizer Franken --- 100 französische Franken, im Haag nach dem Satze von 11,40 Gulden1 Pfund Sterling und 124 Gulden — 100 Jen umgeschrteben. — (Unsere Brot-Versorgung voll- kommen gesichert.) Wir bestimmt mitgeteilt werden kann, ist der Bedarf an Brotgetreide di» zur neuen Ernte vollständig gedeckt. Die zunächst auf etwa 200 000 Tonnen veranschlagte Reserve ist sogar da» Doppelte, etwa 400 000 Tonnen, gestiegen. — (Amtliche Bekanntmachung). Die kommandierenden Generale der stellvertretenden xn. und xix. Armeekorps erlassen in Nr. 57 der „Sächsischen Staats zeitung" folgende Bekanntmachung: Die am 10. Januar 1916 erlassene Bekanntmachung, betreffend Verbot der Ver steigerung von Eichenrinde, Fichtenrinde und Gerblohe, wird hiermit ausgehoben. — (Die Reichsfleischkarte in Sicht.) In der sächsischen Ersten Kammer wurde mit einer in diesem Hause noch nicht dagewesenen Schärfe die Vorgänge bei der Lebensmittelversorgung des deutschen Volkes von allen Seiten kritisiert. Sämtliche Oberbürgermeister der großen Städte Leipzig Dresden, Chemnitz Zwickau und Plauen hoben her vor, daß besonders die Kartoffelversorgung ebenso verfahren sei, wie im vorigen Jahre. Es bleibe Überhaupt kein anderer Ausweg mehr übrig, als eine Reichsbeihilse. Oberbürger meister Keil-Zwickäu schob die Schuld an der gegenwärtigen Kartoffelkappheit den preußischen Kreisen zu. Es bestehe ein kleiner Kreis, der die Notlage der Bevölkerung ausnütze, um seinen Säckel zu füllen. Exzellenz Mehnert kündigte an, daß die Fleischkarte für das ganze Reich kommen würde. Es sei unbedingt notwendig, um den Fleischverbrauch einzu schränken und um den weniger Bemittelten das Recht zu einem Vorwurf gegen die Bessergestellten zu nehmen. — Nach den im Königreiche Preußen über den Be trieb des Viehhandels getroffenen Bestimmungen können als Mitglieder der ins Leben gerufenen Viehhandelsverbände auch solche Händler ausgenommen werden, die innerhalb Preußens keinen Wohnsitz und keine Niederlassung haben. Es besteht aber nur dann Aussicht aus Erfolg, wenn Nach suchende dieser Art eine Gewerbelegitimation und ein behörd liches Leumundszeugnis beibringen. Die Händler des Be^ zirks werden hierauf besonders aufmerksam gemacht, und werden in ihrem Bestreben aus Erlangung der Mitgliedschaft von der Königlichen Amtshauptmannschast soweit als mög lich unterstützt werden. Aarnens. (Errichtung vonVolt»küchen.) Am vorvergangrnenMontag fand unter Leitung der Königlichen Amtkhauptmannschaft und unter Betet- ligung einer größeren Anzahl von Damen und Herren de» Bezirk» eine Besichtigung verschiedener Volk», küchen de» Bautzener Bezirk» statt. Besichtigt wurden die Volksküchen in Kirschau (Bolkrküche der Firma Engert), Schirgiswalde und Wilthen (Jugendheim), wobei Herr Amthauptmann Dr. v. Pflugk, der mit Frau Gemahlin erschienen war, in der liebrn»- würdigsten Weise überall die nötigen Aufklärungen und Erlüuterungm gab. Die Erfahrungen, die der Bautzener Bezirk mit seinen Küchrn gemacht hat, find so günstige und segensreiche, daß sie wohl auch im Kamenzer B-zirk, soweit nicht schon positive Be strebungen nach dieser Richtung eingesetzt haben, weiters Nachahmung finden werden. So soll in Groß- röhrrdorf der Volksküchenbetrieb schon nächst« Woche Schluchzen war zu entnehmen, daß er weint^---' weinte um sein verlorenes Glück. G Lange saß er so da, ehe er sich zu einem festen Ent schluß durchgerungcn hatte, zu einem Entschluß, der über seine ganze Zukunft entscheiden sollte und myßte, da er schon begonnen hatte das Band zwischen sich und seinen Verwandten zu durchschneiden. Endlich erhob er sich von seinem Sessel — langsam wie ein gebrochener Mann, wie ein Mann, der ploWch einen schweren Schlag erhalten halte. Mit seinem Feuer zeug schlug er zunächst Licht und zündete dimit ein Stümpschen Talglicht an, das hierzu bereit auf dem Tisch stand und bald erhellte dieselbe den kleinen einfach «usge- statteten aber in peinlichster Ordnung und Sauberkeit be findlichen Raum. Er nahm einen Rucksack von der Wand und füllte denselben mit Wüsche und Kleidungs stücken, so viel eben hineinging; dann holte er aus einem Wandschränkchen Schreibzeug und einen Bogen Papier — es war zwar seit langer Zeit nicht vorgekommen, daß er eine schriftliche Mitteilung zu machen gehabt hakte, doch fand sich bei ihm alles in Ordnung vor. Mit ungelenker, vor Aufregung zitternder Han- be gann er nun beim trüben Licht der Talgkerze die letzte Botschaft an seinen Vater aufzusetzen, wie er sich alles zurechtgelegt hatte, während er vorhin so dagesessen hatte. Es war nicht viel, was er schrieb. Kurz teilte er feinem- Vater mit, daß er zu der Ueberzeugung gekommen sei, daS aus ihm und der Maria doch niemals ein richtiges Pa« werden könne, da er immer kränklich sei. Er halte es deshalb für richtiger, daß er aus dem Bergwirtshaus sortgehe und sich wo anders eine Unter» Kunst suche. Man solle sich ja nicht um ihn sorgen, ddi' er sich schon einen »esten Plan zurechtgelegt habe. Mehrmals las er die Zeilen noch durch, wobei es ihm immer schwer fiel, seine eigenen Schriftzüge miedet zu entziffern. G