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bMM M Hollk»U»I-NllUl»likl Cä geb lall. Nr. LV«. Tonntag, de« St Dezember IVIS 4«. Jahrgang Das deutsche Heim vom Ausbau des deutsche» Bürger- «nd BaueruhavseS. (Aus dem sür den Weihnachtstisch sehr empfeh lenswerten Buche von Franz Blanckmeifler „Deut sches Familienleben", Verlag von Fr Sturm L Co. Dresden, Gebunden K-k. -V-W. Das Geschlecht u-nserer Tage sucht seine Welt leicht außer dorn Hause; die gute, alte Zeit ater lat ihre Welt im Hause gesucht und sie auch im Hause gefunden. Und dies ÄUWhon im Hause ist eine der tröstlichsten Seiten der guten, alten Zeit, die ja freilich in manchem Betrachte die schlechte gewesen ist. -schon die Bauart der Häuser unserer Alten, >vie wir sie noch in aßen deutschen Städten sehen, hatte etwas ungemein Anheimelndes und Gemütliches. Da gab es keine schnur geraden Straßen, deren Fronten wie mit dem Lineal gezogen zu sein scheinen-, die Gassen waren g-edogon und doch nicht unschön, so Ivie die Wiesenpfade. Da sahen die Häuser noch nicht einander so ähnlich aus wie ein Wassertropfen dem andern, nein, in der guten, a'ten Zeit hatte jedes Haus sein besonderes Angesicht, Ivie jeder Mensch sein Antlitz hat; ja, man Halle die Häuser mit Namen belegt, wie Persönlichkeiten-, auch wenn sie keine Wirts häuser waren, sondern ehrliche, einfache Bür gerhäuser. Und wie praktisch haben unsere Alten ihre Häuter einzurichten gewußt! Solch ein Wohnhaus war zunächst in ganz anderer «Stellung gebaut als unsere heutigen Miets kasernen. Um einen geräumigen Hof zu ge winnen, kehrte man die schmale Seite, die Giebelfront, nach der Straße und die breite Seite, die wir hieute Straßenfront nennen, nach Innen. In dem traulichen Hose, in dem der Brunnen nicht fehlte, konnten sich die minder des Hauses tummeln nach Herzens- tuß, während die Mutter von der offenen Ga- 'eric aus, die sich oben an der Hoßront hin zog, dem bunten Treiben ihrer Lieblinge zu sah, ohne doch ihre Näh- und Strickarbeit ans der Hand legen zu mässen. Platz war zudem genug in dic'eu alten Häusern. Unten im Erdgeschoß lag neben der Küche die große Familienstube mit dem dauerhaften eichenen 4 Tisch, den rings an den Wänden sich hin ziehenden Bänken und dem mächtigen Katzel- ofeu, der allerdings etwas mehr Feuerung brauchte als unsere Oesen, aber dafür auch um so tüchtiger heizte und hinten in der Ecke ein Plätzchen hatte, in dem es sich an taten Wiweralenden ganz allerliebst plaudern und träumen ließ. Ein geräumiges Prau,zimmer mit den Bildern der Ahnen se; te nicht und ward bei allen großen Familienfesten benutzt. Oben-, im ersten Stock, in dem- traulichen Erkerstüblein, da hauste der Großvater und die Großmutter oder die alte Tante, die früh verwitwet oder unvermähit geblieben »rar. Daneben Ivar noch ein schönes, ne lies Gast stübchen, groß genug, um ein paar Erwach sene und auch noch eine leine Herde Binder au zunehmen. Das war das Bürgerhaus. Und nun das Bauernhaus, wie es uns der dem- sche Patriot, der alte, wohlerfahrene Iustus Möser geschildert hat« Der Herd ist ^aß in der Mitte des Hauses und so angetgt, daß die Frau, die bei demselben sitzt, zu gleicher Zeit alles übersehen kann. Ohne vom Stuhle av- zustelen, überschaut die Wirtin zu gleicher Zeit drei Türen, dankt denen, die hereinbom- men, heißt solche bei sich niedersetzen, behält ihre Kinder und Gesinde, ihre P erde und Kühe im Auge, hütet Keller, Boden und Kam mer, spinnt immerfort und kocht da ei. Ihre Schlafstelle ist hinter diesem Feuer und sie behält aus derselben« eben diese große Aus sicht, sieht ihr Gesinde zur Arbeit au'stehen und sich niederlegen, das Feuer anbrennen und verlöschen und alle Türen au'- und zu- gehen, hört ihr Vieh fressen, die Weberin schlagen und beobachtet wiederum Keller, Bo den und Kammer. Wenn sie im Kinoretle liegt, kann sie noch einen Teil dieser häus lichen Pflichten, aus dieser ihrer schla stelle wahrnehmen. Jede zufällige Arbeit bleibt ebenfalls in der Kette der übrigen. Sowie das Bieh gefüttert ist, kann sie hinter ihrem Spinnrade ausnchen, anstatt da in anderen Orten, wo die Leute in Stufen sitzen, sooft die Haustüre aufgeht, jemand -aus der Stube dem Fremden entgegengehen, ihn wieder aus dem Hause führen und seine Arbeit so lange versäumen muß. Der Platz bei dem Herde ist der schönste unter allen. Wer den Herd der Feuersgefahr halber von der Aussicht aus die Diele ab sondert, beraubt sich unendlicher Vorteile. Und wer vollends seine Pferde in u-snem besonderen Stalle, seine Kühe in einem anderen und seine Schweine in einem dritten lat und in einem eigenen Gebäude drischt, der hat zehnmal so viel Wände und Dächer zu unterhalten und muß den gangen Tag mit Besichtigen und Aussicht haben zubringon. Ein rings umher niedriges Strohdach schlitzt hier die allzeit schwachen Wände, hält den Lehm trocken, wärmt Haus und Vieh und wird mit leichter Mühe von dem Wirte selbst gebessert. Ein großes Vordach schützt das Haus nach Westen und deckt zugleich die Schweine'oben, und um endlich nichts zu verlieren, liegt die Tüngerstätte vor der Ausfahrt, wo angespannt wird. Die Häuser des Landmannes imOsna- brückischen sind in ihrem Plan die besten. Kein Vitruv ist imstande, mehr Vorteile zu vereinigen. Das ist das westfälische Bauern heim. Aber ob Bürger- oder Bauernhaus, so geräumig es ist, es wohnt doch nur eine ein zige Familie drinnen mit allem, was zu ihr ge hört. Wer es nnr irgend ermöglichen kann e, der hatte „sein" Haus, in dem er allein hauste, Ja re lang, Jahrzehnte lang, lebenslang. Zur Miete Wonnen und alle Jahre umzuzieheu, das Ivar nicht Sitte in der guten, alten Zei , und Mietskasernen mit monatlicher Kündi gung, die kannte man nicht. „Eigener Herd ist Goldes wert", das war Grundsatz. „Zwei Hähne taugen nicht auf einen Hof." „Wär' auch ein Haus so breit wie der Rhein, ge kört nur ein Mann und eine Frau hinein." — Wie sinnig unsere Alten von Haus und Hof dachten, das zeigen unzählige jener alten treuherzigen Inschriften, mit denen sie die Türen oder Giebel ihrer Häuser zu schmücken pflegten. Da las man: Wir ka»en vier so feite Und sind doch fr nide Gäste: Und da woc sollen ewig sein, Da bauen wir so se ten ein. Ein besinnlicher Städler schrieb: Die' Hans ist mein und doch nicht n ein. Der vor mir war. dicht' auch, 's wär sein Cr zog beraus ich zog Hine n. Nach meinem Tod w rd's auch so sein. Eli, Bauersmann machte es kürzer: Wo Goll nicht gibt zum Bau'» sem' Gunst, Ta ist all unser Bau'n umsunft Oder er verewigt seine Bausorgen in dem treuherzigen Spruche: Bau'n ist eine Lust; -der daß es sov:l tust', Das lab ich nicht gewußt. Und das Beste an -allem? Das waren nicht die bequemen, geräumigen Stuben, nicht die vollen Kisten und Kasten, auch nicht die Jnschri ten über Tür und Tor, sondern die Leute, die drin wohnten. In den Häusern unserer Alten herrschte noch 'östlicher deutscher Fanüliengeist. Damals gab es noch Haus ¬ herren und Hausfrauen in des Wortes voll stem Sinn, Väter und Mütter, die noch einen S olz und eine Ehre darin suchten, zu Hause zu bleiben, ihrem Hause wohl vorzustehen und nicht bloß Ernährer und Versorger sondern auch Hausprediger und Hauspriester zu sein. Damals war das „ganze Haus" noch kein leerer Wahn. Wenn es früh und abends zur Hausandacht ging, bei der der Hausvater ein Kapitel aus der alten Haüsdibel las und dann mit den Seinen ein Lied dazu s'png, so ver sammelten sich auch die Gesellen, die Lehr linge, die Knechte und Mägde und die Gäste mit. Kein Geselle, kein Lehrling hat damals außer dem Hause gewohnt, sie hatten alle ihre Kost am Tische des Meisters und wohn ten unter seinem Dach, sie erhielten des Sonn abends aus der Hand des Meisters den Wo chenlohn und von der Meisterin ein reines Hemde und nahmen wie Kinder teil an des Hauses Freud' und Leid. Kein Gast ist da mals im Wirtshaus quartiert worden, er war wirklich Gast des Hawes; wofür hatte man denn sein Gaststüblein? Ach und wie gast frei ist dv-ch die alte Zeit gewesen, wie haben sich trotz der schlechten Wege und Stege die Gesck v istern und Vettern fleißig besucht, wie haben sich's die Väschen und Muhmen wohl sein lassen in den Häusern der Verwandt- scba't, wie ist der Bruder Studio herumge onkelt von einer Landpfarre zur anderen oder die „Vetternstraße" gezogen und doch nirgends mit Murmeln, sondern allezeit und allenthalben mit Freuden ausgenommen wor » » Allerlei Kurzweil. » « , Dentfprüche. Wer stets brav und folgsam war, Zu dem kommt auch dieses Jahr Wiederum mit schönen Sachen Christkind, Freude ihm zu machen. * * * Wenn Freude zieht zum Weihnachtsfest In eure jungen Herzen ein, Gedenkt dabei der Armen auch, Die nicht vergessen wollen sein. Räfletecke. Einem jeden der folgenden Zitate ist je ein Wort zu entnehmen: Viele werden kommen vom Morgen . . . Die Himmel rühmen die Ehre Gottes . . Macht hoch die Tür', die Tore weit . . . Da aber die Pharisäer höreten Komm', o mein Heiland Jesu Christ . . Wahrlich, wahrlich, ich sage euch Kommet her zu mir alle Richtig gefunden, ergeben die einzelnen Worte aneinandergereiht den Anfang eines bekannten W ihnachtsliedes. Scharade. Soweit die Sonne Strahlen sendet, Boni Aufgang bw zum Niedergang, Wo am Meer d>r Erdkreis endet, Auf Inseln fern vom festen Land, Im heißen Süd', in Nordens Zonen, Sieht man die erste wohnen. Das zweite Paar bringt Ruh' und Frieden In der Menschen Herz und Brust. Durchs Ganze wird dem Mensch' beschieden Stunden voller Freud' und Lust. Wer sollte wohl das Wort nicht kennen, Das jedes Kind weiß dir zu nennen? Logogriph. Ein halber Stand, ein halber Vers, Dazu ein halber Philosoph, — Das gibt zusammen holden Sinn. Es mahnt: nun macht die Herzen weit, Es naht in Glanz und Herrlichkeit Des Jahres schönste Zeit. Buchstaben-RStsel. Wenn es sein Amt mit e versieht, Mit i es der Verbrecher flieht. Hieroglyphen. Von jedem Bild gilt der Anfangsbuchstabe, die Vokale sind zu ergänzen. Vexierbild. Wo ist die Touristin ? (Auflösungen in nächster Nummer.) «uNSsun-en aus Stummer 5V. Des Rätsels: Salz. Des Silben-Rätsels: Gerhardt Hauptmann. Der viersilbigen Scharade: Damenschneider (Do, Mensch, Neid, er). Des Palindroms: Kniff — Fink. Des Anagramms: Lawine — Alwine. Des Bilder-Rätsels: Des Hasen Waffe sind die Beine. Des Vexierbildes: Unter der Sennhütte Kopf links, ani Fu r T w c LinLer-Zeitullg. Siw Mchw Dl k» -»DM« DOM »aichaUi». Nr. 5 t. Nedakuon, Druck und Verlag von Horn L Lehmann, Hohenstein-Ernstthal. 1613. Bor Weihnachten Helene Koch. (Nachdruck verboten.) Und Wölfchen und Lottchen und Hans Vergessen das Spielen jetzt ganz; Sie huschen und schleichen und raunen, Verflogen sind all' ihre Launen; Sie singen, daß weithin es schallt: „Hurra, nun kommt Weihnachten bald!" Von O Weihnacht, du herrliche Zeit, Wie machst du die Herzen so weit! Es regen sich alle Hände, Sie schaffen und wirken ohn' Ende, Geholfen wird vielem Leid — O Weihnacht, du herrliche Zeit! Durchs Haus geht das Christkindchen um, Gar mancher, der weiß nicht darum; Mariechen hätt's beinah gesehen, Sie fühlt' schon der Flügelein Wehen. Doch grab' noch kam Mutter dazu, Krach! schloß sie die Haustür im Nu. Zuweilen auch glänzt's hier und da, Manch Tannenzweiglein man sah, Verborgnes in allen Ecken, Kaum läßt sich noch etwas verstecken! O, wär' doch erst Weihnachten da, Der heilige Abend. Hurra! Lottes Traum, Ein Weihnachtsgeschichtchen von Eva-Marie Stosch. Die kleine Lotte bekam zum Weihnachts- Heiligabend einen ganzen Tisch voll wunder hübscher Sachen. Wie lachte doch das reizende Püppchen die neue kleine Mutter Lotte an; cs saß so zierlich in seinem funkelnagelneuen Wagen mit all den weißen Spitzenkissen, daß sich gar nichts Niedlicheres denken läßt. Und der Puppenjunge Hans hielt eine Peitsche in der Hand. Kann man sich wohl etwas Bes seres zum lieben Weihnachisfest wünschen, als einen Puppenjungen mit einer Peitsche? Und noch viele andere schöne Dinge lagen und standen unter dem strahlenden Lichter baum. Aber unsere kleine Lotte wollte sich gar nicht recht freuen. Lotte hatte sich ein Hündchen gewünscht, ein richtiges, lebendiges Hündchen. Die Mutter hatte ihr zwar oft gesagt, daß sie das nicht bekommen werde, denn der Weihnachtsmann bringe in Stadtwohnungen nicht gern Hunde, weil er wisse, daß diese den Eltern sehr unbe quem wären. Lotte aber hatte der Mutter nicht geglaubt und doch auf das Hündchen ge hofft. Nun war nur ein weißer, seidenhaariger, aber ausgtzstopfter Spitz da. Er stand bei (Nachdruck verboten.) dem Puppenjungen mit der Peitsche und sah neben ihm so groß aus wie ein Pferd. Lottes Geschwister jubelten und sprangen mit ihren Geschenken umher. Aber als sie merkten, daß Lotte nicht ebenso lustig war, da sagten sie ihr, sie sei doch sehr dumm. Und wenn Geschwister so etwas eigentlich auch nicht sagen sollten — diesmal hatten sie recht. Erst spät am Abend — war ja doch Weih nachten heut — gingen die Kinder zu Bett. Bald schliefen sie ein, selbst Lotte mit ihrem unzufriedenen kleinen Herzen. Und dann träumte sie. Der Puppenjunge verneigte sich tief vor ihr. „Warum magst du mich eigentlich nicht leiden, Lotte?" fragte er sehr höflich und auch ein bißchen betrübt, „ich habe doch eine so hübsche Peitsche." Lotte sah sich plötzlich mit ihren Kleidern inmitten einer großen, prachtvollen Halle stehen. Sie seufzte aber und sagte: „Was nützt dir deine Peitsche? Du kannst ja nicht emmal allein damit knallen Und ein Pferd dazu hast du auch nicht." „O, da irrst du dich aber sehr. Ich habe rin Pferd. Hast du schon einmal einen Prin-