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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 02.12.1913
- Erscheinungsdatum
- 1913-12-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-191312022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19131202
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19131202
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger
-
Jahr
1913
-
Monat
1913-12
- Tag 1913-12-02
-
Monat
1913-12
-
Jahr
1913
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 02.12.1913
- Autor
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wurden niedergemacht, die Leichname in die brennenden Zugtrümmer geworfen. Das Was hingtoner Marineamt beorderte die auf einer Mittelmeerfahrt befindlichen amerikanischen Kriegs schiffe in die mexikanischen Gewässer. Politische Versammlung in Hermsdorf. Der Kceisvercin der Fortschrittlichen Volks- parlei im 17. sächs. Ncichmagswahlcreise hielt Sonnabend abend im Strellerschen Gasthof ..Zur grünen Linde" eine von ca. 75 Personen besuchte Versammlung ab, die ovm Vorsitzenden, Herrn Lehrer M ü I l e r -Glauchau, eröffnet wurde. Als Redner war der frühere Gutsbesitzer und Domäncnpächtcr, jetzige NAchstagsabgeordnetc Fegtcr -Ostsriesland gewonnen morden, der in längerer Rede etwa folgendes nasführte: Nicht über die „Agrarfrage" sondern über einige der wichtigsten Agrarfragen will ich sprechen, und einem bedauerlicherweise weit ver breiteten Irrtum entgcgentreten, der darin be ruht, daß der Bund der Landwirte behauptet, die gegenwärtige Wirtschaftspolitik l abe sich voll auf bewährt. (Ziuufe: Sehr richtig! — Hat sie auch!) Ich glaube nicht, daß das der Fall ist, und will versuchen, den Nachweis hierfür zu er bringen. Was ist denn eigentlich ein dringendes Bedürfnis der gesamten Landwirischaft? Welche Bedingungen müssen erfüllt sein, um allen bc- rechngcen Wünschen Erfüllung zu bringen? Zu nächst gehört dazu, sich über die Ziele völlig im Klaren zu sein. Darm sind wir uns ja schließ lich auch mit dem Bund der Landwirte einig, möglichst viel landwirtlchaftliche Produkte auf dem vaterländischen Boden zu gewinnen. Der Bund der Landwirte sagt, nm dies Ziel zu er reichen, entspricht die jetzige Gesetzgebung völlig den Anforderungen, die der Landwirt an sie zu stellen hätte. Richtig ist, daß der Noggencrtrag von etwa 12 Doppelzentner pro Hektar in den letzten 20 Jahren auf l7 Doppelzentner gestie gen ist, aber das ist allein noch bei weitem nicht genügend, denn von dem Gesamtareal bringen nur noch lange nicht die Ernte herein, die wir haben müßten. Der Großbetrieb in der Land wirtschaft ist mehr und mehr zum Saisonbetrieb geworden, sehr zum Leidwesen der Viehwirt- schaN, d:c laut Statistik zurückgegangcn ist. Der Noggenanbau aber stOgt von Jahr zu Jahr, be sonders im Osten des Reiches: er dient jedoch zu einem guten Teil dazu, unsere Nachbarvölker mit billigem Brotgetreide zu versorgen. Wur den l9>B noch 247«'M Tonnen Getreide aus- gesührt, so stieg diese Menge 1912 bereits auf 481 503 Tonnen. Etwa 600000 Hektar deutscher Boden dient dazu, das Ansrand mit billigem Brolkorn zu versehen, das vedeutet für das Reich eine Ausgabe von jährlich ea. 25 Millionen Mk. durch das Emfahe,cheinfhstem. Es ist mithin auf diesem Gebiete sicher ein Irrtum, wenn mau lagen wollte, daß diese Ausgabe zur Stär kung des deutschen Vol'svermögens und der Landwirtschaft diene. Nur ganz wenige Land wirte, die Großgrundbesitzer OslelbienS, haben einen Vorteil davon. Wir wissen alle, daß wir ständig mit einem Fleischmangel zu käm pfen Hamm, der sich osi sogar zur Fleischnot auswächst. Weder mit genügend Fleisch noch mil genügend Brot ist die Landwirtschaft in der Lage, Deutschland hinreichend zu versor gen. (Zuruf: Innere Kolonisation.) Durch die starke Getreideausfuhr verringert sich der Vieh esland, da der Großgrundbesitz die Vie - anfzuchl hierdurch vernachlässigt. Die Vie' zählung 1912 ergab einen sehr erheblichen Rückgang der Viehbestände (dürres Jabr), während die letzte Zählung im Juli d. Js. wieder eine kleine Zunahme zeigt, ist doch der alle Stand noch lange nicht wieder vor landen. Gegenüber 1911 fehlen noch 200 000 Rinder und ca. 2 Millionen Schweine. Die Konservativen bezw. der Bund der Land wirte sagen, die Zollpolitik auf agrarischem Ge biete kommt dem Groß- und Kleinbetrieb gleichmäßig zugute. Auch das ist nicht rich tig, denn nur der kann einen Nutzen von den Zöllen haben, der landwirtschaftliche Produkte in größerem Umfang erzeugt. Diesem Um stand messen die meisten Landwirte leider viel zu wenig Wert bei; für den kleinen Landwirt ist nämlich die Zollpolitik ein Ver hängnis, denn sie schuf ihm die Verteuerung vieler Beoarssartikcl ol ne il m irgendwelchen Vorteil zu bringen, deicht ohne Wirkung sind z. B. auch die erhöhten Eiscnzölle für den Landwirt, wie überhaupt die Verteuerung der landwirtschaftlichen Produkte eine Verteuerung der gesamten Lebenshaltung mit sich brachte, „elvst der preußische Landwirtschastsminisler von Arnim sagte 1908: Die Wirtung der Zollgesetzgebung wird von den meisten Land wirten viel zu sehr unterschätzt, sie wird aus gewogen durch die Verteuerung der sonstigen Bedarfsartikel. - Halbamtliche Erhebungen in verschiedenen Teilen unseres Vaterlandes haben ergeben, daß die Zahl der landwirtschaftlichen Belriee, die wirklichen Nutzen von den Zöl len haben, nur sehr klein ist. Mit ziemlicher Gewißheit läßt sich behaupten, daß nicht 5 von NlO aller Landtvirle im Reiche Nutzen von den Fällen haben und von diesen auch nicht einmal alle. Den eigentlichen Nutzen Laben ca. 25 000 Großgrundbesitzer, die Fff deikommißginer. Der Streit darüber, wer den Nutzen Hit, ist bei einem eventuellen Perkam sel r schnell entschieden; der Käufer ist wohl in den allerseltensten Fällen aus Rosen gebettet, denn die Preissteigerung des Bo- dcns steht zumeist in keinem Verhältnis zum wirklichen Ertragswert. Diese Wirtschaftspo litik, die eine Verschuldung des bäuerlichen Besitzes mit sich brachte, ist von schädigender, ja bösartiger Nebenwirkung. Was müssen wir also wünschen bezw. erstreben? Woran krankt das deutsche Volk resp. der landwirt schaftliche Teil? Er krankt an einem zuneG menden Landhunger, was besonders bei Tei lungen des Besitzes -in kinderreichen Familien zum Ausdruck kommt. Bei Abfindung der nachgeborenen Söhne stellen sich große Schwie rigkeiten heraus, denn wo soll der Vater Land hernehmen, das die Kinder in redlicher Ar beit nährt? Der Fehler liegt in der unrich tigen Bodenverteilung, die keineswegs im In teresse des Landwirts liegt. Naum aber muß für die nach-geborenen Bauerukinder geschah fen werden, wenn nicht die Industriestädte einen noch größeren Zuzug von Arbeitsuchen den halben sollen wie bisher. Bei schlechter Konjunktur entstehen dann all die Tausende Arbeitslose, während im Sommer rc. über eine Million ausländischer Saisonarbeiter, Nutlenen, Polen, Russen, Kroaten, Galizier usw. beschäftigt werden, davon die Hälfte in der Landwirtschaft. Die jetzige Wirtschaftspo litik hat dazu geführt, Teile unseres VaIr landes fast zu entvölkern, denn manche Gü ter beschäftigen -in der Saison bis zu 80 Pro zent ausländische Arbeiter (Zuruf: Bringen Sie nur einheimische, die werden mit offenen Händen ausgenommen«!) Ein eigentlicher Stamm treuer heimischer Arbeiter existiert in der Landwirtschaft nicht mehr, der Einzelne muß dann«, der Not gehorchend, nicht dem eigenen Triebe, Ausländer einstcllen. Er trägt zwar dadurch noch mehr zur Entvölke rung des platten Landes bei, aber der hei mische Arbeiter ist gegenüber der mitunter außerordentlichen Genügsamkeit der Ausländer nicht konkurrenzfähig. Nicht die Niedrigkeit der Löhne an sich ist es, daß die einheimi schen Arbeiter den landwirtschaftlichen Betrie ben den Rücken kehren, die heimische Scholle verlassen, sondern der Umstand, daß sie nicht Sommer und Winter lohnende Beschäf tigung haben. Eine russische Statistik weist nach, daß allein in einer Saison russi sche Saisonarbeiter 20 Millionen Mark an Neberverdienst mit über die Grenze nahmen. (Wo bleiben da die Hungerlöhne?) Das nennt dann der Bund der Landwirte eine Vermeh rung des deutschen Volksvermögens- (Seb-r richtig!) Was schlägt man vor, um der Land flucht, die eine ernste Gefahr für die Volks wirtschaft bildet, zu steuern? Wir sagen-, das einzige Mittel, der Landflucht zu- steuern, ist, die entvölkerten Provinzen wieder mir deut schen Arbeitern zu bevölkern, durch die innere Kolonisation. Herr von Wangenheim, ein Führer der Landwirte erklärte das für richtig, aber die große Mehrzahl seiner Standesgenos- sen ist bedauerlicherweise Gegner der inneren Kolonisation. (Hört, hört!) Es gibt innere und öffentliche Gegner der inneren Kolonisa tion; Herr v. Oldenburg ist z. B. offener Gegner, er fürchtet durch die Besiedelung für die Jagdrechte-, er will keinen ansässigen .Kleinbauernstand. Die Gründung des Bau- crnbundes wurde veranlaßt durch die Opposi tion des Großgrundbesitzes, Restgüter zu er halten. Die Schäden der Landflucht werden anerkannt, aber man ist nicht bereit, den ein zigen Weg, den man bisher als gangbar er kannt hat, zu begeben. Die Vermehrung der Fideikommisse übersteigt den jährlich durch innere Kolonisation an Bauern vergebenen Grund'esitz um 100 000 Hektar, die selbst von Tübrern des Bundes der Landwirte als not wendig erkannte Aufteilung wird so hinter trieben, bildeten sich doch allein im Vorjahre 56 neue Fideikommißgüter. 1852 zählte Preu ßen etwa 800, heute aber 1247 Fideikommisse. Ihre ZaZ hat sich vervierfacht, ihr Umfang verdreifacht, denn der 15. Teil Preußens be steht heute aus Fideikommissen, ein Laud so groß wie Westfalen und die Hälfte des ehe maligen Königreichs Hannover. Dieser riesige Komplex befindet sich in den Händen wem acr Personen, wie des Herzogs von Ujest, des Fairsten von Pleß, des Herzogs von Ralibor, des Fürsten Hohenlobe-Jnga'sinden, des Graten Henckel von Donnersmarck usw. Rund 3Hz Millionen Hektar Land ist Fidei- kommiß, und diese ungeheure Fläche im Be sitz von 1095 Personen, bei 65 Millionen Deutschen. Das preußische statistische Landes amt sagt, daß bei fortschreitender Tendenz 19)6 ein Zehntel des gesamten Preußen in den Händen der Großgrundbesitzer h't. In einer Zeit, wo die ganze Landwirtschaft nach Land hungert, ist das ein sehr anschaulicher Beweis großagrarischer Politik. Nunmehr bat auch die Re-ichsregierung den Reichstag für zuüändig erklärt, für Abhilfe zu sorgen, nach dem sie früher die Einzellandtage als allein zufi ndig bezeichnete. Es fielt zu erwarten, daß ein Gesetz gegen die weitere Ausdehnung der Fideikommißg-üter in Wirksamkeit treten wird. Die noch vorhandenen 3'/^ Millionen Hektar Moorland im Reiche müssen durch Aufteilung dem kleinen Landwirt übergeben werden. Um den aber Produktions- und lei stungsfähig zu erhalten, gehört die Alffhebung der Futtermittelzöllc und der allmähliche Ab bau der sonstigen Zölle, denn den kleinen Landwirt interessiert zunächst nur die Span nung zwischen Herstellungskosten und Verkaiffs- preilcn. Er will nur eine angemessene Ent- kohnung für seine Arbeit. Dieses Ziel will die Politik der Fortschrittlichen Volksvartei herlcikühren durch Beschleunigung der inneren Kolonisation mit Unterstützung des Staates durch Schaffung billiger Kredite rc., durch Förderung der inneren Kolonisation durch Auf teilung der Moorländer und Verhinderung der weiteren Ausbreitung der Fideikommißgüter, wir sic heute an der Tagesordnung ist. Die Volkspariei würde es n-icht als ein Unglück ausehen, wenn der Großgrundbesitz überhaupt von der Bildfläche verschwinden würde, damit die ungesunden Verhältnisse ein Ende neh men. Schon eine Herabsetzung der Zölle um nur 50 Pfg. würde ein Menetekel für die Kreise sein, die eine ungesunde Grundspeku lation betreiben, dann würde auch das schäd liche Bauernlegen endlich aufhören. An dem Rückgang- des ViehstandeS ist der Großgrund besitz, nicht aber der kleine Landwirt schuld, denn ersterer legt sich fast ausschließlich auf den Roggenanbau. Eine schrittweise Herab setzung der Agrar- und Jnduktriezölle ist not wendig, nicht aber die Einführung des vom Bunde der Landwirte gewünschten lückenlosen Zolltarifs. Für eine Abschaffung der Fu-t'er- mittclzölle ist heute schon eine Mehrheit im Reichstage vorhanden, sie wird mithin kom men. Bei der jetzigen Wirtsch-afispoliiik wird eine Unabhängigkeit vom Auslande, deren nur dringend bedürfen, n-icht herbeigeführt. Die Gewalt der Tatsachen wird schließlich die Schutzmaßnahmen der jetzigen Wirtschafispoli- tik hinwegschwemmen, denn zur Gesundung der deutschen Volkswirtschaft ist eine Acn-de- rung der Zollgesetzgebung notwendig. Mit einem Appell an die Wähler, bei späteren Ge legenheiten den richtigen Gebrauch von dem vornehmsten Recht des Staatsbürgers zu- »ra chen, schloß die beifällig aufg-enommenc Rede. In der anschließenden Ansprache, die an dramatischen Zwischenfällen mancherlei Art reich war, bat zunächst Herr Gutsbeisitzer Lonis Zimmermann- Oberlungwitz um nähere Angaben über Entstehung und Ursache des Ein- und Ausfuhrschein-Systems. — Herr ^Rcichstagsabgeordneten F e g- t e r beantwor tete diese Anfrage ziemlich ausführlich. Als 1878 die Zollgesetzgebung eingeführt wurde, stellte sich heraus, daß der Osten- nicht den Nutzen von den Zöllen hatte, den- man allge »rein erwartete. Durch Staffeltarife (Verbilli gung der Frachten auf weite Strecken) wurde Besserung angestrebt, doch protestierte der We sten gegen die billige Beförderung, wodurch die dortigen Märkte überschwemmt wurden. Es wurde dann der Identitätsnachweis ver langt, um die Vermischung mit russischem rc. Korn zu unterbinden. 1904, als die Eaprivi- zöllc durch die Bülowzölle ersetzt wurden, fiel 'owohl die Staffelung als auch der Identi tätsnachweis. Der Landwirt erhielt dann für jede Tonne au-sgeführten Roggens rc. eine Vergütung in Form eines Einfuhrscheins, der ihm gestattete, für 50 Mk. zoll rei Waren aus dein Ausland einzuführen. Die Geltung der Einfuhrscheine war zunächst auf. 6 Monate eslgetegt, wurde aber später (1911) auf 3 Monate herabgesetzt und auch sonst beschränkt. Für die Zollbehörden war das eine große Bel stigung, man schränkte die Eüffuhrjchciue 'chließlich auf Korn, Petroleum und Kaiser ein. Mit der Zeit überstieg der Kornan-bau dann die Vichproduktion gewaltig, ebenso die Ausfuhr die Einfuhr, denn die Scheine wur den wie ein Börsenpapier gehandelt. Die Ein- fuhrscheinc wurden dadurch zur Ausfuhrprä mie; in Verbindung mit den Auslandstarsfen wirten sic heute als eine arge Gefährdung unserer Kriegsbereitschaft, da nach der Ernte gleich Niesenmengen Korn ausg-euihrt werden. Heute kann man z. B. einen Waggon Rog gen aus dem Osten halb so billig nach Prag als z. B. nach Zwickau befördern lassen-. Dem Reiche wurden durch das Einfuhrfche-'uffystem 1906 57 Millionen Mart, 1912 aber bereits 126 Millionen Mark aufgebürdet, was einer erheblichen Schädigung der Staatskasse gkcich- tommt. — Auf Wunsch des Herrn Fabri be- sitzer Louis B a h n c r - Oberlungwitz ga-b der Referent sodann eine sehr eingehende Schil derung über das Wesen der Fideitommiß- güler und beantwortete eine Anfrage des Herrn Ernst Bahner- Oberlungwitz betr. de Fv-ttermittelzölle unter Berücksichtigung der ohne Zölle blühenden Landwirtschaft Hol lands und Dänemarks. — Nachdem sodann cin H rr Arnold-Glauchau kurz auf di? Bedeutung eines Stein und Hardenberg für die Landwirtschcffl hingewie'en und die Ar >eit der For.schrittlichen Volkspartei als für das Wohl der Gesamtheit von großer Bedcu- lnng geschildert haue, trat Herr Gutsrcsitzcr Al in S ch midl- Hermsdorf den Ausfüh rungen des Referenten inbezug ans die FuL lermiltelzollc entgegen, indem er aussührle, daß solche Zölle nur auf Gerste und Mais ruhen, beides Mittel, die der Landwirt ent weder nicht brauche oder a'er, wie z. B. Gerste, bei Bedarf selbst baue. Auch hinsicht lich des Ausful.rschcinshslcms sei die Darstel lung des Referenten falsch, denn der Staat lege keineswegs 25 Millionen Mark drauf, da ja wieder sür die Summe Waren eingefiihr. würden. Richtig sei entgegen dem Referat, das; in den letzten 30 Jahren die Rind-Vieh zucht sich verdoppelt, die Schweinezucht sich log-ar verdreifacht hake, das beweisen d-ie amt lichen Tt-ilislikeu; sehr wohl könne man- also den Bedarf decken. Redner fragt: Was haben denn bisher die Liberalen für die Landwirt schaft getan? und beantwortet diese Frage mit einem: Nichts! Der Liberalismus sei keilt Freund der Landwirtschaft. Festfielle-n müsse man auch, das: schon vor 40 Jahren das Brot mehr gekostet habe wie heute, ebenso das Getreide, dabei seien d-ie Unkosten- in diesem Zeiträume noch ganz gewaltig gestiegen. — Ein Hermsdorfer Einwohner empfahl sodann Maßnahmen zur Abhilfe der Arbeitslosigkeit, die in- der Zahlung besserer Löhne bestehen sollen. Der Redner leistet sich sodann den Ausspruch: Wenn der Landwirt im Sommer genügend Arbeiter hätte, würde er genau so wie im Winter die Hände in die Hosentaschen vergraben, wie man es hier häufig beobachten könne. — Der Redner muß sich hierfür Zu rufe >vie „Unverschämtheit" rc. gefallen lassen und wird- vom Versammkun-gsleiter die Ent gleisung entschieden zurückgewiesen. In- seinem Schlußwort stellte der Referent zunächst verschiedene Unrichtigkeiten der De- bat-teredner fest, doch kam es schließlich- zu einem unerquicklichen Zwischenfalls, der die Stimmung beeinträchtigte. In das zum Schluß ausgebrachte Hoch- auf das deutsche Vaterland stimmten die Anwesenden begeistert ein. Rlltwe-r-Melfeier in Oberlungwitz. Die im Jahre 1853 gegründeten drei Spritzen- kompagnieu konnten in diesem Jahre auf ein 60jährigcs Bestehen znrückblickeu, welchen Anlaß der Gemcinderat nicht vorübergchen lassen wollte, ohne der Jubclkompagnica zu gedenken. Im Saale des Gast.-oses „zum Lamm" fand am gestrigen Sonntag deshalb eine Feier statt, an der neben den Mitgliedern der Spritzcnkompagnicu und ihren Damen einige Herren des Gemeinde- rntes mit Herrn Gemcindevorstaud Lieberknecht an der Spitze sowie die Mitglieder der 1860 gegründeten Ficiw. Turuerseuermehr und der 1883 entstandenen Frcnv. F uerwchr teilnahmcn. Die Bühne war mit Büsten, Fahnen und frischem Grün wirkungsvoll geschmückt, während die Herren Gruner eine angepaß'.e Tafelmusik boten. Nach einem einleitenden Musikstück nahm Herr Gemeindcvorstand Lieberknecht das Wort, in dcm er n. a. darauf hinwics, daß aus weislich der Akten vor 60 Jahren die Errichtung der Spritzenkompagnien erfolgte. Stets seien die Mitglieder der Kompagnien voll lind ganz auf ihren Posten gewesen, allezeit gern bereit, das Eigentum des Nächsten zu schützen und zu be wahren, helfend einzugreifen, wo sich ihnen Gelegenheit bot. Als äußeres Zeichen der An erkennung habe der Gemcinderat deshalb zur gegenwärtigen Jubelfeier einen Betrag von 200 Mk. bereiig-stellt, der dazu beitragen soll, einige frohe Stunden gemeinsam zu verleben. Dec Herr Gcmcindevvrstand hieß sodann die zahl reichen Festtcilmhmer in, Namen der Gemeinde herzlich willkommen, und forderte die Herren des Gemeinderates auf, mit ihm in den Ruf: die drei Spritzcnkompagnien, die Turner- und die Freiwillige Feuerwehr sie leben hoch! einzu stimmen, was sodann geschah. Im weiteren Verlauf der Tafel, die der Küche des Lammwirtcs alle Ehre machte, nahm Herr Branddirektor Fabrikant August Härtel das Wort zu etwa folgender Festrede: Zu cincm Jubelfest haben wir uns versammelt, 60 Jahre sind seit der Gründung unserer Spntzeukompag- nien dahingegangen, 60 Jahre haben sic hilfs bereit gewirkt, da ist es sicherlich wohl recht und billig, dieser bedeutungsvollen Arbeit im Dienste der Allgemeinheit zu gedenken. Wenn wir einen Rückblick tuen auf die letzten Jahrzehnte, so fin den wir in den Protokollen damaliger Zeit den Vermerk, daß am 27. März 1851 für Spritzen häuser 15 Tcller, sür Spritzen 30 Taler, für einen Sputz-. nmeist. r 3 Taler und 1 Groschen und für Proben 3 Taler verausgabt wurden. Ans der Zeit vor 126 Jahren liegt ein Bericht vor, wo nach die Gemeinde in Weimar für 86 Talcr eine Feuerspritze kaufte, die 11 Taler Fuhrlvhu beanspruchte; das war im Jahre 1787 im Monat April Spntzenmeistcr und Mannschaften, welche den Feuerlöfchdienfi deformen, gab es wobl, nur hatten sich noch keine Kompagnien gebildet, die Organijatiou fehlle noch Otio Sebastian schreibt in seiner Hohcnstemer Chronik: „Das Feuerlöschwesen war in den früheren Jahren durchaus nicht hinreichend genug organisiert, nm den durch die hölzerne Bauart der Gebäude sich leicht entwickelnden großen Brände zu steuern." Diese Nutzanwendung hatten auch die Oberlung witzer selbst erkannt und so kam es 1853 zur Gründung der drei Spritzcnkompagnien, die es sich freiwillig zur Pflicht machten, durch plan mäßige Ucbungcn eine wünsche»? werte Ausbil dung zu erlangen, um bei Fcucrsgcfahr im und außer dem Orte Löschdicnstc verrichten zu können. Die 1. Kompagnie hatte ihr Spritzenhaus in der Nähr der „Post" und zwar auf dem Grundstück von Schmiedemeister Scheffler n: d Montz Tint e. 1902 wurde es abgebivchcu und nach dem unteren Octsteil verlegt, nahe der Egydimühle. Am 2. September 1907 wurde anstelle der alten unbrauchbar gewordenen Spritze eine neue Fladersche Wagcnspritze angeschafst; sie leistAe beim Brande des Coderschen Gutes am 6. Okto ber 1907 die erste Hilfe und erhielt am 4. März l908 beim Brande des Bal, ne eschen Hauses in Hermsdorf die 1- Prämie. Die alte Spritze wurde versteigert. Die 2. Kompagnie h-atle ihr Spritzenhaus im Grundstück des Garten besitzers Sonntag-; es war ein Holzbau, der wegen seiner Bau-sällig'eit einem neuen Spritzenhaus weichen mußte, nachdem es 120 Jahre der Spritze als Unterkunflsstätte ge dient hatte. Noch heute wird die Holzleiste, die sich über der Einfahrt befand, nuj,eewahrt; sie trägt die Jw'chrifl: „Gott bewahre unser Land, vor Krieg, vor Feiler und vor Brand. Anno 1787." Am 2-3. September 1907 wurde das neue Spritzenhaus errichtet. Die 3. Kom pagnie, früher Abtei-Oberlungwitz, verwahrte ihre Spritze im dazu bestimmten Holzbau- mH dem Hcnnyschen- Grundstück. Zuweilen wurden die Spritzenhäuser auch als Arrestzellen- f. r nächtliche Ruhestörer rc. benutzt. 1883 wurde ein Ncu-bau für diese Spritze ans dem Lic- erkncch'schcn Grundstück errichtet. Zurzeit sie- heic folgende Kameraden (die sämtlichen auf- zufü-hren, würde zu weit führen) den einzel nen Kompagnien- vor: 1. Kompagnie: Ehren spritzenmeister Wilhelm Dietrich, Spritzenmei ster Au-gnst Metzler und Stellvertreter Otto
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