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VMM m Aihkißrin WWHiiIkr ApNM Tagtblstl. Sonntag, den 7 Dezember IVIS t !s . 4V. Jahrgang Das Geständnis. Erzähluliig von L. v. Ar n o. Nachdruck verboten. „Wir werden also einen berühmten Schwie gersohn bekommen, Therese!" Befriedigt sagte es Herr von Dürkheim, ein stattlicher Fünfziger, der im Frack, die Glaces in der Hand, am Fenster lehnte. Fran Therese, in einer fliederfarbenen Sei denrobe, einen Brillantstern in dem noch glän zend braunen, modern frisierten Haar, nestelte nachdenklich ihren langen Handschuh zu. Der Wagen, der die Herrschaften zum Ball des Gesandtschaftsattachees fahren sollte, würde gleich hier sein. „Hoffentlich vereitelt Annemarie die Sache nicht noch in zwölfter Stunde," bemerkte Frau Therese und räusperte sich nervös. „Wie — ?" entrüstete sich ihr Gatte und zog die Brauen hoch. Sofort begann die erstere: „Das Kind ge fällt mir nicht. Es verbirgt uns etwas, das entschieden mit des Professors Bewerbung zu- saniinenhängt." „BMe sehr," opponierte Dürkheim, „Du selbst hast mir gesagt, daß Annemarie damals nach der ersten Begegnung mit Holthausen Dir ans Deine Frage: Wie hat Dir denn der berühmte Mann als Tänzer gefallen? geant wortet hat: Ich habe erzählen gehört von Gliebe aus dem Mick. Jetzt begreife ich dies." „Das wohl. Auch mir ist daher die Sache unbegreiflich. Ein Mutterauge aber sieht scharf. Ich beobachtete, daß Annemarie eine innere Unruhe zu peinigen begann, die mehr und mehr wuchs, je mehr der Professor mit seinen Absichten hevvorlrat —" „Da ist es mir aber doch unbegreiflich, weshalb Du nicht das Kind befragt hast nach der Ursache?" „Du weißt doch, Kurt, wie sensible in il rem Empfinden Annemarie ist. Ich zögerte, an etwas zu rühren, dem vielleicht nur mäd cheuhafte Scheu vor der Verbindung mit dem bedeutend älteren Manne und großen Denker zugrunde liegt." „Nun, wenn es nur dies ist," lächelte überzeugt Herr von Dürkheim, „dann wird unsere wilde Hummel von einst —" „Die würde keiner in Annemarie wieder erkennen," lächelte nun auch Frau Therese. wohl als Braut Heimkohren," voll endete ihr Gatte, und die Bedeutung der Sache verlieh seiner Stimme einen Unterton. „So sicher wie Du dies annimmst, tue ich es nun allerdings nicht," wänd e sie abermals ein. „Es ist doch nicht ausgeschlossen, daß Annemaries veränderte Wesensart eine tiefere Bedeutung hat. Ich — — doch still, sie kommt!" Leichte Schritte nahten. Die Portiere teilte sich und die Genannte, fertig zum Ball ge schmückt, trat ein. „Lenzeszauber ..." flüsterte Herr von Dürkheim, mit Vaterstolz düe liebreizende Er scheinung musternd. „Was meint mein schönes Töchterchen, — werden wir bald ein Brcmtchen im Hause haben?" „O, Papa, rühre nicht daran," I at das junge Mädchen, mit frisch sich färbenden Wan gen, und es klang so flehend, das: die Eltern, unsicher, wie dies zu deuten sei, einen Blick tauschten. In diesem Augenblick meldete der Diener, daß der Äagen da sei. Wenige Minuten später rollten die Herr schaften dem Haufe des Festgebers zu. Es waren zahlreiche Einladungen er gangen. Wagen aus Wagen hielt vor der Rampe des villenartigen Gebäudes. Im Ve stibül, auf den teppichbedeckten Treppen, herrschte jene gedämpfte Beweglichkeit, die bei derartigen Festen typisch ist. Aus den Umhüllungen schlüpften reizende Frauengestalten in entzückenden Gewändern, Herren mit ordenbesäten Fracks, denn die Diplomatie war besonders vertreten, doch auch mancher Generalstäbler tauchte in der Monge auf. Den Ankömmling eben zeichnew weder eine glänzende Uniform, noch Dekorationen aus. Und doch bemühte sich die Dienerschaft um diesen Ankömmling ganz besonders beflissen, galten ihm die respektvollsten Verneigungen. In der Tak war die Persönlichkeilt und das ganze Auftreten dieses Mannes so ach tunggebietend, daß er sich auch da, wo man den berühmten Forscher und Gelehrten nicht kannte, Beachtung erzwang. Das war Professor Holthausen. ' Silberfäden mischten sich bereits in das braune Haar des erst 36jährigen. Aber die stahlblauen Augen blitzten so jugendfrisch und so wunderbar geistvoll, daß inan versucht war zu glauben, sie könnten niemals altern. Zumal an diesem Abend blickten diese Augen so ganz besonders glückerwartend. Un geduldig, wie einem liebenden Jüngling, Pochte sein Herz dem ersehnten Augenblick ent gegen, wo er seine Hand ausstrecken würde nach dem jungen, holden, liebenden Geschöpf — denn es war ja schige Gewißheit: Anne marie von Dürkheim liebte ihn! So würde also der heutige Tag ein be sonderes Merkmal in seiner« Leben werden. Es gab deren so manches darin: seine ent< behrungsreiche Kindheit im Hause der Ellern, die sich selbst jeden Wunsch versagt, um dem einzigen Sohn, dessen hohe Befähigung schon früh hervortrat, das Studium zu ermöglichen. Sein glänzend bestandenes Examen später, war wieder ein Merkmal im Buche seines Lebens. Seine Forschungsreisen, sein Durch streifen der Wälder Amerikas, bildeten unaus löschliche Denksteine. Und dann, als die Frucht dieses Nomadenlebens, sein dreibän diges großes Werk über die Pflanzenwelt des mächtigen Kontinents erschien, und mit einem Schlage seinen Namen berühmt machte. Doch halt! noch einen Merkstein gab es da — und zwar stand dieser in engem Zusam menhang mit der Herausgabe seines Werkes. Ein Merkstein, der ihm bitteres Leid zuge fügt, ihm großen Zeitverlust und noch größere Mühe und Arbeit verursacht. — Vorbei — überwunden längst. Und jetzt — heute, stand er an des Lebens Glücksschwelle. Nun sollte auch 'mal ihm, dem rastlos Strebenden, süß« Würze werden! Bei Walzerllängen wollte er sich das Ja von den blütenjungen Lippen holen! lind die Klänge rauschten und lockten! Wie junge, üborschäumende Lust, wie heißes Lebensbegehven tönte es aus dem wiegenden Rhythmus, aus den süßen, den leichtsinnigen Walzerklängou. Der Empfang war vorüb«r, der Ball hatte begonnen. Nach der Polonaise schwebten die Paare im Dreivierteltakt dahin. Und mit den Klängen, den süßen wie getragen von diesen, erreichten Annemarie von Dürkheim Worte, süße, werbende Worte: „Ich liebe Dich, Du goldhaariges Kind, — o, wie ich Dich liebe! Sag' ja, Geliebte werde mein . . ." Er fühlte sie selig erbeben in seinem Arin aber iHv Blick wich seinen Augen aus' Stockend, aber deutlich traf es des Er- schro^enen Ohr: „Wie glücklich — wäre ich— wenn — ich ja sagen — dürfte. Zuvor aber — muß — ich Ihnen — etwas gestehen, Herr Professor, — und — ich weiß nicht, ob Sie danach — noch: —mich lieben — werden." Das traf wie ein kalter Wasserstrahl auf Holthausens hochwallendes Empfinden. Ein Ansturm von- Widerstreitenden Gedanken folgte die doch alle nur endeten in der einen Frage: Was kann dieses kindliche Geschöpf belasten, das imstande fein sollte, meine Gefühle für es herabzustimmen? Er führte seine Tänzerin in das neben dein Ballsaal befindlich« Zimmer. Es war dies ein Keines, nur von einer Ampel matt erhellres Gemach. Sorglich schloß er die Tür. Dann faßte er die Hände des jungen Mäd chens, das, wie er sah, nur mühsam seine Fassung behauptete. IHv Anblick rührte ihn — riß ihn hin:: „Teure Annemarie, ich glaube Ihnen im Voraus versichern zu können, daß nichts, ab solut nichts existieren kann, das mir Ihr Bild zu verdunkeln vermöchte —" sagte er warm. Sie sah ihn an — so sonderbar. — „Erinnern Sie sich der Zeit, Herr Pro fessor, wo Ihnen das Manuskript Ihres Werkes, das später Sie berühmt machte, aus unaufgeklärte Weise verloren ging?" B.'trofen blickte er sie an. Was sie da ausgesprochen, war ja jenes Merkmal in seinem Leben, das ihm bitteres Leid zuge- fügt? „O bitte/," fuhr sie hastig fort, „schildern Sie mir, was Sie damals empfunden —." * * Allerlei Kurzweil. * « Denksprüche. Anfängen immer und niemals vollenden, Heißt Zeit und Kraft als tot verschwenden. Der Weise erwägt erst seine Kraft, Bevor er etwas beginnt und schafft. * * * Sei stolz und beneide keinen, Streb nicht nach äußerem Glanz, Und such nie mehr zu scheinen, Und was du bist, sei ganz. Rütfelerte Rätsel. 1. Mit a eS auf der Tafel prangt, Du ißt es sicher selbst auch gern; Mit o ist es ein Kleidungsstück Für große und für kleine Herrn. 2. Für Arbeit man's mit L erhält, Mit M steht es im Aehrenfeld; Mit S du selbst die Lösung bist, Doch mir, wenn du kein Mädchen bist. Als Zahlungsmittel kennst du mich, Aus Silber, Nickel, Kupfer bin ich; Kanu auch aus etwas anderm noch sein, Wenn o in das Mittel statt e du setzt ein. 4. Mit a braucht mich der HandwerkSmann, Mein Kind, auch oftmals du; Im Meer hingegen findst du mich, Wenn du mich schreibst mit u. 5 Such in Asien eine Monarchie, Und sag mir, wie heißt wohl die? Liest du rückwärts sie, gehört sie gleich — Eine Feldfrucht — in das Pflanzenreich. Rätsel-Nrage«. Welcher Hund ist doch kein Hund? Welches Pferd ist doch kein Pferd? Welche Mücke ist doch keine Mücke? Welcher Fisch ist doch kein Fisch? Jedes von den vieren Zählt sich zu den Tieren. Anagram«. Giri talentvoller, aber armer KammiS ver liebte sich in die Tochter seines reichen Prin zipals und hielt mit deren Einwilligung bei den Eltern um ihre Hand an. Er wurde aber höhnisch abgewiesen und verließ daher das Geschäft des Vaters seiner Angebeteten. In wenigen Jahren war er selbst ein ge- machter Mann, aber unverheiratet geblieben. Dies erfuhr sein früherer Chef und bot ihm daher eines schönen Tages die Hand seines sitzengebliebenen Töchterchens an. Deren An- beter von ehedem antwortete: „In Ihrer Tochter Namen werden Sie meine Antwort finden. Die junge Dame hieß Elisabeth. (XL. Es kommt bei der Lösung als« darauf an, die Buchstaben des gegebenen Wortes Elisabeth so zu verstellen, daß daraus die ge suchte Antwort entsteht.) Gleichklang. Oft macht'ich sic drohend, von Zorn bemeistert, Doch er im Theater hat mich begeistert. Bilder-Rätstl. (Auflösungen in nächster Nummer.) «»fiüsKK-e« au» Stummer 48. Der Rätsel: 1. Uhu. 2. Verona — Veronika. Des Homonyms: Ball. Des LogogriphS: Wichs — Wachs — Wuchs. Der Scharade: HanSwurst. DeS Buchstaben-RätselS: Raupen — Graupen. DeS Bilder-RätselS: Feuersicherer G. d schrank. Nr. 49 und Verlag von Horn DeS BaumeS Hoffnung. Herbststürmchen, das wirbelt die Blätter her nieder Von der alten Linde vor Großvaters Haus Und spottet: „Nie gibt dir die Erde sie wieder, Du alter Baum, mit dem Schmuck ist es aus!" Da rauscht eS im Baume, in all' seinen Zweigen, Und voller Vertrauen erwidert er nun: „Jung Stürmchen, wenn jetzt ich der Gewalt muß mich beugen Und ungeschmückt dann den Winter durch ruh'n, So bleibt mir die Hoffnung, die sel'ge, die feste, — Verlör ich dies Hoffen, so wär ich ein Tor — Der Frühling schmückt wieder die harrenden Aeste, Bringt Knospen und Blätterund Blüten hervor." Onkel Pauls Plauderstündchen. Blicke in b«S Pflanzenlebe». „Habt ihr euch schon einmal mit dem stillen, wunderbaren Leben der Pflanzen be- schästigt?" fragte der Onkel eines TageS seine kleinen Freunde. Die Kinder schwiegen. Endlich sagte Otto: „Wir haben gewiß alle Sinn für die Schönheiten der Natur, und waren von jeher für sie begeistert; dennoch ist mir jetzt die Oberflächlichkeit unbegreiflich, mit der wir alle ihre Erscheinungen bis dahin auf faßten." „Die Schuld liegt nicht an euch", — ent gegnete der Onkel — „man versäumt meist, den tieferen Ginn für die Natur bei den Men schen zu wecken. Die Gegenwart fängt an, dies zu begreifen, die Zukunft wird sogar ihre Größe auf das allgemeine Durchdringen der Naturwissenschaften begründen." „Von denen du unS schon so manches herrliche Kapitel enthüllt hast!" — rief Jo- Hannes. „Und yon denen ich nun ein neues Ka pitel vor euren Augen aufschlagen will!" — entgegnete der Onkel, indem er eine Blume zur Hand nahm. — „Ihr seht hier" — fuhr er fort — „eine Pflanze, an der ihr verschie dene Teile unterscheidet." „Ja I" — fiel Erich ein „den Stiel, die Blätter und die Blüte; die Wurzel blieb in dem Boden." > „Und in der Blüte selbst wieder" — er gänzte Johannes — „den Kelch, die Krone, die Staubfäden und den Stengel." „Ganz recht!" — versetzte der Onkel. — „Aber aus was sind denn nun wieder alle diese Teile zusammengesetzt?" „Die?" — sagte Max, indem er die Pflanze genau besah — „die scheinen mir gar nicht zusammengesetzt, der Stiel wenigstens ist doch wohl ein Ganzes, bei den Blättern kann man höchstens noch Adern und Rippen unter scheiden." Der Onkel lächelte. Dann griff er in die Tasche des Rockes, nahm ein Kästchen heraus und öffnete es. Es enthielt zur Freude der Kinder ein Mikroskop, das er ansstellte. Als dies geschehen, schnitt er mit einem Feder messer ein winziges Stückchen aus dem flei schigen Stiele jener Pflanze und brachte es unter die Gläser. „Jetzt schauti" — sagte er ol-dann, und neugierig drängten sich die Kinder heran, von welchen freilich nur eines nach dem anderen Hineinschauen konnte. „Nun, was seht ihr?" — frug jetzt dec Onkel weiter — „haltet ihr den Stiel dieser Pflanze noch immer ftlr ein Ganzes?" „Nein, gewiß nicht!" —-rief hier Fritz, der eben an dem Htneinsch-urn war — „im Gegenteil! er besteht ja äuS einer Masse von