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VttlM DM HchkMMMiIn Aeingn Nr S88. Freitag, de« 12. Dezember IVIS 40. Jahrgang - ! «EEIMaMMWMWWMWMWWENSW«^ Bon den im Amtsgerichtsbezirk Hohenstein-Ernstthal erscheinenden Blättern die in Ernstthal, Oberlungwitz, Gersdorf, Langenberg, Falken, Meinsdorf, Langenchursdorf, r§ Wüstenbrand, Mittelbach, Erlbach, Kirchberg, Ursprung, Bernsdorf, Rüsdorf usw. Einzige Zeitung im Bezirk, die eine ständig steigende Abonnentenziffer nachweisen kann. Gemeinschaftliche Sitzung des Rats- uud Stavlverordacten-Kollegiums zu Hohenstein-Ernstthal, am 9. Dezember 1913. (Schluß aus voriger Nummer.) Herr Stadtrat Lay ritz: Die Spar- lasse balanciert mit 541 232,73 Mk., der mutmaclick'e Reingewinn, der im Jahre 1916 zur Verwendung kommt, beträgt 55 250 (47 050) Mk. Die Einlegerzinsen stiegen von 382 500 aus 398 500 Mk.; der Verwaltungs - auswand ist sich gleich geblieben. Zur Rück- lagebasse sind 30 000 (33 000), für Steuern 3000 (N00) Mk. eingestellt. In der Ein- nähme erhöhten sich die Zinsen angelegter Ka pitalien von 479 800 auf 500 700 Mk. Der lieb erschuf; des Reingewinnes vom Jahre 1912 ist mit 39 732,73 (40 928,90) Mk. ein- gestellt. Die Vermögensübersicht für Ende 1912 balanziert mit 11 543 303,01 Mk dar unter befinden sich 10 254 992,39 Mk. spr ausgeliehene Kapitalien und 10 689,09 Mk. Gutlaben der Einleger. Die Rücklage betrug 579 477,34 Mb., die Sonderrücklage 11 002,95 Mark. Der Herr B ü r g e r m e i st e r bemerkt hierzu: Das Sparkassengeschäft wird von Tag zu Tag schwieriger, die Sparkassen haben einen schweren Kampf zu bestehen. Die Höhe der Einlagen ist nicht gestiegen, dagegen sind neue Unterne mungen entstanden, wie z. B. die Angestelltenoerstchevung, die Doifsversiche rung, Bostsfürsorge w, die das Geld aus den kleineren Orten fortführen, aber neuen Zu ström „ach hier nicht bringen. Demnächst werden Sie sich mit einer Vorlage zu beschöf- ügen laben, über die ich mich heute noch nickt verbreiten will. Soviel aber steht fest: wir laden die Pflicht, mit allen Mitteln Ab- i ilfe zu schüfen und müssen deshalb daran denken, die Sparkasse zu verlegen, um den Nnnatz zu steigern. Auch soll ein Abhole- ststcm zur Einführung kommen, wodurch eine Belebung des Sparkassengefchä'its und Steige rung der Erträgnisse lerOeigeführt werden soll. Tie Höhe des f r 1916 zur Verwendung kom inenden mutmaßlichen Reingewinns wird wohl kaum erreicht, wie wir uns im nächsten Ja're ül erzeugen können- Es darf mithin schon jetzt gesagt werden, daß wir uns auf Enttäuschungen gefaßt machen müssen. — Eine Debatte hierüber unterbleibt wunschgemäß. Herr Sladtrat Beck: Die Armen kasse balanziert mit 47 694,02 Mk., der städtische Zuschuß beträgt 24 357,66 (23 138,95) Mark. Die Ausgaben weifen nur kleinere Er höhungen auf; nur die Verpflegbosten an Er- ziebungs- und Heilanstalten sind aus 9500 (6000) Mk. gestiegen, nachdem sie 1912 nur 4325,95 Mk. betragen haben, was daraus zurückzufübrcn ist, daß die in Frage kom menden Anstalten die Tagessätze von 50 auf 125 Pfg. erhöhten. Für Beköstigung der Waisenhausinsassen werden 4800 (4000) Mk., als Beitrag für die Gemeindediakonien 300 (200) Mk. aus gegeben. In den Einnahmen ist die Hundesteuer mit 3500 (3300) und die Abgaben von Tanzbelustrgungen rc. mit 4000 (3800) Mk. eingestellt. — Herr Stadtv. Held hätte es gern gesehen, wenn 150—200 Mark für Weihnachtsgeschenke an Neustädter Arme eingestellt würden. In der Altstadt ständen für solche Zwecke aus reichlichen Stiftungen iiber 1000 Mk. zur Verfügung, während für die Neustadt offiziell nur 150 Mk. vorhanden sind. — Der Herr Vorsitzende warnt vor einer solchen Maßnahme, so gut sie auch gemeint sei. Früher hatte man in der Neu stadt die Beyerstiftung, deren Erträgnisse jetzt dem Bürgerheim zugute kommen. Daraus darf kein Recht hevgeleitet werden, jetzt Er trägnisse anderer Kassen in Anspruch zu neh men. Ausgleich haben wir ja dadurch zu schaffen gesucht, daß wir Mittel aus anderen Kassen nach Möglichkeit verwendeten. Es ist ein Fluch der Vergangenheit, daß die Stif tungen früher zu sehr festgelegt wurden, ohne umfassende Aenderuugen, wozu u. a. die Ge nehmigung der Hinterbliebenen und des Mi nisteriums gehört, vorzuuelmen. Die Neu städter sind hinsichtlich der Schutstiftungen be deutend besser daran als die Altstädter, aber lctzteren ist es bisher noch niemals eingefallen, daran partizipieren zu wollen. — Herr Stadtv. H e l d bittet wenigstens bis zur Regelung der in Aussicht genommenen Stistungsände- rungen einen Betrag im Haushaltplan ein zustellen, wogegen der Herr Vorsitzende grundsätzliche Bedenken geltend mackst, zumal der Partikularismus bei den Stiftungen dock: wohl eine gewisse Rolle spielte. — Herr Stadtv. Ebersbach bezweifelt die Zustän digkeit des Kollegiums, während Herr Stadtv H eld hervorhebt, daß man heute weder Hohensteiner noch Ernftthaler mehr habe, le diglich Hohenstein-Ernstthaler seien vorhanden Hätte Ernstthal bei der Einflurung auf seinen Namen verzichtet, so hätte man es jetzt ein fach mit Hohensteinern zu tun, -die dann an den Stiftungen der Gesamtstadt teilnehmen könnten. — Der Herr Bürgermeister bezeichnet diese Auffassung als irrig, auch das damals ausgestellte Ortsstawt sag: nichts be stimmtes hierüber. In weiser Voraussicht hat man damals diese schwierige Frage der Zu kunft überlassen. Herr Stadtrat Müller: Die Schul- kasse balanziert mit 174 755,37 Mk., der Zuschuß aus der Stadtkasse beträgt 109 095,70 (107 476,64) Mk. Der Etat weist keine nen nenswerten Verschiebungen aus, bis auf die Zin-'en der neuen Anleihe; aus allen Gebie ten hat man dem Sparsamkeitsprinzip, soweit angängig, Geltung verschafft. In der Alt städter Schule sind nach einer Zuschrift des Direktors 215 Neuanmeldungen zu verzeichnen, d. s. 36 gegenüber dem Vorjahre mehr. Hier- durch macht sich die Anstellung einer neuen Hilfskraft erforderlich; es soll event. ein Herr angestellt werden, der befähigt ist, den eng lischen Unterricht zu erteilen. Der nächstjäh rige Etat wiirde dadurch noch um 1312,50 Mk. belastet, da die Anstellung erst von Ostern 1914 ab zu erfolgen braucht. Der Herr B ü r- g e r m e i st e r bemerkt hierzu, daß er gehofft habe, ohne neue Lehrkräfte auszukommen, aber es sei dem Schreiben des Schuldirektors entsprechend wohl doch nicht möglich. In der Neustadt sei keine neue Kraft erforderlich. Vorbehältlich einer besonderen Vorlage stim men beide Kollegien einstimmig der Anstel lung eines weiteren Lehrers in der Altstadt zu. Die ursprünglich 269 360,02 Mk. betra genden Anleihen sind bis arif 199 048.58 Mk. getilgt. Die Ausgaben für besondere Aus führungen sind eingeschränkt worden. Die Be- foldungen, die gegenüber dem Vorjahre fast gleich blieben, erfordern 130 589,43 Mk. Für Infolge der ständig steigenden Auflage unseres Blattes müssen wir, um die rechtzeitige Ausgabe zu ermöglichen, bereits mittags mit dem Druck beginnen und ersuchen deshalb unsere geschätzten Inserenten wiederholt, Inserate möglichst frühzeitig aufzugeben. Alle nach st Uhr vormittags eingehenden Anzeigen müssen für die nächste Bummer zurückgeftellt werden. Die Geschäftsstelle. Lehrmittel, Geräte uud die Bücherei erhält die Altstadt 1321, die Neustadt 647 Mk. Zur Deckung nachträglich verwilligter Ausgaben sind 1000 (500) Mk. eingestellt wordeu. Die H a n- d e l s s ch u l k a s s e balanziert mit 6433,33 Mk., der Stadtkassonzuschuß be trägt 2083,33 (1843,21) Mk. Die Ge w e r b e s chu I ka s s e balanziert mit 4543,68 Mk., der Stadtkassenzuschuß be trägt 2390 (1881,79) Mk. Die Web- und Wirkschulkasse balanziert mit 5941,57 Mk., der Stadtkassew zuschuß beträgt 3331 (2681) Mk. Die Schü lerzahl der Webschutle hat etwas nachgelassen. Herr Stadtv. Eichler ergeht sich so dann in dunklen Andeutungen über einen an geblich in der Neustadt vorgekommenen Fall, worin ein Lehrer der Ueberschreitung seiner BefiWiisse bezichtigt wird. Redner empfiehlt Versetzung des Betreffenden in die Altstadt und erwartet Aufklärung vom Rat. Der Herr B ü r g e r m e i st e r erklärt, an dieier Stelle über die Erledigung des Falles, die bereits von den allein zuständigen Stellen erfolgt sei, nichts mitteilen zu können. Das Kollegium sei zudem in solchen Fragen nicht zuständig. An der längeren Aussprache hierüber betei ligt sich u. a. auch Herr Stadtv. Kretzsch mar, der es für nicht richtig hält, derartige Sachen in öffentlicher Sitzung zu besprechen. Herr Kommerzienrat Stadtrat Rein hard: Die Kasse des Bürgerheims „König Aldertstift" balanziert mit 7940 Mk., der Zu- schliß der Stadtkasse beträgt 4089,89 (2217,63) Mark. Der Beköstigungsaufwand beträgt 4900 (3300) Mk.; wenn noch 2—3 Personen aus genommen werden, ist das Bürgerheim bis auf den letzten Platz besetzt. Der Herr B ü r g e r m e i st e r referiert sodann iiber den Anhang zur Stadtkasse, die Ausgleichskasse. Bei einem Bestände der Kasse von 16 676,50 (12 288,75) Mk. betragen die Zuwendungen durch den Verwaltungsüber schuß v. I. 1912 23.500 (39 402,32) Mark, der Reingewinn der Gasanstalt v. I. 1912 35 070 (.38 367,60) Mk., den 1912er Spar- kassenreingewinn 39 732,73 (40 928,90) Mark, den teilweisen 1914er Reingewinu von der Kasse über Lieferung elektrischen Stromes 2000 Mark und Baulassenreste (zumeist unbezahlte Trotloirkosten) 5700 Mk. Der eiserne Bestand beträgt nach lleberweisung von 107 700 (116 000) Mk. an die Stadtkasse 15 629,23 Mark. Der Reingewinn der Erwerbsanstalten ist zurückgegangen, lieber die Frage der Er- Hebung der Steuern bezw. des hierbei in Ansatz zu bringenden Prozentsatzes, läßt sich beute ein fester Beschluß noch nicht fassen, da die Erhebungen noch nicht zum Abschluß ge bracht sind bezw. uns noch nicht vorliegen. Jedenfalls aber müssen wir uns wohl schon damit vertraut machen, daß eine Erhöhung des Prozentsatzes sich sicherlich notwendig ma chen wird. Das Steuerist steigt alljährlich um ca. 15 000 Mk.; es betrug 1912 199 866, 1913 sind bis jetzt 195 911 Mk. eingegangen, wäh Die Herren von Dieskau Original-Roman von Franz Treiber. II. IoUsetzuiig. (Nachdruck verboten.) Der freundliche P arrer nahm sofort das Kirchenbuch aus dem Pulte, um dem Wunsche des Fremden zu- begegnen. Er suchte in dem Buche, blätterte hin uud her und fragte dann: „Im Jahre 1862 sind Sic hier getraut, Herr von Dieskau-?" „Am 21. Juli." „Sie irren sich nicht?" „Könnte man über einen solchen Tag im Irrtum sein?" „Hier steht aber keine solche Trauung ver zeichnet!" „>O —" „Es ist sehr anfallend, im Jahre 1862 scheint überhaupt niemand hier getraut wor den zu sein." „Unmöglich-, der damalige Küster war einer der Trauzeugen." Der Pfarrer, der aufmerksam in das alte Buch- hineinsah, sagte jäh und peinlich iiber rascht: „Hier feilt ein Blatt, wie i-ch jetzt erkenne." Er zeigte Dieskau das Buch und bei ge schärftem Blicke konnte man allerdings wahr- »ehmen, daß ein Blatt sehr vorsichtig daraus entfernt worden war. Da die Seiten des Buches nicht numeriert waren, konnte das Fehlen des Blattes lange verborgen bleiben. Der Küster, der als Trauzeuge gedient hatte, ruhte gleich dem alten Geistlichen längst auf dem Kirchhofe. Dieskau verbarg nur mit Mühe seine Pcstürznng. „Das Fehlen- des Eintrags meiner Ver ehelichung ist ebenso auffällig als bedauerlich. Es könnte der Fall eintreten, wo der Nach weis, daß Marie Steger die mir kirchlich an getrante Gattin Ivar, lehr wertvoll sein könnte." „Allerdings, und das Fehlen des Blattes ist sehr seltsam, aber hatten Sie sich denn nicht einen Trauschein ausstellen lassen?" „Meine Frau besaß ihn-, aber auch der Trauschein ist verschwunden." „Das ist freilich schlimm. Nuu, was in meinen Kräften steht, um Aufklärung zu schaffen, das soll geschehen; hier ist entschie den ein Raub am Kirchenbuch begangen war den, und in diesem Falle ist wobl in erster Reihe die Frage aufzuwerfe-n: Wem nützte das Verbrechen?" Ja, wem nützte das Verbrechen? Da wei tere Nachforschungen zunächst aussichtslos wa ren-, verließ Dieskau den Psarrherrn mit höf lichem Danke. Auch der Name seines Bru ders hatte als der eines Zeugen im Kirchen buche gestanden. „Pah — das ist alles nichts," sagte sich Dieskau-, „wenn ich nur den Jungen hätte — mein Kind." Er suchte jetzt den Geburtsort Mariens auf. Sie hatte in einer kleinen mitteldeutschen Stadt als Tochter eines Musikers das Licht der Welt erblickt und war bereits Waise, ais Dieskau sie Hennen lernte. Den derzeitigen Aufenthalt der älteren Schwester zu- ermitteln, mußte nun seine nächste Aufgabe sein, wenn sie überhaupt noch unter den Lebenden weilte. War sie tot, so Hatto sie dock) jedenfalls Familienangehörige hinterlassen. An diese Schwester knüpften sich naturgemäß zunächst alle weiteren Nachfor schungen nach dem Kinde. Dieskau stieß aber auf ungeahnte Schwie rigkeiten. Von den Angehörigen der Familie Steger lebte in den: betreffenden Städtchen niemand mehr. Man entsann sich freilich noch der äl teren Tochter des Musikers und wollte wis sen, daß sie sich in Hannover verheiratet habe, aber das war alles. Irgend einen Vermerk über diese Heirat wiesen die Register der Stadt nicht aus. Dennoch mußte Amelie Steger auch als Frau- zu ermitteln sein, und Dieskau folgte ihrer Spur. In Hannover gelang es ihm mit vieler Mühe f-estzuftellen, daß ein Gymnasialoberleh rer Gehrmann eine geborene Steger zur Frau gehabt habe. Bald nach 1866 hatte er Han nover verlassen, niemand wusste, wohin er verzogen war. Der alte Scbuldiener aber besann sich recht gut darauf, daß Gehrmann einen allerliebsten Knaben gehabt hatte, der damals vielleicht drei oder vier Jabre alt gewesen sein mochte. llebrigens war von einer Eheschließung Gebrmanns in Hannover nichts in den Kir chenbüchern verzeichnet, diese mußte also an- derwärts stattgefunden haben- Dieskau sah ein, daß er der Aufgabe, wei tere Nachforschungen mit Erfolg anzustellen, nicht gewachsen war; die durch die Annexion von 1866 für einzelne Landstriche neu ge- schafenc Lage erschwerte dazu diefe Nachfor schungen. Der Polizeipräsident, dem er sich so weit < s nötig war, anvertraut hatte, emsstahl ihm, einen seiner erfahrensten Beamten, den er zu diesem Zwecke längere Zett beurlaubte. Die Resultate von dessen Tätigkeit beschloß Dieskau in Breitenbach am Grabe seiner Frau a-bzuwarten. Seinen Bruder aufzusuchen hielt er einstweilen noch nicht für rätlsch. Zunächst wollte er Gewißheit haben, ob sein Sohn noch unter -den Lebenden weile. Der Pfarrer empfing ihn wie einen alten Bekannten und zog ihn gern in sein Haus. Dieskau traf auch wiederholt die alte Zenner am Grabe seiner Frau. Es tat ihm immer wohl, diejenige zu sehen, die seine Frau noch gekannt und ihr Grab seit Jahren geschmückt hatte, aber die Alte bekümmerte sich nicht um ihn und saß gewöhnlich ruhig da und schaute vor sich hi-n, in Gedanken verloren. Eines Tages aber äußerte sie ihm gegen über doch: „Sie muß ihn doch sehr lieb gehabt haben." „Wer? Wen." „Die andere Frau." (Fortsetzung folgt.