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Tsgrblatt. Rr. Sonnabend, den 15 November ISIS. 4V. Jahrgang. Dit feierliche ErWmg des Landtages. Dresden, 14. Nov. Gestern mittag fand im Thronsaale des Residenzschlosses die feier liche Eröffnung der Ständekammern statt. Der Eröffnung ging vormittags ein öffentlicher Gottesdienst in der evangelischen Hofkirche voraus, dem die Direktorien und Mitglieder beider Kammern', sowie die Staatsminister verwohnten. Die Predigt hielt Hofprediger Dr. Friedrich. Im Anschluß daran er'olgte die Verpflichtung der Präsidenten der 1. und 2. Kammer, Oberstmarschall Graf Vitzthum v. Eckstädt und Dr. Vogel, durch den König im Residenzschloß. Um 12^ Uhr versammel ten sich die Mitglieder beider Kammern im Vallsaale des Nesidenzschlosses. Ferner erschie nen die Staatsminister, die Mitglieder des diplomatischen Korps usw. Eine Ehrenkom pagnie des Leibgrenadier-Regiments Nr. 100, sowie eine Paradewache vom GardereitenRe- giment erwies die militärischen Ehrenbezeu gungen. Nachdem die Erschienenen im Thron- saal Aufstellung genommen hatten, begab sich der König in Begleitung des Kronprinzen sowie der Prinzen Friedrich Christian- und Johann Georg unter großem Vortritt in den Thronsaal. Beim Erscheinen des Königs brachte der Präsident der 1. Kammer Graf Vitzthum v. Echtädt ein dreimaliges Hoch aus. Der König bestieg den Dhron und ver- las die folgende ihm vom Staatsminister Freiherrn v. Hausen überreichte Thronrede. Meine Herren Stände! Sie treten dies mal zu einem Zeitpunkt zusammen, in dem sich ein an vaterländischen Erinnerungstagen reiches Jahr seinem Ende naht- In seinem Verlause war es dem Deutschen Reiche be- schieden, das 25jäh-rige Ncgierungsjubiläum Sr. Majestät des Deutschen Kaisers, meines lieben Freundes und Bundesgenossen, zu be gehen. Ich und mein Volk haben daran den wärmsten Anteil genommen und es ist mir eine hohe Freude gewesen, im Verein mit den anderen Bundesstirsten und den Vertre tern der freien- Städte Sr. Majestät dem Deutschen Kaiser persönlich-Mück- und Segens wünsche darzubkingen- Die glücklich verlaufene Weihe des Vöster- schlachtdenkmals in Leipzig hat mir gleich- willkommene Gelegenheit gegeben, die Bun- desfürsten und Vertreter der freien Städte, an ihrer Spitze den Deutschen Kaiser, weiter aber auch Vertreter der erhabenen Souveräne von Oesterreich-Ungarn, Rußland und Schweden in meinem Lande begrüßen zu können. Wie wir Deutsche bei dem erhebenden Anlaß an gesichts des von treuer und patriotischer Ge sinnung ankgebauten Ehrendenkmals uns er neut des Deutschen Reiches und aller uns daraus erwachsenen geistigen und wirtschaft lichen Güter von Herzen erfreut haben, so hat die Feier durch die Abordnung hervorragen der Vertretungen der tapferen Heere Oester- reich-Ungarns, Rußlands und Schwedens noch eine besondere Bedeutung erhalten. Nicht min der habe ich- es mit Genugtuung empfunden, um das Denkmal Vertreter des Bundesrats und Reichstages, wie meines Landtages und Angehörige aller Schichten des deutschen und sächsischen Volkes- versammelt zu sehen. Die mir an diesem unvergeßlichen Tag und- auch bei den sonstigen-, großen, vaterländischen Festen dieses Jahres dargebrachten Huldigun gen haben mich von neuem die treue An hänglichkeit meines Volkes in wohltuender Weise empfinden- lassen. Die Verstärkung der Wehrmacht des Rei ches hat, so Gott will, unserem deutschen Vaterlande das kostbare Gut fortdauernden Friedens gesichert. Meine Regierung hat da her die Annahme der Wehrvorlage im Bun- desrat und im Reichstage mit Genugtuung begrüßt und an ihrem Teile eifrig mitgewirkt, die Deckungsmittel bereit zu stellen. Nicht ohne ernste Sorge erblickt aber meine Regie- rung in der zur Deckung eines Teiles der laufenden Ausgaben getvählten Vermögens- zuwachssteuer eine Durchbrechung des Grund satzes, daß den Gliedstaaten des Reiches zur Erfüllung ihrer bedeutsamen Aufgaben die direkte Besteuerung ungeschmälert zu belassen. Meine Regierung wird es daher als eine ihrer wichtigsten- Aufgaben betrachten, im Ein vernehmen mit der Reichsverwalltung weiteren Beeinträchtigungen der bundesstaatlichen Fi nanzrechte aus dem Gebiete der direkten Steu ern entgegen zu treten. Die Finanzperiode 1910/11 stand unter dem Zeichen eines großen wirtschaftlichen Auffchwungs und schloß mit einem sehr er freulichen Ueberschuß im Staatshaushalt ab. Auch im ersten Jahre der jetzigen Finanz periode zeigten die Staatseinnahmen noch eine befriedigende Entwicklung. Dagegen machte der seit dem laufenden Jahre bemerk bar gewordene Rückgang in der Beschäftigung einer Anzahl von Industriezweigen neuer dings mehr und mehr seine Wirkungen gel tend. Da in dieser rückläufigen Bewegung ein Stillstand noch nicht eingetreten ist, hat meine Regierung bei der Einstellung- der Staatseinnahmen für die Finanzperiode 1914/15 der veränderten Wirtschaftslage Rech nung- zu trogen. Ich hoffe, daß dies Ihre Billigung findet und daß Sie demgemäß Wünsche nach Mehrausgaben im Staatshaus halte zurückstellen werden, die nur mit einer Erhöhung der Staatseinnahmen gedeckt wer den könnten. Der Freiberger Bergbau, dem Sachfen in früheren Jahrhunderten reichen Segen zu ver danken hatte, ist durch die planmäßige Ein. stellung -des Betriebes auf den staatlichen Gruben zum Erliegen gekommen. Wenn mich diese Tatsache mit tiefem Bedauern erfüllt, so gereicht es mir doch zur Befriedigung-, daß durch die Ausdehnung der Abrüstungen- auf einem längeren Zeitraum dem Eintritt eines wirtschaftlichen Notstandes in den- beteiligten Gemeinden vorgebeugt werden konnte. Auf dem Gebiete der Berggesetzgebung geht Ihnen der Entwurf eines Knappschafts gesetzes zu, das die einschlägigen Bestimmun gen des allgemeinen Berggesetzes mit der Reichsversicherungsordnung in- Einklang zu bringen bestimmt ist. < Ferner wird- Sie der Entwurf eines Elsen- bahngesetzes beschäftigen, der nicht nur die von meiner Regierung schon fxüher in- Aus sicht gestellte gesetzliche Regelung des Klein- bahnwesens zum Gegenstand hat, sondern für die öffentlicht-rechtlichen Verhältnisse der mit elementarer Kraft betriebenen Eisenbahnen überhaupt anstelle des jetzt vielfach noch gel- tenden Gewohnheitsrechts eine klare gesetzliche Grundlage schassen will. Im Etat erscheint zum ersten Male ein Einsatz für die bisherige Arsenal- und Armee sammlung, das künftige Königlich sächsische Armee-Mu-eum. In ihm lebt eine vatevlän- dische Einrichtung auf, die einst als Teil des alten kurfürstlichen Zeughauses bestanden hat, aber durch die Kriegsstürme in der zwei- ten Hälfte des 18., sowie im Anfang des 19. Jahrhunderts zugrunde gegangen war. Wie in den, übrigen- Bundesstaaten mit eige- nen Kontingenten ist hier durch das Kriegs ministerium mit Hilfe steter Zuwendungen eine Sammlung von hohem, allgemeinem und für die Geschichte und Entwicklung der Armee besonderem Werte geschaffen worden, die dem Lande erhalten bleiben möchte. Mit aufrichtiger Freude habe ich der Ein- Weihung- der Weißeritztalsperre in Malter bei- gewohnt. In dem glücklich vollendeten Bau- werk begrüße ich- für mein Land die erste Verwirklichung des fruchtbaren Gedankens, ge regelte Wasserlausverhältnisse zu erzielen durch Errichtung großer Staubecken, die geeignet sind, einerseits schädliche, verseuchte Wässer aufzunehmen, andererseits in Zeiten des Was sermangels die Unterlieger planmäßig mit Wasser zu versorgen-, zum Nutzen weiter Kreise der heimischen Bevölkerung. Meine Regierung ist entschlossen, unter Vermeidung sprunghaf ter Mehrbelastungen des Staatshaushaltes, aus dem betretenen Wege fortzuschreiten. Sie wird hierbei, gestützt aus die bisherigen Er fahrungen, auch darauf besonders bedacht sein^ daß bei den Leistungen für den Tal- sperrenbau ein angemessenes Verhältnis zwi- scheu den- Beiträgen der Interessenten und den die Allgemeinheit der Steuerzahler treffenden Lasten erzielt wird. Die in- unserer ernsten Zeit bedeutsame Aufgabe der fruchtbringenden Entfaltung des kirchlichen- Lebens durch Beseitigung ihr ent- gegenstehen-der Hindernisse zu fördern, er- heiicht die Abstellung einer Reihe im Pfarr- besoldungswesen- der evang.-luth. Landeskirche bestehenden Mängel. Nachdem das hierauf Sturmvögel. Ein Schiffsroman ans dem Nordland von Anny Wothe. V2. Joris (N.rchdcuck verboten.) iviO d? Xvvzk ^otds, Hiprlßl „Ich brauche keinen Arzt," kam es von MarneS Lippen, der totenblaß und regungs los dalag. „Ich bitte Sie dringend, Dr. Zähringer nicht berbeizurufen, ich kann ganz gut gelen." „Ach, Unsinn," ries der dicke Gerstenberger. „Der Doktor muß untersuchen, ob der Fuß gebrochen ist." Hiljeslel-end sah Marne zu Olaf hinüber. Und Bodenbringk verstand die stumme Bitte. „Ich verstehe- auch etwas von der ärzt- lich-en Kunst," sagte er, hervortretend. „Wenn sich Herr Jensen mir anvertrauen Willi?" Marne nickte, während eine fliegende Röte über das blasse Gesicht lief. „Ja, dann man zuJ nickte Herr Gersten berger. „Herr von Bodenbringk bleibt einst weilen hier, und wir anderen steigen hinab und schicken den-Doktor, oder doch wenigstens ein paar Träger. Jst's so recht, junger Hern?" „Ja, danke selr," nickte Marne. „Ich glaube wirklich, gehen zu können," seufzte er dann schwer auf. „Es war mir nur peinlich, die Menschen hier berumstehen zu sehen." „Und den Doktor zu- erwarten," ergänzte Bodenbringk, indem er an Marnes Seite nie derkniete und seinen Arm unter dessen Kopf schob. „Thit," sagte er leise und zärtlich, „Tbit". Sie wehrte ibm mit einem einzigen Blick. „Tut der Fuß sehr web?" fragte er zag- Haft. „Soll ich Sie tragen?" . „Nein, es ist nicht schlimm." „Aber Sie bluten ja," rief Olaf entsetzt, auf den h-ellcn Lederstiefel blickend, durch den Blut sickerte. „Bitte nicht," rief Marne angstvoll, als sich Olaf niederbückte, die Schnurbänder zu lösen. „Es muß sein, Thit," mahnte er weich. „Vertrauen Sie mir doch. Im anderen Fall kommt der Doktor, und daim ist es um Ihr, nein, um unser Geheimnis geschehen." Sie ließ matt den Kopf auf die Brust sinken. Eine Schwäche drohte sie, die Starke, zu übermannen. Geschickt löste Olaf die Bänder des Stie fels. Obne zu wagen, Marne anzufeben. streifte er den blutigen Strumpf von dem ver letzten Fuß. Stumm hielt er einen Augenblick den ro- sigen, wundervoll geformten Fuß in seiner warmen Hand, über welche leise das rote Blut sickerte. Er mußte sich mit übermenschlicher Kraft bezwingen, um nicht seine heißen Lippen auf den zarten Mö-dchenfuß zu drücken, der in seiner Rechten ruhte. Behutsam legte " den Fuß zurück. Die Wunde über dem Knöchel war ziemlich lang und tief, wenn a-uch wohl, wie es ihm schien, nicht sonderlich gefährlich. Ein spitzer Stein, auf den Marne gefallen, hatte sich tief in das rosige Fleisch gebohrt. Schnell na-bm Olal aus seiner Brusttasche Verbandzeug, das er immer bei sich-trug, und in wenigen Minuten hatte er einen kunstge rechten Verband angelegt und vorsichtig den Stiefel wieder darüber gezogen. Als er jetzt wagte, Marne a-nzu-blicken, schien es ihm, als ob der blonde Junge ohn mächtig die Augen geschlossen hickst. Schnell flößte er i^m aus seiner Kognakflasche einige Tropffn ein, und langsam kehrte die Farbe in Marn-es bleiche Wangen zurück. „JühlenSie sich besser?" fragte er besorgt. Marne lächelte. „Ja, ich glaube, ich kann jetzt geben. Wol len Sic mir helfen?" „Wollen wir nicht warten, bis Hilfe her auskommt?" „Nein," webrte Marne ungeduldig. „Sie Nüssen ia, daß ich dem Arzt nicht in die .ßwude fallen darf. Hellen Sie mir, daß ich alücklich wieder auf die „Ozeana" komme, dann ist alles gut." Er taumelte aber doch, als er mit Olafs Hilfe endlich auf dem schmalen, abschüssigen Wege stand. Umsonst erbot sich Olaf, Marne eine Strecke zu tragen. Von Olafs Arm umschlungen und sorg sam gestützt, stiegen jetzt die beiden langsam hinab zur Bucht, wo die anderen mit Tü- cherschwenken und Zurufen harrten. Aus halbem Weg kam ihnen schon Dr. Zähringer entgegen, den man von der „Ozeana" herüberbeordert haste. „Es ist nichts," antwortete Bodenbringk auf sein besorgtes Fragen. „Eine unbedeu tende Wunde, die ich regelrecht verbunden habe." „Aber der ju-nge Herr scheint mir doch recht schwach," bemerkte Zähringer mit einem forschenden Blick auf Marne. „Fassen Sie mal an, Herr von Bodenbringk, wir tragen unsern jungen Freund ins Boot." Und obne aus Marnes heftige Gegenwehr zu achten, batte er den Jüngling mit Hilfe Bodenbringks emporgehoben und ibn die kurze Wegstrecke bis zum Bvot getragen. Das Boot stieß vom Lande ab. Marnes Haupt lag in Astrid Gerstenbergers Schoß, die sich ganz unglücklich fühlte, daß sie durch ihren Uebermut vielleicht nicht schuldlos an dem Unfall war. Morne lächelte und drückte ihr die Hand, aber er lächelte wie im Traum-, als ob seine Gedanken weit ab von ihr waren. Fast schien es, als wollten die Wellen das kleine Boot begraben, das so keck über das Wasser zog, aber immer wieder tauchte es aus den tiefen Wellentälern aus, und endlich Hatto es glücklich die „Ozeana" er reicht. Das Ausbovten war bei der starken Dü nung nicht ohne Gefahr, und es war schwie rig, Marne von- dem Boot aus die Schiffs- trepve zu befördern- Glücklich aber gelang es doch, und Olaf trug nun ohne Besinnen die teure Last die Schiftstreppe hinauf. „Thit, geliebte Thit," flüsterte er ib-r heiß dabei ins Ohr. Marne schloß die Augen. Kein Mick per- riet, daß er OlaP Worte vernommen. Sigrun eilte bestürzt herbei, und wenige Minuten später befand sich Marne in seiner Kabine. „Gott sei Dank," flüsterte er, Sigruns Hand fassend. „Es hätte nicht viel gefehlt, und mein Geheimnis wäre keines mehr ge wesen. Wenn der Doktor nach meinem Be finden fragt, so wirst Du sagen, daß es mir gut geht und ich seiner Hilfe nicht bedarf." „Aber Thit, wenn der Fuß schlimmer wird!" „Nein, nein), ich weiß schon, wie ich ihn behandeln muß. Ein paar Tage der Ruhe, und es ist alles gut." „Mr wollen es wünschen," seufzte Sigrun bekümmert, mit kundiger Hand den Verband an Marnes Fuß erneuernd. Dann aber schritt sie, nachdem sie der Schwester warm eine gute Nacht gewünscht, noch einmal hinaus auf Deck, die Sonne aufgehen zu seheu, de ren letzter Schein soeben im Westen verblaßte, während schon ein-Helles Flimmern da drüben am Horizont das Nahen des neuen Tages ankündete. Auf dem Promenadendeck war ein Mistet aufgeschlagen, das plaudernde Gruppen um standen), die Tee tranken und unglaubliche Mengen belegter Brötchen verzehrten. Sigrun schritt schnell voriiber, um nicht gesehen zu werden-, der anderen Seite des Schiffes zu, wo es menschenleer war. — Nur eine dunkle Gestalt stand an der Ree- ling und starrte hinüber zu der tief violetten Wolkenwand am Horizont. Sigrun wandte sich erschreckt ab und wollte umkehren. Da kam Einar Everson direkt auf sie zu. „Es ist etwas Seltsames um eine solche Nacht, die nie aufhört, Dag zu sein," sagte er, mit der knochigen Hand in die Ferne weisend. „Wie Grauen liegt es in der Luft, obwohl wir wissen-, daß gleich- wieder die Sonne kommt." Sigrun hörte gar nicht, was Einar sagte. Abermals erwog sie nur den einen Gedan ken, ibn nach Ghnar zu fragen. 8Lvd8isedv8 Varäsrodv-llaun Mvk. i-nkoI6, üvlnnitr i. Lrrxvd. —E, sVorlstrtv 8t»tion). HA s Al^6r?en-^l8lei'n, ?8letot8, ^NLügen, elegante!" 7üngting8- und Knaben LDKKAKAv JUKKA KI KIKI Gv : - — Kleidung, 1'ueken und öuokj8kin8, Hüten und Utütren. - ---