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Kni v M Hchküsnü EküWülcr A«)NSN Tageblatt Rr. S«7 Tonntag, de« 16 November 1813 4«. Jahrgang. ^^1^11116 in Ernstthal, Oberlungwitz, Gersdorf, Langenberg, Falken, Meinsdorf, Langenchnrsdorf, Wüstmbrand, Mittelbach, Erlbach, Kirchberg, Ursprung, Bernsdorf, Rüsdorf usw. In Hohenstein (Stadtteil Altstadt) selbst mehrere hundert zahlende Abonnenten, ferner verbreitet in Hermsdorf, Niederlugau, Rußdorf re. Einzige Zeitung im hiesigen Amtsgerichtsbezirk, die eine ständig 'steigende Abonnegtenziffer nachweisen kann. Sächsischer Landtag Erste Kammer. Dresden, 14. Nov. Präsident Dr. Graf Vitzthum v. Eckstädt eröffnete die erste öffentliche Sitzung um 11^ Uhr. Nach Ver losung der Sitzplätze und nach dem Registran- tenvortrag wurde in die Wahl der vier ordentlichen Deputationen eingetreten. Die De putationen wurden auf Vorschlag des Geh. Kommerzienrates Waentig nach einer ausge stellten Liste durch Zuruf gewählt. Sie setzen sich wie folgt zusammen: 1. Deputation: Vorsitzender Staatsminister a. D. v. Metzsch, Stellvertreter Kammerherr Sahrer v. Sahr-Ehrenberg, Schriftführer Bür germeister Dr. Ay. 2. Deputation: Vorsitzender Se. Kgl. Ho heit Prinz Johann Georg, Stellvertreter Ober bürgermeister Dr. Beutler, Schriftführer Prä sident v. Kirchbach. 3. Deputation: Vorsitzender Oberbürger meister Keil, Schriftführer Standesherr Dr. Naumann. 4. Deputation: Vorsitzender Exz. Kammer- Herr v. Schönberg, Schriftführer Bürgermei ster Wilisch. Nächste Sitzung Mittwoch, den 26. No vember. — Tagesordnung: Wahl von 3 Mit gliedern und drei Stellvertretern in den Land- tagsausschuß zur Verwaltung, der Staats schulden. Zweite Kammer. Präsident Dr. Vogel eröffnet die erste öffentliche Sitzung um 10 Uhr. Unter „Mit teilungen" drückte der Präsident den Wunsch aus, daß die Finanzdeputation bis zum Weiihk nachtsfest die erste Lesung des Etats erledi gen möchte. Dann erfolgte durch den Sekre tär Dr. Schanz die Verlesung der etwa 40 eingegangenen Anträge und Interpellationen. Zum ersten Punkt der Tagesordnung, Wall der ordentlichen Deputationen, bean tragt Abg. Hettner (natl.) die Rechen schaftsdeputation aus 15 und die anderen Deputationen aus je 18 Mitgliedern zusam menzusetzen. Einstimmig wurde diesem An träge entsprochen. Die Deputationen wurden nach der von den verschiedenen Parteien ge meinsam ausgestellten Vorschlagsliste gewählt. Die Konstituierung ergab folgendes Resultat: Beschwerde- und Petitionsdeputation: Vor sitzende Abgg. Hettner und Hausse, Schrift führer Abgg. Singer und Friedrich. Rechenchaftsdeputation: Vorsitzende Abgg. Fraßdorf und Kleinhempel, Schriftführer Abgg. Barth und Beda. Finanzdeputation A: Vorsitzende Abgg. Dr. Hähnel und Anders, Schriftführer Abgg. Müller-Zwickau, Dr. Steche und Schreiber. Finanzdeputation B: Vorsitzende Abgg. Gleisberg und Rentsch, Schriftführer Abgg. Kaftan, Knobloch und Heymann. Ge'etzgebungsdeputasion: Vorsitzende Abgg,. Dr. Spieß und Brodaus, Schriftführer Abgg. Frenzel, Göpfert und Lange-Leipzig. Präsident Dr. Vogel bemerkte schließlich noch, daß die nächste Woche nur kleine Be ratungsgegenstände bringe und daß man in der übernächsten Woche an die Etatberatung gehen werde. Nächste Sitzung Montag nachmittag 3 Uhr. Tagesordnung: Allgemeine Vorberatung über das Dekret Nr. 11, vorläufige Erhebung von Steuern und Abgaben im Jahre 1914 be treffend. Die Schule« i« Hohenstein-Ernstthal. Man schreibt uns: Wiederum steht die Anmeldung zur Schule bevor. Zum ersten Male tritt das Kind mit dem Gang zur Schule aus dem sorgsam umhegten Garten des Elternhauses hinaus in die Welt. Außer Vater und Mutter, Geschwistern und Ver wandten tretenihm vorläufig nochfremdeMenschen, der Lehrer wie die Klassen- und Schulgenossen nahe. Die Schule beginnt ihr Werk am jungen Menschenkinds, sie sucht seine Fähigkeiten auf und entwickelt sie, damit es ihm möglich werde, dereinst im Kampfe der Lebens siegreich zu sein. Je besser nun die Schulbildung des Kindes von allenr Anfang an ist, desto leichter wird es dem Erwachsenen werden, vorwärts zu kommen, sich in den verschiedensten Lagen zurechtzufinden und sie für sich und den Mitmenschen auszunützen. Darum haben Eltern schon bei der ersten An meldung ihrer Kinder zur Schule rechte Sorgen; denn es ist ihre Pflicht, zu erwägen, wie ihren Lieblingen das spätere Fortkommen gesichert und die dazu notwendige, bestmögliche Förderung zuteil werden kann. In unserer Stadt wird durch verschiedene Schulanstalten, die einfache und mittlere Volks schule wie durch die Selekta (höhere Bürgerschule) gesorgt, die Jugend in rechter Weise zu fördern, sie zu urteilsfähigen und urteilskräftigen Menschen heranzubilden. Je besser ein Mensch vorgebildet ist, desto mehr kann er leisten. DaS Anlagekapital, welches in Form von Schulgeld bezahlt wird, trägt hohe Zinsen. Die mittlere Volksschule kann durch die höhere Stundenzahl in den einzelnen Fächern eine vertieftere Bildung vermitteln als die ein fache ; die Selekta erwettert durch Hinzutreten der fremden Sprachen den Horizont der Schüler und ermöglicht ihnen den Besuch der entsprechenden Altersklasse einer höheren Lehranstalt, voraus gesetzt, daß die natürlichen Anlagen eines Kindes hierzu ausreichend sind. Die Unterschiede im Schulgeld zwischen ein facher und mittlerer Volksschule sind gering, und Eltern sparen einen großen Schatz für ihre Kinder auf, wenn sie ihnen den Besuch der mitt leren Volksschule von Anfang an und später den der Selekta ermöglichen. Ein Vergleich der Schulgeldsätze zeigt, daß die Opfer an Geld für die mittlere Volksschule und die Selekta, falls nur die erforderliche Zeit gewährt werden kann, nicht unerschwinglich sind. Sie werden dem Kinde in eine Sparbüchse ge legt, die nicht verloren geht, die aber fortgesetzt Segen spendet bis ans Lebensende, denn was ein Mensch gelernt hat, kann er nie im Leben verlieren, kann ihm niemals genommen werden. Darum, werte Eltern, vergleicht die folgenden Schulgeldsätze und erwägt, ob es Euch nicht doch möglich ist, Eurem Kinde die mittlere Volksschule oder Selekta (yöhere Bürgerschule) besuchen zu lassen, um ihm damit den reichen Schatz einer vertieften Schulbildung mit auf den Lebensweg zu geben. Das Schulgeld ist nach dem Einkommen des Erziehungspflichtigen abgestuft und kostet bei einem Einkommen von: in der einfachen: der mittl. Bolltsckule: 200—300 Mk. kein Schulgeld 4,— Mk. 301—500 3,60 Mk. 7,50 501—800 4,80 „ 10,— 801—1100 7,20 „ 12,— 1101—1400 10,20 „ 15,— 1401—1800 14,- „ 18,— 1801—2200 18- „ 21,— 2201—3000 24,- „ 27,— 3001—4500 30,— „ 33,— 4501—7000 30,- „ 39,- Ueb-r 7000 30,- „ 45,— Für die Selekta ist der doppelte Satz der mittleren Volksschule zu entrichten. HklWttsmmlW des Kreirmeinr siir Innere Mission. (Offizieller Bericht.) Am 12. dieses Monats wurde im „Mei. sterlaus" zu Glauchau die diesjährige Haupt versammlung des Kreisvereins für Innere Mission ab gehalten, an der eine große Anzahl von Vertretern kirchlicher und politischer Ge. meinden, sowie von Vertretern der Frauen, vereine aus der Ephorie Glauchau teilnahmen. Der stellvertretende Vorsitzende, Herr Super- intendent Neumann, widmete zunächst dem so plötzlich heimgerufenen, verdienten und all- verehrten bisherigen Vorsitzenden Herrn Amts- Hauptmann v. Koppenfels einen warmempfun- dencn Nachruf. In ehrendem Gedenken an ihn erhoben sich die Anwesenden von den Plätzen. An der Hand des gedruckten Jah. resberichtes gab der stellvertretende Herr Vor sitzende einen kurzen Ueberblick über die Wirk samkeit des Kreisvereins im Jahre 1912. Die Wanderkochlehrerin konnte im Be richtsjahre 5 Frauenvereinen und dem Schul. Vorstande einer ländlichen Gemeinde zur Ver anstaltung von Wanderkochkursen gegen er mäßigte Sätze zur Verfügung gestellt werden. Auch wurde von der Lehrerin durch kurze Vorträge in einer Anzahl Frauenvereinsver sammlungen aus die Notwendigkeit und Zweck mäßigkeit des hauswirtschastlichen Unterrichts durch Veranstaltung von Wanderkochkursen hingewiesen. Die seit Ende 1910 vom Kreis- verein unterhaltene Herberge zur Heimat in Lichtenstein ist auch 1912 sehr gut besucht ge wesen. Die Herberge erhielt am 1. Juli einen neuen Herbergsvater. Auf Anregung des Kreisvereins sind im Berichtsjahre wie derum einige Gemeindekrankenpflegen ins Le ben gerufen worden. Der auf Veranlassung des Kreisvereins im Jahre 1910 gegründete und von diesem unterstützte „Bund der Frauenvereine des Bezirks Glauchau" hat be schlossen, dem „Landesverband für christlichen Frauendienst im Königreiche Sachsen" beizu treten. Die von Herrn Pastor Niedner-Glau- chau geleitete Predigtverteilung hat im Be- richtsjahre 33 618 Stück Predigten, davon am TotenfMonntage gegen 2000 Stück, verteilt. Die beiden Rettungshäuser (Martin Luther- Stift in Hohenstein-Ernstthal, Wettinstift in Glauchau) hatten Ende 1912 einen Bestand Sturmvögel. Ein Schiffsroman aus dem Nordland von Anny Wothe. bS. Forts (Nachdruck verboten.) Frei und offen reichte sie ihm die Hand, und als er sich über diese weiße Hand beugte-, um sie heiß erschauernd an seine Lippen zu ziehen, da fiel eine Träne unter den Bril lengläsern hervor und rann über die schlanken Finger, die sich so kühl und fest in die seinen schmiegten. Dann glitt Einar Everson das Prome nadendeck entlang mit dem lautlosen, schat tenhaften Gang, der ihm eigen, und Sigrun stand allein in dem flammenden Morgen- licht. Mit starren Augen sah sie auf die Träne, die leuchtend im Rosenlicht der Sonne fun kelte, wie sie langsam über ihre weiße Hand rann. Es war die erste Träne, die sie an Einar Everson«, dem Robusten, Starken, Selbstherrlichen erlebt, und diese Träne er schütterte sie bis in das tiefste Herz hinein. „Er bezahlt seine Schuld mit dem Leben," zog es durch ihre Seele. Einar Everson war ja nur noch ein Schatten seines einstigen Selbst. Sigrun schauerte fröstelnd zusammen. Die ganze Nacht blieb sie auf Deck. Die Ozeana batte ihren Kurs wieder auf genommen. Stolz steuerte sie der kleinen Insel Jngö zu, an den großen Transiede reien des Kapitäns Bryde vorbei, dessen statt liche Waldampferflotte Malerisch in der Bucht vor Anker lag. während am Lande selbst sich einige Riesenwale, die man wohl selbigen Tages gefangen, in ihrer ganzen Ungeheuer lichkeit präsentierten. Sigrun schh es kaum. Ihr Sinn flog weit über datz Meer in das stille Kranken zimmer ihres Kindes. Hammerfest, die nördlichste Stadt Euro pas, die Stadt, wo von Ende Mai bis An fang Juli die Sonne nicht untergeht, war erreicht. Im Hafen lagen viele Schisse mit rus sischen Flaggen, und nicht lang dauerte es, da war das kleine, weltferne Städtchen be lebt von den lustig plaudernden Reisegästen der Ozeana, die voll Interesse die kleinen, niederen, mit Gras und Birkenrinde gedeckten Häuser in Augenschein nähmen und sich mit Feuereifer in die Kaufläden stürzten, um allerlei Pelzzeug und bunte Lappenschuhe zu ersteben. Mädchen in norwegischer Landes tracht, in schwarzem, rotbesetztem Rock mit feuerrotem Mieder und rotem Mützchen auf den blonden Zöpfen, umkreisten sie in Scha ren, und kleine Jungen, -die tief über die Obren gezogene gestrickte, grellfarbige Woll, müßen trugen, Loten mit schüchternem Lä cheln Blumen und bunte Steine an- Astrid Gerstenberger, die sich mit ihrem Vater an Land begeben, hatte sich bald Von diesem getrennt, um Postkarten einzukaufen. Dann batte sie noch eine grellfarbige Woll puppe erstanden, die ihr besonders originell erschienen war, und die sie nun, fest an ihr Herz gedrückt, durch Hammerfest spazieren trug. Merkwürdig, soeben noch von einem gan zen Schwann von Passagieren der Ozeana umgeben, fand sie sich plötzlich ganz allein an einem der letzten Häuser des Städtchens, an besten Dachfirst in langen Reihen Fische zum Trocknen hingen. Astrid sah staunend den merkwürdigen Schmuck, und da sie nicht auf den Weg achtete, wäre sie beinahe gestolpert, wenn nicht eine energische Hand sie vor dem Sturz be wahrt hätte. „Wollen Sie Fische kaufen oder Tran, gnädiges Fräulein?" rief lachend eine kecke Stimme. Astrid wurde glühend rot. Der, an den sie schon den ganzen Morgen gedacht, schritt jetzt plötzlich ganz selbstverständlich ihr zur Seite. „Wollen wir auf den Sadlern (Sattel)?" fragte Dietmar Martin, als hätten sie sich verabredet, einen gemeinsamen Spaziergang zu unternehmen. „Ich weiß nicht," wehrte Astrid unschlüß sig, bedenklich über das flimmernde Wasser zur Ozeana hinübevschauend, die strahlend in ihrem weißen Kleide mit den gelben, rot umsäumten Schloten drüben im Hasen ruhte. „Die Ozeana läuft nicht davon. Letztes Boot vom Land zwölf Uhr, mein gnädiges Fräulein." „Papa wird mich am Ende suchen," wandte sie schon halb bezwungen ein. „Nicht möglich. Ich sah ihn mit Herrn von Bodenbringk und dem fragenden Pro fessor da drüben der Landzunge Fuylenaes mit der Meridiansäule zusteuern. Er kann vor zwölf Uhr kaum zurück sein." „Er glaubt mich mit der Baronin Dom browsky zusammen," kicherte Astrid. „Denken Sie nur, Herr Martin, ich bin Ihrer dicken Freundin einfach ausgerückt." „Meine Freundin? Aber erlauben Sie mal, die alte Brillantentante wäre die letzte, die ich mir als Freundin zulegte. Also wob len wir aüfl, aufi?" Astrid nickte vergnügt. „Welch ein herrlicher Weg," jubelte sie begeistert, an Martins Seite auswärts schrei- tend. „Er führt, wie es scheint, immer am Wasser entlang. Ob man uns Wohl von der Ozeana erkennen kann?" „Ist ganz ausgeschlossen," entgegnete der Architekt mit heimlichem Lachen. Astrid nickte befriedigt, dann blieb sie einen Augenblick bewundernd stehen. „Das ist wie ein Märchen," sagte sie, auf die Weißen Schneebergs deutend, die im ganz violetten Schein von den Inseln Seiland und Sörö herübergrüßten. „Ich habe mir Ham- merfest immer entsetzlich Sde und trostlos vor gestellt, und die niederen Häuser vorhin stimmten mich ganz traurig, und nun sehe ich, daß diese armen, weltfernen Menschen kinder auch ihr Stücklein Paradies haben." „Möchten Sie hier leben, gnädiges Fräu lein'?" „Nein, bewahre," wehrte Astrid entsetzt. „Auch nicht, wenn Sie jemand hier recht lieb hätte?" fragte er listig. Das Gebiet schien Astrid etwvs gefährlich, und ihre Stimme klang unsicher, als sie ent gegnete: „Nein, um mich hier zu begraben, so lieb könnte ich gor niemand haben." „Ei, ei, kleine Selbstsucht," drohte er mit dem Finger. „Zu dumm." Astrid fühlte, daß sie schon wieder rot wurde. „Was muß der Architekt nur von ihr denken?" „Ich bin viel besser als Sie," sagte Mar tin, sich in die Brust werfend. „Ich könnte hier mit jemand, den ich lieb hätte, bei Tran und Fischen tausend Jähre leben." „Puh," ries Astrid lachend. „Schade, das; man Ihre Renommisterei nicht auf die Probe stellen kann." „Versuchen Sie es doch." Da wallte schon wieder ihr Blut heiß aus. Dietmar Martin sah es voll geheimen Entzückens. In den goldbraunen Augen des Mädchens zitterte ein eigenes Licht. „Ich denke es mir wundervoll hier," nabm Martin von neuem das Wort, „wenn die Sonne auf monatelang ganz verschwindet, und die flimmernden Lichter der Polarnacht nichts erkennen lassen, als unabsehbare Flä chen leuchtenden Schnees und glitzernder Eis- kristalle." (Fortsetzung folgt.) LrsksIclsrLsi^sntiÄUs OksmmlL,Leke?08i- u. IMaeM?. U