Volltext Seite (XML)
WWu-GOHckr Anzeiger Tageblatt für Hohenstein-Ernstthal, Oberlungwitz, Gersdorf, Hermsdorf, Bernsdorf, Wüstenbrand, Mittelbach, Ursprung, Kirchberg, Erlbach, Lugau, Langenberg, Falken, Langenchursdorf, Meinsdorf rc. Der.Hohenstein-EnisUhalcr Anzeiger" erscheint mit Ausnahme der Sann- und Festtage täglich abends mit dem Datum des folgenden Tages. Vierteljährlicher Bezugspreis bei freier Lieferung ins Haus Mir. 1.50, bei Abholung in den Geschäfts stellen Mk. 1.25, durch die Poft bezogen (auftcr Bestellgeld) Mk. 1.50. Einzelne Nummern 10 Pfg. Bestellungen nehmen die Geschäfts- und Ausgabestellen, die Austräger, sowie sämtliche Kaiser!. Postanstaltcn und die Landbriefträger entgegen 2U rilage erhalten die Abonnenten jeden Sonntag das „Illustrierte Sonntagsblatt". — Anzeigengebühr für die 6gespaltene Korpuszeile oder deren Raum 12 Pfg., für auswärts 15 Pfg.; im Rcklameteil die Zeile .'10 Pfg. Dir 2gespaltene Zeile im amtlichen Tei! 50 Pfg. Anzcigcn-Annahme für die am Abend erscheinende Nummer bis vormittags 10 Uhr, größere Anzeigen werden am Abend vorher erbeten. Bei Wiederholungen wird entsprechender Rabatt gewährt, jedoch nur bei alsbaldiger Zahlung. Die Ausnahme von Anzeigen an vorgeschriebenen Tagen und Plätzen wird möglichst berücksichtigt, eine Garantie jedoch nicht übernommen. — Für Rückgabe unverlangt eingesandtcr Manuskripte macht sich TGGTDGTTTTTGGGGTGGSGGGGSDGGTTTTTGTGGGGGG die Redaktion nicht verbindlich. GTGGGTGGGTTGTGGGT'GTTGGGGTGGGGGSGETKTGDGL Nr, 128. Fernsprecher Str. LSI. Freitag, den 6. Juni M3. Geschäftsstelle Bahnstraße 3 40. Jahrgang HI Am 4. Juli sind die Zinsen der Robert und Emma Meisch-Stiftung an bedürftige und würdige Personen oder deren Hinterbliebene (hinterlassene Ehefrau oder minderjährige Vollwaisen) zu vergeben, dafern erstere ») Arbeiter oder Arbeiterinnen der Firma Robert Meisch sind oder waren oder b) dem Privathause Meisch Dienste geleistet haben. Die Arbeits- oder Dienstzeit muß mindestens dreijährig gewesen sein, was schriftlich nach- zuweisen ist. Neben den Arbeitern und Arbeiterinnen gehören auch die Angehörigen des gewerb lichen und des kaufmännischen Personals zu den Empfangsberechtigten. Den Meldungen solcher Personen, die zur Berücksichtigung bei der Auswahl der Empfänger geeignet sind, wird bis zum 20. Juni entgegengesehen. Ob die Bittsteller hier oder auswärts wohnen und ob sie innerhalb oder außerhalb des Betriebes tätig sind oder w iren, ist gleichgültig. Mündliche Anträge wolle man im Rathause, Zimmer Nr. 2, stellen. Hohenstein-Ernstthal, am 3. Juni 1913. Der Stadtrat. Die Dorfstrahe in Langenberg wird wegen Einbanen von Packlager nnd Massenschüttung vom 31. Mai bis mit 5. Juli für den schweren Fährverkehr gesperrt. Langenberg, am 29. Mai 1913. Bochmann, Gemeindevorstand. Der Plan über die Errichtung einer oberirdischen Telegraphenlinie an der Post- und Schubertstraße in Wilstenbrand (Ämtsh. Chemnitz) liegt bei dem Postamt in Wästenbrand (Amtsh. Chemnitz) auf die Dauer von 4 Wochen öffentlich ans. Chemnitz, 29. Mai 1913. Kaiserliche Ober-Postdirektion. RegierungrdenlWist über den WehrbeitW. Die der Budgetkommission des Reichstags zugegangene Denkschrift der Regierung, die von der ..Nordd. Allg. Ztg." veröffentlicht wird, gibt eine Zusammenstellung von Materialien zur Begründung des Gesetzentwurfs über den einmaligen Wehrbeitrag. Es werden die Ein- na men aus den direkten und indirekten Steu ern, die vom Reiche, den Bunoesstaaten und den Gemeinden erhobenen, Abgaben genau spezialisiert. Vergleicht man die Belastung der Bevölke rung durch indirekte Steuern mit derjenigen durch direkte Steuern, so ergibt sich, daß die erstere im Reiche in oen hohen Erträgen der direkten Steuern in Staat und Gemeinde ihren Ausgleich findet. Die Einnahmen aus allen indirekten Steuern erreichen die Höhe von 2071,5 Millionen Mark, das sind 50,78 Pro zent aller Einnahmen, und belasten die Be völkerung mit 31,86 Mk. auf den Kopf. Die direkten Steuern bringen 2008 Millionen Mark ein, das sind 49,22 Prozent aller Einnahmen. Die Belastung beträgt hier 30,89 Mk. auf den Kopf. Ohne Berücksichtigung der Erbschalls- steuer ist die Be'astuug mit indirekten Steuern nicht größer als diejenige mit direkten Steu ern. Die indirekten Steuern treffen allerdings zu einem großen Teil die breite Masse der Bevölkerung. Demgegenüber ist aber hervorzu- heben, daß in den Bundesstaaten und Gemein den der Ertrag der indirekten Steuern immer mehr zurückgeht und die direkten Steuern in steigendem Maße auf die wirklich leistungs- fälüaen Schichten der Bevölkerung gelegt werden. Die gesamte Steucrbelastung beträgt im Reiche 1705 Millionen Mark, das sind 41,80 Prozent aller Steuern. Weit geringer ist die mit Staatssteucrn; bei einer Höhe von 996 Millionen Mark macht sie 22,84 Prozent der Gesamteinnahmen aus und belastet den Kopf der Bevölkerung mit 15,33 Mk. Der Ertrag aller Gemeindesteuern (1378 Millionen Marl) umfaßt 35,36 Prozent, also reichlich ein Drit tel, aller Steuereinnahmen und belastet jeden Einwohner mit 21,20 Mk. Insgesamt errsicht danach die Steuerbelastung in Deutschland die Höhe von 4079.6 Millionen Mark, was eine Belastung von 62,75 Mk. auf den Kopf der Bevölkerung bedeutet. Daß die Bevölkerung des Deutschen Rei ches mit dieser steuerlichen Belastung sehr viel einstiger daran ist als die Nationen des Aus landes, zeigt ein Vergleich mit den Verhält nissen auswärtiger Staaten. Während aut den Kopf der deutschen Bevölkerung ein jährlicher Steuerbetrag von 62,75 Mk. entfällt, werden in England pro KoP' der Bevölkerung 106,07 und in Frankreich 96,09 Mß Steuern gezahlt. Irr WeWeitrag in der Kommission. Die von der Budgetkommission des Reichs tags eingesetzte Unterkvmmission ist wieder zu- sammengetreten, um in vertraulicher Beratung die Vorschläge an die Kommission über die untere Grenze für die Erfassung des Einkom mens und die Staffelung der Wehrbeiträge sestzustellen. Der Unterausschuß, dem das Material des Schatzsekretärs Kühn vorlag, war zur Formu lierung bestimmter Vorschläge in seinen Sitzungen am Dienstag und Mittwoch nicht gekommen und tritt daher noch einmal am heutigen Donnerstag vor der Beratung der Vollkommission zu einer vertraulichen Bespre chung zusammen. Die Budgetkommission ließ infolgedessen in ihrer Mittwochs-Sitzung den 8 1 der Wchrbellragsvorlage, der die Staffe lung betrifft, beiseite und beriet die weiteren Paragraphen des Entwurfs über die einmalige Abgabe. Die Beratung befaßte sich zunächst mit der Frage der B e st e u e r u n g von Reichs- ausländern, die im Jnlande wohnen, sowie von Reichsangehörigeu, die im Aus lande wohnen. Ein Nationalliberaler wandte sich gegen die Heranziehung von Ausländern zur Steuer, wie sie in einem Zentrumsantrag vorgesehen ist. Dies sei innerlich nicht berech tigt und würde praktisch zu großen Schwierig? leiten führen, und eventuell durch den Wegzug von vermöglichen Ausländern der deutschen Volkswirtschaft schaden. Dem stimmte ein Re gi crungsvertreter zu und bat, es lieber bei den Vorschlägen der Regierung zu belassen, die nur Ausländer heranziehen will, die sich dauernd des Erwerbs halber im Reiche aufhalten. Auch ein Sozialdemokrat äußerte Bedenken gegen den Zentrumsantrag. Man könnte nicht Aus länder zu einer Stärkung der deutschen Wehr macht heranzieben. Demgegenüber wurde vom Antragsteller cingewendet, es handle sich da bei auch uni trübere Deutsche, die durch lan gen AullnthM im Auslande d>e Staatsange hörigkeit verloren haben. Die Sozialdemokratie schlug dann, um den Schwierigkeiten auszuweichen, vor, entgegen der Regierungsvorlage auch Ausländer, die sich dauernd des Erwerbs wegen in Deutsch- chnd aufhalten, steuerfrei zu lassen. Hiergegen wandte sich der Schatzsekretär. Es läge hier durchaus kein Grund zur Freilassung vor. Ferner wandte sich der Schatzsekretär gegen den sozialdemokratischen Antrag, auch das auslän dische Grund- und Betriebsvermögen heranzu ziehen, denn das stehe im Widerspruch mit dem Grundsatz, . das Grundvermögen jeweils nur in dem betreffenden Lande zur Steuer heranzuziehen. In der Abstimmung wurde der Antrag des Zentrums, auch solche Ausländer zu be steuern, die sich nicht des Erwerbes wegen in Deutschland aufhalten, abgelehnt. — Ter An trag der Sozialdemokraten, auch ausländisches Grundvermögen von Inländern zu dem Webr- beitrag heranzuziehen, wurde ebenfalls abge lehnt. — Sodann wurde F 11 (üeitragspstich- tige Personen) nach der Regierungsvorlage und dem konservativen Abäuderungsantrag ange nommen, der von den beitragspflichtigen An gehörigen des Deutschen Reiches diejenigen ausnehmcn will, die sich seit länger als zwei Jahren (die Vorlage bestimmt ein Jabr) dau ernd im Ausland aufhalten, ohne einen Wohn sitz in einem deutschen Bundesstaat zu haben. — Ein sozialdemokratischer Antrag, .Kirchen, Neligiousgemeinschchteu, Stiftungen, Orden und Anstalten mit demjenigen Teil des Ver mögens, der nicht aussthljeßlich der Armen--, Waisen- und Krankenpflege dient, zum Wehr beitrage heranzuzieben, wurde abgelehnt. Darauf folgte die Aussprache über die Beitragspflicht der Aktienge sellschaften, die am bemigen Donners tag fortgesetzt wird. Nach der Regierungsvor lage sind beitragspflichtig Aktiongesellichaffen und Kommanditgesellickmften auf Aktien mit ihrem gesamten Vermögen, mit Ausnahme des ausländischen Grund- und Betriebsvermögens, wenn sie im Inland ihren Sitz haben. Be anstandet wurde namentlich die Doppelbesteue rung der Gesellschaften. Es wurde die Be steuerung des Ertrags- statt des Nennwertes der Aktien vorgeschlagen, auch der Börsenkurs wurde als ein guter Maßstab empfohlen. Aus MM. Im ungari'chen Parlament sind aus Au laß des erzwungenen Rücktritts des bisherigen Ministerpräsidenten Lukacs Stürme auSgebro chen, wie sie selbst im Budapester Reichstage noch nicht dagewesen sind. Der Kommandant der zur Aufrechterhaltung der Ordnung in den Beratungssaal beorderten Polizeiwache vergaß sich in der Hitze des Kampfes dermaßen, daß er den Abgeordneten Lebel-Hedcrvarv mit dem blanken Säbel zu Boden schlug. Auf dem Platze vor dem Reichstaasgebäudc und in den umliegenden Straßen wurden zahl- Jm Labyrinth des Lebend Roman von M. Kncschle-Schönau. II. Foctsctzmig. (Nachdruck veibatnw Ein Grollen in den Lüsten und ein hefti ger Windstoß lassen das grübelnde Mädchen aus ihren Gedanken emporsahren. Ein Ge- wi.tter ist im Anzuge und die Wellen des Sees schlagen, vom Sturm gepeitscht, hoch an dem felsigen User empor. Besorgt schaut Giovanna nach dem Boote aus, das den Geliebten trägt. Ein Seufzer der Erleichterung entflieht den korallenroten Lippen, als sie scharf hinüberfpähcnd bemerkt, daß es bereits gelandet ist. Da fallen schon die ersten Tropfen! Eilen den Laufes strebt sie dem Häuschen zu und ^egibt sich, mebr ans Neugier, als aus Mit leid, zu der jungen Fran. Gabriele schläft noch immer. Lei'« stiehlt Giovanna sich ins Nebenzimmer. Dort steh; am Fenster die Staffelei mit der Leinewand, auf welche der Maler ihre Züge gebannt. Mit Wohlgefallen schaut sie ans die halbfertige Stu die und weidet sich an der eigenen Schönheit. Da flattert etwas auf dein Fenstersimse hin und her. Ein Blatt weißen Papicrcs, das die Zuglust vom Schreibtisch herübergeweht. Rasch faßt sie zu und betrachtet es nähjer. Sie ist der deutschen Sprache mächtig, doch ge schriebenes zu lesen, verursacht ihr noch immer Mühe. Aber der Inhalt, von seiner Hand geschrieben, interessiert sie und eifrig buchsta- b'ert sie die einzelnen Worte und findet ihre Ahnung, daß das Paar ein Geheimnis zu verbergen hat, bestätigt. Die zärtliche Anrede, die tausend Küsse am Schluffe, lassen die Eifer sucht des verliebten Mädchens hell auflodern. Wütend schleudert sie das Papier wieder auf den Fenstersims und sieht höhnisch zu, wie es vom Wind ersaßt, in die Tie'e taumelt. Dort drunten ist es in der dichten Wild nis des Gesträuches so gut wie begraben. Der jetzt scharf herniedcrprasselnde Gewitterregen wwd die Schriftzüge schnell verwischen und das Papier wird vermodern, ohne der jungen Frau die Abschiedsgrüße des Gatten übermit telt zu haben. Einen Augenblick lang will ein weicheres Gefühl in Giovanna aufsteigen und sie veran lassen, den Brief zu retten. Gleich aber wird es von der Eifersucht und dem Haß gegen Gabriele erstickt. „Ach was," murmelt das Mädchen. „Ich habe es nicht hinunter geworfen, der Wind war es!" Da ertönt aus dem Nebenzimmer die Stimme der jungen Frau. „Eedrik! Liebster!" ruft sie, in dem Glau ben, der Gatte befinde sich nebenan. Giovanna zögert. Soll sie sich leise hin ausstehlen oder ihre Anwesenle't verraten? Das letztere könnte den Verdacht der jungen Frau wecken, denn sie hat eigentlich nichts in d:m Zimmer zu suchen, aber es reizt sie «näch tig, sich an dem Schrecken derselben zu wei den, wenn sie die Abreise ihres Mannes erfährt. Sie bleibt und huscht nur leise zu der Tür, die nach dem Korridor hinausführt, sich den Anschein gebend, als sei sie soeben erst in das Zimnier getreten. In demselben Moment erscheint Gabriele in der anderen Tür. Sie ist nur notdürftig be kleidet und schaut sich suchend um. Als sie das Mädchen erblickt, schrickt sie zusammen. „Was wollen Sie hier? Wo ist mein Mann?" kragte sie mit gerunzelten Brauen. „Der Signore ist abgereist und läßt die Signora tausendmal grüßen," erwidert Gio vanna. Er hat mir ausgetragen, nach der Signora zu setzen und deshalb — Das Mädchen kann nicht vollenden, sondern muß rasch zuspringen, um das taumelnde, totenbleiche Weib vor dem Hinstürzen zu be wahren. Diese Botschaft hat Gabriele wie ein Donnerschlag getroffen. Willenlos läßt sie sich von Giovanna zu ihrem Lager znrückfsihren. Sie ist wie betäubt. Hilflos blickt sie zu dem Mädchen auf, welches sie sorglich in die Decke hüllt. Aber da liest sie etwas in dessen ff u- kclnden schwarzen Augen, das ihr sofort die Fassung zurückgibt. „Ach ja, natürlich! Er mußte ja nach Florenz zu Meister Saloini reisen! Wie man nur so vergeßlich sein kann!" sagt sie mit einem schwachen Lächeln um die blassen Lip pen und fügt dann sicherer hinzu: „Sie kön nen mir emen Teller Suppe heraufbringen. Ich komme heute nicht zu Tische. Einen ruhigen, stolzen Blick hellet sie auf das zögernde Mädchen, das sie mit lauerndem Gefichtsausdruck beobachtet. Dann winkt sie ungeduldig mit der Hand. Enttäuscht, geärgert verläßt Giovanna das Zimmer. Sie hat eine andere Wirkung ihrer Botschaft erwartet und geglaubt, die junge Fran würde lamentieren und weinen. Diese Selbstbeherrschung erfüllt sie mit Groll. Sollte sie sich dennoch täuschen und die Anreise des Malers nur eine geschäftliche Bedeutung ha ben, von der die Frau unterrichtet war? Aber nein, der Brief ließ andere Beweggründe ahnen und den Schrecken über die schnelle Abreise des Mannes Halle die Stolze doch nicht verbergen können. Sie litt gewiß sehr, wollte cs nur nicht zeigen. „Mag sie leiden!" denkt das Mädchen. „Was habe ich schon llir Höllenqualen ihret wegen gelitten." — — Als sich die Tür hinter Giovanna geschlos sen, läßt Gabriele die Maske fallen und ihrer Angst und Verzweiflung freien Lauf. Im Nu ist sie aus dem Bett und eilt an den Schreibtisch. Mit bebenden Händen wüblt sie in den auf der Platte liegenden Papieren, zieht ein Schubfach nach dem andern auf. Nichts! Keine Zeile, kein Wort! Ohne Ab schied ist er gegangen, sie ihrer Seelenangst und einem ungewissen Schicksale überlassend. (Fortsetzung folgt.)