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»MM!i>« jj^jnüinil^liUdlilcr Ai;rign Tageblatt. Nr. SS« Sunntag, -eu S8 September 1»tS 4«. Jahrgang MWelissest! Michaelisstst! Ein Fest, das heute seinen Inhalt verloren hat. Wer denkt heute noch an dies Fest des Erzengels, nach dein einst unsere Altvordern zu rechnen Pflegten? Einst Ivar es Wohl mit das besonders bei den Ger manen beliebteste christliche Fest. Nach ihrer äußerlichen Bekehrung wurde es bekannvlich der Kirche schwor, auch das Innere der Ger manen dem Christentume zuzuwenden. Treu hielten sie an ihren heidnischen Sitten zu-m Aerger der Priester fest, bis endlich die Kirche die kluge Tat beging, anstelle der heidnischen Feste die christlichen zu setzen. Eins der ger manischen Hauptfcstc war i hr Neujal Lssest, das Fest der herbstlichen Tag- und Nacht gleiche. Wenn die Felder leer waren, der Erntesegen geborgen, dann begingen sie ihr Ernte cst, das zugleich der Anfang eines neuen Ackerjahrcs Ivar. Nun begann der Sage nach der Vuotanszug zur Jagd in den Lüsten, die Kriege in den Wolken wurden geschlagen. Dahin Pasche so recht die Geschichte des Erz engels Michael aus Offenb. St. Joh. 12, 7 bis 12. Diese Geschichte erweckte reiche Sym pathie bei den kriegerischen Volksstämmen, in Michael fanden sie etwas von ihrer eigenen Natur wioder. Und schon der Name klang ihnen vertraut; erinnerte er sie doch an ihr urdeutsches „Michel". Dies Fest bürgerte sich so schnell bei ihnen ein, wurde die Kirchweih der Germanen, ihr bedeutendstes Fest. Und das ist ein rechtes deutsches Fest ge- lIeben bis vor wenigen Jahrzehnten. Die wahre, hohe Aufgabe deutschen Wesens ver knüpft sich hier mit inniger Religiosität. War um hat man's jetzt als ein Fest deutschen Wesens so ganz fallen lassen? Vielleicht weil jetzt deutsches Wesen selbst immer weniger gesunden wird? Wie ausgesucht schön liegt es doch; inmitten der deutschen Nationallge denktage, des 2. Septembers und 18. Okto bers ist es gestellt. Da sollte es uns daran gemahnen, deutsches Wesen wieder mehr reli glös zu fundieren, deutsches Interesse wieder mehr mit dem Geiste und Worte Gottes zu durchdringen, sie nach solchem Maße zu orien tieren. Der Lichtheld wird uns im Kampf gegen das Reich der Finsternis gezeigt. Un ser liebes Volk ist allewege für das Licht empfänglich gewesen und es ist ein Wunsch am Michaelistage fürs deutsche Volk, daß es sich mieder auf seine lichtbvingenden Ausgaben besänne. Reckenhafligkeit und Treuherzigkeit hat man mit dem Mlde Michaels verbunden, möge beides in Zukunft des deutschen Volkes Zier und Ehre bleiben, sodaß wir noch lange uns des deutschen Festes freuen mögen. Auf der Neichsfahne des alten römischen Reiches deutscher Nation ist einst Michael den streitenden Heeren zum Siege vorangczogen. So mags bleiben. Der Kämpfer Gottes im Luftheere sei unser Schutzpatron, unser Vor bild: Reckenhaftigkeit und Treuhorzigkeit, die nicht identisch ist mit Dummheit, bestimme unser Streiten und Kämpfen, orientiere unser Handeln und Wandeln; dann wirds wohl stehen ums deutsche Volk, um die deutsche ClMstenhgit. E. K. Vom Volkan. Zu einem serbischen Einmarsch in Alba nien ist es trotz der lauten Belgrader Klagen über albanische Scheußlichkeiten in dem neu sorbischen Grenzgebiet bisher noch nicht ge kommen, weil die Truppen nicht marschieren wollen. Die Divisionen, die zuerst mobilisiert wurden, erhärten ganz einfach, daß sie nach den beiden Kriegen endlich ein Recht auf Rrche hätten. Sie behaupteten auch, da'; die alba nischen Unruhen nicht zu sein brauchten, denn sie seien lediglich durch das Erscheinen serbi scher Truppen und durch deren schro ses Ver hallen im Grenzgebiet Hervorgernfen worden. Die Belgrader Regierung erließ zur Vor hü lung von Massendesertationen einen Beseht, wonach keine männliche Person im Alter von weniger als 45 Jahren iß er die Landes grenze gehen darf, worunter Handel und Ver kehr schwer leiden, und versucht jetzt ein paar ; andere Divisionen mobil zu machen und -nach Almuten zu entsenden. Die serbische Regierung sähst fort, zur Rechtfertigung ihres Unternehmens gegen Al- f banien die Lage dort in den düstersten Far ben darzustelleu. Sie betont auch, daß nur die im Gange befindliche Zusammenziehung größerer Truppenmassen in dem bedrohten Gebiet dort wieder Ruhe und Ordnung schaf fen könnte. Oesterreich und Italien, die beide überzeugt sind, daß die wirkliche Gefahr nicht von Albaniern, sondern von den Serben aus geht, erteilten der Bälgrader Regierung den dringenden Rat, die militärische Aktion gegen die albanischen Banden aus die Verteidigung der Grenze zu beschränken, da sonst Verwick lungen unausbleiblich wären. Serbien und Griechenland bereiten eine Volkszählung in den eroberten Gebieten vor, um danach mit der Einführung wirtschaftlicher und kultureller Reformen, dem Bau von Eisen bahnen, der Hebung des Handels, der Errich tung von Schulen usw. zu beginnen. Es ist bemerkenswert, daß die serbische Regierung für ihre Bestrebungen den Rat und die Unter stützung Deutschlands nachsucht. Durch den deutschen Gesandten v. Griesinger meß sie die Reichsregiorung um die Entsendung von Sach verständigen für Viehzucht, Land- und Fovft- wirtschast bitten. Tagesgerichte Kommandierende Generale nnd Reichstags- Abgcoidnete. Das preußische Kriegsministerium ließ dem Generalkommando des 18. Armeekorps auf dessen Mitteilung über seinen Schriftwechsel mit dem sozialdemokratischen Abgeordneten Quarck ein Schreiben zugehen, in dem es heißt: „Der Reichstagsabgeordnete Tr. Quarck ist nach der Reichsverfassung nicht berechtigt, unter Berufung auf seine Eigenschaft als Ab geordneter Erklärungen von einer militärischen Stelle zu fordern. Ebensowenig ist diese be rechtigt, einem derart begründeten Verlangen nachzukommen. Das Kriegsmiuisterium be findet sich daher durchaus im Einverständnis mit der von dem Kommandierenden General in der Angelegenheit vertretenen Auffassung." — Abg. Quarck hatte den Kommandierenden General um Auskunft darüber gebeten, wen er mit dem Ausdruck „zweifelhafte Elemente" gemeint habe, den er in einer dienstlichen Ansprache bei einem Regimentsjubiläum ge- brauchte, als er die gegen die Armee gerich teten Angriffe zurückwies. Ter schwere Unfall des Oberstleutnants v. Wintcrfcldt bei Toulon war, wie nachträglich bekannt wird, Gegenstand eines TeleMammwechsels zwischen dem Pvfidcnten Poiucarce und ttai ser Wilhelm. Der französische Präsident hatte den deutschen Kaiser von dem schweren Unfall sofort in Kenntnis gesetzt, der Kaiser dankte in liebenswürdigen Worten. Oberstleutnant von Winterfeldt befindet sich noch immer in Lebensgefahr. Eine Reichstagsfahrt nach Deutsch-Ostafrika? Nach der „Voss. Ztg." soll eine Fahrt von Reichstagsabgeordneten nach Deutsch Ostafrika vorbereitet werden. Tatsache ist, daß der Ausschuß der im nächsten Jahre in Dar-es- Salaam slattsindeudon Ausstellung au den Reichstag eine Einladung zum Besuch der Ausstellung hat ergehen lassen. Aber wie die Herren Abgeordneten sich zu der Einladung verhallen werden, bleibt abzuwarten. Revision im Erfurter Prozeh. Dor kommandierende General des 11. Ar meekorps hat gegen das Urteil des Ober- kriegsgevichts in dem Aufruhrprozeß gegen siinf Reservisten und Landwehrleute in Evfurt Revision beim Reichsmilitärgericht angemeldet. Die Leute waren vom Kriegsgericht bekannt lich zu hoheir Zuchthausstrafen und in der Berufungsinstanz zu Gefängnisstrafen bis zu 2 Jahren 6 Monaten verurteilt worden. Abgekehutes Bebel-Denkmal. In Stuttgart lehnte eine sozialdemokrati sche Vertrauensmännervevsammlung den An trag des Laudtagsabgeordneten Westmeyer ab, dem verstorbenen Parteiführer Bebel in der Nähe von Stuttgart ein Monument der Ar beit zu errichten. Die Offiziere im Zivilstand. Die Vollsitzung der Liegnitzer Handelskam mer lehnte die im bekannten Rundschreiben des preußischen Kriegsministers verlangte För derung der Anstellung verabschiedeter Offiziere ab, well dadurch die Interessen der Ange- hörigcir des Kaufmannsstandes geschädigt würden und weil Offizieren die erforderliche fachliche Vorbildung fehle. Bisher ist nur eine mecklenburgische Handelskammer auf das Rundschreiben des Kriegsministers einge- gangen. LpsrüMaus für bssssrs hisrrsri- vmci Knaben-i<i6iciung Ltiemnitr, nu? ^onsnslssüs. "dV ^MM8lMüWU.?s!M8 wcfM 1 foem 2 Z 2, sus sein msusNem 9^,00 9900 9906 6900 L»evlol, sovws blsu u.mönsngo, h VO bis vo^ruglicks psLIonm un0 Vse- -fdsltun^ , ^Ek^bst-k>2l6iots 1, Sei vornslims MS5SNZ0 9900 9900 9600 6900 eslslot, teilweise sut Leids, VV W bis Is Vers^bsilung „ ^6kbst- Oiste? Li^'u^ WO 9Z00 9900 9600 in ren neuesten ^benlönen, vv bis vv I» ^UStÜtl5UNg Lnorms äuswsM In tteuveltsn fllr Jünglings unck Xnsden. Befrer er Tod Von O. C z i l i n s k i. Nachdruck vervoten. Vorbei! Die Arme gekreuzt, stand Jolanta und starrte hinaus in die Rauhreiflandschaft. Dus tig graublau hoben sich die Konturen des Parkes gegen den blaßblauen Himmel ab. Nach Futter piepsend, huschten scheu die Vö gel durchs Gesträuch, mit ihrem Flügeischlag den weißen, gefrorenen Tau von den Zwei gen sh übend. Unter den schwarzen zusammengezogencn Brauen blickten die blaugrauen Augen der jungen Frau kalt aus all die winterliche Pracht. Es war ein abwesender, »ach innen gerichteter BUck. Da nebenan starb ein Mensch — ihr Gatto! — Sie hatte diesen Mann geliebt — nnt der vollen Leidenschaft ihrer Natur. Sie halte einen Gottt in ihm gesehru. Und jetzt wünschte sic seinen Tod. War das denn möglich? Als armes Mädchen Hattie sic den berühmten Künstler, den vergötterten Lieb ling der Frauen, kennen gelernt und war ihm verfallen nie all die anderen. Einer Laune folgend, hatte er die bildschöne Waise zu seiner Frau gemacht. Seither waren drei Jahre vergangen — drei Ja. re voller De- mUiguiwcn für sic, die Emporgezogene. — In ihr war etwas hart gevorden — zu Stein — das Herz. Die Liebe hatte sich in Haß verwandelt, die Vergötterung in Ver achtung. Denn jetzt wußte sie: alles, was sie als leick tcntl usiasntzertes Mädchen für echte, wahre Kunst genommen, Ivar Talmi, Pole, Mache, h" n ilr fcknc es nach Erlö- sung. — Ja, warum Ivar sie denn nicht schon längst gegangen, fort aus die'e n Haus der Lüge? War es Feigheit? Mellei ist ein gut Teil auch davon. Andererseits halte sie eine alle Mutter, die sic crmhrcn mußte, die an das Glück der Tochter glaubte, cs nie be- grif'en hätte, daß Iolanta nicht glücklich war in dieser Sphäre von Reichtum, Geschmack und Luxus; die es nie zu erfahren brauchte, Ivie tief erniedrigt sich ihr stolzes Kind als Geduldete, Lästige fühlte. Jetzt winkte die Stunde der Erlösung. Würde auch das Trug sein? sind Ivie konnte sie wünschen, daß ein Le ben verlöschen sollte, für das sie einst bereit gewesen, das eigene, wenn es h übe sein müs sen, hingugeben? War sie nicht doch schlecht? Abe,r nein — — nicht sie litt allein. Sie wußte mehr Frauen, die ihr Gatte ungtück- llch gemacht, die seine Blaubartnatur beiseite geworfen und im Staube zertreten hatte wie lästiges Gewürm. Mochte er zugrunde gehen und die Welt besiteicn von einem Wesen, das nur Unheil stiftete. Jetzt knarvte leise eine Tür. Der Arzt kam mit der konventionell feierlichen Miene des Mannes, der gewohnt ist, den Tod zu besiegel»!. Auch ohne, daß er sprach, wußte Iolanta: es Ivar zu Ende. Kühl lag ihre Hand in der des Mediziners. Laritlos trat sie in das Skerbegemach. Die Pflegerin kam ihr entgegen. „Wir hätten die gnädige Frau gerufen; aber der gnädige Horr ist still hinübergc- schlummevt." Jolanta nickte. Dann trat sie vor den Toten hin. Da lag er — friedlich — schön nach im Tod — über der edle» Stirn das ' lockige, volle Haar kaum ergraut. Ein ern ster Frieden auf dem wächsernen Totengcksicht. War das noch der alte Jörn? Ihr Mann, mit dem hübschen leichtsinnigen Lächeln, das ihn so jung, so liebenswert gemacht? War das noch der Blender, der Verführer, dem all die Weiblein ins Netz gegangen? Der Tod hatte diese Züge geadelt — entsühnt! Die schlanke, blasse Frau stand unbeweglich — die Lippen aufeinandergepreßt — die Hände ver schlungen — die Finger verkrampft. Drei Jah re voll bitterster Enttäuschung waren ausgelöscht mit dieser Stunde? Vor ihr erstand wieder das Ideal ihres unerfahrenen Mädchcnglaubens — er — Jörn, der liebe, lustige, cwigjunge Jörn von einst, der vor ihr gekniet, sie besungen, um schmeichelt, der sie geliebt. — — Und sie hatte seinen Tod gewünscht? Nein — sic hatte ge träumt. — Ein Dämon hatte ihr den Wunsch eingeflüstcrt. Ein Dämon? Was wußic sie jetzt noch! Da lag er still und reizlos, dir einst all ihr Glück — ihr Idol gewesen — der i^r ganzes Sein ausgefüllt hatte. „Gnädige Frau!" — Sic fühlte der Pflegeriu stützenden Arm. „Danke! Lassen Sie — es ist vorbei." Und langsam glitt sie aus dem Sterbezimmer. — Wozu sich selbst betrügen? So wie'8 ye- kommen — so war sS gut. So war'S die ein. zige Lösung — für sie und andere. —