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VMM W HchMMnWln Ayrisn Tageblatt. Nr. SSV Sonntag, de« St September 1N1S 4V Jahrgang Sie „Kern-GesgraMe" des Hohenstein« Pastors. Mitgeteilt von Philipp Mehnert. In meiner Sammlung alter Micher und Schrillen befindet sich auch ein abgegriffenes, vom Zahne der Zeit zerfressenes Büchlein, das insofern allgemeineres Interesse in An spruch nehmen darf, als es einen Hohenstei- ner Pastor zum Verfasser hat. Es ist G o t t- h i l f Werner, der, aus Norddedeleben im Fürstentum Halberstadt stammend, im Jahre 1735 von Topseyfersdorf nach hier kam und bis 1769 mit Treue und Eifer sein Amt verwaltete. Unter seiner Seelsarge ist die noch jetzt stehende, allerdings verbesserte Ehristophorikirche erbaut und am 1. Advent 1757 geweiht worden. Werner scheint der Erzieher des Grafen Karl Heinrich von Schön burg gewesen zu sein, denn zu dessen Beleh rung ist in erster Linie das Geographiebüch- loin gesölriehen, das den nach Sitte der da maligen Zeit schwülstigen Titel trägt: „Kern- Geographie, worinnen Der gantze Erd-Baden, Nach seiner mathematischen, natürlichen und Politischen Eintheilung, auf eine sehr leichte rind kurtze, doch hinlängliche Art, beschrieben wird; Mit einigen General-Charten gezicret, sonst aber Nach dem Homanmschen Schul- Atlas eingerichtet; und alllen, so die Anfangs- Gründe und Hanpt-Sacken dieser edlen Wis- senschcht zu erlernen begierig sind, entworfen, von Gotthilf Wernern, Past. in Hohnstein." Das Buch ist in der vierten verbesserten und vcrmelrten Auslage bei Christian Gotthelf Hofmann in Leipzig nnd Waldenburg im Jahre 1764 erschienen. Hochinteressant als Beispiel der devoten Unterwürfigkeit den Sormeränen gegenüber (cs war ja das friederizianüche Zeitalter) ist die Widmung des Buches, die dem Zöglinge des Pastor Werner, dem Grafen Karl Hein rich, galt. Sie lautet: „Hochgebohrner Gvas, Gnädiger Herr! Ein Hoffnnngs-voller junger Herr, dar da zur Erkenntnis der gros;en Welt soll angeführet werden, hat fürncmlich die Erlernung der Erdbeschreibung für allen an dern nöthig. In Ansehung dessen nehme ich mir die Kühnheit, Ew. HochMäfl. Gnaden diese Anfangs-Gründe zu dedicieren, in Hoff nung, Dieselben werden mit eben so großer Wissbegierde diese vortreffliche Wissenschaft zu begreifen trachten, wie Ew. Hochgräsl. Gna den in andern nützlichen Dingen zu bezeigen gewohnt sind. Wenn also dieses kleine Buch etwas dazu beytragen wird: so kan ich ein völliges Vergnügen davon haben, und bitte Gott, daß er Jhro Excell. Excell. Dero Hoch gräsl. Eltern an Ew. Hochgräsl. Gnaden rühmlichen Fortgang in Erkenntnis alles Gu ten, beständige Freude und Wonne wolle sehen lassen. Der ich mich zu Hoger Gnade empfehle, und mit aller Devotion beharre Hochgebohrner Graf, Gnädiger Herr! Ew. Hochgräsl. Gnaden unterthäniger Diener Gott hilf Werner." Von dem übrigen Inhalt interessiert be sonders der Abschnitt über das heutige Kö nigreich Sachsen. Da leißt es: „Das Markgrqfthum Meißen, lat. Marchionatus Misnix, gehöret theils dem Churfürsten, theils andern Fürsten von Sach sen, wir bemercken: (n) Den Meißnischen Creyß, lat. Circulus Milenenlsis, der gehöret dem Churfürsten zu Sachsen, darinnen ist: Dresden, lat. Dresda, die Residentz des Chm- fürsten, ist eine schöne und wohl fordificierte Stadt, Hal ein treffliches Schloß, und eine berühmte Brücke, welche nach Alt-Dreßden gehet. Meißen, lat. Misnea, eine ziemlich große Stadt, wovon das gantze Land den Namen führet, sie hat ein feines Schloß auf einem Felsen und eine Fürstenschuse. Pirne, lat. Pirna, eine gar feine Stadt, hat das feste Schloß Sonnenstein. Hein, lat. Haganoa, auch Großen-Heyn ge nannt, ist eine große und Wohl bewohnte Stadt. Königstein, lat- Königsteinium, ist eine un vergleichliche Festung auf einem Felsen, die man vor unüberwindlich hält. Moritzburg, lat. Mauriciburgum, und Pillnitz, sind 2. Luft-Schlösser, nicht weit von Dreßden. Stolpen, lat. Stolpa, Hal ein trefflich festes Schloß auf einem hohen Berge. Wurtzen, lat. Wurcena, eine feine Stadt, hat ein Schloß, und von ihrem Biere gute Nahrung. Oschatz, lat. OWium, eine weitläufftige aber schlecht bewohnte Stadt. Bischofswerda, lat. Episcopi Jnfula, eine mittelmäßige Stadt. Mühlberg, lat. Mühlberg«, ist wegen des großen Campements (Schlacht) bekannt, wel ches 1730. daselbst gehallten worden. Dippoldiswalda, ein Städtgen. (b) Den Leipziger Creiß, lat. Circulus Lip- siensis, dieser gehöret auch dem Churfürsten von Sachsen, darinnen ist: Leipzig, lat. Lipsia, eine der besten Städte in Deutschland, pranget mit kostbaren Häu sern, ist stark bewohnt, hat dreh Messen, und folglich eine starke Handlung, auch eine berüömte Universität, das Schloß da selbst heißt Pleißenburg. Grimme, lat. Güimma, ist eine feine Stadt, rind lat eine Fürften-Schule. Eilenburg, lat. Ileburgum, ist auch eine ziemliche Stadt, ihr gutes Bier ist gar be kannt. Borne, lat. Borna, und Rochlitz, lat. Rochkitium, auch Doebeln, und Leisnick, lat. Leisnicum, wie auch Pegau, lat. Pegavia, sind mittelmäßige Städte. Colditz, lat. Colditium, hat ein schönes Schloß. Marien-Pfor-te, oder Schul-Pforte, ein Amt und berühmte Fürften-Schule. Tauche, lat. Taucha, und Reda, sind zwei Städtlein, nicht weit von Leipzig. (o) Den Ertz-Gebirgischen Crelß, lat. Gircu- lus Metallifer, der gebäret auch dem Chur- siirsten, darinnen sind: Freyberg, lat. Freyberga, eine große Stadt, hat unvergleichliche Silber-Bargwercke, es ist auch das Churfürftliche Begräbmß daselbst. Chemnitz, lat. Chemnitimn, eine ansehnliche volckreiche Handels-Stadt, hat eine gute Schule. Zwickau, lat. Cygnea, ist von ziemlicher Größe, auch etwas befestiget. Annaberg, lat. Au-naberga, und Schneeberg, lat. Schneeberg«, wie auch Catharinenberg, lat. Cathannaeberga, und Marienberg, lat. Marienberg«, sind vier be kannte Berg-Städte. Stollberg, lat. Stollberg«, und Franckenberg, lat. Franckenberga, sind mittel mäßige Oerter. Altenberge, hat das reichste Zinn-Bergwerck. Schwarzenberg, woselbst das Creyß-Amt ist. Augustburg, lat. Auguftobuvgum, ein schönes Schloß. Johann-Georgenftadt, lat. Johann-Georgi- Villg, eine Berg-Stadt an den Böhmischen Grentzen. Mittweyda, eine mittelmäßige Stadt. Grunhayn, ein Städtgen und Amt. Wiesenburg, ein Schloß und Amt. Wildenfels, ein Städtgen, dem Grafen von Solms gehörig. (ci) Die Schönburgischen Graf- und Herr schaften haben ihre eignen Grafen, es ist darinnen: Glaucha, die Haupt-Stadt derer Grafen von Schönburg, ist Wohl gebauet, und hat ein Herrschaftliches Schloß. Waldenburg, eine Stadt und Grafschafft, wo selbst die berühmten töpfernen Gefäße ge macht werden. Hartenstein, ein Schloß und Grafschafft. Lichtenstein, ein Städtlein, Schloß und Herr- - schafft. Stein, ein Schloß und 'Herrschaft. Loeßnitz, ein mittelmäßiger Ort. Penick, eine föine wohl gebauete Stadt. Rochsburg, ein Schloß und Amt, nebst dein Städtlein Lunzenau. ' Wechselburg, ein Rosidentz-Schloß und Städt lein. Remissau, oder Remse, ein Schloß und Amt. Hohen st ein, und Ernstthal, Ivie auch Meerane, sind drey Städtlein." 4 » « Allerlei Kurzweil. K « Denksprüche. Klar das Auge, stark die Hand, Treu dir selbst, dem Vaterland, Lieber brechen, als sich schmiegen, So muß Recht und Rechtes siegen. * * * Wer Pünktlichkeit und Ordnung liebt Und sie gewohnheitsmäßig übt, Trägt durch die kleine Liebestreu Zum Wohl des ganzen Hauses bei. Rätselecke. Rätsel. Ich liebe es, mich zu verstecken, Und gehst du aus, mich zu entdecken, Mußt du mich suchen erst im Rock, Und dann auch wohl beim Ziegenbock, Doch keineswegs im Stalle, Da findst du mich in keinem Falle. Dreisilbiges Rätsel. Die erste erscheint in düst'rem Gewand, Vom Schöpfer der Welt ist sie gesandt, Die letzten sind von dem Lichte erzeugt, Verschwinden, sobald dasselbe entweicht. Das Ganze ist eine Blume voller Dust, Erfüllt damit ringsum die Luft. Scharade. Ein Kind der Ersten ist das Ganze, Ihm dient der Zweiten eh'rne Schar. Neues und Neuestes bringt's in Hellem Glanze, Neu beginnend, wenn zu End das Jahr. Es lehrt die Erste überwinden, Was cs nur wär für Pein und Leid. Schnell ist ihr Lauf, und sie macht, Daß ein Ende hat Herrlichkeit und Pracht. Doch fast in alle Ewigkeiten Ein lichter Stern und treuer Hort Führt uns das heilge Wort der Zweiten Im Lebensgang zum Himmel dort. Logogriph. Ich hatte es uud war zufrieden Mit seiner Treue, seiuem Tun. Da hat cs seinen Kopf gewechselt Und arg verändert war es nun. Jetzt ist's so manches, was ich sehe, Was täuschen will mit seinem Schein. Und ist es gar mein Freund, dann wehe! Gar bald werd' ich verraten sein. Hieroglyphen. Es^gelten snur die Anfangsbuchstaben. Die fehlenden Vokaie sind zu ergänzen-MO Vexierbild. Wo ist die schöne fremde^Signora? (Auflösungen in nächster Nummer.) ««flösungen auS Nummer 37. Des Rätsels: Karten. Der zweisilbigen Scharade: Wall — Roß — Wallroß. Des Logogriphs: Sessel — Fessel. Der Rätselfrage: Ungarn, weil es Ofen hat. Des Bilder-Rätsels: Biegen oder brechen. (Es gelten nur die auf die Punkte treffenden Buchstaben.) Des Vexierbildes: Neben dem Baumstamm links; Kopf am Geländer. Man betrachte das Bild von oben. Lin-cr-Zcitollg. WU M d» schämt« HHM »GochoQ«. Nr. 38. Redaktion, Druck und Verlag von Horn L Lehmann, Hohenstein-Ernstthal. 1913. Abendfeier. Wie ist der Abend so traulich, Wenn lächelnd der Tag verschied; Wie singen so herzlich, erbaulich Die Vögel ihr Abendlied. Die Blumen müssen ivohl schweigen, Kein Ton ist Blumen beschert, Doch stille Beter neigen Sie alle das Haupt zur Erd. Wohin ich gehe und schaue, Ist Abendandacht. Im Strom Spiegelt sich auch der blaue, Prächtige Himmelsdom. Und alles betet lebendig Um eine selige Ruh, Und alles mahnt mich inständig: O Menschenkind, bete auch du! Spitta. Etwas vom Walde. Von Mar Viele von euch haben gewiß in den großen Ferien mit den Eltern, Vater oder Mutter, eine schöne Ferienreise gemacht, haben vier Wochen lang nicht weit von oder wohl gar in hohen, prächtigen Wäldern gewohnt und haben sie jeden Tag nach Herzenslust durch streift, in ihrem Schatten geruht, wenn die Sonne vom Himmel niederbrannte, und sich von so einem alten Baumriesen beschirmen lassen, wenn plötzlich ein Gewitterschauer nieder- ging. Und immer bei all diesen Gelegenheiten war der Wald schön, immer interessant. Aber noch schöner und interessanter wird er, wenn man etwas mehr von ihm weiß, als beim flüchtigen Durchgehen zu erfassen ist. Natür- lich meine ich, wenn ich vom Walde spreche, immer nur einen ursprünglichen, nicht durch Kunst „verschönerten" und gepflegten; so schön z. B. ein Park ist mit den sorgfältig gehegten und gepflegten Anlagen, schöner und frischer ist doch ein Naturwald, wo es keine künstlich angelegten Teiche und Bosketts und Ziersträucher gibt, wo die Bäume regellos und in Freiheit aufwachsen, und nur der Förster zu regieren hat. Solch ein echter schöner Wald beherbergt viele Arten von Bäumen neben einander. Allerdings sucht sich jede Art von Bäumen ihren Lieblingsplatz; auf Höhen, wo der Wind pfeift, und rauh der Sturm tost, stehen Tannen und Fichten; auf weiten Sandstrecken wächst die genügsame dunkle Föhre oder Kiefer; an e Behne. (Nachdruck verboten.) etwas vertieften schattigen Abhängen fühlt sich die hochaufstrebende Buche wohl, und neben ihr breitet die Eiche ihre knorrigen, starken Beste aus; wo's feucht ist, siedeln sich Weiden und Erlen an, und auf Heidestrecken wächst schlank und weiß die Birke empor. Das sind so die bekanntesten Bäume, die ihr wohl alle schon gesehen habt; im ganzen zählt man bei uns in Deutschland allein neunundzwanzig Arten von Laubbäumen. Wir ruhen am Fuße der Alten im Walde, die schützend ihr Blätterdach über uns breiten. Aber, wie schwer es so einem Baum geworden ist, sich hinaufzuarbeiten zu seiner jetzigen Höhe, wie viele seiner Kameraden neben ihm zu Grunde gingen, daran denken wir kaum. Und doch bedürfen die Bäume in ihrer Kind heit genau wie kleine Menschenkinder Sonne und Licht und Luft, wenn sie gedeihen sollen, oder sie verkümmern und gehen zu Grunde. Um Licht kämpfen die Bäumchen förmlich mit einander; um ans Licht zu kommen, recken ie sich schlank und grade in die Höhe — mmer höher — denn je weiter unten, desto dunkler ist's ja; und natürlich tragen die 'rüstigsten den Sieg davon und lassen ihre chwachen Kameraden weit hinter sich, das werden dann die Krüppel und Schiefgewach senen, denen wir im Walde oft begegnen. Und gerade wie viele von uns, die vielleicht im Hinterhause oder einer Hofwohnung leben, wohin die Sonne nur einmal am Tage und