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KcUM m Hohrißkii EniSthklkk Aiiügn Tageblatt. Tonntag, den 17 Angnst ISIS Nr. 1»» 4». Jahrgang Ein Mal ist »ein Mal. „Niemals waren die Beziehungen zwischen Frankreich und Ruhland herzlicher wie jetzt", erklärte die französische Regierung vor wenigen Tagen, und im selben Augenblick muhte sie zugeben, daß zwischen den beiden Mächten eine Meinungsverschiedenheit darüber bestanden har, ob -der frühere wertvolle türkische Handelsplatz Kawala am Aegäischen Meere den Griechen oder den Bulgaren zufallen sollte. Bekanntlich haben nach dem Wunsche Frankreichs die Grie chen diesen Hasen bekommen, und von Pacis aus wird ihnen wohl das nötige Geld ge- währt werden, um die geplante Ausrüstung einer modernen Kriegsflotte zu ermöglichen. Wenn nicht oWziell, so gewinnt Frankreich doch tatsächlich einen neuen Flottenstützpunkt im Mittelmeer, worüber Ruhland sich ja schließlich trösten kann, was aber Italien und Oestevceich-Ungarn gar nicht gleichg iltig sein wird. Die Franzosen wären wohl kaum für die griechischen Interessen so entschieden einge treten, wenn sie nicht vorher vom Ministerpm- si denken Venizelos in Athen gewisse Zusiche rungen erhalten hätten. Für die Beziehungen zwischen Paris und Petersburg soll diese Meinungsverschiedenheit also nichts bedeuten. Niemals waren sie so herzlich! Vor hundert Jahren, nach seiner Heimkehr aus dem verunglückten russischen Feldzuge, ließ Napoleon I. der Welt verbin den, „niemals sei sein Befinden so gut ge wesen wie jetzt". Ein Jahr später stand es gmz anders. ' Und bei dem Gleichklang des Wortlauts der beiden Versicherungen kann man nicht umhin, unwillkürlich zu fragen, ob nicht auch hier etwas Nachkommen dürfte. Ruhland gebraucht Frankreich schon um der metallenen Hilfe willen, es wird also die Freundschaft nickt lösen. Aber ein Stachel bleibt doch, wenn man von einem guten Freunde so ein bischen übers Ohr gehauen wird. Ein Mal ist kein Mal, stimmt nicht immer. Daß die Franzosen in orientalischen Fra gen ihren eigenen Willen haben, daran halben die Russen bis heute nicht gedacht. Sie sind enttäuscht worden, und zwar nicht wenig. Das ergibt sich schon aus dec Art und Weise, wie in den Blättern über die Anwesenheit des französischen Generalstabschefs Joffre bei den großen Manöver» im Zarenreiche geschrieben wird. Damit ist aber auch der Plan der rus sischen Politik enthüllt worden, sich Einfluß in Bulgarien zu sichern. Frankreich für Griechen land, Rußland für Bulgarien, da steckt der Haken, an den sich unliebsame Zukunhsmög- lichkeften anknüpfen können. Denn der größte Zukunftsgegner Bulgariens wird Griechenland sein, das den Staat König Ferdinands nach Süden hin einschnürt. Wenn die Bulgaren einmal nach Konstantinopel zu kommen ge dachten, so wissen sie heute, daß die Griechen rüher dort sein können. Die Neugestaltung der Balkangrenzen bietet viel Zündstoff für die Zukunft. Die Griechen sind sehr ehrgeizig, sie machen aus der An nahme kein Hehl, daß sie von aller Welt be wundert werden. Sie schließen sogar aus der Ernennung ihres Königs zum Feldmarschall durch Kaiser Wilhelm II., daß die deutsche Reichspobitik für sie eintreten wird, und ver gessen ganz, daß unmöglich Frankreich und Deutsch land Griechenlands Protektoren sein können. Oester reich und Italien verfolgen eigene und ge wichtige Interessen, während wir im Balkan kein anderes als die Friedenssicherung halten. Es ist schwer zu sagen, wie sich die Einzel leiten weiter entwickeln werden. In Europa rechnete mau mit der Militärmacht des Bal kanbundes, der die Türken schlug. Dieser Bal kanbund ist durch den zweiten Ba kankrleg zer splittert. Wir wollen sehen, ob es nicht von den fünf Königen dort heißen wird: „Viel Köpfe, viel Sinne!" Denn ein offenes Ge heimnis ist es: Keiner gönnt dem anderen was! All Vebtlr Bahre. Auf dem Volkshaus; zu Zürich weht die schwarzumflacte Fahne der Internationale. In dem nur spärlich erhellten, mit schwarzem Tuch Gehangenen und mit grünen Blattpflanzen ge- schmückten großen Saale ist der Sarg ausge stellt, in dem unter weißen Lilien die Leiche des toten Parteiführers gebettet ist. Der Sarg ist geöffnet und in Scharen strömen die Freunde und Anhänger herbei, um Abschied zu neh men von oem Toten, dessen Züge so sanft und mild erscheinen, als wenn er im Schlafe ge storben wäre. Zum Vollstrecker seines Testaments, das der sozialdemokratischen Partei eine bedeutende Summe vermacht und ihr von einem bestimm ten Zeitpunkt an das alleinige Verlagsrecht für seine Werle verleiht, ernannte Bebel den Kauf mann Ullmann in Frankfurt a. M. Diesen ließ der Verstorbene, als er sein Ende nahen Mhlle, auch nach Chur kommen und hatte mit ihm noch am Vorabend seines Todes eine längere Unterredung. Der sozialdemokratischen Parte: ist Kaufmann Ullmann, der ein älterer Herr ist, nahezu unbekannt-, man wußte nur, das: Bebel, so oft er nach Frankfurt kam, bei ihm abstieg. Ullmann, der von einem Frank furter Bullhaus, dessen langjähriger Prokurist ;r gewesen war, eine Jahresrente von 12 000 Mark bezieht, überwies durch Bebel einen gro ßen Teil dieser Summe jährlich der sozial- dunokratischen Partei. Bebel-Erinnerungen werde» jetzt von den Blättern aller Parteirichtungen aufgefrischt, denn die Persönlichkeit -des Alten war unan tastbar. Mustergültig war sei» Familienleben. Seiner vor einigen Jahren verstorbenen Frau, mit der er in mehr als vierzigjähriger Ehe vereint war, hat der Greis ein ergreifendes literarisches Denkmal gesetzt. An der Trauerfeier für Bebel wird das Reichstagspräsidium offiziell nicht teilnehmen, da eine Teilnahme des Präsidiums nur dann stattfindet, wenn die Beisetzung von Abgeord neten in Berlin erfolgt. Präsident Kämpf, der namens des Reichstags den Hinterbliebenen in warmen Worten das Beileid ausfprach, sandte im Namen des Hauses einen pracht vollen Kranz nach Zürich. Die sozialdemokra tische ReichstagsfralUon nimmt an der Boi- fetzungsfeier vollzählig teil. AusHserNS der Eltern für ihre Kinder. Auf Dankbarkeit für erzeigte Wohltaten darf man ja im allgemeinen nicht rechnen, am we nigsten bei den eigenen Kindern, die ja durch ihr bloßes Dasein schon ein Airrecht daraus erworben zu Haben scheinen, daß sich die El tern für sie aufzuopfern haben. Mit ganz wenig Ausnahmen ist es eine Tatsache, daß die gesamte Jugend die Welt mit anderen Augen ausieht als wir Eltern. Es mag auch sein, daß unisere Ansichten vielfach altmodisch sind, 'denn wir stecken mit unseren Anschau ungen eben doch noch in der Zeit, als wir selbst noch jung waren. Daß die Eltern trotz dieser Erkenntnis alles für die Sicherstellung der Kinder tun, ist trotzdem ebenso natürlich, wie für alle Teile gm. Verfehlt ist es aber, wenn die Estern, um dem Sohn oder der Tochter einen über die Verhältnisse hinaus gehenden Stand zu sichern, über die eigenen Verhältnisse hinausgehen und sich aus Liebe zu den Kindern geradezu aufopsern. Es gibt in der Tat Ellern, die für die Kindel der artige Aufwendungen machen, daß sie selbst Bernhard von der Eiche Roman von Baronin Gabriele v. Schlippenbach. I») (Nachdr. verb.) Die Brandwunden, die Bernhard von der Eiche erlitten, waren zum Glück nicht schnmm; sie bellten gut. Nach drei Wochen konnte er die verletzte Hand ohne Binde gebrauchen, nur eine kleine Narbe blieb unterhalb des Hand gelenks. Der junge Italiener list dagegen sehr. Ines ging täglich ins Hüttenspital und verband ihm mit ihren leichten, geschickten Fingern, die der Bursche in heißer Dankbar keit küßte. Als er gesund war, zeigte es sich, daß er zu schwach war, um den schweren Dienst als Heizer bei den Hochöfen noch wei ter zu er/üllen. Da bat Bernhard den Gene raldirektor darum, Beppo Franchetti — so hieß dar junge Mann — ihm als Diener und als Hilfe für den alten Gärtner Josef, einem Landsmann Beppos, zu geben. Seitdem war der Sohn der Campagna glücklich, er konnte seine alte Mutter reichlicher versorgen, und die Arbeit war leichter. Seine dunklen, südländi schen Augen glänzten, wenn er die blonde Herrin sah, für die er eine schwärmerische Ver ehrung fühlte. Frau Gerard hatte Müller eine namhafte Geldsumme für die Verunglückten gegeben, sie hielt sich aber seit dein Vorfall auf dem Hoch- ofeuwerk sehr reserviert. Graf Frauenfeld war noch in Mon Repos. Er und seine Kusine machten Ausflüge nach Luxemburg, Metz und Trier. Man erwartete in Rößlingen allgemein Ure Verlobung. Der Graf war reich; einen armen Mann würde Irmgard nie erhören, da sie lei einer zweiten Heirat ihres ersten Gat ten großes Vermögen verlor. Eines Tages war Ines nach Mon Repos gegangen, um Frau Gerard eine Besorgung zu überreichen, die sie in Villerupt drüben im Französischen gemacht hatte. Mit ihrem leich ten Schritt näherte sie sich einer dichten Efeu laube. Da schlug ein erregter Wortwechsel an Ines Ohr. Unwillkürlich blieb sie stehen, nicht in der Absicht zu lauschen, vielmehr erschreckt über Ur vielleicht unerwünschtes Kommen. „So nehmen Sie mir jede Hoffnung, Irm gard," sagte die Stimme Frauenfelds mit lei ¬ ser Klage. „Ja, ich habe es Ihnen schon früber ge sagt, Ackur, ich liebe Sie nicht." Es klang grausam. Frauenfeld stöhnte, >vie von sinem großen Weh getroffen. „Warum lieben Sie mich »ich:? Versuchen Sie es doch, ich bin reich, und Sie lehren in Ihre baltische Heimat zurück, nach der Sie sich ost sehnen." „Nein, ich will nicht." Jetzt lag wirklich e.was sehr Unfreundliches in der Antwort. „Dann gehört Ihr Herz einem anderen-, Iver kann er sein«?" „Sie werden indiskret, Artur, solche Fra gen stellt man nicht. Ich liebe keinen. Meine erste Ebe war nicht so, daß ich mich nach neuen Fesseln sehne und ich denke nicht daran, metn behagliches Leben, die Freiheit, die das Geld mir bringt, leichtsinnig aufzugeben. Ich bin mir voll bewußt, daß ich das besitze, wo nach viele ihr ganzes Leben ringen, und ich will es fefthaltcn um jeden Preis." Frau Gerard war ansgestanden und ging stolz erhobenen Hauptes durch den Garten ins Haus. Ines wagte kaum, sich zu bewegen. Sie blickte der hohen Frauengestalt nach und dachte, wie hart und selbstsüchtig sie war. Aus der Laube drang ein leiser Laut, wie ein Stöhnen. Der Graf hatte den Kopf in die Hände gestützt und glaubte sich allein in seinem Schmerz. Wie leid tat er dem jungen Mäd chen. Wie gern hätte sie ihn trösten und ihm ein freundliches Wort sagen mögen, das ihn anfrichtete. Er sah so knabenhaft aus, so jung, und Ines dachte daran, daß er keine Mutter hatte, die sich um ibn sorgte. „Bitte, seien Sie mi.- nicht böse," sagte Ines, in die Laube tretend, „ich wollte nicht hören, und mußte es gegen meinen Willen. Es — es tut mir so schrecklich l-id um Sie'." Sie streichelte seine schlaff herniedergefun- kene Hand. Da schlossen sich seine Finger darüber; fast tat er ihr damit web. „Weis: Gott," sagte Frauenfeld leise, „ick liebe Irmgard mit meiner ganzen Seele. Von meiner Kindheit an ist sie mein Ideal ge wesen, das Ziel meiner Sehnsucht, und nun ist alles vorbei." , Ines Augen füllten sich bei der Mutlosig keit seines Tones mit Tränen. Was sagte sie nur, um ihn zu trösten, welche Worte sind die passendsten. „Ich möchte Ihnen etwas gutes sagen, und weiß nicht, wie ich es anfange," beginnt sie, ihre warme, kleine Hand in der des Gra sen lassend. „Ich verstehe wohl, Wunden zu verbinden, die der Körper erleidet, könnte ich es doch auch mit denen des Herzens. Sie sind ein Mann, ein weites, schönes Arbeits» feld steht Ihnen offen, Herr Graf, und die Zeit lindert vieles." Er schüttelte den Kopf und starrte traurig vor sich hin. Als er aufsah, war er Mein. Ines hatte den Heimweg eingeschlagen. Sie fühlte sich von Irmgard abgestoßen, es war ihr unmöglich, sie jetzt zu sehen. „Gutes, kleines Ding, warum liebe ich sie nicht," dachte der Graf. Er beschloß, am an deren Morgen abzureisen und nie mehr seine Kusine zu sehen. Mit 23 Jahren, jung, reich, gesund und hübsch, kam er sich bettelarm vor. Ines war so erfüllt von dem, was sie ge hört, daß sie es nicht für sich behalten konnte. Ihr Bruder hatte bisher ja alles mit ihr ge- teilt, sie hatte kein Geheimnis vor ibm. Des halb erzählte sie Bocnhard Wovc für Wort, was sie als unfreiwilliger Zeuge vernommen batte, jedoch ihren eigenen Anteil an dem, was in der Laube passiert war, aus einem Gefühl mädchenhafter Scheu verschweigend. „Wundert es Dich?" fragte Bernhard sckarf. „Ich habe Frau Gerard nie anders taxier'. Diese Fran berechnot, ehe sic ihr Her; zu Worte kommen läßt." „Neiu, nein, ich kann und will eS nick: glauben, Hardy!" rief Ines. „Irmgard in besser, »'s Du denkst. Du urteilst ungercckt.' „Ich glaube es nicht, Kleine." Sie saßen am brennenden Kamin, Bo. rr zu ihren Füßen. Er hebt bin und wieder d' klugen Kopf und sab die Gesckwister an „Wissen Sie nickt jemand, der zu Am.s- richtor Grünwald als Stütze der Hausm - kommen könnte?" krayde Fran Ge-.cmxd -G . Müller einige Tan stvrer .D:e Fc-a Ä - richter muß aut '..n-.x.v Ze.: -.der: G.--.-dx ,wegen in den -x v: adv: -unnutb t wegen der beiden jüngsten Kinder, die sie nicht allein lassen will. Sie kann erst reisen, wenn sie ihr Haus gut versorgt weiß." Ines sprang auf, ihr Gesicht strahlte. „Ge nuß weiß ich eine geeignete Persönlichkeit, Frau Genacaldkrektor, meine liebste Freundin Luise Krause schrieb mir erst kürzlich, sie such! eine Stelle in der von Ihnen erwähnten Art. Jetzt, wo Luisens Schwester Gretchen erwach sen ist und der Mutter hilft, möchte meine Freundin gorn mehr leisten." Ines erzählte Frau Müller von der För sterei und Tante Emma, von der glücklichen Zeit, die sie selbst dort verlebt hatte. Bviefe gingen hin und her und die Sache wurde abgemacht. Ines war glücklich, als es so weit war. Sie erzählte es ihrem Bruder erst, nachdem alles verabredet ww. Bernhard freute sich für seine Schwester. Er selbst war eben jetzt mit dem Bau der beiden neuen Hoch" öfen vollauf beschäftigt; sie schritten ihrer Voll endung entgegen. Ein Fest war immer da mit verbunden, wenn sie zum ersten Male an- gesteckr wurden. Es war Sitte, daß eine Dame es tar. Frau Gerard und die Schwe ster des Hochofenchess waren in Rößlingen dazu auseneben worden. Bernlard war in Geschäften nack Mev kinübergeta! ran. Ines lud Fräulein Körner und Irmgard zu ück e:n. Bieder waren die Damen aus Mon Nevos nock nick: im Haule der Ge'ckwürer gewest- Erne klenm Enr- ftemduna war ew.scken dem mmae- MÄxden und Frau Gerard emge:re:e- Se : Fnes Zeug:-, des -Gewrackes ;w.cke dem Graten :md stme: Kröne gewe e ' . : 'm dr ivarw.derr-.ge umre Geströvc non Herr an- Mmü'.re" rem üere- Dck".>'"". urmckoe k.m—em Fwmw.r-d de do- st e e;. : e: mm .m.' w .' -»rrm G I rdm r - > üdr- Gs >.< -wem e wVr. de Gm > d dm-uv Bexwmi-s v ü.-'uv Bwa» luv v x-ugmn. HUN »> Rr > rp > L>» >v - > umue» ip Imin.» X .'I I UI, inann 'ck WnM uw cn.ux- dem I i gvm Lrskslösr-Ssicksnksus vksmnilr, Leks?osi- u. kwnuMi-.