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»Färber« ließe sich bei der Fachzeitschrift nicht vermeiden; das Wort »Deutsch« sei berechtigt, weil die Zeitschrift eben für die deutsche Industrie bestimmt sei. Auch andere Fachzeitschriften erschienen unbeanstandet mit gleichartigen Titeln, wie »Deutsche Industrie« und »Deutsche Jndustriezeitung«, »Deutsche Technik« und »Deutsche Technikerzeitung«. Daß Verwechslungen vor gekommen seien, sei bedeutungslos, da eine Verwechslungsmög lichkeit nicht genüge. Das Oderlandesgericht war jedoch der Ansicht, daß es dem Kläger gelungen sei, den Nachweis zu führen, daß eine Ver wechslungsgefahr zwischen den beiden Zeitschriften bestände, und damit der 8 16 des 1IWG. zur Anwendung kommen müsse. Die Entscheidung des Landgerichts Regensbnrg, Kammer für Han delssachen, wurde daher aufgehoben und die einstweilige Ver fügung des Amtsgerichts Regensburg bestätigt. In den Ent- scheidungsgrllnden wird ausgeführt: Die Bezeichnung einerDruckschrift imSinnc des K 16 des UWG. ist der ihr vom Herausgeber gegebene Titel, die besondere Be zeichnung liegt dann vor, wenn dieser Titel derart gewählt ist, daß daraus gegenüber allgemeinen Bezeichnungen wie »Zeit schrift«, »Wochenschrift«, »Zeitung« u. a. Beziehungen auf den Inhalt, die Leserkreise, die Örtlichkeit, entnommen werden, oder auch, daß der Titel, sei es durch einen Beisatz, sei es durch das gewählte Wort allein, von anderen Druckschriften sich unter scheiden soll. Befugterweise bedient sich einer besonderen Be zeichnung einer Druckschrift, wer sie dafür gewählt und unter diesem gewählten Titel herausgegeben hat. Unbestritten und wie durch die vorgelegte Druckschrift »Deutsche Färber- zeitung« glaubhaft gemacht ist, bedient sich die Firma Z. befugtcr- weise dieses Titels, sie hat daher gemäß 8 16 des UWG. einen Schutz gegen Nachahmung des Titels ihrer Zeitschrift. Die Firma G. benutzt den für die i» ihrem Verlage erscheinende Zeitschrift ge wählten Titel »Deutscher Färber« zur Anpreisung der Zeitschrift zwecks deren verkaussweisen Absatzes im geschäftlichen Verkehr. Im Gegensatz zum Landgerichte erachtet das Berufungsgericht die Weise, in der die Firma G. den Titel »Deutscher Färber« benutzt, für geeignet, Verwechslungen mit dem Titel »Deutsche Färberzeitung« hervorzurufen. Der Titel »Deutsche Färber- zcitung« ist in dieser Wortzusammcnstellung eine besonders prä gnante Bezeichnung, um den Interessentenkreisen diesen Titel im Gedächtnis zu erhalten gegenüber anderen etwaigen Konkurrenz fachzeitschriften. Wenn auch zuzugeben ist, daß eine solche, um sich gerade in Färberkreisen einzuführen und deren Aufmerksam keit auf sich zu lenken, eine deutliche Beziehung aus das Färberei wesen im Titel ersichtlich machen muß und darf, so mutz sie doch, um eine Inanspruchnahme des ß 16 des UWG. zu verhüten, den Titel so wählen, daß keine Möglichkeit zu einer Verwechslung mit dem einer bereits bestehenden Zeitschrift naheliegt. Es wäre dies für die Firma G., selbst wenn sie im Titel auch zum Ausdruck hat bringen wollen, daß die Fachzeitschrift gerade für den Färbereibetrieb des Deutschen Reiches bestimmt sein sollte, nicht schwierig gewesen. Es ist hier nicht zu untersuchen, ob mit der Benutzung des Titels »Deutscher Färber« beabsichtigt wird, Verwechslungen mit der Z.'schen Zeitschrift herbeizuführen, oder auch, ob die Firma G. mit der Wahrscheinlichkeit oder Möglichkeit solcher Verwechslungen rechnet. Für den Anspruch auf Unterlassung der Benutzung aus 8 16 Absatz 1 des UWG. ist nur zu prüfen, ob objektiv die Verwechslungsgefahr gegeben ist. Bei dieser Prüfung ist maßgebend der Standpunkt des Publikums, für das die Zeitschrift bestimmt ist, d. i. also hier die Interessenten des Färbereibetriebs sowie verwandter Betriebe. Diese bestehen aber nicht nur aus den Inhabern, Betriebs leitern usw. großer Färbereifabriken, es kommen vielmehr auch die in großer Anzahl vorhandenen kleinen Färbereien in Be tracht, deren Inhaber häufig vom einfachen Färbereiarbeiter sich zu eigenem Betriebe heraufgearbeitet haben, ferner, da beide Zeitschriften auch Inserate in großer Zahl enthalten, auch die jenigen Geschäftsleute, die ihre mit dem Färberetbetriebe zu sammenhängenden Waren in den Fachzeitschriften anpreisen. Es liegt aus der Hand, daß sich auch darunter eine Menge von kleinen Geschäftsleuten befinden, die sich ebenso wie Inhaber kleinerer Färbereibetriebe in der Fachliteratur nicht sehr aus kennen und auch nicht, wie vielleicht die mit der gesamten Kon kurrenz wohlvertrauten langjährigen Besitzer oder Leiter großer Fabriken, die Titel der Fachzeitschriften miss genaueste prüfen. Hält man nun die Titel »Deutsche Färberzcitung« und »Deutscher Färber« nebeneinander, so ist für das Durchschnitt-Publikum der Fachinteressenten die Verwechslungsgefahr hinsichtlich der bei den Zeitschriften sehr naheliegend. Die Schlagworte der beiden Titel sind die Worte »Deutsche« und »Färber«, sowie »Deutsch« und »Färber«, das durch Bindestrich getrennte Wort »Zeitung« ist für den Leser oder überhaupt denjenigen, der Interesse an den Fachzeitschriften hat, nur nebensächlich. Die Schlagworte dagegen werden sich, sei es, daß ihm die Titel durch eigenes Lesen bekannt geworden sind, sei es daß er die Titel nur durch münd liche Mitteilungen anderer gehört hat, seinem Gedächtnis einprägen, und dadurch liegt die Möglichkeit sehr nahe, daß Interessenten sowohl bei Bestellung als auch bei Aufgabe von Inseraten den Titel beider Zeitschriften miteinander ver wechseln. Maßgebend ist, wie der Erstrichter ausführt, allerdings der Gesamteindruck, allein nach der Überzeugung des Berufungs gerichts ist aber gerade der beim Durchschnittspublikum hier zurückbleibende Gcsamteindruck der, daß es sich um eine Zeit schrift handelt, die als Titel die nebeneinanderstehenden Worte »Deutsche« und »Färber« oder »Deutsch« und »Färber« führt. Bei Prüfung der Verwechslungsfähigkeit der Druckschristentitel kann freilich auch Rücksicht genommen werden auf das Äußere der Druckschriften selbst, und Format, Farbe des Umschlags, sowie der unter dem Titel stehende, den Zweck der Zeitschriften erläu ternde Wortlaut sind im vorliegenden Falle wesentlich voneinander verschieden. Allein dies ist nach der Über zeugung des Berufungsgerichts nicht geeignet, das Nahe liegen einer Verwechslungsgefahr auszuschlietzen, liegt ja doch bei denjenigen, die zum erstenmal abonnieren, lvie auch bei den Inserenten die Möglichkeit nahe, daß sie die äußere Ausstattung der Zeitschrift überhaupt nicht kennen. Das an- gefochtene Urteil legt Gewicht darauf, daß beide Zeitschriften an verschiedenen Orten erscheinen; das mag für Leute mit reicher Er fahrung in der Fachliteratur von Bedeutung sein, das Durch schnittspublikum, auch das der Fachmänner, sieht erfahrungs gemäß selten daraus, an welchem Orte die Schrift, für die es sich interessiert, erscheint, oder aber vergißt das sehr bald wieder. Die Verschiedenheit des Bezugspreises ist zum mindesten für den Inserenten ohne jede Bedeutung, für die Verschiedenartig keit der Erscheinungsweise — jede Woche und jede zweite Woche - gilt das gleiche wie für die Verschiedenheit des Erschei nungsorts. Erhöht wird die Verwechslungsgefahr übrigens auch noch dadurch, daß die Verantwortlichen Redakteure beider Zeit schriften ihren Wohnort in Leipzig haben und erfahrungsgemäß Verlag, Expedition und Redaktion einer Druckschrift häufig mit einander verwechselt werden. Wenn auch zur Annahme, daß die Benutzung einer besonderen Bezeichnung einer Druckschrift geeignet ist, Verwechslungen mit der einer anderen im Sinne des 8 16 Abs. 1 UWG. hervorzurufen, nicht nötig ist, daß tatsäch- lich schon Verwechslungen vorgekommen sind, so spricht doch der durch die beiden Postkarten glaubhaft gemachte Umstand, daß so fort nach Erscheinen des »Deutschen Färber« die Postbehörde in Essen eine Bestellung der »Deutschen Färberzeitung« an den »Deutschen Färber« geleitet hat und eine erst am 9. Oktober 1912 an die »Redaktion der Deutschen Färberzeitung Leipzig« ge richtete Postkarte von der Post mit der Aufschrift »Herrn D.« (Redakteur des »Deutschen Färber«) versehen wurde, für eine naheliegende Verwechslungsfähigkeit der beiden Titel. Schließ lich ist auch durch die schriftliche Erklärung des für die Gerichte in Berlin für Annoncenwesen und für den Bezirk der Handels kammer Berlin für Verlagsangelegenheiten öffentlich angestellten und beeidigten Sachverständigen IV. die Verwechslungs gefahr genügend glaubhaft gemacht; auf die durch Versicherung an Eidesstatt abgegebene Erklärung des I)i. K., der als Redak teur der »Deutschen Färberzeitung« an der Sache beteiligt zu erachten ist, soll dabei nicht zurückgegriffen werden. Ob bei den Titeln der Fachzeitschriften »Deutsche Industrie« gegen über »Deutsche Jndustriezeitung« und »DeutscheTechnikerzeitung« lFortsetzung aus Seite M47.1