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VMM M MMm-EMMer Anikiskr Tageblatt. 40. Jahrgang Nr 147 Sonnabend, den 28 Juni 1013 Deutscher Reichstag. 170. Sitzung vom 26. Juni. Die zweite Lesung des Wehrbeitrages wird fortgesetzt. (Zweiter Beratungstag.) Abg. Emmel (Soz.) wiederholt den so- zialdemo'ratischcn Antrag ans der Kommis sion, iiberall bei der Besteuerung den gemeinen Wert, nicht aber den Ertragswert zugrunde zu legen. Abg. Graf CarINer (kons.) begründet einen Antrag, als Erlragswert von bebauten Grundstücken das Zwanzigfache, nicht das Fünfundzwanzig'ache des Miet- od«c Pacht- crlrags zugrunde zu legen, Ivie die Kommis sion beschlossen hat. NnterstaatssÄretär Jahn: Bei dec Ver schiedenheit der Verhältnisse in den einzelnen Landcsstcllen wird es immer sehr schwer sein, einen geeigneten Maßstab für die Berechnung des Ertragswertes zu finden, doch dürfte die Kommission Wohl das Nichtige getroffen haben. Abg. Ulri ch (Soz.): Das Fünfundzwan zigfache ist das aillermindeste, was wir fordern müssen. Das Beste bleibt aber die allgemeine Besteuerung nach dem gemeinen Werte. A's der Abgeordnete das aus seinen hessischen Ver hältnissen näher ausführt, unterhält sich das nicht sehr starkbesetzte Haus etwas unruhig. Vizepräsident Dove bittet bas Haus, doch Rücksicht daraus zu nehmen, daß wohl nach aller Wunsch die Verhandlungen bald ein Ende nehmen können. Abg. Freiherr Heyl v. Herrnsheim (b. k. P.) begrüßt die Beschlüsse der Kommis sion, die in ganz Hessen mit Freude ausge nommen worden seien. Der städtische Grund besitz lat sich nicht davon ausgeschlossen. Abg. Ulrich (Soz.) bestreitet, daß in Hessen nicht die Besteuerung nach gemeinem Wert vorgezogen würde und wird vom Vize präsident Dove wiederholt und schließlich ebe i- so bestimmt wie höflich ausgefordert, nicht immer von den hessischen Verhältnissen zu spre chen, die Zeit des Hanfes erlaube cs nicht. Abg. V o g t - Hall (kons.) spricht über die Verhältnisse der Kleinbauocn in seinem wür'- tembergischen Lande, wo der Ertraqswert des Hofes berechnet werden muß unter Anrechnung einer Löhnung, weil zumeist die Familienm t- glieder, Frau und Söhne, Mitarbeiten müssen, inn den kleinen Ertrag lerauszuwirtschaften. (Das unruhige Haus, in der Meinung, d ß wieder ein Hesse spricht, nötigt den Vizepre sidenten Dove erneut, die Unruhe im Inter esse der schnellen Arbeit zu besänftigen.) Abg. Südekum (Soz.) bestreitet cm Einverständnis des städtischen Grundbesitzes mit dem Kompromiß. Abg. von Moding (Welse) tritt f r den zwanzig'achen Ertragswert ein. Die Anträge werden abgelehnt. Es bleibt beim Kommissionsbeschluß, also dem Fünfund zwanzigfachen. Bei der Sta'felung von Vermögen und Einkommen tritt Abg. Wurm (Soz.) für die höhere Staffelung nach dem ersten KommZ- sionsbeschluß ein. Das Haus bestätigt aber die Staffelsätze aus der zweiten Kommissions lesung. Abg. A r n st a d t (kons.) beantragt die Uutergrenze der Deklarationspflicht ans Ver mögen von 50 000 Mk. hinaufzusetzen, wäh rend nach dem Kommifsionsbe'clluß die Grenze auf 20 000 Mk. heruntergeht und bei mehr als 4000 Mk. Einkommen auf ein Vermögen von 10 000 Mk. Nach kurzen Bemerkungen des Abg. D a - v i d (Soz.) siir den Kommissionsbeschluß, des Grafen W e st a r p (kons.) für den Antrag sei ner Partei, verbleibt es bei der Kommissions- fassimg. Einstimmig angenommen wird ein Kom promißantrag Gröb e r (Ztr.), wonach d e Einsichtnahme und Prüfung der Geschäftsbücher tunlichst in der Wohnung oder den Geschäfts räumen des Beitragspflichtigen erfolgen soll. Gegen den Widerspruch des Schatz'ekretcrS K ü h n wird ein polnischer Antrag angenom men, den Veranlagungsbescheid nicht nur a if Verlangen des Beitragspflichtigen, sondern obligatorisch mitzuteilen. Durch einen weiteren Beschluß wird eine Bestimmung angenommen, die den Veranlag ten vor einer Beschränkung seines Berufung t- rechts schützen soll. Der Zahlungstag für die beiden- Wehrbeitragsraten 1915 und 1916 ha" die Kommission vom 31. März auf den 15. März zurückdatiert mit Rücksicht auf den 1N- timogeldverkehr. Auf Wunsch der Handelskreise wird durch Annahme eines Antrags des Be richterstatters Grafen Westarp der Zahlungster min noch einen Monat wefter, aus den 15. Februar, zurückgestellt. Der etwaige Mehrertrag über den Bedarf der neuen Rüstung wird von dem Abg. H o f° r i chter (Soz.), wie schon bei den bisheri gen Beratungen in Plenum und Kommission, für soziale Zwecke in Anspruch genomme r, . während die Konservative» beantraoen, daß, ein etwaiger Nebeifchuß über eine Milliarde zur Kürzung des letzten Drittens des Webrbeitras verwendet werden soll, während der Kommis sionsbeschluß die Kürzung von der Höbe des Neberschusses, also von der Za'l tausend M-l- lioncn, unabhängig ließ und bei einem sich etwa berausßellendcn geringeren als dein ver anschlagten Bedarf in jedem Falle das letzte Drittel entsprechend kürzen wollte. Abg. Graf W e st a r p wendet sich scharf gegen die Angriffe der Sozialdemokraten und auch des Professors Delbrück, daß die Steuc.'- ßbeu in konservativen Kreisen groß sei. Graf Westarp bezeichnet das als haltlose Verleum dungen und Verdächtigungen. Abg. David (Soz.): Durch Ableugnun gen wird die Tatsache nicht aus der Welt geschasst. Abg. Gothe in (Bpt.): Delbrücks Be- j Hauptungen über die Steuerhinterziehungen in der Landwirtschaft haben sich in den meisten Fällen als zutreffend erwiesen. Abg. Graf Westarp (kons.): Ich weise nochmals' diese unerhörten Beleidigungen und Kränkungen zurück. Es bleibt bei den Kommissionsbeschlüssen, auch in bezug auf den Rest des Gesetzes. Da mit ist die zweite Lesung d e s W e h r- beitvages erledigt. Es folgt die zweite Lesung des Reichs- stempelgefetzes. Abg. Oertel (kons.) beantragt eine Er höhung des Stempels für inländische Obliga tionen von Aktiengesellschaften und für aus ländische Wertpapiere. Der Antrag wird abgelehnt. Abg. David (Soz.) erneuert den Antrag der verschleierten Vermögenssteuer durch eine Stempehorderung von 20 Pfg. für 1000 Mk. Unterstaatssekretär Jahn bittet um Ab- lehnung, weil hier eine Gebühr gefordert wird für eine Handlung, die absolut nicht unter die Geld hrenpflicht fällt. Abg Oertel (kons.) beantragt die Be freiung der Stempelpflicht fpr Feuerversicherun gen unbeweglicher Gegenstände. Im Hammelsprung wird dieser Antrag mit !73 gegen 131 Summen angenommen. Der Antrag David wird wieder abgelehnt. Im übrigen bleibt das Stempelgesetz unver ändert. Freitag 10 Uhr: Kleine Anfragen, kleine Vorlagen, Rest der Deckungsvorlagen. DerMches und SSchstscheS. * — L i n d c n d u f t. Wenn die Linden zu blühen beginnen, nimmt der Frühling von uns Abschied. Wir können ihm gern beschei nigen, daß er aus eine artige Weise fortgeht und seinen behäbigen Vettoc Sommer die Herrschet überläßt. Er hat sie in diesem Ich re besonders pünktlich übernommen und nicht erst — nach dem Zeremoniell seines astro nomischcn HosmaZchalls — die Sommerson nenwende chgewartot. Und so bat die Linde frühzeitiger denn sonst begonnen, ihre köstlichen Düste über die Lande zu breiten. Ein kräf tiger Atemzug — und uns ist, als sei alle Verdrießlichkeit nur eine üble Angewohnheit. So lange der Mensch im Lindenduft schwel gen kann. bat sein Leben einen Sinn. Die besten Geister weckt der Duft in uns. Und darum kann es wohl kein Zufall sein, wenn das aUe Fehmqericht seine Verhandlung im Schatten der Linde führte. Aus Lindenbol; wurden Heiligenbilder geschnitzt. Und würde cs selbst nicht zu Gebilden heiliger Kunst um geformt, es ist wie ein Segen. Der Blitz, de» feindliche Dämonen wie ein gleißendes Gemäßen gegen die Menschen schleudern, prallt an uns ab, wenn wir im Schutz der Linde stehen. Die Linde weiß nur von Frieden. In ihrem Schatten werden die Märchen wach,^ macht die Erinnerung Greise wieder zu Jüng lingen und tätigen Männern. Lauschend sitzen die Kinder im Kreise. Und es ist, als bände ein Kranz von Düften und Mätcerherzen die Herzen der Geschlechter aneinander. * — Die W o h u u n g s a u- f s i ch t im Bl e z i r k e der A m t s h a u p t m a n n- s ch a f t Glauchau. Ge'undes Wohnen ist nicht nur eine Geldfrage. Zwar ist es selbst verständlich, daß in den größeren Wohnungen mit einer reichlicheren Rüumezahl gewisse Nebel- stäude weniger auftreten; bei einer richtigen Benutzung und- Ausnutzung der Wohnung läßt sich aber auch in den kleinen Wohnstätten der Minderbemittelten manches vermeiden, was jetzt den Herd für Krankheiten, den Anlaß zum Familienelend, den Grund zur Heran ziehung eines schwächlichen Geschlechtes bildet. Es ist leider eine bekannte Tatsache, daß ge rade die am- wenigsten Bemittelten es auch am wenigsten versieben, mit ihrer bescheidenen Wohnung pfleglich umzugchen und das zu ver meiden, was den Aufenthalt in engen Räu men zur Qual macht. Zu einem Teile hat das wohl seinen Grun) mit darin, daß im allgemeinen der häuslichen und wirtschaftlichen Erziehung zu wenig Wert beigemessen wird. Diese mangelnde Kenntnis in hauswirtschast- lichen Dingen äußert sich vor allem auh in der Benutzung der Wohnungen. Es ist daher nicht ohne Grund bei der Wohnnngsanfficht der Wohnungspflegerin zunächst einmal der Besuch aller kleineren Wohnungen vohgeschrie- ben worden. Damit ist nicht gesagt, daß die größeren Wohnungen der WohnungsaMicht nicht auch unterliegen; krasse Fälle abgesehen, kann aber bei ihnen die Besichtigung so lange hinausgeschoben werden , bis die kleineren Woh nungen besucht worden sind. Unter kleineren Wohnungen sollen zunächst einmal alle die ver standen werden, die drei und weniger Räume ausschließlich der Küche und ausschließlich untervermieteter Räume habe». Die von der König!. Amtsbauptmannschaft erlassenen Be stimmungen betiteln sich zwar Polizeivcrord- nung, da dis Allgemeine Baugesetz von einer solchen spricht, mit der Polizei soll aber die Wohnungsausficht zunächst nichts zu tun ha ben. Sie ist in erster Linie nuv als eine all gemeine Wohlfahrtseinrichtung gedacht. Nur bei hartnäckiger Weigerung der Beteiligten, die wohlgemeinten Vorschläge der Wohnnnasvsle- aerin anzunehmen, wird unter Umständen der Polizeizwang eintreten müssen. * — König!. Sachs. Landes to t t e r i e. Die Erneuerung der Lose für die 2. Klasse der 164. König!. Sachs. LanßeS- lotterie, deren Ziehung am 9. und 10. Fuli erfolgen witd, soll noch vor Ablauf des 30. Juni bei den Kollekteuren bewirkt werden. * Limbach, 26. Juni. Der Streik der im Ver band Deutscher Textilarbeiter organisierten Hmd- schuhzuschneider in Limbach, Oberfrohna und Umgegend ist nach dreiwöchiger Dauer beendet Im Labyrinth ded Lebens. Roman von M. Kncschle-Schönau. 30 Fortsetzung. (Nachdruck verboten.) Leichtfüßig springt er an Land, Zi-Hnt den Fu-Hrmann mit einem harten Taler ab und schreitet von dessen Hellen Jodler begleitet den Strandweg entlang. Die Luft ist erfüllt von Syringen und Veilchendust, ein blühender Garten die ganze Insel. Nach wenigen Schrit ten hat Kronberg den kleinen, wie weltver loren dalieggnden Friedhof erreicht und nähert sich den Klosterm mern. Gedämpfter Gesang schallt aus dm Kirche, ein paar alte Fisch er- frauen, den Rosenkranz in den braunen, knö chernen Händen, gehen an ihm vorüber. Er spürt den Weibrauchdnft, den ihre Kleider ans- strömcn. Ein unerklärlich weiches Gefühl durchzittort sein Herz und als er sich nun den uralten Linden vor dem kleinen Gasthause, der Künstlacherberge, nähert, da muß er zuge stehen, daß hier eine eigne Luft weht, ein eigener Stimmungszauber vorhanden ist. A's ein Bekehrter betritt er die Schwelle des Wirts hauses und fragt nach einem Zimmer. Hat er gedacht, der einzige Gast auf der Jnßl zu sein, so sieht er sich freilich enttäuscht. Einige Malerinnen weilen schon seit vierzehn Tagen hier und nur noch ein Stübchen, das be scheidenste im ganzen Hause, ist zu haben. Er nimmt es unbesehen, läßt seine Sachen bin- au-ftchaffen und nimmt dann im Lindenschat- tcn das einfache Mittagsmahl ein. Dann schlendert er langsam um die Insel, entdeckt ein lauschiges Plätzchen unter einer allen Weide dicht am Ufer und verbringt dort ein Stündchen, halb wachend, halb träumend. die Augen blinzelnd auf die gleißende, unbewegte Wasserfläche des Sees gerichtet. Gegen Abend gedenkt er sein Malgerät aufzustellen Unweit der Klostermauer hat er eine rei zende Studie entdeckt, eine halbzerfallene Fischevhütte mit winzigem Gärtchen, über des sen altersschwachen Zaun allerhand Netzwerk aufgehangen ist. Ein alter, morscher Kai n liegt umgestülpr im Ufersande, und ein ver witterter Alter mit schlohweißem Haar hat e l vorhin daneben gehockt, mit Ausbesserungen ! beschäftigt. Der Ort scheint ihm für ''eine Zwecke gut gelegen, denn nicht weit drvon ist eine kleine Pforte in der Klostermauer, und seine Phan tasie läßt ihn schon e n blondes Kind daraus Hecvorhuschen sehen, das voller Neugier si.h Winer Staffelei nähert. — — — Heute weift Kronberg nun schon den driken Tag au' dem Eiland und hat noch keine Spur von dem Wunderkinde entdeckt. Wie ein ver liebter Schäfer lat er das Kloster umlauert, jedes weibliche Wesen forschenden Wickes ver folgt, an der Kirchentür zu jeglicher Tages zeit geharrt. Nichts! Mißmutig wirst er sich nach dem wieder ergebnislosen Tage auf sein hartes Lager'und überlegt, ob er noch länger Watten oder kur zerhand der Oberin des Klosters seinen Besuch abstatten und seinen Wunsch, das Wunderkind kennen zu lernen, aussprechen soll. Nach lan gem Grübeln entschließt er sich und sucht sein Liebl-ingsplätzchen am Seeuftr auf. Dichter weißer, wellender Nebel verhüllt die Wasser fläche und den Horizont. Ein gespenstiges, weißes Licht liegt über der totenstillen Insel. Kronberg hüllt sich fester in seinen Mantel, ihn fröstelt. Da — klingt cs nicht wie Ru- dcrschläge durch den Nebel? Gespannt horcht er aus und sieht scharf nach der Richtung aus, woher das leise Plätschern kommt. Nicht lange dauert es, und ein dunkler Schatten tauck-r aal konunt naher und näher, vom Nebel riesen'ßt vergrößert. Da flammt im Osten sieg reich die Sonne auf, ein Windstoß kräuselt die Wellen des Sees, der Nebel zcrflattert w'e graues Schleiergewebe und vom flutenden Son nenlicht umwoben hebt sich gleich einer Er scheinung ein kleiner Nachen, von einem jun gen Mann gerudert, ans dem Nebelmeer. Ein Mägdlein mit flimmerndem Goldhaar steht an der Spitze des Kahnes. Im Arme trägt sie einen mächtigen Busch bunter Bergblumen, der große, gelbe Strohhut ist ihr in den Nacken gerutscht und umgibt das zierliche Köpfchen gleich einem Heiligenschein. Ein lichtblaues Wollkleidchen umschmiegt in weichen Falten den schlanken Körper und wetteifert an Bläue mit den großen, strahlenden Augen des rei zenden Kindes, das beim Näherkommen ver wundert auf den Fremdling am Ufer schaut. Jetzt stößt der Kahn ans Land, mit gra- ziö'em Sprung verläßt ihn das Mädchen, nachdem es sich nach einem Korbe gebückt, der mit rotweißem Bauern'tuche bedeckt ist. „PFat Gott, Seppl!" ruft es fröhlich-dem Burschen zu. „Auf Wiedersehen am Samstag!" Der Butsche zieht grüßend den Hut und bleibt unschlüssig am Steuer stehen. „Moll i Dir net den Korb tragen?" fragt er, und in 'einer Miene ist deutlich zu leftn, daß er auf eine bejahende Antwort hofft. „Nein, nein!" lacht das Mädchen. „Könntst mir ihn am End fallen lassen lind die vielen Eier, die ich der Großmutter a-bgebeltelt, wä ren hin. Aber wenn Du zum Abend Her kommen willst, so sollst ein Paar Krapsen ha ben. Selbst-gebacken! Willst?" Der Bursche rückt und leckt sich schon im Vorgeschmack die srischen Lippen, das Mäd chen aber h .pft, nach einem nochmaligen lan gen Blick auf den Fremdling, davon Der sieht Ivie hypnotisiert dem reizenden Weten nach. Er weiß, er fühlt es ganz deut lich, daß dieses Mädchen sein gesuchtes Wun derkind ist. Tjcotzdem steht er rusch auf und geht auf den Burschen zu, der eben den Krün vom Ufer abstoßen will. „He Freund, wer Nmr das Madcken?" ruft er ihn: zu. Ein mißtrauischer Blick mustert den Fra ger, doch dec Eindruck, den der Fremde a if den Burschen macht, muß doch ein vertrauens würdiger sein, denn sein Gesicht wird Heller, und freundlich antwortet er: „Dös war die Langner-Lor'! Sie is daheim gewesen, wie immer Sonntags, und jetzt is sie zurück ins Kloster!" Kronberg hätte noch gern weiteres erfah ren, aber der Bursche hat sich bereits in das Ruder gelegt, zwei kräftige Stöße und cr ist schon außer Hörweite. „Also doch!" murmelt Kronberg aufatwend und schlendert sinnend dem Gasthaus zu. Der Anblick des Mädchens bat ihn seltsam durch zuckt. Dieses Gesicht kam ilnn so unsagbar bekannt vor. An wen erinnerte es nur? Und wie sie ihn angesehen hatte mit den klaren Kinderaugen! Ganz heiß und kalt war es ihm über den Rücken gelaufen vor Erregung. Ein entzückendes Geschöpfchen! — Jetzt galt es den Platz am Ufer zu bewachen. Sie kehrte sicher dorthin zurück, wenn nicht früher, so am Abend mit den versprochenen, „selbstbereiteten Krapfen" für den Seppl. O, wie er den Burschen schon im voraus darum beneidet, und l wie ihn der Gedanke anmutet, daß die Kin derhände, die so gern den Stift handhabten, sich auch in häuslichen Dingen übten. Fatal ist nur, daß man von dem Bänk chen unter der Weide aus keine Malstudien machen kann, denn von da aus übersieht man nur die weite Wasserfläche mit der fernen, flachen und reizlosen Küste. Aber wie war denn das, von seinem Studienplätze mußte er doch den Weg zu der Bank überblicken und somit kontrollieren können, wer sich dorthin begibt, der Gedanke beschäftigt ihn so stark, daß er, trotzdem er bereits den Platz vor dem Gasthaus erreicht hat, wieder umkehrt und zu der Stelle an der Klostcrmauer geht, wo er an dem vergangenen Tage gemalt hat. Rich tig, es war," wie er gedacht. Beruhigt geht er nun heim, um sein Frühstück unter den Lin den einzunehmen. Noch nie hat ihm der Kaffee so gemundet, noch nie der Vogelgesang so lie'-lich, die Welt so schön gedünkt, wie heute. Er ist wie verhext und schüttelt mehr als ein mal halb mißmutig, halb lächelnd über sich selbst den Kops. (Fortsetzung folgt.)