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Tageblatt für Hohenstein-Ernstthal, Oberlungwitz, Gersdorf, Hermsdorf, Bernsdorf, Wüstenbrand, Mittelbach, Ursprung, Kirchberg, Erlbach, Lugau, Langenberg, Falken, Langenchursdorf, Meinsdorf rc. Der.Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger" erscheint mit Ausnahme der Sonn- und Festtage täglich abends mit dem Datum des folgenden Tages. Vierteljährlicher Bezugspreis bei freier Lieferung ins Haus Mk. 1.50, bei Abholung in den Geschäfts stellen Mk. 1.25, durch die Post bezogen (außer Bestellgeld) Mk. 1.50. Einzelne Nummern 10 Pfg. Bestellungen nehmen die Geschäfts- und Ausgabestellen, die Austräger, sowie sämtliche Kaiser!. Postanstalten und die Landbriefträger entgegen. Al: eilage erhalten die Abonnenten jeden Sonntag das „Illustrierte Sonntagsblatt". — Anzeigengebühr für die Sgespaltene Korpuszeile oder deren Raum 12 Pfg., für auswärts 15 Pfg.; im Reklameteil die Zeile 30 Pfg. Die 2gefpaltene Zeile im amtlichen Teil 50 Pfg. 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Es ist einer der sonderbarsten Kriege, von dein zurzeit das Warda- und Strumatal wider tönen. Daß der Krieg ohne vorausgegangene Kriegserklärung geftihrt wird, ist nicht ausfäl lig, dem kaum beendigten Kriege mit der Türkei ging auch keine besondere Erklärung voraus, abgesehen von derjenigen Montenegros. Auch der blutige russisch-japanische Krieg be gann ohne Kriegserklärung. Merkwürdiger ist cs schon, daß der neue Kwieg unter Verbün deten geführt wird, die soeben einen glänzen den Sieg über den gemeinsamen türkischen Gegner davontrugen. Nm sonderbarsten aber ist es, daß die Kämpfe, an denen ein paar Hunderttausend bulgarischer, serbischer, griechi scher und montenegrinischer Soldaten teilneh men, bei ununterbrochener Fortdauer der diplo- mrtischcu Beziehungen unter den Kriegführen den staltstnden, und daß die diplomatischen Bemühungen zur Verhinderung eines Kriegs ausbruchs mit Eifer weiter betrieben werden, während auf den- Schlachtfeldern die Gewehre knattern. die Kanonen donnern und nach der Welle der Balkanhelden die verwundeten und gefallenen Feinde noch mit den Bajonetten be arbeitet und grauenvoll geschändet werden. Die Meldung, daß die Kämpfe abgebrochen seien, bestätigte sich leider nicht. Sie wurden nach kurzer Pause bei Jstip vielmehr fortgesetzt. Es bandelt sich um die Gewinnung des Neber- gw'as über die Bregalnitza, einen linken Neben fluß der Warda. Griechen und Serben stehen südlich von diesem Fluß, suchen die Bulgaren darüber hinweg nach Norden zurückzudrängen und sich zu vereinigen. Die Bulgaren dagegen suchen die Vereinigung zu hindern und einen Keil zwischen Griechen und Serben zu treiben. Nach Belgrader Mellmngen haben in den Kämp fen der drei ersten Tage die Brilgaren aus der ganzen Linie Niederlagen erlitten. Bei dem Dorfe Dreneka stürmten die Serben eine An höhe und nahmen 6 Kanonen, bei einem etwas weiter nördlich gelegenen Otte wollen sie eine ganze Kompagnie bulgarischer Truppen gegan gen genommen haben. Gleichfalls nach Belgrader Meldungen nah men an den Kämpfen mit Jstip 100 000 Bul garen mit 200 Geschützen teil. Ihnen stehen, abgesehen von den Griechen, ebensoviele Ser ben mit 80 Geschützen gegenüber. Die Kämpfe waren zum Teil verzweifelt. Die Bulgaren wurden bis zum Sletovoflusse und bis zur Bregalnitza zurückgeworfen, wo sie endlich wie der festen Fuß gewannen und das Ringen um den Nebergang über den Fluß cinsetzte. Einen von den Bulgaren anigeblich erbetenen Waffen, stillstand- lehnten die Serben weiteren Meldun gen zu'olge ab, weil die bulgarischen Parla mentäre erklärt hatten, daß über die Einstel lung der Feindseligkeiten eine Verständigung zwischen den Haupitguartieren erzielt worden sei, und diese Angabe sich als falsch erwies. Serbiens Offensive ans der ganzen Linie. Die serbische Armee erhielt den Befehl zum allgemeinen Angriff. Danach gingen nicht nur die in Mazedonien stehende 1. und 3. Armee zum Angriff über, sondern auch die in Ser bien selbst stehende 2. Armee sucht die bulga rische Grenze zu überschreiten lind über Zari- bod gegen Sofia vorzudringen. Die Verfol gung der von Jstip zurückweichenden bulgari schen Truppen nahmen die Serben längs der ganzen Front auf. Die Kämpfe bei Jstip, in denen sich die Vulgarer Niederlagen holten, sollen außerordentlich blutig gewesen sein und die Serben 6000 Tote, die Bul garen 18 000 verloren haben. Die serbische Negierung sagt in ihrem Bel grader Organ: Die Würfel sind gefallen. Die .Bulgaren haben den Krieg ohne Kriegserklä rung begonnen zum Entsetzen aller zivilisierten, vernünftigen und ehrlichen Menschen. Die Bul garen flüchteten vor dem russischen Schiedsge richt und vor einer direkten Verständigung mit ihren Verbündeten. Sie wollen den heiligen Befreiungskrieg in einen blutigen Eroberungs krieg siir Bulgarien verwandeln. Wir schwören, die Verantwortung hierfür fällt ausschließlich auf Bulgarien, das mit seinem Vorgehen un widerruflich aus dem Balkanbunde ausgeschie den ist. Die bulgarische Spekulation, die Kon flikte mit Serbien und Griechenland vor Be endigung der rumänischen Mobilisation zu lösen, ist verfehlt und wird sich bitter rächen. Die griechische Regierung erteilte gleichfalls den Befehl zum Vormarsch. In einer Note an die Regierung zu Sofia zählte sie eine Reihe militärischer Angriffe auß die sich bulgarische Truppen in dem neutralen Gebiete dieser Tage zuschulden kommen ließen und erklärte: „So hat trotz unserer versöhnlichen Gesinnung Bulgarien den ungerechten Bruder krieg begonnen. Wir sehen uns daher genö tigt, der griechischen Armee den Befehl zu er teilen, gegen die bulgarische Streitkräfte vor zugehen, um ihre Stellungen und ihr Gebiet zu verteidigen." — Der bulgarische Gesandte verließ mit seiner Familie Athen. Die 1200 Mann bulgarischer Besatzung von Saloniki, d e von den Griechen gefangen genommen wurden, befinden sich bereits auf dem Wege nrch Itaka. — Montenegro schloß sich den Griechen und Serben an. RSckzug der Bulgaren auf der ganzen Front. Das serbische Preßbureau meldet: Nach er- h ttcrten Kämpfen während zweier ganzer Tage " ben sich die Bulgaren auf der ganzen Front -' rückgezogen, verfolgt von den serbischen Trup pen, die die Bulgaren zwangen, über die Flüsse Beregalniza und Zletowa sich zurückzu ziehen, auf deren linken Ufern sie Verteidi- oungsstellungen einnahmen. Ihre Verluste sind ebr groß. Nach den letzten Meldungen haben die Serben 30 Offiziere, 120 Unteroffiziere und über 1000 Soldaten gefangen genommen, außerdem zehn Schnellfeuerkanonen und zwölf Munitionswagen erbeutet. Die serbischen Trup pen rücken weiter vor. Bulgarien leugnet, mit Feindseligkeiten begonnen zu haben und betont, es habe noch: vor der Ueberreichung der Protestnoten Serbiens und Griechenlands die Einstellung kriegerischer Operationen befoh len und verlange, daß auch den serbischen und griechischen Truppen der gleiche Befehl erteilt werde. Für das bisher vergossene Blut seien allein Griechenland und Serbien verantwort lich. Außerhalb Sofias meint man, Bulgcv rien leugne und suche einzulenken, weil es die Stoßkraft seiner Gegner und bisherigen Ver bündeten unterschätzte und den bewaffneten Vorstoß Rumäniens befürchte, das seine Mobi lisierung aufs äußerste beschleunige. In Wien und Petersburg hofft man noch immer, der neueste Balkanfpuk werde sich schnell aus der Welt schaffen lassen. Sie MMchtMWMNS in Kiel. Das italienische Königspaar ist am Mitt woch abend in Kiel eingetroffen. Zum Emp fang Habten sich auf dein Kieler Bahnhof das Kaiserpaar und die in Kiel anwesenden Mit- Mieder der kaiserlichen Familie, Reichskanzler von Bethmann Hollweg, Staatssekretär v. Ja- gow und die Spitzen der militärischen Behör den eingefunden. Die Begrüßung zwischen den Monarchen trug sehr herzlichen Charakter. Der Kaiser begrüßte gleichfalls herzlich die italieni schen Staatsmänner, besonders den Minister des Auswärtigen di San Giuliano, König Viktor Emanuel schüttelte dem Reichskanzler die Hand. Nach dem Abschreiten der Ehren kompagnie des Seebataillons begab sich König Viktor Emanuel sogleich an Bord seiner Jacht „Trinacria". Heute Donnerstag erfolgen die Monarchenzusammenkünfte an Bord der „Ho- henzollern" resp. der „Trinacria". Auf 'einer Reise von Rom nach Kiel, die ohne Aufent halt erfolgte, sandte König Viktor Emanuel an Kaiser Franz Josef ein Begrüßungstele gramm in Erwiderung der ihm von dem Statthalter Grasen Toggenburg und dem Inns brucker Korpskommandanten im Namen des Kallers zuteil gewordenen Begrüßung auf Ti roler Boden. Ei« beutscher offiziöser Willkommengrutz. Die „Nordd. Allg. Ztg." widmet dem ita- Jm Labyrinth des Lebens. Roman von M. Kneschle-Schönau. 35. Fortsetzung. fNochdruck verboten.) Hermine hat sich indessen soweit gefaßt, daß sie den Fremden ins Haus nötigt, und da er nochmals um eine ungestörte Unterredung bit tet, ihn. in Gabrielens Zimmer führt, das wie immer in bester Ordnung ist. Sie weiß, wen sie vor sich hat und sie ist bis in die tiefste Seele erschrocken vor diesem Besucher. Angstvoll erwartet sie seine Anrede. „Mein Besuch- scheint Ihnen eine unlieb same Ueberraschung zu bereiten, Frau- . . .?" „Werner, bittos" ergänzt Hermine. „Frau- Werner! Kennen Sie mich denn?" „Persönlich hätte ich noch nicht die Eb-re, aber gehört habe ich genug- von Ihnen," ant inortet Hermine, und in ihren Augen beginnt es feindlich aufzuglühen. Es kommt ihr jetzt erst zum Bewußtsein, daß dieser Mann hier ja der Verführer Gabrielens ist, und der hat von ihr nichts Gutes zu erwarten. Der Ton und die gange Art und Weise der alten- Frau- befremden Kronberg sehr, aber ihn beschäftigt die Brofchenangelegenheit doch noch meb-v und so fragt er ohne Umschweife: „Was mich zu Ihnen führt, Frau Werner, ist ein merkwürdiger Zufall, der Sie in den Besitz eines Schmuckstückes meiner verstorbenen Frau gelangen ließ. Ich sah es heute früh am Hab e Ihrer Enkelin. Es interessiert mich mächtig, zu erfahren, von wen; Sie diese Brosche erhal ten ha-beU?" „Ihrer verstorbenen Frau soll- dieß Brosche aebört haben?" fragt Herm-ne mit scharfer Betonung. „Das kann wobl kaum stimmen, denn die Dame, welcher Sie du Brolche vor etwa 15 Jahren übenkleu, iß dock' noch am Leben." „Unmöglich, gute Frau," enviden Kronberg bestimmt. „Sie befinden sich in einem Irr tum. Ich schenkte diese Brosche meiner Frm in Florenz und schrieb selbst mir einer Nadel den Datum auf die Rückseite, und die'e Zei chen finden sich auch in der Brosche Ihrer En kelin vor. Als meine Frau wenige Monate später durch einen Unglücksfall ums Leben kam, vermißte ich in ihrem Nachlaß dieses Schmuckstück und bin nun aufs höchste über rascht, cs bier bei Ihrer Enkelin wiedarzuffn- dcn, die mir übrigens sagte, es gehöre dem Fräulein Pate und Sie hätten die Brosche nur ungern hcrnnsgcgeben. Wollen Sie mich bitte über diesen Pu-M aufklären." „UnglücksfaM Ums Leben gekommen?" Herminen geht es wie ein Mühlrad im Kopfe berum. ..Lügt der Mann da absichtlich? Aber xr tritt so sicher auf und seine Augen blicken so offen und- ehrlich. Sie ist völlig verwirrt Und weiß- nicht, was sie antworten soll. Kronberg weiß sich diese Verwirrung nicht zu deuten un-d kommt zu- der Ueberzeugung, daß die alte Frau auf unrechtmäßige Weise in den Besitz der Brosche gekommen ist, was ihn schon das sonderbare Benehmen Dolores ver muten ließ. „Wenn Sie mir nicht antworten Wollen oder können, so muß ich mich dstekt au die Patin Ihrer Enkelin wenden, denn Licht m u ß in diese Angelegenheit kommen," erklärt er mit ruhiger Beslimnnbeir. Bitte, wollen Sie mir den Namen und die Adreüe des Fräulein ßmen?' La:' denkt Henm-e ev: mu-ß es -ich zei gen. ob er Komöd-ce -pä-lr oder selbst in einem Irrunne ßch deß-ndec. Ihr: treff und fest an- 'edend, ße icdes Warr betonend: „Der Name dnrffe Ihnen nichr unbekannt sein, Herr Söderström, er laurett „Gabriele Berkow!" „Olabricle Berkow!" wiederholt er staunend. „Gute Fmu, hier liegt ein Irrtum oder eine bcabsichtigre Mystifikation zugrunde, denn Ga briele Berkow war der Name meiner Frau, und die ist, wie ich Ihnen schon sagte, schon seit 15 Jahren tot." „Haben Sie dafür Beweise?" fragt Her- mine lauernd. „Gewiß, der Totenschein von der italieni schen Behörde, in Malcesme ausgestellt, ist in meinen Händen!" „Unmöglich, Herr!" ruft Hermine aus. „Ich versichere Ihnen, daß Gabriele Berkow lebt und ich muß es doch wissen, habe ich sie doch von klein an im Hause meiner früheren Her rin, der Justizrätin Kahser, erzogen." „So wären- Sie Hermine, die mütterliche Freundin meiner Frau-?" fragt Kronberg maß los erstaunt. „Die bin ich, Herr Söderström, und nun werden Sie wohl einsehen, daß Ihr Komödien- spiel mir gegenüber nicht angebracht ist. Denn ich weiß alles, kenne Ihre ganze Schlechtigkeit, mit der Sie das unglückliche Mädchen- verführt und dann im Elend verlassen haben." Söderström wird totenblaß und springt er regt auf. „Frau, wahren Sie Ihre Zunge! Wie können- Sie es wagen, mir eine so un geheuerliche, ehrlose Beschuldigung ins Antlitz zu schleudern?" „Mit dem Rechte, das mir als mütterlicher Freundin Gabrielens und Augenzeugin Ihres Verrals zusteht," erwiderte Hermine ebenfalls au-stehend. „Denn ich, Herr Söderström war es, die das totkranke, von Ihnen schnöde im Stich gelassene Weib in Riva auffand und Pflegte. Mit meinen eigenen Augen und-Ohren habe ich mich von Ihrer Treulosigkeit über zeugt und von der Wirtin in Torbole und Giovanna, deren Tochter, erfahren, in welch gemeiner Weise Sie Gabriele betrogen hatten und dann durch Ihren Abgesandten mit Geld abünden wollten." „Genug, Frau Werner!" gebietet Kronberg, sich stolz aufrichtend. „Ich habe mir lange ge nug Ihre Schmähungen angehört, aus denen ich nur ersehe, daß Sie das Opfer einer Be trügerin geworden sind, die sich in den Besitz der Papiere meiner Frau gesetzt und durch eine Aehnlichkeit Sie getäuscht haben muß. Ich erkläre Ihnen nochmals, die Gabriele Berlow, welche meine Gattin war, ist tot, bei einer Bootsfahrt auf dem Gardasee ertrun ken. Mit der Dame aber, die Sie getäuscht und sich jetzt fälschlicherweise so nennt, werde ich ein ernstes Wörtchen reden und sie zu ent larven wissen. Sofort nennen Sie mir die Adresse der Dome!" „Wenn Sie nur nicht entlarvt werden, Herr Söderström," höhnt Hermine. „Und der Betrug, mit der Sie, ein bereits verheirateter Mann, dos arglose Kind zu der Scheinehe aus Helgoland verführten, an den Tag kommt!" (Fortsetzung folgt.)