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VMMHihnlßriMißlhlllkl AmüSl-r Tageblatt. Nr. ISS Sonnabend, den 14. Juni ISIS « 40. Jahrgang — . I U ! ' 1 1 - I Deutscher Reichstag. 160. Sitzung vom 12. Juni. Die zweite Lesimg der Wehrvorlage - wird fortgesetzt. (Dritter Beratungstag.) Preußischer Kriegsminister v. Heerin - g e n : Was die Belxmptungen des Abg. Noske über die Beziehungen der Heeresverwaltung zu den Atlaswerken betrifft, so ist es ausge schlossen, daß die Prospekte dieser Werke aus irgend eine Zusicherung der Militärverwaltung zurückzuführen sind. Weder das Kriegsministe- rium noch einer der in Frage kommenden Generalinspektoren ist an ein Mitglied des Gründungsausschusses der Atlaswerke herange- treten. Die Kritiken des Abg. Noske an der Tätigkeit der Intendantur in Südwestasrika treten die Heeresverwaltung gleichfalls nicht, da diese weder an der Mobilmachung noch an der päteren Versorgung des Expeditionskorps irgendwie beteiligt war, sondern lediglich die Anweisungen des Materialamtes und des Ober kommandos der Schutztruppe ausführen ließ. Die Intendantur des Expeditionskorps stand aber vor ganz besonders schwierigen Verhält nissen. Wir hatten nur zwei Landungsstellen in Lüderitzbucht und Swakopmund, und selbst hier war zu befürchten, daß die Schiffe schei terten, jedenfalls daß erhebliche Verluste bei den Löscharbetten eintreten. Dazu kamen die großen Entfernungen von den Häfenplätzen; für die Beförderung der Vorräte standen viel fach nur Ochsen oder Kamele zur Verfügung. Man konnte mit keiner Sicherleit darauf rech neu, wann! die Transporte eintreffen würden. Der Kriegsminister gibt dann Auskunft ü er den Truppen Unfall auf dem Nebungsplatz von Arys. Die Truppe wurhe^in dar Mittagszeit von einer Gewitter- schwül überrascht. Die Vorgesetzten trifft ke ne Schuld. Es ist tief bedauerlich, daß fünf brave Soldaten in dieser Weift il^r Leben im Dienst des Vaterlandes lassen mußten. Die 22 Sol daten im Lazarett sind zum Teil schon ent- lrssen oder sehen ibrer Entlassung entgegen. Der österreichische Oberst Redl ist nicht in der Lage gewesen, irgend ein geheimes Material der deut'chen Heeresverwaltung zu verraten, weil er es überhaupt nicht in die Finger ge kriegt bat. Wenn man versucht, iu die durch die Verfassung gewährleisteten Rechte des Kai sers eingugreifen, so ist der Kriegsminißer nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet, Front zu machen und sich zu wehren. Denn diese Rechte des Kaisers betreffen gerade das innere We'e» des Heeres, vor allem die Stellung des Offiz ierkorps. Der Kaiser allein hat über die Einstellung und Entlassung und über die Be förderung der Offiziere zu entscheiden. Davon längt das feste Gefüge und die Einheitlichkeit des Ofizicrkorps ab, so daß es jederzeit ein festes Instrument in der Hand des obersten Kriegsherrn zur Sicherheit des Vaterlandes ist. Wenig geschmackvoll ist dec Vergleich, daß der Kriegsministec nur der Prügelknabe des Chefs des Militärkabinct's ist. Das weise ich selp: bestimmt zurück. Vom Chef des Militärkabi- netts bekomme ich keine Weisungen. Ich trage dem Kaiser meine Angelegenheiten vollkommen allein vor. Seinen Meinungen habe ich natür lich nachgukommen. Denn nicht der Kriegs minister, sondern der König von Preußen kom mandiert die preußische Armee. Kleine Gar nisonen haben auch ihre Vorzüge. Regimenter kann man nicht ohne weiteres versetzen, sie wurzeln in der alten Garnison. Adlige Offi ziere werden nicht bevorzugt. Es gibt gute Garnisonen mit bürgerlichen Offizieren und schlechte mit adligen. Der Kriegsminister bit tet dann, die gestrichenen drei Kavallerieregi- meniter wieder zu bewilligen, und weist darmf bin, daß unsere Nachbarstaaten uns an Ka- vallepie überlegen sind. Die Lehren der letzten Kriege beweisen die Notwendigkeit der Kaval lerie. Flugzeuge, die von der Witterung ab hängig sind, können die Kavallerie nicht er setzen. Bei dieser wichtigen Frage darf man sich nicht von politischen Rücksichten leiten las sen. Wenn die drei Kavallerieregimenter ge strichen bleiben, so sind im Heere wesentliche Lücken vorhanden, die bei Ausbruch eines Krieges sich aufs empfindlichste bemerkbar ma chen würden. (Hört, hört! rechts.) Deshalb richte ich die dringende Bitte an Sie, bewil ligen Sie, was die Regierung gefordert hat. Es ist das Mindestmaß dessen, was gefordert werden muß. Der Antrag der Konservativen, noch zwei Regimenter mehr zu bewilligen, wäre füc die Militärverwaltung gewiß gut. Wir haben uns aus das zulässige Mindestmaß beschränkt. Mehr wird besser sein. (Beifall rechts.) Abg. Herzog (Wirtsch. Vgg.): Wir be grüßen es, daß die Wehrpflicht eine weitere Ausdehnung erfahren soll, wenn wir uns auch der Gefahr bewußt sind, die in der Entziehung von hunderttausenden wertvoller Arbeitskräfte liegt. Aber mir das Volk erhält seine Zu kunft, das Gold in Eisen, in Waffen ver wandelt. Abg. Ledebour (S^.): Der Kriegs minister hat sich sehr kurz gefaßt, augenschein lich weil er dachte: „Nur nicht zu viel reden, ich lege euch ja doch hinein." (Heiterkeit.) Der Kanzler hat einen Mangel an geistiger Arbeit gezeigt, der beweist, wie wenig er sich seiner Pflicht bewußt ist. (Präsident Kämpf rügt den Ausdruck.) Der Kanzler hat mit seiner soge- nrnnten Rede die bewilligungsfreudige Mehr heit einfach vor den Kopf gestoßen. Als Dr. Müller ihm mit seinem Glas laner Limonade zuprostete, hat er es ihm aus der Hand ge schlagen, daß ihm die Limonade um die Ohnen spritzte. Will der Kanzler etwa einen neuen Reichstag? Wir sehen der Auflösung mit Freu den entgegen. (Lachen rechts.) Redner wird zur Ordnung gerufen, als er sagte, die Agra rier suchten jeden Kanzler, der ihren Goldsack füllte, im Amte zu behalten. Kriegsminister v. Heeringen stellt gegenüber dem Vorredner fest, daß von dm 384 Millionen des Ergänzungsetats nur 52,5 Millionen für die Waffenindustrie und davon 24 Millionen für Arbeitslöhne bestimmt sind. Gegenüber den disziplinierten Massenheeren der Nachbarn können wir uns nicht dem Luftge bilde eines Milizheeres anvertrauen. In der Kommission sagten sogar Sozialdemokraten, die Verteidigung des Vaterlandes müßten wir au's höchste steigern. Zur Aufrechterhaltung der Ruhe im Innern genügt die Polizei oder die Feuerwehr. Jur Ruhrrevier war mit dem bloßen Erscheinen des Militärs die Ruhe so fort wieder hargestellt. Kein deutscher Bürger wurde durch die Truppen in seiner Freiheit beschränkt. (Lärm bei den Soz.) Deutschland ist friedlich bis auf die Knochen. Sonst wür den »vir keine Vorlage einbringen, die Jahre braucht, um volle Wirksamkeit zu erlangen. Wir wollen nur deutscher Industrie und Arbeit den Frieden sichern. Der Kriegsminister legt dann nochmals den Wert der Kavallerie dar. Die Frucht des Angriffes bringt allein die Verfolgung. Die Kavallerie kann den Krieg rasch entscheiden. Abg. Fischbeck (Vpt.): Die Militärvor lage bewilligen wir um der Sicherheit des deutschen Volkes willen. Unsere Anträge lie gen sowoT im Interesse des Heeres wie des Volkes. Zweifellos findet in der Armee eine Bevorzugung des Adels statt, die mit der Ver fassung in Widerspruch steht. Zur Deckung wünschen wir eine allgemeine Bösitzsteuer auf Vermögen oder Erbschaften. Die Rechtsver hältnisse des Heeres müssen mit dem Volks empfinden in Einklang gebracht worden. Freitag 1 Uhr: Fortsetzung. Deutliches nn- Sächsisches. *— Bezirksfeldwebel. Nächsten Sonn abend ist der Bezirksfeldwebel im Sitzungszimmer — 1 Treppe — des Stadthauses am Neumarkt in Hohenstein-Ernstthal für die Mannschaften des Beurlaubtenstandes dienstlich zu sprechen. Es können an diesem Tage Meldungen aller Art erledigt und Gesuche abgegeben werden. Auch wird über alle militärischen Angelegen heiten, soweit sie die Fragesteller berühren, be reitwilligst Auskunft erteilt. * — Die diesjährige Kirschen nutzung an den Straßen der Amtsftraßen- meisterei Glauchau soll am 17. Juni d. I. und zwar von vormittags 10 Uhr an in Pfau's Restaurant in Altstadtwaldenburg die Nutzungen dec Abteilungen 1 und 2 der Al- tenburg-Oberlungwitzer Straße mit Hohe- und Falftner Straße und der Thonstraße, sowie von nachm. 4 Uhr an im Schützenhaus in Glauchau die Nutzungen der übrigen Straßen, diejenige an de» Straßen der Amtsstraßen- mcisterei Lichtenstein am 18. Juni d. I. und zwar von vormittags 10 Uhr an im Gasthof zur Sonne in Hohenstein-Ernstthal die Nutzun gen der Abt. 8 doc Hofer Straße, der Hohen- stein-Ernstthal—Stollberger Straße, der Abt. 5 der Altenburg—Oberlungwitzer Straße mit Lerchenstraße und der Abt. 1 der Wüstenbrand —Glauchauer Straße, sowie von nachm. 5 Uhr an im Gasthof zum goldenen Hom in Lichtenstein die Nutzungen der übrigen Stra ßen gegen sofortige Barzahlung und unter den vor der Verpachtung bekannt zu gebenden Be- dimpmgen verpachtet werden. —r. 12. Deutsches T u r n f. e st. Zah len, die reden:. Beim kommenden Leipziger Turnfest worden aller Voraussicht nach 8000 Weftnrner und Wettspieler zu den verschiede nen Kämpfen antreten. Diese 8000 Tümer leisten ungefähr 120 000 verschiedene Uebun- geu. 500 Kampfrichter werden 5 Tage lang auf dem weiten Turnplätze ihres Amtes wal ten. Und wenn diese Tätigkeit an jedem Tage - ungefähr für jeden Kampfrichter 6—8 Sturv r den dauert, so kann man ermessen, was für t eine gewaliige Arbeit auf turnerischem Gebiete ) auf einem deutschen Turnfeste geleistet wird. - * — Der Sächsische Lehrerve r- e ein hält seine Hauptversammlung am 29. und , 30. September in Chemnitz ab. Ter bekannte t Politiker und Schriftsteller Dr. Friedrich Nau- t mann wird das Tbema: „Der voUswirftchaft- liche Nutzen der Ausgaben ftir die Volksschule" ; behandeln. Außerdem wird der sächsische L md- ; tagsabgeordnete Dr. Zöphel über das Ver hältnis von „Kirche und Schule" sprechen und - dabei besonders auf die Einrichtung eines eige- ! neu Unterrichtsministeriums für das gesamte Bildungswesen zukommen. Mit der Haupt- : Versammlung wird auch diesmal eine öffent- : liche Volksversammlung verbunden sein, in der - voraussichtlich Dr. Naummn über dasselbe Thema wie am Morgen sprechen wird. m. Oberlungwitz,13.Juni.DieTeschin-Schützen- (Schieß)-Gesellschaft l, die bekanntlich in diesem Jahre auf ein 25jähriges Bestehen, znrückblicken kann, hat für die aus diesem Anlaß vorgesehenen Jubiläumsfcierlichkeiten folgendes Programm aufgestellt: Sonnabend, den 2. August, abends 6 Uhr Zapfenstreich mit nachfolgendem Kommers im Postrestaurant; Sonntag, den 3. August, nachmittags 2 Uhr Sammeln beim König, Ab holen der Gründer in Rabes Restaurant, 3^ Uhr Beginn des Preisschießens im Forsthaus, von 5—6 Uhr Schießen nach der Jnbiläums- scheibe, wofür mehrere Geldpreise vorgesehen sind. Anschließend daran findet Konzert statt. Montag mittags 12 Uhr wird das Frühstück abgehallen, nachdem Schießen nach der Preisscheibe, Konzert und geselliges Beisammensein; Sonntag, den 10. August, nachmittags von 4 Uhr ab wud das Schießen nach dec Königsscheibe mngeft?: und beendet. Abends beschließt ein Ball im Postrestaurant die Festlichkeiten. * Chemnitz, 12. Juni. In der letzten hiesigen Scadtverordneiensitzung wurden u. a. für den Neubau eines Versorghauses 449 800 Mark und zum Kapital „Kläranlage" 1 145 000 Mark genehmigt. Bei dein Millionenprojekte der Kläranlage kam es zu einer größeren De batte. Für die Oefftntlichkeit brachte diese manches Interessante zutage, sie gewährte einen Einblick in das Schuldbuch der Stadt. Von einer Anleihe im Gesamtbeträge von 16 489 466,12 Mk. stehen noch 3 049 985,35 Mark zur Verfügung. Bürgermeister Dr. Hübsch mann bemerkte hierzu, daß an der Hand von Statistiken nachzuweifen wäre, daß Chemnitz nicht überschuldet sei. Die Finanzverhältnisse der Stadt seien als durchaus gesunde zu be zeichnen. * Zwickau, 12. Juni. In der Schlafkammer erhängt aufgefunden wurde gestern morgen von seinem Vater, einem in der Schneeberger Straße wohnhaften Bauarbeiter, sein etwas schwachsinniger, 13 Jahre alter Sohn. Das Motiv zur Tat ist unbekannt. — Alls gekränkte»' Ehrgefühl hat sich weiter gestern noch ein Schnlknabe im Alter von 11 Jahren erhängt. Kleine * Die Eisberggesahr. Der Dampfer „Olym- pic" ist am Mittwoch in Newyork eingetroffen. Im Labyrinth des Lebens Roman von M. Kneschke-Tchönau. 18 lloUßtzM'g- (Nnchdruck veibvlcn.' „Und da sahen Sie ihn dort mit einer Dame? Hellen Sie ihn gesprochen?" fov'chte Hermine weiter. „Nein. Ich kam zu spät. Er fuhr gerade ab, mit einer schönen, jungen Dame. Aber er hat mich gefthen und wurde kreidebleich vor Schreck. Der Diener aus dem Hotel, der das Gepäck besorgte, sagte es mir, daß sie seine Frau und reich, schwer reich sei. Er zeigte mir das Go.dstück, das er als Trinkgeld er halten. Und da wußke ich genug. O das brannte im Herzen und nun konnte ich die Signora begreift». Ich fuhr heim, um ihr alles zu sagen, da war sie fort. Arme Sig»- normal" „Und dann kam ein alter Herr hierher? Wer war das?" „Weiß nicht," sagte Giovanna und zuckte die Achteln. „Er bezahlte alles, die Wohnung bis zum Neujahr und nahm alles mit, was vom Signore und der Signorina noch hier war. Es war nicht sehr viel." „Er nahm alles mit, sagen Sie?" fragte Hermine erschreckt. Sie konnte das gebrochene Deutsch des Mädchens nur schwer verstehen. „Alfts, bis auf mein Bild, das der Sig nore gemaft. Das gab ich nicht ler, eine Er innerung will arme Giovanna haben an —," weinend brach das Mädchen ab. Hermine drückte ihr teilnahmsvoll die Hand und wandte sich zum Gehpn. Was sollte sie hier noch? Sie hatte genug erfahren. Schwei gend, in gebeugter Haltung schritt sie von dannen. Hätte sie weiter geforscht, würde sie von dem Bootsunglück, durch das die ver lassene junge Frau nach Ansicht der Bewoh »er von Torbole ein Opfer des Sees gewor den, erfahren haben. So aber ging sie ohne Kenntnis dieser Episode von dannen, dadurch die einzige Möglichkeit, Licht in die dunkle Sache zu bringen, vernichtend. Die Bewohner Torboles erfuhren nicht, daß Gabriele lebend am andern Ufer des Sees weilte und so blieben auch Salvinis, auf Cedrik Söderströms Bitten wiederholte Nach forschungen erfolglos. Als ein halbes Jahr später weiier drunten am östlichen Gestade des schönen Sees hinter Maltesin« ein weiblicher, durch langes Äegen im Wasser unkenntlicher Leichnam aufgefunden wurde, nahm man an, daß es derjenige Gabrielens sei. Er wurde durch Sa'vinis Vermittlung am Fundorte be stattet und das Grab mit einem schlichten, weißen Marmorkreuz versehen, das in golde nen Lettern und Namen „Gabriele Söder ström" und das Datum ihres vermutlichen Todestages trug. 10. Kapitel. In fieberhafter Erregung und größter Spannung wartete Gabriele auf die Rückkehr Hermines. Sie hatte au^steheu, sich ankleiden wollen, doch sie war zu matt dazu gewesen. Nun lag sie wieder im Bett, die schmalen, wachsbleichen Hände auf der Brust gefaltet' die Augen sehnsüchtig nach der Tür gerichtet^ durch welche Hermine eintreten mußte. Ob sie allein zurückkommen, oder ob Cedrik sie begleiten würde? Bei diesem Gebauten schlug ihr das Herz höher und eine fast nicht mehr zu bazwingende Sehnsucht stieg in ihr auf. Er mußte ja wiederkommen! Wie sie im mer wieder darum zweifeln konnte. Sie ver gegenwärtigte sich das Leben der letzten Mo- nate, seine Liebe und Zärtlichkeit. Da tauch ten aber auch wieder die vielen trüben Stun den auf, die ihre eigene Unzufriedenheit, ihre Eifersucht ihr bereitete, und die geheimen Sor gen, die ihn so oft gequält. Aengstlich klopfte das Herz in ihrer Brust und dann legte sich die letzte Szene zwischen ihr und dem Gatten auf dem Rocca bei bimbi bleischwer auf das Gemüt. Und wie diese Erinnerung sie in ihren Fieberträumen geängstigt hatte, so Pei nigte sie dieselben auch jetzt und ließ wieder den Zweifel an seiner Rückkehr Raum. Und dann die Anwesenheit Onkel Haralds und Signes in Florenz! Sie würden Cedrik ja mit allen Mitteln festzuhalten suchen, wenn er nicht den Mut fand, seine Ehe einzuge stehen. Aber wenn er ein Ehrenmann war, mußte er sie jetzt eingestehen und er würde es auch tun, oder vielmehr es bereits getan haben. Vielleicht warteten alle drei schon sehnsüchtig auf Nachricht von ihr, und konn ten sich nicht erklären, wo sie weile. Daß sie mich diese Krankheit befallen und hier so lange bewußtlos festhalten mußte! Wel ches Glück, bas: sie wenigstens Hermine hier getroffen hatte. Es war doch wie eine Fügung Gottes gewesen, daß Hermine sich sofort nach Empfang ihres, in aller Heimlichkeit geschrie benen Briefes auf die Bahn gesetzt und hier her gereist war. Und welchen Mut die treue Seele damit bewiesen. Sie hatte doch gar nicht mit Sicherheit daraus rechnen können, sie hier zu finden. Ihre Idee, das Postamt, auf deni Gabriele den Antwortbrief erwartete, von früh bis abends zu belagern, grenzte ans abenteuerliche. Und wieder war es nur ein glücklicher Zufall gewesen, daß sie selbst her übergekommen, um nach dem Briefe zu fra- tzen, denn wäre Cedrik nicht verreist gewesen, hätte sie das gar nicht wagen dürfen. So über Vergangenes und Zukünftiges nachgrübelnd, verging der jungen Frau die Wartezeit etwas schneller. Endlich hörte sie Schritte im Hausflur, die sich ihrer Tür näherten. Erwartungsvoll richtete sie sich in den Kissen auf, ließ sich aber sogleich wieder zurückfallen, als sie nur Her mine, und nicht, wie sie gehofft, auch Cedrik eintreten sah. „Du kommst allein, Hermine?" fragte sie traurig und die Enttäuschung spiegelte sich auf ihrem Antlitz wieder und schnitt der Eintre tenden ins Herz. „Ja, mein Kind, ich komme allein!" nickte Hermine und legte hastig Hut und Mantel ab. „Und nicht nur das-, ich bringe auch schlechte Nachrichten. Wirst Du stark genug sein, sie zu hören?" „Schlechte Nachrichten?" wiederholte Gabriele mit bleichen Lippen und ihre Augen öffnen sich weit vor Schrecken. „Von ihm? Sprich, sag alles, Hermine, die schrecklichste Gewißheit kann nicht schlimmer sein, als diese qualvollen Zweifel." „Armes, armes Kind!" murmelt Hermine und setzt sich neben das Lager. Sie beugt sich zärtlich über die Kranke und erfaßt ihre Hand. Jedoch ungeduldig wehrt Gabriele ab. „Mach's kurz, Hermine!" gebietet sie mit ganz veränderter Stimme. „Ich kann alles hören, alles!" „Nun denn — Du bist einem elenden Ver führer und Betrüger in die Hände gefallen. Der sich Dein Gatte nannte, war längst der Gatte einer anderen Frau." „Hermine! Wie kannst Du es wagen, eine solche furchtbare Beschuldigung anszusprechen!" fährt Gabriele empört auf. „Woher willst Du wissen — —* (Fortsetzung folgt.)