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KlWk M Hchuftii-CuAIHliln Kmnorl ? Tageblatt. 4V Jahrgang Nr ISS Donnerstag, den 12 Juni LS1S W Deutscher Reichstag. 158. Sitzung vom 10. Juni. Auf eine Anfrage des Abg. Liebknecht (Soz.) nach dem Schicksal des deutschen Berg mannes Jakubik aus Myslowitz, der wegen seiner Agitation für den oberschlesischen Berz- arbeiterstreik von russischen Behörden in dem russischen Grenzort Nifka verhaftet und angeb lich zu lebenslänglicher Zwangsarbeit verurteilt worden sein soll, erwidert Geheimrat Lentze : Der Bergarbeiter Ja- kubik hat gegen eine russische Verordnung ver- stoßen, indem er russische Gelder für Streik zwecke gesammelt hat. Es ist daher ein Ver- fahren gegen ihn eingeleitet worden, das vor aussichtlich in den nächsten Tagen zum Ab schluss kommt. Es wird keine andere Folge haben als die Ausweisung. Für möglichste Beschleunigung des Verfahrens ist Sorg« ge tragen. Abg. Haegy (Elsässer) weist darauf hin, daß unter dem Namen „Malzwein" in jüng ster Zeit ein Produkt in den Verkehr gebracht wird, das sich als ein« täuschende Nach ahmung von Wein darstellt. Das ist eine Irreführung der Konsumenten und eine schwer« Gefährdung des Weinbaues und des reellen Wenrhandels. Ministerialdirektor von Joncquieres erwidert, daß die Herstellung derartiger Ge tränke nach dem Weingesetz unzulässig ist. Be sondere Maßnahmen zum Schutze des Wein- lxnws und der Konsumenten sind getroffen worden. Es^ folgt die zweite Lesung der W e h r v o t l a g e. Abg. v. Putlitz (kons.) berichtet übw die Verhandlungen der Budgeckommission. Abg. Noske (Soz ): Das gestrige Vor spiel zeigte, daß die herrschenden Klassen si h wieder der Pflicht entziel-en, die Lasten, die sie dein Volke auflnirden, selbst zu tragen. An eine Kriegsgefahr glauben wir nicht. Bei rauschen den Festen, die mit verschwenderischer Prack t gefeiert werden, während Millionen nicht salt Brot zu essen haben, vergeudet man das Geld. Der englisch-deutsche Gegensatz hat sich sehr ge mildert, die slawische Gefahr,- von der der Kanzler sprach, besieht nicht mehr, nachdem sich der Kaiser und der Zar in den Armen gelegen haben. Ohne die deutsche Militärvo - lage Härte kein französischer Kriegsminister wo gen dürfen, die dreijährige Dienstzeit zu for dern. Der 70er Krieg hat dem deutschen Vvl'e nur Blutopfer, die schwersten persönlichen La sten, Hunger und Arbeitslosigkeit gebrockt. Im Labyrinth ded Lebend Noman von M. Kneschlt-Schövau. Ik. Fortsetzung. (Nachdruck verboten.t 8. Kapitel. Diese Reste hatte Signe weniger angc- strengt, als man erwartet batte und so waren die verschiedenen Rubestationen, die ins Auge ge'aßt worden, gornicht nötig gewesen. In folgedessen war die Ankunft in München einen Tag früher erfolgt und da Signe unruhig die Weiterreise ersehnte, wurde bereits am folgen den Morgen wieder ausgsbrochen. So kam es, daß ein Br es Salvinis, der kurz nach Cedriks Abreste in Meran eingelaufen mid nach Mün chen nachge endet worden war, den Adressaten auch dort nicht erreichte. Endlich in .Hamburg, wo eine unfreund liche längere Rast durch den erst in einigen Tagen fälligen Dampfer, der sie nach Norwegen brin gen sollte, bedingt war, gelangt: der Brief des Freundes in Cedriks Hände, ihn in die größte und schmerzlichste Bestürzung versetzend. Salvini schrieb: Mein junger Freund! Ich habe Ihnen etwas Tiestrauriges mit zuteilen. Nehmen Sie Ihre ganze Mannes- kraft zusammen und vernehmen Sie, daß Ihre Gattin nicht mehr ist. Sie ist bei einer Bootsfahrt, die sie ganz allein unter nommen, ertrunken, ohne daß man vom Iller aus das Unglück bewerbt hat. Man fand den leeren Kahn mit dem Mantel und Schirm der Unglücklichen unweit Malcesines, aber niemand von den Bewohnern wußte etwas von der Insassin zu sagen. Ich habe das ganze Ostrrser durchforschen lassen, aber erfolglos. Die Leiche wurde nicht gefun-- den. Die Fischer behaupten auch, daß der See oft seine Opfer festhält, ehe er sie wie der an die Oberfläche gelangen läßt. Ich habe die Wirtin und Giovanna scharf ins Verhör genommen, auch die Behörde benach richtigt. Aber dos Resultat ist sehr unbe friedigend. Die pmge Frau ist am frühen Nachmittag« desselben Tages, an dem Sie abreisten, mit Mantel und Hut bekleidet in südlicher Richtung den Strandweg entlang gegangen. Niemand hat sie zurückkommcn sehen und dock muß sie zurückgekommen sein, da der Sohn des Fischers TuMmo, der Und riach dem Kriege? Die Generale erhiel ten hol)« Dotationen und die Veteranen be kamen erst nach vielen Jahren einen Notgro schen von 120 Mk. Die Lebenshaltung der Arbeiter blieb unzulänglich. Der Reichstag sollte verlangen, daß die Verhandlungen über dieses Gesetz abgebrochen und an dem Tage erst wieder ausgenommen werden, an dem durch schiedsgerichtliche Verträge bessere Be ziehungen zwischen den Mächten hergestellt sind. Namens eines Drittels des Deutschen Reiches erheben wir diese unsere programmatische For derung. Wir verlangen die Erziehung, des Volkes zur WohvhrftiAeit, an der sich Regie- rung und Rechte durch ihre Rückständigkeit auf sozialpolitischem Gebiete fortwährend versündi gen. Der beste Beweis dafür ist, daß auch nach der Erhöhung unserer Wehrmacht mit der Un tauglichkeit von 41 Prozent der jungen Leute gerechnet werden muß. Wir trauen der Ver sicherung nicht, daß die vermehrte Zahf von Rekruten auszubringen ist, ohne weiteres Her- abgeb«n in den Anforderungen an die körper liche Tüchtigkeit. Wir fordern ein Milizheer. Mit dem vielen Krempel, den wir noch haben, muß aufgeräumt werden. Die Soldaten sollen nicht das Spielzeug eines allerhöchsten Kriegs herrn sein. Wenn es an Grenzschutz fehlt, so soll man die Gardekavallerieregimenter an die Grenze legen. Das wahnsinnige Wettrüsten in der Luft hätte durch Verhandlungen zwischen den Staaten vermieden werden müssen. Di: neugegründeten Atlaswerke behaupten, sie hät ten schon sichere Bestellungen. In ihrem Auf sichtsrat sitzt der freikonservative Landtagsabge ordnete v. Zedlitz, der Reichstagsabgeordnete v. Böhlendorf-Kölpin und der Reichstagsabge- ordnete Graf Posadowsky. (Hört, hört! bei den Soz.) Haben sie etwa Abmachung«» ge troffen, die jene Bestellungen sichern? Ich frage das, um einem Mißbrauch des politischen Am tes vorzubeugen. (Zuruf bei den Soz.: Kor ruption. Vizepräsident Dove: Der Zuruf enthält bereits ein Urteil. Ich muß das a's unzulässig ganz entschieden zurückweisen.) Not wendiger als neue Heeresteile ist eine Revision des Jntendanturwesens. Bevor man 15 000 neue Unterostizierstellen schasst, sollte man das Schreibwerk vereinfachen, und dann sollte man tüchtigen Unteroffizieren das Aufrücken in Osfizierstellen erleichtern. Die Waffeufabriken sollten bereits amtliche Weisung erhalten haben, sich auf die neuen Waffenlieferungen einzurich ten. (Hört, hört!) Das ist eine Verletzung des Budgetrechts des Reichstags Zu einer stürmischen Szene kommt es, als der Redner erwähnt, daß sich der Kriegsminister einer Wendung bedient haben soll: „solche Lokale, in denen Dirnen, Zuhälter und Sozialdemo kraten verkehren, seien von den Soldaten zu boykottieren". Die Sozialdemokraten erheben großen Lärm, lebhafte „Pfui"-Rufe, Abg. A u- erick ruft: „Das ist eine Unverschämtheit des Kriegsministers, die soll ihm nicht vergessen werden", und wird zur Ordnung gerufen. Erst allmählich kehrt wieder Ruhe ein. Mittwoch 12 Uhr: Weiterberatung. Jas Schicksal Mes deutschen NemdeuWoMs. Man erinnert sich wohl noch der vor kur zem veröffentlichten Meldung französischer Blät ter, wonach sich der frühere Bürgermeister von Usedom, Trömel, in die französische Fremden legion geflüchtet haben sollte, um den „ihm unerträglichen Zuständen in Deutschland" zu entgehen. Solche Aeußerungen sind gang dazu angetan, in kritiklosen Köpfen den Glauben an ein militärisches-Paradies in Französisch-Afrika großzügigen. Da ist es denn gut, wenn von Zeit zu Zeit Ereignisse ans Tageslicht drin gen, die wieder einmal beweisen, wie traurig es mit der Menschlichkeit in jener Truppe be ste^: ist, der leider Deutschland noch immer e-icn hoyen Prozentsatz abtrünniger Söhne zu- führt. Von dem Schicksal eines solchen jungen Deutschen berichtet der „Schwäbische Merkur" folgendks: Eine Abteilung der Fremdenlegion befand sich auf dem Marsch im marokkanischen Auf standsgebiet. Ein blutjunger deutscher Frei» denlegionär, Hans M., erhielt den Auftrag, einen Patrouillengang auszuführen. Auf die sem wurde er schwer verwundet. Er verlor die Besinnung und als er sie wieder erlangte, war seine Kompagnie längst außer Sehweite. Erst nach mehreren Tagen, nachdem er sich, der Not gehorchend, aller entbehrlichen Ausrüstungsstücke entledigt hatte, traf M. total erschöpft und mit ho'em Fieber bei seiner Kompagnie wieder ein. Er wurde im Feldlazarett aufgenommen, aber schon nach wenigen Tagen auf Veran lassung des Abteilungsführers Oberstleutnant P. den, Kviegsgericht L. vorgeführt und der — Fahnenflucht und Preisgabe von Dienst- und Ausrüstungsgegenftänden als dringend ver dächtig angeklagt. Zur Ueberraschung aller Anwesenden stellte das Kriegsgericht in der Verhandlung zunächst iest, daß M. noch nicht einmal 17 Jahre alt war und folglich wegen Minderjährigkeit nach dem französischen Gesetz überhaupt kein Enga gement für die Legion mit ihm abgeschlossen werden konnte! Trotzdem verhandelte man weiter gegen ihn und benahm sich auf feiten des Kriegsgerichts ganz so, als säße man in 'röhlichster Laune im Restaurant. Der Vor sitzende Oberstleutnant P. witzelte über die in den Mienen des Angeklagten erkennbare Angst und die Beisitzer stimmten in die allgemeine Heiterkeit mit ein. In dieser Stimmung und ohne auf die Beweise und Beteuerungen des M. näher einzugehen, verurteilte man ihn auf Grund künstlich konstruierter Verdachtsmomente zum Tod durch Erschießen! Ohnmächtig brach M. zusammen und wurde ins Untersuchungs gefängnis zurückgebracht. Auf seine flehentlichen Bitten benachrich tigte man schließlich seine Eltern, gutgestellte Leute in K., von dem Urteilsspruch. Sein Va ter wandte sich sofort telegraphisch an den Präsidenten der Republik und erbat Aufschub des Vollzugs. Dann machte er sich mit der verzweifelnden Mutter auf und trat die Reise nach Afrika an, um seinen Sohn noch einmal zu sehen und ihn zu umarmen. Oberstleutnant P. fand anscheinend ein be sonderes Vergnügen daran, den Unglücklichen im Lazarett aufzusuchen. „Wie geht es Dir? Bist Du bald geheilt?" M. bedankte sich und erwiderte: „Es geht gut, mein Oberst." Höhnisch lächelnd entgegnete P.: „Beeile Dich, das Lazarett bald zu verlassen, draußen warten zwölf andere Kugeln aus Dich!" Man versehe sich in die seelischen und kör perlichen Qualen des M., um die Brutalität des P. richtig einzufchätzen! Inzwischen waren die Eltern des M. in Oran gelandet, und der Pater teilte seine be vorstehende Ankunft in Z. telegraphi'ch dem Kriegsgericht X. mit. Dieses hatte, wie durch Zeugen einwandfrei festgestellt worden ist, be reits eine Anweisung des französischen Kriegs ministeriums erhalten, wonach der Präsident der Republik den M. begnadigt und seine Strafe umgewandelt habe. Olne sich um diese Anweisung zu scheren, ließ Oberstleutnant P. auf die Nachricht von der bevorstehende» An kunft der Elter» M s sofort ei» Erekntions- peloton von zwölf Mann antreten nnd den unglücklichen, halbtoten Menschen., der sich nicht einmal auf den Beinen halten konnte, wenige Minuten vor Ankunft des Zuges, der die El- ter» brachte, erschießen. Als Vater und Mut ter in den Hof des Ilntersuchungsgedngnisses traten, war ihr Sob» bereits beerdigt. Wohl hat sich auf Betreibe» des erbitterte» Vaters kleine Beppo, ihr am entgegengesetzte» liier das kleine Boot seines Vaters überlasse» hck. Bei der Verlogenheit der italienische» Fischerkinder wollte uns erst diese Angabe, sowie das direkte Verlang«» Ihrer Frau, ganz alleine zu fahren, nicht recht glaub würdig erscheinen. Wir vermuteten eine Finte des Knaben, der sich vor Strafe fürch tete, weil das Boot davongetvieben war. Aber der Fund von Mantel und Schirm Ihrer Gattin in dem Boote deckte sich mit den Angaben des Jungm. Die iraurigs Tatsache, daß Ihre Gattin verunglückt ist, mußte leider konstatiert werden und es ist mir befremdlich, daß man das Boot nicht im umqeschlagenen Zustande aufwnd, wie es wohl bei einem Unglück hätte der Fall sein müssen. Ich darf es Ihne» nicht verschweigen, daß man in Torbole allgemein aimimmt, daß die junge Frau den Tod gesucht habe, wozu die Mitteilungen Giovannas viel bei tragen. Dieselbe Hot Ihre Frau noch kurz vor ihrem Spaziergänge gesprochen, will Tränenspuren und sine große Aufregung an ihr bemerkt haben. Ein Brief oder ein sonstiges Anzeichen dieses Entschlusses fand sich nicht vor. Es wird also ein ewiges Rätsel bleiben. Msines herzlichsten Mitgefühles können Sie versichert sein. Ich hätte Sie schon früher benachrichtigt, wollte jedoch erst Gewißheit haben, ehe ich Ihnen diese Hiobspost über- mittelte. Da Sie gewiß selbst noch Nach forschungen an Ort und Stelle anstelle» werden wollen, biete ich Ihnen meine Be gleitung dazu an und erwarte Ihre Mit teilung, wenn Sie nach Torbole zu reisen gedenken. Die Ihnen und Ihrer Gattin gehörigen Sachen habe ich in d-e Koffer packen lassen und sie der dortigen Behörde übergeben, die sie für Sie aufbewahrt. Nur die angefangene Studie von Giovanna gab letztere nicht heraus und behauptete, noch Aükprüche an Sie zu haben, die nur Sie erßllen könnten. Vergebens bot ich ihr Be zahlung derselben an. Alles übrige lM^e ich geordnet und veranlaßt, daß bei et waiger Auffindung der Leiche sofort an mich telegraphiert wird. Es ist ein krasser Abschluß Ihres Liebes glückes und wird sie mit tiefem Schmerze erfüllen. Ich hpffe, Ihnen in Bälde teil nahmsvoll die Hand drücken zu können. Mit herzlichstem Gruße Salvini. Cedrik war von dieser Nachricht wie zer schmettert. Sein junges, blühendes Weib ein Opfer der schönen blauen See. Gabriele tot! Es war nicht auszudenken. Dazu die nagen de» Gewissensbisse, die sich in ihm regten, daß das leidenschaftliche Geschöpf seine Abreise nicht gleichgültig ausfasse» würde, sie, die stets alles schwärzer sah, als es in der Tat war, die ihn immer und überall mit ihrem Miß trauen verfolgte. Sie hatte sich von ihm treu los verlassen gewähnt und in ihrer Verzweif lung selbst den Tod gegeben. So war es und diese schwere Schuld konnte ihm niemand vom Herzen nehmen. Mit grausamer Deut lichkeit stand die Szene am Sseiner vor sei nem inneren Auge, als sie aus dem Rocca dei bimbi sitzend, ihm von ihrem Zustande gespro chen und er sie so hart angelassen hotte. Was gäbe er darum, wenn wenigstens diese harten Worte ungesprochen geblieben wä ren, die sie im Zusammenhänge mit seiner plötzliche» Abreste i» den Tod getrieben und die ihm ewig, unauslöschlich auf der Seele brennen würden. Ei» heutiges Schluchzen durchschüttelte den Körper des unglücklichen Mannes, der von Selbstvorwürfen gepeinigt unter der Wucht dieses Schicksalsschlages zusammenbrach. Er barg den Kopf in beide Hände und Trme auf Träne sickerte durch die bebenden Finger auf die Tischdecke herab. Von seinem Schmerze völlig hingenom men, vergaß Cedrik Zeit und Weste und fuhr erschreckt in die Höhe, als an seine Tür ge klopft wurde und der Onkel ihn neckend an die Tischzeit mahnte. Jetzt essen, Mensche» stben, sich unterhalten müssen, das war «in Ding der Unmöglichkeit für ihn. Rasch ent- schlossen trat er dicht an die Tür Hera» und entschuldigte sich mit hastigen Kopfschmerzen. Dos Ivar keine Lüge. Der Kopf brannte ihm wie Feuer und hinter seiner Mirn sag'- te» sich die Gedanken. Er faßte Ewtschtüsse und verwarf sie sofort wieder. Er wollte so fort abreisen, selbst die Ufer des Garda ab suche», um sich gleich darauf zu sage», daß I das vergebliche Mühe sei und ihm nur das f Wohlwollen seiner Verwandten kosten würde, i Es drängte ihn mit olle» Fibern danach, I dem Onkel alles zu beichten, die schwere Last I der Schuld von seiner Seele zu wälze» oder wenigstens durch eine offene Aussprache zu er leichtern. Aber da kam der Verstand und riet davon ab. Wozu jetzt beichten, wo eine Ent deckung seiner heimlichen Ebe nicht mehr zu fürchte» war? Und Signe? Was wurde aus ibr, wenn sie erführe, daß — — nein, nein! Nicht »och ein zweites Menschenleben auf dem Gewissen haben! Was er dort verschuldet, wollte er durch hingebende Liebe nnd Treue hier wieder gut machen. Und wenn Signe sterben oder genesen sollte, so fand sich schon einmal die Stunde, wo er rückhaltlos von seinem Fehl tritt und dessen furchtbaren Folgen sprechen durfte. „Nur jetzt nicht! Heute nicht!" Mit wankenden Knien schlich er hinüber in Signes Zimmer, wo er Morphiumpulvcr wußte, die sie in von Huste» gequälten Näch ten zu nehmen pflegte. Signe war mit dem Onkel im Speisesaale, ihr Zimmer leer. Rasch entnahm er der kleinen Schachtel auf dem Nachttischchen vor ihrem Lager zwei Pulver und kehrte eilends in sein Zimmer zurück. Auf sein Klingeln erschien das Stuben mädchen, er hieß sie frisches Wasser bringen und seinen Verwandten mitzuteile», daß er sich zu Bett gelegt habe und nicht gestört zu wer den wünsche. Dann verriegelte er die Tür, schrieb mit zitternder Hand einige Zeilen an Salvini und steckte das kuvertierte und gesiegelte Schreiben in die innere Brusttasche seines Rockes. Dann erst legte er die Kleider ab und streckte sich auf leinem Botte aus, nachdem er beide Morvhium- pulver, die, wie er wußte, nur eine schwache Dosis des Schlafmittels enthielten, eingenom men hatte. Ermattet schloß er die Augen. Schlafen, vergessen — —" murmelt er mehrmals hintereinander, dann schlief er ei». Als nach einer Stunde der Onkel abermals klopfte und Einlaß begehrte, schlief er so fest, daß er weder das heftige Klopfen noch die ängstlichen Rufe des durch die Mitteilung des Stubenmädchens beunruhigten alten Herrn ver nahm. Kopfschüttelnd verließ jener den Korri dor und begab sich zu seiner Tochter. „Der Faistpelz schläft wie ein Murmeltier," sagte er lächelnd, als er ihre fragenden Blicke bemerkte. Er bat sich eingeschlossen und schnarcht, daß die Wände zittern. — — — — (Fortsetzung folgt.)