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WeWnMltMAnze'W Tageblatt für Hohenstein-Ernstthal, Oberlungwitz, Gersdorf, Hermsdorf, Bernsdorf, Wüstenbrand, Mittelbach, Ursprung, Kirchberg, Erlbach, Lugau, Langenberg, Falken, Langenchursdorf, Meinsdorf rc. - . . - , cpaaes Dierteliädrlicher Bezugspreis bei fteier Lieferung ins Haus Mk. 1.M, bei Abholung in den Geschäfts- n erscheint mit Ausnahme der Sonn- und Festtage täglich abends mit dem Dakun d f g und Ausgabestellen, die Austräger, sowie sämtliche Kaiser,. Postanstalten und die Landbriefträger entgegen, stellen Mk. 125, durch i-Post bezogen fauster Bestellgeld) Mk. 1.50. Einzelne Nummern 10 Pfg^ Bestellungen °d-r deren Raum 12 Pfg, für auswärts 15 Pfg.,- im Reklameteil die Z^ile D Pfg Die A.- -Nage erhalten die Abonnenten .eben Sonntag das „Illustrierte Sonntagsblatt-. - Anzeigengebühr s'" Abend oorher erbeten. 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Hohenstein-Ernstthal, am 18 Juni 1913. Der Stadtratz Freibank Hohenstein-Ernstthal. Rohes Rindfleisch, Pfd. 55 Pfg Jas MserjuMW. Der Zug der Handwerker. Wie am Vorlage, so lerrschte auch am Dienstag strahlend sonniges Hohenzollernwetter nn' begünstigte das gute Gelingen des Huldi gungszuges der Berliner Innungen vor dem Kaiser. Eine Trübung erfuhr die Festfreude leider dadurch, das; die Kaiserin von einem Unwohlsein infolge der Ucberanstrengungen durch die Festlichkeiten und vielfachen Reprä sentationen der letzten Tage befallen worden ist. Die hohe Frau wurde schon bei der Mon- tag-Gala-Polchellung im Opernharste von dem Unwohlsein befallen und zog sich frühzeitig zurück. Dor Handwerterzug, von .Künstlerhand arrangiert, bot em glänzendes Bild. Schon frühmorgens marschierten die einzelnen Grup pen durch die Straßen Berlins zum Tiergar ten, wo in den breiten Wegen um die Kroll- Oper die Aufstellung erfolgte. Das Publikum, das wieder in riesigen Massen erschienen war, batte hier vorzügliche Gelegenheit, alle Grup pen au sich vorüberpassieren zu lasten. Den Zug eröffnete ein rot gekleideter Herold auf einem Schimmel. Dann kam die Bäcker-In nung, Gesellen und Lehriunqen waren in schneeiges Weiß gekleidet, die Meister dagegen trugen den würdigen Gehrock, und die Ober meister der Innung fuhren mit dem Banner in bekränzter Equipage daher. Die Lehrlinge trugen ein riesiaes Brot, eine pompöse Torte und Beotschaufeln. Jedes Handwerk war mit einem ihm ent sprechenden Emblem ausgestattet worden. Ucber den Häuptern der 60 Drechster schwebte bei spielsweise ein riesiges Schachbrett. Besonderes hatte die Fischer-Innung geleistet, die ja in der binnen ländrchen Fischerei ustolge des Seenreichtums Berlins und der Mark einen hervorragenden Platz einuimmt. Der Ober meister saß in einem blaubespannten, mit See rosen behangenen Wagen. Gesellen trugen auf einer kunstvoll aufgebautcn Bahre die ehrwür dige Lade der Innung. Alle Ficher waren as Matrosen kostümiert. Pappmodelle von Fischen, Fischkästen, Schiffsmodelle, ein Nep tun mst Dreizack wurden im Zuge nutgeführt. Die Glaser führen einen riesigen Stern aus buntem Glas, auch bunte Ampeln und ein Glasfenster. Den kostbarsten Zug aber hatten die nun folgenden Goldschmiede gestellt. Hoch oben stand auf dem prächtig dekorierten Wagen in farbenbuntem, altdeutschem Kostüm die Frau des Jnnungsobermeisters. Ein Bribauten- diadem prangte in ihrem Haar. „Und wie der Sterne Chor um die Sonne sich stellt", so um- aaben sechs Meistertöchter mit Krönchen auf dem Haar die Meisterin. Ein junger blond haariger Goldschmiedsgesell, eine Figur, wie aus einem alten Volkslied genommen, schmie dete vor der lieblichen Gruppe einen silbernen Becker Als Pagen kostümierte Lehrlinge tru gen einen Silbrrschild, in den achtzig Taler, Münzen aus der Zeit des Großen Kurfürsten, eingefügt waren. Sehr hübsch war auch die Gruppe der Klempner. Zwei in weistmetallne Rüstung ge kleidete Pmzerreiter trabten vorauf, auf dem Festwagen stand eine Minerva. Ganz in Weiß erschienen mit einem riesigen Baumkuchen, e nem großen Zuckecauß-Tafelauffatz und einem goldenen Bienenkorb die Konditoren. In vier Equipagen kamen die Meister der Köche-Jn- nung, begleitet von Küchenjunaen in Kniehosen und Schnallenschuhen. Die Schornsteinfeger boken, so wie sie in ibrer Handwerkskcacht sind, das beste Bstd. Stahlblau war dis Farbe des Zuges der Schlo'ier-Jnnung. Lehr linge und Gesellen trugen ihre blauen Arbeits kittel, mit schneeweißem Hcmdkragen verziert. Alle hielten schwarze Pappmodelle von Zangen und Hämmern in der Hand, schmiedeeiserne Leuchter und schwer beschlagene Truhen. Sechs Grcm'chimmel in prächtigen Geschirren zogen den Wagen, auf dem sechs kornblumenge schmückte Mefftertöchker einen 5 Meter hohen Schlüssel umgaben. In der Gruppe der Schlos ser fuhr auch, frisch und muntsr, trotz der Bürde seines Alters, der 101 Jahre alte Schlossermeister Fritsch mit, der älteste Hand werksmeister Deutschlands. Die Stellmacher führten eine alte Sänfte mit — das alte Beförderungsmittel bildete einen seltsamen Kontrast zum Zuge der Fuhv- Herren, in dem ein Autoomnibus mitfubr. Die Schuhmacher zeigten in kolossalen Modellen die Entwicklung der Fußbekleidung. Der Vorbei marsch des über 10 000 Personen, 500 Fest wagen und 800 Fahnen zählenden Zuge? dau erte über eine Stunde. Der Glückwunsch der Bundesfürsten. Der feierlichste Akt der ganzen Jubiläums feier war zweifellos der Dienstag mittag statt findende Empfang der deutschen Bundesfürsten und der Senatspräsidenten der Hansestädte durch den Kaiser. Prinzregent Ludwig von Bayern hielt die Ansprache an den Kaiser, die mit der Betonung der engsten, unauflös lichen Gemeinschaft zwischen Kaiser und Bun- desfürfteu begann. Das Wort des Kaisers, so fubr Prinzregent Ludwig fort, das nach dem allzu früh erfolgten und viel beklagten Heim gang Kaiser Friedrichs von ihm gesprochen wurde, „allzeit Mehrer des Deutschen Reiches zu sein, nicht an kriegerische Eroberungen, son dern an Güter und Gaben des Friedens ans dem Gebiete nationaler Wohlfahrt, Freiheit und Gesittung zu denken", ist unbeirrbar be folgt worden. Glänzend ist der wirtschaftliche Ausschwung in den 25 Friedensjabren gewesen. Die sozialen Einrichtungen zum Wobl der ar beitenden Klallen wurden erweitert. Die Wehr« kraft, besonders die Marine ist gefördert wor den. ..Was an sittlichen Kräften, was an Edlem und Schönem im deutschen Volke lebendig ist, konnte der Aufmunterung durch Eure Majestät sicher sein!" Den Wert und die Bedeutung der Einzelstauten hat der Kaster nickst verkannt. Als äußeres Zeichen der Dankbarkeit der Bundesfürsten überreichte Prinzregent Ludwig dis Geschenk der Bundsssürsten. einen künstle risch gearbeiteten Tafelaufsatz. Er ist in Form eines Scbstses gehalten, umrabmt von den deutschen Wappenschildern, dem Reichsadler auf schwellendem Segel, die Kaiserkrone als Schiffs- zstr, und soll nach des Prinzregenten Worten ein Svmbol der Einigkeit der deutschen Fürsten sein. Prinzregent Ludwig brachte dann ein dreifaches Hoch auf den Kaiser aus. Des Kaisers Dank. Aus diese mit Wärme dargebrachte Huldi gung antwortete der Kaiser mit gleicher Herz lichkeit. Der Monarch sagte u. a.: „Von Her zen und mit Freude danke ich für die kunst reiche Ehrengabe, die unter einem mir beson ders willkommenen Bilde Deutschlands einige O ärke und den Wert aller Glieder des Rei ches für unsere Macht und Größe vor die Augen führt. Die durch die Bundesverträge umschlos sene Vielgestaltigkeit unseres staatlichen Lebens bedeutet einen nationalen Reichtum, den nach innen wie nach außen zu schirmen ich als meine erhabene kaiserliche Pflicht erkenne. Wenn die Erfüllung, dieser Ausgabe, an die ich in jungen Jabren nach dem Vorbild der beiden unvergeßlichen ersten Kaiser herangetreaen bin, in der seither verflossenen Zeit gelungen ist, so war dies nur möglich dank der Unter stützung, die ich bei meinen hoben Verbündeten gesunden habe. Wir sind vorwärts gekommen, wie in Heer und Flotte, so auch in Landwirtschaft und In dustrie, in Handel, Schiffahrt und Verkebr, in Wissenschastcn und Technik, in Künsten und — auch das ist wichtig — in der Pflege froh gemuter körperlicher Hebungen. Es drängt mich, zu bezeugen, mit welcher Dankbarkeit ich die vielen Jahre hindurch verfolgt habe, daß alle Bundesfürsten und die Regierungen der Freien und Hansestädte mitgearbeilet haben. So soll es weitergehen. Allezeit meine Kräfte dem Wohl des gesamten Volkes zu we ben und zu meinen hohen Verbündeten zu stehen in deutscher Treue, das sind die Gefühle, die heute in Dankbarkeit und Zuversicht mein Herz erfüllen." Dem feierlichen Gratulationsakte folate um 1 Ubr Familientafel im Königlichen Schloße, wobei der Prinzregent von Bavern die Kaste rin, der Kaiser die Kronprinzessin, der König von Sacksten die Prinzessin Auaust Wilhelm führte. Außer den Bürgermeistern der freien Städte nahmen auch die jüngeren Prinzen des Königlichen Haufes an der Tafel teil. Die Kaiserin haste sich inzwischen vollkommen er holt und nahm an allen weiteren festlichen Ver anstaltunaen in gewohnter Frische teil. Nm 8 Ubr vereinigte der Kaiser seine hoben Gäste zur Galätasel im Weißen Saal, an der die Fürstlichkeiten in großer Uniform, die Da men in glanzvoller Hostoilettc teilnabmen. Auf der Tastl prunkte das schwere goldene und stl berne Tafelgeschirr. Während des Mahles Im Labyrinth des Lebens Rvmau von M. Kneschke-Schöna«. 22. Fortsetzung. (Nachdruck verboten.' Scheu blickte Hermine aus das Bild. Eine innere Stimme saaste ihr, daß es wohl im Zu sammenhänge mit GabrielenS Ohnmacht stehe, denn wenn diese auch öfters von diesen Zu ständen befallen wurde, so Ivar doch bisher immer irgend eine große Gemütsbewegung vorangegangen. Mit kundiger Hand hob sie die zusammengesunkene Gestalt aus und bettete sie flach auf die Bank der Laube, lockerte auch die Kleidung der Leidenden und hielt ihr das Fläschchen mit dem englischen Riechsalz, das Gabriele stets bei sich trug, unter die Nase. Es währte auch nicht lange, so schlrvg diese die Augen auf und richtete sich seufzend aus. Hermine war gerade im Begriff, das vorhämp nisvolle Bild mit anderen Zeitungen zu be decken. Gabriele bemerkt es sofort. „Laß nur," sagte sie matt. „Das hättest Du firüher tun müssen. Sieh Dir lieber die schöne Frau an. Weißt Du, wer sie ist: Nicht? Nun., es steht groß genug darunter. Lies nur!" Hermine hielt das Blatt mit ausgestreckten Armen von sich und buchstabierte halblaut: „Signe." Nach dem mit der goldenen Medaille ausgezeichneten Gemälde von C. Söderström- Kronberg." Fragend blickte sie Gabriele an. „Jawohl, Frau Signe Söderström-Kron berg, die Gattin, die rechtmäßige Gattin, des, wie der Tert da berichtet, gleich einem Komet am Kunsthimmel ausgehenden Malers Cedrik Söderström-Kronberg. Ja, wenn man auch iolch eine Mondscheinprinzessin zur Frau bat, da kann's einem nickt feblen. — — Was siehst Du mich denn so an? Glaubst wohl, ich sei verrückt geworden? — — Noch nicht, meine Beste, obgleich man's wirklich werden könnte, wenn einem so etwas vor Augen kommt. Aber es trifft mich nicht mehr. Ich l abe abgeschlossen in meinem Innern und nur die Znkun'st macht mir zu schaffen. Denn so kann es nickst weiter geben." — ..Nein, so kann es nickst weiter gehen!" wiederholte Hermine wie im Traum und sah wst geistesabwesend in die Ferne. Gabriele blickte scharf aus und die Tränen- puren in Herminens Gesicht bemerkend, fragile sie: „Was hast Du? Tränen in den Augen? Vielleicht dieser weißen Dame wegen?" Aber Hermine schüttelte traurig das Haupt und zog den Brief ibrer Tochter hervor. „Da lies selbst, Gabriele, ich habe keine Geheimnisse vor Dir!" Während Gabriele das Schreiben entfaltet schrie das Kind draußen im Wagen und Her mine verließ sofort die Laube, um es auszu nehmen. Indessen las Gabriele den Brief. „Das paßt ja ausgezeichnet!" murmelte sie vor sich hin, sah einige Minuten nachdenklich ins Woite und verließ dann raschen Schrittes die Laiste und den Garten, ohne Hermine mit dem rostgen Kinde auf dem Arm auch nur eines Blickes zu würdigen. Verblüfft schaute diese ibr nach. „Sie hat auch kein bischen Gefühl!" brummte sie ärger lich. „Aber könnt' ich's anders erwarten? Wer es über sich bringt, sein eigen Fleisch und Blut wie Luft zu behandeln, was wird der für fremdes Leid übrig haben? — Armes, armes Würmchen, was soll aus Dir werden?" seufzte sie und dbückt das lachende Kind an ibr Herz. — — Beim Mittagessen fragte Gabriele ganz un vermittelt: „Was meinst Du. würden Deine Tochter und ibr Mann das Kind bei sich auf nehmen?" Herm-neu blieb der Mund offen stehen vor Erstaunen. „Wie meinst Du das?" flüsterte sie. „Sie haben ja jetzt selbst nichts zu brechen und zu beißen." Gabriele mußte lächeßi. „Darum handelt es fick jo nicht, dafür würde ick natürlich sor gen, sondern darum, ob sie das Kind liebe voll aufnehmen und vor den Leuten als d s ihrige ausgeben würden." „Als das ihrige? Aber Gabriele, ganz Er furt weiß, daß ihre Ehe kinderlos ist." „Ganz Erfurt wohl, aber in der Fremde weiß das niemand. Sie müßten natürlich fortziehen von dort, weit weg. Ich würde ihnen eine neue Existenz verschaffen und Du könntest zu ihnen ziehen. Möchtest Du das?" Hermine ging es wie ein Mühlrad im Kopf berum. „Kind annehmen, Existenz grün den, mitzieben!" Das war zu viel auf ein mal. Ratlos schüttelte sie das Haupt. „Ich sehe schon, ich muß sie selber fragen," lächelte Gabriele. „Mit Dir ist heute nichts anzufangen. Ich werde an Deine Tochter schreiben oder" — — sie sann einen Moment nach — „das gescheiteste ist, ich fahre hin. Da kann ich mich gleich überzeugen, ob sie's auch gern tun. Denn gut soll es Dolores ha ben und was in meinen Kräften siebt, nm ibr ein sorgenffeies Dasein zu verschaffen, soll ge wiß geschehen. Nur Liebe, Liebe kann ich ibr nickt geben." „Versündige Dick nicht, Gabriele!" mabnte Hermine, die sich indessen gefaßt hatte. „Das Kind kann vielleicht Deinem Leben noch ein mal Zweck und Inhalt geben." „Nein!" stieß die junge Frau hart hervor und erhob sich. „Ich hab' mir geschworen, an nichts in der Welt mehr mein Herz zu hän gen, am wenigsten an jemand, der so seine Züge trägt, wie dieses Kind. Und nun dringe nicht weiter in mich, frage auch nicht über das Wie und Was. Ich reise morgen und in längstens vierzehn Tagen folgst Du mir mit dem Kiude nach. Bis dahin hoffe ich alles und zu aller Zufriedenheit geregelt zu haben." (Fortsetzung folgt.)