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5922 Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. ^ 122, 27. Mai 1908. Exemplare herauskommen. Über die Frage, wer den Beweis über die richtige Anzahl der gelieferten Bogen zu führen hat, gehen die Ansichten der beteiligten Kreise weit auseinander; meist läßt sich dies in Streitfällen auch bei gerichtlichem Austrag nicht fest stellen. Es steht da zwischen Buchdrucker oder Verleger und dem Buchbinder Behauptung gegen Behauptung. Abzählen der Bogen bei Empfangnahme seitens der Buchbinderei wäre das Richtige, läßt sich aber bei der knapp bemessenen Zeit und den entstehenden Kosten nicht durchführen. Einige Buchbindereien bestätigen den Eingang der Auflagen vorbehaltlich der Richtigkeit. 8t. Zur Lage -es Aastchtspostkarteu-Exportb mit Amerika. — Die Ausfuhr in deutschen Ansichtspostkarten nimmt ihren Weg zu einem sehr bedeutenden Teile nach Amerika. Gilt auch die dortige Geschäftskrisis als im wesentlichen überwunden, so möge man sich doch ja nicht Illusionen hingeben, den erlittenen Verlusten möchten sonst noch bedeutendere neue folgen. Vielleicht beschuldigt die »New Dorker Handelszeitung- die europäischen Fabrikanten nicht ganz mit Unrecht der Sorglosigkeit im Kredit geben. Die Verluste der Ansichlspostkarten-Fabrikantcn inner halb der letzten zwei Jahre beziffern sich nach dieser Quelle aus mindestens eine Million Mark. Noch jetzt liegen im Zollhafen ganze Schiffsladungen von Postkarten, die die Importeure nicht haben einlösen können. Große Mengen sind zurückgesandt, und Millionen wurden zu enormen Verlustpreisen auf den New Dorier Markt geworfen. Welche Kaufkraft indes der amerikanische Markt besitze, zeige die Tatsache, daß alle diese Millionen schnell abgesetzt werden (wahrscheinlich zu sehr niedrigen Preisen). Die im März d. I. nach New Dork gekommenen deutschen Fabrikanten waren vorsichtig in der Annahme neu erteilter Aufträge und nahmen kaum die Hälfte an. Postkarten sind in den Vereinigten Staaten ein Riesenartikel geworden und werden es unbedingt bleiben. Bemerkenswerter Weise gehen ganz feine Waren besonders gut, und der amerika nische Geschmack bessert sich. Die großen Erfolge der deutschen Fabrikanten haben natürlicherweise auch die nordamerikanischen Industriellen auf dieses Gebiet gelockt, wodurch in verhältnis mäßig kurzer Zeit eine ziemlich bedeutende Konkurrenz entstanden ist. Es ist jedoch unverkennbar, daß es den deutschen Kunst anstalten in hervorragendem Maße gelungen ist, auf die nord- amerikanischen Ideen einzugehen und Suj ts hervorzubringen, die aus verständnisvoller Beobachtung des Lebens der Vereinigten Staaten geschöpft sind. Vorsicht im Kreditgeben ist um so wichtiger, als Postkarten in Konkursen so gut wie wertlos sind und der Rechtsweg teuer ist. Manche deutsche Firmen liefern die Verladepapiere durch ein amerikanisches Bankhaus, und zwar erst dann aus, wenn 80 bis 90 Prozent bezahlt sind. Hennig. *DaS geistige Eigentumsrecht des Architekt««. — Auf dem Internationalen Architektenkongreß, der vorige Woche in Wien tagte, erstattete Baurat Breßler ein Referat über »Gesetz liche Regelung des Rechtsschutzes des künstlerischen Eigentums an Werken der Baukunst-. Der R ferent er örterte alle zu diesem Punkte an das permanente Komitee ein gelaufenen Anträge und empfahl, daß der Kongreß, dem Anträge des französischen Advokaten Harmand entsprechend, der Ansicht Ausdruck gebe: 1. daß die architektonischen Zeichnungen, nämlich die Zeich nungen der Innen- und Außenfassaden, die Pläne, Durchschnitte und Aufrisse und die dekorativen Details, die erste Offenbarung des Gedankens des Architekten und das architektonische Werk vorstellen; 2. daß das Bauwerk nur eine Reproduktion der architek tonischen Zeichnung in Wirklichkeit barst llt. Es möchten daher die Werke der Architektur sowie alle Zeich nungen, die sie bilden, zusammen oder einzeln, in allen Gesetz gebungen und allen internationalen Verträgen gleich allen anderen Kunstwerken geschützt werden. Diese Grundsätze seien in dem französischen Gesetz vom Jahre 1902 niedergelegt. Der Referent, Baurat Breßler, beantragte daher, daß der Kongreß sich den Punktationen des französischen Gesetzes onschließe und dahin strebe, daß in den betreffenden Staaten, wo ähnliche gesetz liche Bestimmungen nicht bestehen, solche nach dem Muster der französischen geschaffen werden. In einer längeren, mit lebhaftem Beifall aufgenommenen französischen Rede begründete Advokat Harmand (Paris) darauf seinen Vorschlag. Cr wies auf die Wichtigkeit dieser Frage namentlich für Österreich hin, dessen Architekten im Auslande jedes Rechtsschutzes entbehren, da Österreich der Berner Konvention bis her nicht beigetreten sei. Nach längerer Diskussion wurden die Anträge Breßler-Harmand einstimmig angenommen. In einer zweiten Versammlung des Kongresses hielt Or. EröS (Budapest) einen Vortrag über »das geistige Eigentumsrecht des Architekten-. Er betonte das Bedürfnis einer internationalen Regelung des literarischen und künstlerischen Rechtsschutzes und erörterte insbesondere das deutsche Reichsgesetz vom Jahre 1907, das auch den Werken der Architektur den Rechtsschutz gewähre. Nach diesem Gesetz gibt noch etwas Neues allein keinen Anspruch auf den Schutz, ebenso auch bloß etwas Individuelles nicht, wiewohl dieses Moment ein ausschlaggebendes ist. Es muß das Künst lerische mit dem Individuellen in ein harmonisches Gefüge gebracht werden, vr. Erös besprach schließlich die einschlägige Gesetzgebung der anderen Kulturstaaten und verlangte, daß in allen Staaten, insbesondere in Österreich und Ungarn, der Bei tritt zur Berner Konvention anzestrebt werde. Vereiuiguug ehemaliger Buchhäu-ler-Schüler zu Leipzig. — Dieser Verein begeht am 30. Mai 1908 sein drittes Stiftungs fest im großen Saale der Thiemeschen Brauerei, Tauchaerstraße. Das Programm enthält außer der Ausführung des Lustspieles »Der zerbrochene Krug» von Heinrich von Kielst noch musikalische Darbietungen, u. a. Soli für Violine, zu denen sich Herr Konzert meister A. Fix in liebenswürdiger Weise bereit erklärt hat. Die Gönner der Bereinigung werden zum Besuche dieses Festes höflich eingeladen und gebeten, Bestellungen auf Programme nach dem Vereinslokal »Hotel Fürstenhof- zu richten. Becker. Pers onalnachrichten. Jubiläum. — Sein fünfzigjährice? Berufsjubiläum feierte dieser Tage Herr Emil Strehle, Geschästssührer der Groß- buchbinderei E. A. Enders in Leipzig. Adolf L'Arronge — In einem Konstanzer Sanatorium ist am 25. Mai der bekannte BUHnenschriststeller Adolf L'Arronge aus Berlin verschieden. Nur um wenige Wochen hat der greise Poet seinen siebzigsten Geburtstag überlebt, der allen literarischen Kreisen d>e erwünschte Gelegenheit gab, L'Arronge den Zoll sympathischer Verehrung zu entrichten (vergl. Börsenbl. 1908, Nr. bl u. 53). Adolf L'Arronge war am 6. März 1838 in Hamburg als Sohn eines Schauspielers geboren. Er studierte am Leipziger Konservatorium Musik und wirkte nach Vollendung seiner Studien als Theater-Kapellmeister in Köln, Königsberg, Würzburg und Stuttgart. Im Jahre 1866 übernahm er die Direktion der Krollschen Oper in Berlin und schrieb im selben Jahre seine erste Posse »Das große Los-, deren Erfolg ihn ermutigte, der Musik untreu zu werden und auf der betretenen Bahn des Theaterschristst, llers rüstig fort zuschreiten. 1871 übernahm L'Arronge die Leitung des Lobe- Theaters in Breslau, die er bis 1878 inne hatte. Seitdem lebte er in Berlin, wo er 1881 das Friedrich Wilhelmstädtische Theater käuflich an sich brachte, das er 1883 als Deutsches Theater neu eröffnete und bis 1894 leitete. An die Gründung dieses neuen Unternehmens ging ec in Gemeinschaft mit Förster, Barnay, Haase, Poffart und Friedmann. Diese bedeutenden Künstler hatten sich nach dem Muster der Sozietäre des IbeLtrs k'rargLi» in Par s zu einer Gemeinschaft vereinigt, die L'Arronge, den Kennt nis des Theaterlebens und Verwaltungstolent in gleichem Maße auszeichneten, zu ihrem Führer wählte. Als BUHnenschriststeller hat L'Arronge sich durch Geschmack und technische Geschicklichkeit ausgezeichnet. Er verstand es, in gefälliger Form sich den Theater wünschen des großen Publikums anzupassen, und ein feiner Spür sinn gab ihm stets sichere Bühnenwirkungen ein. Von seinen Haupt- Bühnenwerken seien genannt: »Mein Leopold-, -Der Compagnon-,, -vr. Klaus», »Hasemanns Töchter».