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Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 21.05.1913
- Erscheinungsdatum
- 1913-05-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841177954-191305215
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841177954-19130521
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841177954-19130521
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger
-
Jahr
1913
-
Monat
1913-05
- Tag 1913-05-21
-
Monat
1913-05
-
Jahr
1913
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger : 21.05.1913
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der in gewissem Sinne ein zweiter Fichte sei, und dem man für sein mannhaftes Eintreten in allen kirchlichen Fragen Dank schulde, hake ge zeigt, daß in ihm ein Philosoph wohne, wenn auch in anderer Beziehung als dies Kei Fichte der Fall war. Der Vertreter des ev.-luth. Laudeskonsisto- riumS, Herr Geheimrat v. Zimmermann- Dresden, führte, nachdem er dem Referenten gleich falls gedankt, u. a. folgendes auS: Man muß sich wundern, daß ernste christliche Kreise sich be mühen, auf eine Trennung von Kirche und Staat hinzuarbeiten, ja überhaupt eine solche Trennung in den nahen Bereich der Möglichkeit ziehen. Es müssen doch kirchliche Gründe vorhanden sein, die diesen Gedanken immer wieder in die Oeffentlichkeit bringen. Vor Stöckers Ge dankenwelt entstanden wohl die Riesengemeinden Großberlins, er war vor allen Dingen der Mann der inneren Mission, der den rechten Blick hatte für die Nöte unseres Volkes. Er sagte sich: die jetzige Kirche leistet das nicht, deshalb muß die freiwillige Kirche zur Einführung kommen. Wenn die Kirche aber ihre Pflicht tut — und dazu muß sie erzogen werden, daß sie sie tut — dann braucht eine solche Forderung nicht gestellt zu werden. Heute ist die Kirche schon auf dem besten Wege, ihrer Pflicht gerecht zu werden, doch darf nicht verkannt werden, daß auch die Schwierigkeiten mit der zunehmenden Bevölkerung sich vergrößerten. Ueberall ist man bei der Ar beit, den neuen Aufgaben gerecht zu werden, die sie voll und ganz erkannt hat. Trotzdem fehlt es nicht an ernstlichen Bestrebungen rechts stehender Politiker und kirchenfreundlicher Per sönlichkeiten, die die Trennung wünschen, die nicht glauben können, daß ihre Anhänger, wie man zu sagen pflegt, die Orthodoxen und Libe ralen, unter einem Bekenntnis vereinigt werden können. Nichts wäre verhängnisvoller als eine Trennung, die einer Katastrophe gleichkäme. Große Gegensätze hat die Kirche schon im Laufe der Jahrhunderte überwunden, die starre Ortho doxie, den weichen Pietismus, den Generalabfall mit seiner Verflachung des Volkes, usw., und wir haben es erlebt, daß unser Volk heute als eines der ersten in der Welt dasteht; schwere Kämpfe stehen uns noch bevor, doch sicher braucht man deswegen nicht nach Trennung zu rufen. ES darf nicht zur engen Bekenntniskirche kom men, die organisierte Kirche muß sich vielmehr auf ihre Pflicht besinnen, nicht Bänder zerschnei den, die die Geschichte geschlungen, sich nicht durch Kämpfe und Mißdeutungen abhalten lassen, treu im bisherigen Sinne Weiterzuwirken. Das ganze Weltanschauungsbild hat sich verändert, die Grundlagen sind erschüttert, man Hal noch kein neues gefunden. Der Unglaube, oder besser gesagt, die Zurückhaltung von der Landeskirche wird sich überwinden lassen, wenn wir die gött liche und ewige Wahrheit weiter wie bisher oder noch erhöht verfechten. Nicht trennen heißt es, sondern den Einfluß der Kirche noch zu stärken suchen. Niemals hat die Kirche die Massen innerlich gehabt, nie mehr wie jetzt, selbst unter Luther, nach dein 30jährigen Kriege usw. nicht. Das deutsche Volk hat eine Volkskirche gehabt, die nie solche Massen-Anhänger zählte wie jetzt; soll da die Kirche zu einem kleinen Bekenntnis verein werden? Nicht Trennung, nein, Zusam menschluß sei die Parole! In diesem Sinne mußte auch der Vortragende das Thema nach der negativen Seite behandeln, aber die Kirche selbständig machen, heißt nicht trennen! Oft wurde der Vorwurf erhoben: wir haben eine Pastoren-Kirche; das ist jetzt vorbei, wir haben eine Gemeindekirche, von den Pastoren geschaffen, die auszubauen unsere Pflicht ist. Alle Glieder der Gemeinde zu wecken ist unsere Pflicht und hierzu bieten sich uns unbegrenzte Möglichkeiten und Richtlinien. Hausoäterabende, KinkergotteS- dienste usw., wie viel wird da noch versäumt. Tun wir voll und ganz unsere Pflicht, halten wir nicht oft ängstlich, ja feige zurück? Offen und ehrlich heißt es zu kämpfen; aber da wird noch recht wenig getan, die Oeffentlichkeit auf zuklären und eine solche Frage, wie es die heutige ist, gehört in eine öffentliche Versammlung. Die Kretskirchentage müssen öffentlich sein; dann wird auch Interesse da sein und solches geweckt werden für die Kirche und ihre Bestrebungen. Eine Sache, um die man sich nicht müht, zu kämpfen, die ruft auch keine Begeisterung hervor. Nur bei jugendlichen Studenten spukt die Tren nung in den Köpfen; die Jugend aber ist schnell fertig mit ihrem Urteil. Nicht Trennung kann die Losung sein, sondern die Kräfte, die noch schlummernd liegen, gilts zu wecken. Unsere Kirche muß stets das Salz bleiben, das in die Wunden unserer Zeit gestreut wird, die Kirche muß das Licht bleiben und dazu müssen wir uns an die Massen wenden, gleich Christus, und da rufe ich denn: Männer heraus! Herr Pfarrer Albrecht hebt die Schwierig keit des Themas hervor, das sehr schwer zu be urteilen sei, da die Zukunft der Landeskirche nie mand voraussagen könne: Komme die Trennung, dann sei es natürlich gut, selbständig zu sein. Herrn Pfarrer Siebenhaa r-Breitenborn tut eS leid, daß eigentlich eine gewisse Ent täuschung vorhanden ist über die Auffassung der Themas. Man habe erwartet von einer Selbst- ständigmachung der Kirche mehr zu hören. Gegen eine Trennung von Kirche und Staat sei wohl jeder sächsische Geistliche, aber gern hätte man etwas mehr darüber, wie man sich die Telbständigmachung der Kirche denke, erfahren. In Sachsen habe man zum Unter schied von allen andern deutschen Bundesstaaten ein Verhältnis, wie es in einer guten Ehe sei. Der Mann gebe, was die Frau brauche. Die Landeskirche in Sachsen im oegenwärtigen Zu stand besitze keinen roten Heller; ein Zustand, der in finanzieller Beziehung nicht gutgeheißen werden könne. Zur Selbständigmachung der Landeskirche gehöre ihre Freiheit nnd dazu die finanzielle Selbständigkeit. Gewiß könne man mit dem Kultusminister zufrieden sein und er könne nur wünschen, daß Sachsen bei dieser Art Minister bleibe. Ein bischen freier aber müsse die Landeskirche sein. Herr Geheimrat Opitz wendete sich gegen die verschiedenartige Aufnahme des Themas, von dem man mehr erwartet haben will. Bis her sei die Angelegenheit während seiner 30jäh- rigen Tätigkeit im Landtage nicht zur Sprache gekommen; Aeußerungen hierzu liegen deshalb auch nicht vor. Die konservative Partei wird mit allen Kräften für die Beibehaltung des bisherigen Zustandes eintreten, was sie z. T. ja bei ihrer Stellungnahme zum abgelehnten Schulgesetz (lebhafte Bravorufe) schon gezeigt habe. Den Ausführungen des Herrn Pfarrer Siebenhaar trat Redner, der die Betonung des Negativen für besonders notwendig hält, ehe man sich dem Positiven zuwendet, gleich falls entgegen. Herr Pfarrer Albrecht dankte Herrn Geheimrat Opitz und der konservativen Partei der 2. Kammer, wie auch der 1. Kammer für ihre Teilnahme und Stellungnahme in kirch lichen Dingen und trat um ^2 Uhr sodann eine kurze Mittagspause ein. * * * Ueber den 2. Teil der Conferenz, dem wir leider nicht beiwohnen konnten, geht uns folgen der Bericht zu: Nach dem gemeinsamen Mittagsmahl trat inan in den 2. Teil der Tagung ein. Der Vorsitzende, Herr Pfarrer Albrecht, gab seiner Freude Ausdruck, daß die Zahl der Hörer jetzt am Nachmittage noch so groß fei, und begrüßte sodann herzlich den zweiten Redner der Konferenz, den Leipziger Gymnasialober lehrer Herrn Liz. Dr. Preuß. Die für den 2. Konferenzvortrag aufgestell ten Leitsätze — in der gestrigen Nummer mit geteilt — ließen bereits außerordentlich inter essante Ausführungen und wertvolle Aufschlüsse erwarten. Es fällt nun in der Tat schwer, diesen kurzen, klaren, inhaltschweren, formvoll endeten Vortrag „Die Sendung Luthers" und seinen tiefwirlenden Eindruck hier auch nur annähernd in Worte zu fassen. Die schlecht hin großartige Geschlossenheit des Preußschen Vortrags verträgt, streng genommen, nur eine wörtliche Wiedergabe. Er werd erfreu licherweise nächstens in der Allg. Ev. - luth. Kirchenzeitung gedruckt erscheinen. Aus dem reichen, lichtvollen Inhalt, der den meisten Con- ferenzteilnehmern fast lauter ganz Neues gab, sei darum an dieser Stelle bloß das folgende freilich nur in dürftigem Gewände und mit schwachen Worten — mitgeteilt: Person und Werk Luthers sind heute um stritten wie nie. Wir haben einma den Lu therhaß Roms, der in dem Reformator die Gottesgeißel sieht, sodann die Lutherverehrung der Kulturseligen, die in dem Gottesmann nur den Heros erblickt, und endlich den Luther glauben derer, die ihn verstanden haben. Das deutsche Volk hat die Sendung Lu thers vorausgefühlt — diese merkwür dige Tatsache geht deutlich aus Schriften und Liedern der vor lutherischen Zeit hervor. Das Mittelalter ist eine Zeit des Wartens wie die des Alten Testaments. Man hat im Volk einen „Kaiser Friedrich III." erwartet, einen „Engelpapst" erhofft, der die Kirche reformie ren würde, einen „Propheten" glühend ersehnt oder auch gefürchtet. Diesel Prophet werde den Papst stürzen, eine neue Moral bringen, eine neue Bibelauslegung geben. Wie sind nun diese dreierlei Weissagungen erfüllt wor den? Die auf den Propheten ist in Luther wirklich ganz und restlos erfüllt. Mit Jauch zen hat dies das deutsche Volk damals be kannt. Es nannte ihn seit den Wormser Ta gen „den Propheten", es sah in ihm den drit ten Elias (Johannes der Täufer der zwette Elias). In Erfurt jubelte man nach Luthers Predigt: „nun sind die alten Heiligen ent- tlront". In Luther sei Elias, ein Heiliger, ja — Christus selbst dem deutschen Volke ge sandt. Die Wormser Tage werden in einer Flugschrift als „Passion Luthers" dargestellt, zum Teil mit Worten der Passionsgeschichte („wenn du das tust, so bist du des römischen Papstes Freund nicht"). Wie hat sich Luther selbst diesen Volks stimmen gegenüber verhalten? Luther hat seine göttliche Sendung hochgehalten, seine Person aber demütig beurteilt. (Vergleiche den Apostel Paulus in Gal. 1, 8—9 und 1. Tim. 1, 15b!) 1524 hat Luther behauptet: „so jemand mich verachtet, dar verachtet Chri stus". Von 1530 ab nennt er sich selbst wirk lich „Prophet". Er weiß, daß er von Gott aus eine ragendste Höhe gestellt ist. Von dieser Höhe herab konnte Luther dem Herrn nach sagen: „meine Lehre ist nicht mein, sondern des, der mich gesandt hat". Doch hatte Lu ther stets das demütige Bewußtsein: was ich bin, das bin ich von Gottes Gnaden. Der Inhalt seiner (Luthers) Sendung wird von einer 40Ojährigen Geschichte sehr verschie den beurteilt. Die altproiestantische Dogmatik sah in ihm den maßgebenden Kirchenvater, der Pietismus den großer: Beter, die Aufklärung den Befreier vom Kivchenjoch. — Man wird aber nach dem Zentrum seiner Persönlich keit fragen müssen, und das ist seine Reli gion. Die Echtheit seiner reigiösen Sen dung ist nicht aus seiner persönlichen Heilig keit zu erweisen, auch nicht aus seinen Wun dern voer aus den Weissagungen auf ihn hin. Die katholischen Luthergegner sind so un logisch, katholische Tugenden von einem Pro testanten zu verlangen. Luther war kein Hei- liger, wollte keiner sein und brauchte keiner zu sein. Luther selbst sagt: „Gott trtt Wunder, wenn er etwas Neues einführt (vgl. Altes und Neues Testament) — und wenn ich auch Wunder täte, sie würden mir doch nicht glau ben". Luther hat die Religion entmateriali siert und alle Wundersucht verworfen. An ihren Früchten sollen wir die Pro pheten erkennen! Die Echtheit der Sendung Luthers ist nur zu erschließen aus den Früch ten, die er an uns wirkt. Luther hat einen Riesenwall von Gold und Eisen, von Heiligen und Rosenkränzen, von Formeln und Men schensatzungen zerbrochen. Luther hat den Weg zu Gott kurz und frei ge macht. Luther wollte nicht mehr sein als der Wegbereiter des Herrn, so wie der zweite Elias: Johannes der Täufer. Es gilt von Luther wirklich und wörtlich, was das Johannesevangelium von dem Täu fer sagt: „es ward ein Mensch von Gott ge- frndt, der hieß Johannes. Er kam zum Zeugnis, daß er von dem Lichte zeugte, auf daß sie alle durch ihn glaubten. Er war nicht das Licht, sondern daß er zeugte von dem Licht" (Ev. Joh. 1, 6-8). Das Gesamturteil über die gestrige Konfe renz muß lauten: es war ein großer Tag! (B o e ß n e ck.) OertlicheS und «Schstsche». *— Witterungsaussicht für Mittwoch, den 21. Mai: Südwestwind, meist heiter, etwas wärmer, vorwiegend trocken, Ge witterneigung. *— Turnerisches. Ein Lehrgang zur Ausbildung von Spielleitern fand seitens des Niedererzgebirgs-Turngaues am Sonntage unter Beteiligung von 52 Turnwatten und Vorturnern in Lichtenstein-C. statt. Die Leitung lag in den Händen des Gaulurnwarts Rich. Wohlfarth und Mühling in Hohndorf. Es wurde gespielt: Faust-, Schlag-, Grenz-, Raff-, Jäger-und Hetzball. Nächsten Sonntag von vormittags 8 Uhr bis nachmittags 2 Uhr erfolgt die Fortsetzung und der Schluß des Lehrgangs. k. Aus dem Parteilebe m Die Generalversammlung des sozialdemokratischen Kreisvereins im Bezirk Glauchau-Meerane (17. Reichstagswahlkreis) fand Sonntag nachmittag in Glauchau statt. Der Kreis zählt nach dem Bericht des Vorsitzenden, Schleicher-Meerane, 32 Ortsgruppen in 58 Orten; in 22 Orten sind angemeldete Mitglieder nicht vorhanden. Bekanntgegeben wurde u. a., daß in Hohen stein-Ernstthal, Glauchau usw. die Vorarbeiten für die 1915 stattfindende Landtagswahl be reits getroffen wurden. (Gemeint ist die Agi tation zur Staatsangehörigkeitsettverbung.) Der Kreis zählt 3792 Mitglieder, darunter iiber 600 weibliche; die Zunahme beträgt ins gesamt ettva 100. Das Barvermögen des Krei ses beträgt 13 177 Mk. Die nächstjährige Ge neralversammlung wird in Ob erlang- w i tz abgehalten. * — Der Landesverband säch sischer Feuerwehren trat am Sonn abend und Sonntag in Dresden unter dem Vorsitze des Branddirektors a. D. Weigand- Chemnitz zu mehreren Sitzungen zusammen. Die Versammlung beschäftigte sich mit zahl reichen internen Angelegenheiten, die für das große Publikum wenig Interesse bieten and die teils auch schon in früheren Sitzungen des Landesverbandes erörtert worden sind. U. a. wurde ein Waldbrnndwagen und eine Elektro- und Benzinmotorspritze auf dem städtischen Licht- und Kraftwerke vorgeführt; außerdem gelangte die Beteiligung des Landesverbandes auf der Internationalen Baufach-Ausstellung zu Leipzig nochmals zur Besprechung. Weiter erstattete der Vorsitzende noch einen kurzen Be richt über die Wohlfahctseinrichtungen des Landesverbandes, worauf noch verschiedene Fachfragen besprochen wurden. Am 18. Deut- scheu Feuerwehttage, der vom 24. bis 29. Juli in Leipzig stattfindet, werden sich die sächsischen Feuerwehren gleichsalls beteiligen und eine Parade vor Sr. Majestät dem König veranstalten. : * -Hohenstein-Ernstthal, 20. Mai. Einen gutbefuchten Familienabend hielt gestern abend im Logenhause der ev.-luth. Jungfrauenverein der Trinitatisgemeinde ab. Die hierzu aufge stellte Darbietungsfolge enthielt Gesänge des Vereinschores, Deklamationen, einen Vov.rag des Herrn Pfarrer Schmidt über Jugendpflege durch das Nettungshrus „Martin Lutherstift" u. a. (mit Lichtbildern), sowie eine humoristi- sche Ausführung „Die Perle". Herr Pfarrer Schmidt wußte durch seine Ausführringen das Interesse aller Anwesenden zu fesseln. Die scharfgezeichneten Bilder vom Leben und Trei ben irr den Rettungshäusern enthüllten ein gut Stück Arbeit im Dienste der Fürsorgeerziehung Wenn unser deutsches Volk, so etwa führte der Herr Redner aus, das Jahr 1813 als em Jahr des Völkererwachens und der Völkerbe freiung nach 100 Jahren wahrheitsgemäß be gehen will, so darf es sich nicht daraus be schränken, nur alles auf politischem und kriege rischem Gebiete Geleistete hervorzuheben, es muß vielmehr auch solcher Personen gedenken, die sich zu jener Zeit durch Wege christlicher Liebeswette hohe Verdienste er worben haben. Und gerade die Anfänge auf dem Gebiete der inneren Miissions- arbeit reichen bis in jene Zeit zurück. Für sorgeerziehung wurde damals schm: getrie ben, und die bestehenden Rettungshäuser, die sich dieser Aufgabe widmen, führen sie wei ter aus. Als am 26. Januar 1909 die Land- stände verabschiedet wurden, hat König Fried rich August zu ihnen gesagt: „Ich hofft, daß eine ernste und wohlmeinende Fürsorge chr die gefährdeten Teile unserer Jugena ge trieben und damit zum Besten unseres Volkes gewirkt wird, denn auf der Z»Lunst unserer Jugend beruht auch die bleibende Größe und Wohlfahrt unseres Vaterlandes." Am 1. Oktober 1909 trat das Fllrsorgegesetz in Kraft. Durch dieses Gesetz er kannte der sächsische Staat es als seine Wicht an, sich der gefährdeten Jugend anzunehmen. Das Wort „Fürsorgeerziehung" hat einen wohl tuenden, aber auch einen wehmütigen Klang. Wenn der Staat bemüht ist, die Heranwachsen den Glieder des Volkes vor Verderben zu be wahren, so ist das Fürsorge in des Wortes bester Bedeutung. Dadurch aber, daß eben der Staat gezwungen ist, die Pflicht und Ar beit der Eltern zu übernehmen, die nicht imstande sind, dafür zu sorgen, daß ihre Kin der zu rechtschaffenen Gliedern des Volkes er zogen werden, erhäft das Wort einen recht wehmütigen Klang. Die Ursache, die eine Er ziehung in Rettungshäusern bedingt, kann ver schiedenartig sein. Einmal liegt es an ange borenen Untugenden des Kindes, zum andern ist es die Unlust oder Unfähigkeit der Eltern, die Kinder in der rechten Art zu erziehen; schließlich aber können auch beide Eltacn durch wirtschaftliche Verhältnisse gezwungen sein, ihren Erwerb außorlzab des Ortes oder Hauses zu suchen, so daß sie nicht dir nötige Sorgfalt auf die Pflege und Erziehung ihrer Kinder verwenden können. Diesen Kindern soll rin solches Rettungshaus wie das „Martin Luther stift" eine Heimstätte werden. Die Akten des Stiftes rollen gar manches erschütternde Bild über das Vorleben der in Erziehung genom menen Kinder auf und oft hält es sehr schwer, diesr wieder an geordnete Verhältnisse zu ge wöhnen. Redner schilderte sehr eingehend die Verhältnisse im hiesigen Lutherstift und wider legte damit die Anschauungen derer, die sich oft ein ganz falsches Bild von den Rettungs häusern machen, die sie als Strafanstalten be trachten rc. Redner gedachte sodann einiger Pioniere der RettungsHäuser, wie Christian Heinrich Zeller, Johannes Falck und Johann Heinrich Wichern, denen man zu Dank ver pflichtet sei. Familiensinn zu wecken mit Liebe und Geduld, sei der Grundsatz der Rettungs- Häuser. Drei Fünftel der ausgenommenen Kin der gelten als Wittlich gerettet, ein Fünftel als wesentlich gebessert, während leider ein Fünftel als verloren betrachtet werden müsse. Ein noch höherer Prozentsatz könnte erzielt werden, wenn die Zöglinge nicht erst zum größten Teil mit dem 11.—12. Jahre zur Er ziehung übergeben würden. Eine große Zahl Lichtbilder veranschaulichten in bester Weise die Zufttedenheit und Fröhlichkeit der Zög linge sowie die Einrichtungen im Lutherstift. — Im Anschluß hieran machte der Vortragende einige kurze Angaben aus dem Jahresbericht des Jungfrauenvereins. — Für 6jährige Treue im Verein erhielten Mattha Frenzel und Alma Pohl, sowie für 5jähttge Trerw Anna Fichtner, Ger trud Mende, Anna Bohne, Elsa Fischer, Hed wig Bohn«, Gertrud Bochmann und Martha Vogel je ein Weitzes Kreuz zum ehrenden An gedenken überreicht. Mit einem gut zum Vor trag gebrachten Liede des Chores sand der schön verlaufene Abend sein Ende. — Der Mitgliederbestand des Jungfrauenvereins zählte am Anfang des Vorfalles 55 , 30 wurden neu ausgenommen und 13 schieden aus, sodaß derVer- ein jetzt 72 Mitglieder zählt. 13 arme Kinder konnten zu Weihnachten vom Verein beschenkt werden. Der Reinertrag der freiwilligen Ga ben des Frmilienabends ist für die Beschaf fung von bunten Fenstern für die neue Fried hofskapelle bestimmt. * — Vlo r't r a g. Auf den Heutes? abend '/,9 Uhr im sGemeindehaussaal stattfindenden Vortrag des Herrn Pastor v. d. Bruck über „Jugendkraft und^Jugcndfreude" sei nochmals hingewiesen. * — National spende. Wie wir hören, hat die Sammlung für die Nationalspende an läßlich des Kaiserjubiläums in unserer Stadt bereits einen recht ansehnlichen Betrag erreicht, gleichwohl soll in den nächsten Tagen noch eine Haussammlung eingelcitet werden, um auf diese Weise vor allem die Zahl der Spender noch zu erhöhen. Auch die kleinste Gabe wird dank bar entgegengenommen. * — Die Impfungen in derNeustadt nehmen am morgigen Mittwoch nachmittags 4 Uhr in der Neustädter Schulturnhalle ihren Anfang. In der Altstadt beginnen die Nach schautermine. *— Lehrmittel-Schenkung Herr Tifchlerobermeister Wappler har der hie sigen Gewerbeschule in freundlicher Weise ein Lehrmittel als Geschenk überwiesen, welches in einen: Schaufenster seines Ladens ausgestellt ist. Es befielt aus einem Rahmen, der 33 verschiedene in- und ausländische Holzsorten enthält. Die Herstellung der Tafel ist durch den im väterlichen Geschäft tätigen Sohn des Herrn Wappler erfolgt. Beiden Herren se: auch an dieser Stelle für das als Anschau ungsmittel wertvolle Geschenk der herzlichste Dank ausgesprochen. i. In den Lüften. In beträchtlicher Höhe, aus nordwestlicher Richtung kommend, überflog heute mittag gegen 1 Uhr ein bemannter Luft ballon unsere Stadt. *— Dos Altstädter Schützen- f e st , das am Sonnabend seinen Anfang nimmt, kündigt sich auf dem Platze und Bahn hof schon jetzt an. Die ersten Fieranten sind bereits eingetrof en und ist der grohe, geräu mige Platz wiederum bis auf das letzte Eck chen völlig besetzt. Für Unterhaltung ist mi> hin hinreichend gesorgt. *— Ziel H o h e n st e i n - E r n st - thal! Ein Sparverein aus dem benachbar ten Oelsnitz tra an: Sonntag mit 6 Ertra- wagen der Straßenbahn hier ein, um der
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