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Tageblatt für Hohenstein-Ernstthal, Oberlungwitz, Gersdorf, Hermsdorf, Bernsdorf, Wüstenbrand, Mittelbach, Ursprung, Kirchberg, Erlbach, Lugau, Langenberg, Falken, Langenchursdors, Meinsdorf rc. Der.Hohenstein-Ernstthaler Anzeiger" erscheint mit Ausnahme der Sonn- und Festtage täglich abends mit dem Datum des folgenden Tages. Vierteljährlicher Bezugspreis bei freier Lieferung ins Haus Mk. 1.50, bei Abholung in den Geschäfts stellen MK. 1.25, durch die Post bezogen (außer Bestellgeld) Mk. 1.50. Einzelne Nummern 10 Pfg. Bestellungen nehmen die Geschäfts- und Ausgabestellen, die Austräger, sowie sämtliche Kaiser!. Postanstalten und die Landbriefträgcr entgegen. A» eilage erhalten die Abonnenten jeden Sonntag das „Illustrierte Sonntagsblalt". — Anzeigengebühr für die 6gespaltene Korpuszcile oder deren Raum 12 Pfg., für auswärts 15 Pfg.; im Reklameteil die Zeile 30 Pfg. Die ^gespaltene Zeile im amtlichen Teil 50 Pfg. Anzeigen-Aiiuahmc für die am Abend erscheinende Nummer bis vormittags 10 Uhr, größere Anzeigen werden am Abend vorher erbeten. Bei Wiederholungen wird entsprechender Rabatt gewährt, jedoch nur bei alsbaldiger Zahlung. Die Aufnahme von Anzeigen an vorgeschriebenen Tagen und Plätzen wird möglichst berücksichtigt, eine Garantie jedoch nicht übernommen. — Für Rückgabe unverlangt eingesandtcr Manuskripte macht sich DDDDDDGDGDDGGTDGTGGDTDTTDGGGDGGGGDGTTDGD die Redaktion nicht verbindlich. GGGGDGTTGGGGTDGGWGDGGGGGGGGGGGGTGGcyGGDDL Nr 121 Fernsprecher Nr. 151 Donnerstag, den 29. Mai 1913. B°hnstr°ß-z. 40. Jahrgang Verordnungsgemäß wird angesichts der in den letzten Jahren ungewöhnlich häufig ausge tretenen Walübrände erneut darauf hingewiesen, daß jedes feuergefährliche Hantieren in Waldungen nach tz 368 Ziffer 6, 7 und 8 des Reichestrafgesetzbuchs mit Geldstrafe bis zu 60 Mark oder mit Haft bis zu 14 Tagen bestraft wird. Gleiche Strafe trifft denjenigen, welcher mit Zündhölzern in Waldungen oder Haiden leichtsinnig umgeht, insbesondere sie in brennendem oder glimmendem Zustande wegwirft, ferner wer Zündhölzer so schlecht verwahrt, daß sie in die Hände von Kindern gelangen können, und wer in Waldungen oder Haiden bei trockener Witterung raucht. Stadtrat Hohenstein-Ernstthal, den 27. Mai 1913. Schwemezählung. Nach Beschluß des Bundesrates vom 30. April dieses Jahres hat in allen Bundesstaaten am 2. Juni 1913 eine Zählung der Schweine stattzufinden. Zählpflichtig sind sämtliche an diesem Tage in den einzelnen Grundstücken (Häusern, Ge höften, Anwesen und Viehhöfen) und den dazu gehörigen Nebengebäuden vorhandenen Schweine. Die Zählung erfolgt durch die hiesige Schutzmannschaft. Die Besitzer von Schweinen werden hiermit angewiesen, den nachfragenden Beamten genaue Auskunft zu geben und ersucht, durch bereitwillige Unterstützung das Zählgeschäft zu erleichtern und so zu fördern, daß es noch an demselben Tage beendet werden kann. Hohenstein-Ernstthal, den 28. Mai 1913. Der Stadtrat. Im hiesigen Fundamt ist eine schwarze Dachshttndin mit braunen Abzeichen als zuge- lanfen angemeldet worden. Hohenstein-Ernstthal, den 28. Mai 1913. Der Stadtrat. Zufolge Verordnung des Königlichen Ministeriums des Innern vom 10. Mai 1913 findet am 2. Juni dss. Ihrs. eine Zählung der Schweine statt. Durch Umfrage bei den Viehbesitzern wird die Zahl der vorhandenen Schweine durch beauftragte Beamte hiesiger Gemeinde festgestellt werden. Die von letzteren gewünschten Auskünfte sind bereitwilligst und gewissenhaft zu erteilen. Gersdorf (Bez. Chemnitz), am 27. Mai 1913. Der Gemeindevorstand. Bekanntmachung. Die Nacheichung der Maße, Gewichte, Wagen und Meßwerkzeuge findet hier Freitag, den 6. Juni 1913, von nachmittags 3 bis 6 Uhr und Sonnabend, den 7. Juni c., von vormittags 8 bis mittags l Uhr im Gasthofe „Georgi" statt. Auf die Beachtung der Bestimmungen in den KZ 9 flg. der Ausführungsverordnung zur Maß- und Gewichtsordnung vom 31. Juli 1912 (Gesetz- und Verordnungsblatt S. 427), besonders auf die Bestimmung in Z 7, wonach die Gebühren für die Nacheichung sofort bei der Nacheichung zu entrichten sind, wird ausdrücklich hingewiesen. Meßgeräte, denen bei der Nacheichung der Stempel und das Jahceszeichen entzogen worden sind, dürfen im öffentlichen Verkehr nicht weiter verwendet werden. Zuwiderhandlungen sind mit den in Z 22 der Maß- und Gewichtsordnung angegebenen Strafen bedroht. Wüstenbrand, am 24. Mai 1913. Der Gemeindevorstand. As Hemmnis der Valkansriedens sin) Serbien und Griechenland, die eine Drittelung des bisherigen türkischen Gebietes am Balkan in dem Sinne anstreben, dast Bul garien die östliche Hälfte der Türkei erhält, und daß sie beide sich unter möglichster Ein schränkung der albanischen Grenzen in die westliche Türkei teilen. Auf dieses Gebiet, Mazedonien, will Bulgarien jedoch nicht ganz n.'r fichten. Da unter diesen Umständen kriege rische Verwicklungen unter den bisherigen Bal lanverbündeten unvermeidlich sind, hak sich Bulgarien bereits nach einem Bundesgenossen umgesehen und von Rumänien als Dank für die Abtretung Silistrias militärische Hilfe für den Kriegsfall erbeten. Da ein allzu starkes Bn'garien der russischen Regierung unerwün cht ist, die Aufreibung Serbiens und Griechen lands für den Fall eines Krieges mit Rumä nien und Bulgarien aber vorauszusehen ist, so- hat Rußland eingegriffen. Seinem Macht gebot müssen und werden sich die B-alkanstaa- icn ohne Ausnahme fügen. Eine Balkanpolitil zu Gunsten Griechenlands wird von. Rustland und Frankreich zur Benach- teiligung Italiens und damit des Dreibundes betrieben. England macht da nicht mit, denn cs lmt sein Heu mit der Annexion Ctstaerns und dec Erreichung des wirtschaftlichen und politischen Uebergewichts in der asiatischen Türkei bereits ins Trockene gebracht und des halb kein Interesse an weiteren Verwicklungen. In Paris und Petersburg hat man die Stei gerung des italienischen Einflusses im Mittel meer in olge des tripolitanischen Krieges mit Unmut wahrgenommen. Man wünscht des halb durch eine Beeinträchtigung des Gleich gewichts im Mittelmeer die maritimen Mög lichkeiten des Dreibundes zu beschneiden und so Italien allmählich vom Dreibunde abzw ziehen. Die Regelung der südalbanischen Grenze soll daher so erfolgen, das; das Gebiet bis nördlich vom Kap Stylos am Adriatischen Meere griechisch wird. Dadurch würden der Kanal von Korfu sowie die ausgestaltbaren Häfen und Reeden jenes Küstengebietes dem Einflüsse Italiens und damit des Dreibundes entzogen. Der einmütige Wille des Dreibun des wird indessen stark genug sein, um diese Pläne zu vereiteln, deren Durchführung einen europäischen Brand entfachen würde. Die Londoucr Botschafterkonferenz tritt erst am Freitag wieder zusammen, um die Beratung über Maßnahmen zur Verhütung eines Krieges der Balkanbnndstaaten unter einander fortzusetzen. Wann die Verhandlun gen über den Präliminarfrieden im St. Ja mes-Palast beginnen werden, steht noch dahin. Die bulgarisch-griechischen Kämpfe. am Anghitafluß waren noch ernster, als sie in den Meldungen aus Saloniki dargestellt wurden. Es ist auch fraglich geworden, ob es gelingen wird, die Scharmützel auf ihren Herd zu beschränken, zumal in Serbien verdächtige Truppenbewegungen stattfinden. Unerwartet wurden in Belgrad zu nächtlicher Stunde an die schon beurlaubten Reservisten des zweiten Aufgebots Einberufungsbefehle übermittelt. Fortgesetzt werden mit der Bahn Truppen aus Belgrad nach der Grenze transportier. Der bulgarische Friedensdelegierte Danew bezeich nete in London die Lage als uner träglich, nachdem Serbien den offiziellen Antrag auf Revision des Teilungsvertrags ge stellt hatte. Italien entsandte Kriegsschiffe nach den südlichen Inseln des Aegäischen Meeres, da es bei der Festlegung der wirtschaftlichen Inter essen in Kleinasien nicht übergangen werden will. — Saloniki soll zu einem großen Frei hafen ausgebaut werden. Tagesgeschichte. Das Regierungsjubiläum des Kaisers steht vor der Tür, den Auftakt des Festes hat Berlin bereits zu verzeichnen. In der Reichs hauptstadt trafen die Deputation des öster reichischen Infanterie-Regiments Wilhelm l., Nr. 34, und die Deputation des kaiserlich rus fischen Petersburger Lcib-Garde-Grenadier-Re- giments König Friedrich Wilhelm III. ein, die dem Kaiser ihre Glückwünsche zum Regierungs jubiläum überbvingen werden. Ist die Wehrvorlage gefährdet? Man kann diese Frage getrost verneinen. Aus der kritischen Lage, in die der Geetzent Wurf durch die Forderung des Zentrums und der Konservativen geraten ist, gleichzeitig mit der Wehrvorlage die gesamte Deckungsfrage zu erledigen, wird das Bestreben aller bürgerlichen Parteien, das zur Reichssicherheit Notwendige zu bewilligen, ohne Zweifel einen Ausweg finden. Nachdem die erste Lesung der Wehr vorlage beendigt und dabei u. a. der Zen- trumsantvig au Einstellung von 1,6 Millio nen Mark für eine einmalige jährliche Urlaubs - fahrt der Soldaten in die Heimat angenommen worden war, trat das Zentrum dem Vor schläge, am Dienstag die zweite Lesung der Wehrvorlage zu beginnen, mit der Erklärung entgegen, es müsse die ganze Vorlage ableh nen, wenn nicht zugleich mit ihr die Deckung der Mehrerfordernisse gesetzlich geregelt werde» würde. Am heutigen Mittwoch werden die Par teien auf Grund der am Dienstag abgehalte nen Fraktionsberatungen ihre Entscheidung über den einzuschlagenden Weg treffen. Bis Im Labyrinth des Lebens. Roman von M. Kncschkc-Schönau. 4 Fortsetzung. (Nachdruck verbaten.) „Um Gott, liebe, gnädige Frau, beruhi gen Sie sich doch," beschwichtigt der Hofrat, anscheinend in großer Sorge. „Es ist unver- zeil-ilich von mir, Sie noch mehr aufzuregen, aber daran ist nur mein aufrichtiges Freund schaftsgefühl für Sie schuld. Ich wollte Sie auf, Ihre Pflegetochter aufmerksam machen, um größeren Kummer von Ihnen fernzuhalten. Gott, das ist eine furchtbare Lage, in der ich mich befinde — " „Reden Sie!" verlangt energisch die Kranke. „Nun denn, das kleine Fräulein scheint ein Techtelmechtelchen mit einem Kurgast an- sefmgen zu ljaben. — Sehen Sie, ich wußte es ja, das regt Sie von neuem auf." „Weiter!" keucht die Kranke. „Es kam mir schon längere Zeit so vor, aber ich dachte, ich täuschte mich. Jedoch nach gestern ist jeder Zweifel geschwunden." Und nun erzählt er dec gierig Aufhorchen- den von der Gruppe unter der Buche, die dank der Hellen Beleuchtung ein sorglich ge hütetes Geheimnis- Hunderten von Blicken preisgegeben. Natürlich übertreibt der Ge kränkte und tut, als ob jedermann in dem jungen Mädchen sofort die Pflegetochter der Justizrätin erkannt hätte. „O dieser Skandal! stöhnt die Patientin auf und schlägt beide Hände vor die Stirn, um sie jedoch darauf drohend geballt zu er heben und sie in der Richtung von Gabrie- lens Zimmer in Heller Wut zu schütteln. „Dieses verworfene Geschöpf! Heute noch jage ich sie aus dem Hause!" stöhnt sie heiser hervor und ehe der Hofrat sie noch hindern kann, ergreift sie die an grünseidener Schnur über ihrem Bett hängende Birne der elektri schen Klingel und drückt mit solcher Heftigkeit darauf, daß ein wahrer Höllenlärm draußen im Vorzimmer entsteht und Hermine in höch ster Augst hereingestürzt kommt. „Das Frauenzimmer soll kommen, sofort!" ruft die Justizrätin, ihrer Sinne kaum mäch tig, und als Hermine sie verständnislos an starrt, fuchtelt sie wild mit den Armen in der Luft herum und wiederholt mit kreischender Stimme nur immer die Worte: Das Frauen zimmer, das schamlose, niederträchtige!" Der Hofrat fühlt nun doch, daß er zu weit gegangen ist und möchte um jeden- Preis vermeiden, bei der nun kommenden Szene zu gegen zu sein. Er winkt der wie versteinert dastehenden Hermine zu, sich zu entfernen und versucht die aufgeregte Kranke in die Kissen zurückzudrücken, da schnellt er, wie von einer Viper gestochen, in die Höhe, denn hinter ihm erklingt eine Helle Stimme: „Wenn Du etwa mich- mit dem schamlosen Frauenzimmer meintest, hier bin ich!" Auf der Schwelle der Tür stc't hochaufge richtet Gabriele. Sie ist zum Ausgehen ange- kleidct. Ein langer, dunkelblauer Regenmantel umschließt knapp den schlanken Wuchs und aus dem aufgeschlagenen, dunklen Samtkragen leuchtet ihr Antlitz in marmorner Blässe. Ein harter Zug entstellt das sonst so liebliche Ge sicht und die großen dunklen Augen flammen in wildem Feuer. Mit abwehrend ausgestreckten Händen tritt ihr der Hofrat entgegen und an ihren linken Arm klammert sich in tödlicher Angst die alle Dienerin. Sie aber schiebt beide beiseite und in die Mitte des Zimmers tretend, wendet sie sich an ihre Pflegemutter, der vor lauter Auf regung die Stimme versagt und die ihre Wut nur in Geberden ausdrücken kann. „Hier bin ich!" wiederholt sie, der Wüten den furchtlos ins Auge schauend. „Doch wenn Du gjlaubst, mich noch weiter schmähen zu dür fen uud mich, wie Du immer drohtest, aus dem Hause jagen zu können, so hast Du Dich verrechnet. Ich gehe von selber und breche die Sklavenketten, die Du in sündhafter Selbst sucht mir geschmiedet und die mein junges Leben an Dein sieches Alter fesseln sollten, mich aus schließ end von jeder Lebensfreude und jedem Zukunftsglück. Die Wohltaten, die Du mir erwiesen, hast Du Dir reichlich bezahlen lassen durch das unerträglich harte Joch der Dankbarkeit, das Du mir auf die Schultern gezwungen, mit dem Du mich gequält und gefoltert hast in der unerhörtesten Weise, jeden Tag meines Daseins vergiftend. Wir sind quitt miteinander. Bettelarm wie ich zu Dir ge kommen, verlasse ich Dein Haus, dem Tage fluchend, an dem Du mich zu Dir genommen!" Während der Hofrat vor das Bett seiner Patientin tritt, als ob er sie vor einer Tätlich keit des leidenschaftlichen, aufs höchste erregten Mädchens schützen will, sinkt die Kranke mit einem ächzenden Wehelant kraftlos in die Kis sen zurück. Noch einen kalten Blick wirft Gabriele auf ihre Pflegemutter, einen verächt lichen auf den Hofrät, dann stürmt sie zur Tür hinaus. Händeringend folgt ihr Hermine. „Gabriele, Kind!" ruft sie vevzweiflungsvoll. „So kannst Du uns nicht verlassen, was soll aus Dir werden?" „Sorge Dich nicht, Hermine, ich finde Schutz bei einem Freunde. Laß mich, halte mich nicht zurück! Meines B eibens kann hier nicht länger sein. Du wirst von mir hören. An Deine Tochter in Erfurt werde ich Briefe für Dich schicken. Leb' wohl, Du treue Seele! Vou Dir allein wird mir der Abschied schwer. Habe Dank fiir alle Liebe und Treue! Viel- leickst kann ich sie Dir noch einmal vergelten." Weinend halten sich die beiden noch einen Augenblick fest umschlungen, dann reißt Gabriel- sich los und ohne noch einmal umzufchauen, verläßt sie eilig das Haus. Schluchzend blickt ihr Hermine nach. Ihr altes Herz hängt mit großer Liebe an dem unglücklichen Kinde und was sie vermocht hät, um in all den Jahren das schwere Los desselben zu erleichtern, das batte sie getan. In schwerer Sorge gedenkt sie der Zukunft. Was sollte dieses leidenschaft liche, oft von einem unseligen Stolze beherrschte Geschöpf allein in der Welt beginnen. (Fortsetzung folgt.)